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Mittwoch, 2. November 2005
Watchblogs
rene.milich.salzburg, 13:54h
Als Untergattung in der Blogosphäre etablieren sich seit Kürzerem so genannte "Watchblogs", die den Anspruch erheben, im Sinne einer kritischen Öffentlichkeit die traditionellen Träger der Meinungsbildung wie etablierte Medien, Politiker und Unternehmen zu kontrollieren. Dennoch lassen sich alle Zweifel, welche man der konventionellen Medienberichterstattung entgegenbringt, auch gegen eben jene Watchblogs ins Feld führen. Folgender Beitrag gibt einen kleinen Einblick in die Macht derartiger Watchblogs, warnt jedoch auch vor möglichen Gefahren.
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rene.milich.salzburg, 13:29h
Noch nie war es so einfach, die Arbeit der Medien und der Politik kritisch zu beobachten und Fehler selbiger Institutionen der Öffentlichkeit darzulegen, wie heutzutage in einer zunehmend vernetzten Gesellschaft. In verstärktem Maße auch von professionellen Journalisten geführte Blogs, die es sich zum Ziel gesetzt haben, Medienjournalisten und Politikern genauer auf die Finger zu schauen, werden allgemein als Watchblogs bezeichnet und sind gegenwärtig hauptsächlich in den USA beheimatet. Wenngleich auch im Sommer 2004 der wohl bekannteste deutschsprachige Watchblog, der so genannte Bildblog (www.bildblog.de), ins Netz gestellt wurde, in welchem vier deutsche Medienjournalisten die laufende Berichterstattung der auflagenstarken Boulevardzeitung "Bild" meist ablehnend kommentieren (vgl. von Streit 2005). Watchblogs - von ersten Stimmen bereits als fünfte Macht im Staat bezeichnet - ermöglichen somit die Veröffentlichung von Sichtweisen und Bewertungen, die in den Medien keine Beachtung finden (vgl. Borchert 2004). Die Macht derartiger Watchblogs soll anhand einiger Beispiele aus Amerika dokumentiert werden. CBS-Nachrichtenjournalist Dan Rather, ausgezeichnet mit 26 Emmys, zeigte in "60 Minutes" während des US-Wahlkampfs ein Dokument, das Vergünstigungen für George W. Bush während seines Militärdienstes belegen sollte (vgl. JoWiki 2005). Zudem stellten sie Bush als privilegierten Soldaten dar, welcher sich um den letzten Abschnitt seines Militärdienstes gedrückt hatte. Unglücklicherweise - für Rather - wurden die Papiere auch ins Netz gestellt, wodurch vereinzelte Ungereimtheiten zu Tage traten (vgl. Borchert 2004). Die Weblogs "Little Green Footballs" und "Powerline" demonstrierten, dass das exklusive Papier nicht auf einer 70er-Jahre-Schreibmaschine getippt worden war, sondern mit einer aktuellen "Word"-Textverarbeitung erstellt wurde (vgl. JoWiki 2005; Borchert 2004). Zudem enthielt das Dokument vereinzelt falsche militärische Bezeichnungen (vgl. Borchert 2004). 500 Netz