we BLOG - Und was kommt dann?
Mittwoch, 12. April 2006
we BLOG - und was kommt dann?
weBLOG - und was kommt dann..?
Mit meinen 26 Jahren gehöre ich wohl bereits zum "Computerurgestein"; habe ich bereits anno '86 intensive Bekannt- und Freundschaft mit Commodore's C64 und Amiga gemacht, unzählige Stunden, Tage und Wochen vor Videospielekonsolen aller Generationen verbracht, meinen ersten "IBM-kompatiblen Personal Computer" in den frühen Neunzigern als "Vorbereitung auf die Welt von Morgen" erhalten und konnte dank meiner Ferialjobs bei EDV-Technikern die Geburtsstunden den Internet in Österreich gegen Mitte der Neunziger erleben.
5 Megabytes in 30 Minuten - welch eine Sensation das damals war.
Heute rasen wir wie selbstverständlich mit 1, 2, 3 oder mehreren MegaBits pro Sekunde durchs Datennetz und das Computerwesen wurde massentauglich gestaltet.
"Installationsassistenten", "Wiederherstellungsfunktion" - nicht nur für Dummies und vor allem: Der INTERNET-EXPLORER-BUTTON, der wohl für den Großteil der "Geiz-ist-Geil-Kunden" so unerlässlich geworden ist und entsprechend herstellerseitig bereits als eines der wenigen wichtigen Symbole am Desktop entgegensticht.
- Oh schnöde neue Computerwelt, was ist aus dir geworden?
- Scharen kaufen sich heute nicht mehr Computer, um Spaß am "Try and Error"-Prinzip der früheren oft gestrauchelten "Computerfreaks" zu erleben, sondern ein wunderbar stabiles System (es ist so - dank XP!) vorzufinden; fix und fertig vorkonfiguriert, um dessen hochgeschraubte Hardware an SMS-Portalen, populären Email-Diensten, oder der Erstellung eines Word-Dokumentes oder gar einer PowerPoint-Präsentation zu verschwenden. Prozessorauslastung: 1 Prozent.
Wenn's denn hochkommt, kauft sich "Susi Willgernspaß" vielleicht "Die Sims - Urbz in the City", weil es ja so eine nette Parallele zum unheimlich geistreichen Quotenrenner "Sex and the City" darstellt.
Dümmliche Figürchen, mit denen man nun sogar spielen kann. Die Schranke ist gebrochen und nun darf Susi bestimmen, wer mit wem, wann, wo und wie oft Körperflüssigkeiten austauscht.
Egal.
Langsam will ich mich dem eigentlichen Themengebiet nähern; der "Social Software", dem "Blogging", den "Open Plattforms", der Korrespondenz via "Threads" and "Posts" - und muss dazu gleich einmal mehr Dampf ablassen.
Ungeachtet des Sinnes des Ganzen frage ich mich: Müssen diese Neoanglizismen wirklich sein?
Immerhin geht das Ganze so weit, dass ich heute nicht mehr weiß, was eigentlich ein "Thread" ist. - Klar; ein "Diskussionsfaden", ziehe ich mal ein "Online-Wörterbuch" heran. Zu AHS-Zeiten wußte ich es auch noch ohne. Aber ich beobachte: Je mehr Neoanglizismen mich erschlagen, desto weniger beherrsche ich die englische, sowie die deutsche Sprache.
Ist ja auch kein Wunder, vermischen sich - vornehmlich auf den unzähligen ach-so-trendy-coolen "Sites" deutsche mit englischen Wörtern wie Schweinebraten mit Himbeermarmelade.
Wo findet man denn noch Internetseiten, die nicht einen penetranten "Mix aus Deutsch und Englisch aufweisen, beispielsweise um den nächsten EVENT in der COOLEN LOCATION X" anzukündigen.
Leider verhällt es sich so auch mit den unzähligen "Blogs", eine Wortschöpfung, die mir übrigens auch nicht besonders behagt. - Kann man denn nicht wenigstens - wenn es schon nicht an die Landessprachen übertragbar ist - bei "WEBLOGS", also "Netztagebüchern" belassen, oder ist Orwells 1984 und dessen "Neusprech" bereits Realität. Natürlich ist es das, aber was will man machen..?
Ich habe einleitend meine persönlichen Erfahrungen im Umgang mit dem Computerwesen bereits dargebreitet und möchte nun auf ein Paradoxon hinweisen, das dem "je mehr Anglizismen ich lese, desto schlechter wird mein Deutsch/Englisch" nicht unähnlich ist:
Je weiter sich die Hard- und Software entwickelt und je länger ich mich mit "Integrated Technologies" beschäftige, desto mehr hängt mir das Ganze zum Halse raus und desto längsämer kann ich Schritt halten.
"Blogs" waren zum Beispiel ein Phänomen, das für mich von einem Tag auf den anderen in mein Bewußtsein drang. Ebenso wie "Podcasts". Gestern noch nicht gekannt, heute weiss ich überhaupt erst, dass "Blog" eine Kurzform von "Weblog" darstellt und morgen werde ich immer noch an Weblogs denken müssen, wenn sie alle "Brave New World" bereits - ebenso wie "Podcasts", usw. aus dem Gedächtnis gestrichen haben wird.
Übrigens erinnert mich "Blog" vom Wortklang her eher an ein schleimiges Krötenartiges Wesen mit zwei dicken gelben Augen, als an ein "Tagebuch im Internet".
Kritisch sehe ich auch, dass Weblogs, ebenso wie unzählige Diskussionsforen, oder "Nickpages" dazu genutzt werden, geistigen Flatus zu verbreiten.
Die einen beschimpfen und bewerfen sich mit Unflat auf ehrliche, ungezwungene Weise, die anderen nutzen per Alias "Mausi1984", oder "Sexygirl17" die "Comment"-Funktion, um darüber zu schwärmen, wie "süss" doch der Tom, oder Geri am Wochenende waren, als sie sich einen Eristoff nach dem anderen hinter die Binde gekippt hatten und wieder andere machen auf pseudointellektuell und "sinieren" angeblich ständig über Gott und die Welt und machen einen auf "hochintellektuellen Frauenversteher" und haben wenig genug Selbstbewußtsein, um dies auch noch völlig explizit so zu hinterlassen.
Letzte sind auch nicht selten jene, die mit einem blinden Enthusiasmus auf den "Podcast"-Zug aufsteigen und sich - gaaanz zufällig in der Öffentlichkeit nicht ungern mit den auffallend weißen Kopfhörerkabel zeigen lassen. Einen Stöpsel im Ohr und das andere Kabelende locker auf Kragenhöhe baumeln lassend, während man sich über Hochgeistiges zu unterhalten versucht. Ganz cool eben.
Und was ist im Ipod, den der Zuseher mittlerweile an den weißen Kabeln identifiziert hat, so alles drin?
Eine Hörbuch von Goethe, Schiller, King, Orwell, Huxley und Co., oder einfach nur den aktuellsten Ibiza-Clubsound-Müll..?
Im Falle des Letzteren muss ich knallhart sagen: Wieder ein weiterer pseudointellektueller, Möchtegern "Podcaster".
Eine Psyche, instabil genug, sich extra einen auffällig unauffälligen
"Ipod" besorgen zu müssen, auf der "Website" über den persönlichen Müßiggang und dessen Folgen zu sinieren" und auf der Straße still und heimlich dann erst "Bravo Hits, die Neununddreißigste" zu konsumieren, statt der hochgeistigen Materie, die - insbesonders Männer, die vielleicht auf diese Weise Eindruck bei den Kolleginnen machen wollen - vorgeben, zu konsumieren und sich damit auseinanderzusetzen.
Tja; fürs erste war dies wohl etwas über den Rand hinausgeschossen.
Abschließend möchte ich die Frage in den Raum stellen: Muss man sich ernsthaft über "Blogs" unterhalten, oder sind die morgen ohnehin wieder überholt... Und dann die Frage nach dem Inhalt: Sind die meisten Blogs lesenswert, oder handelt es sich ohnehin meist nur um ein aktuelles Werkzeug für profilierungsgeile Nullen und Möchtegern-Autoren und Zeitkritiker, die der Welt deren geistigen Abfall zu präsentieren hoffen?

- Siehe auch:
http://aschantinuss.twoday.net/stories/1450305/

""Bloggen ist sinnlos, weil jedes aber auch jedes Alltagsthema im Internet schon überdokumentiert ist. Niemand wollte je so genau wissen, welche emotionalen Vorgänge beim Öffnen eines Erdbeerjoghurts im Hintergrund ablaufen...""

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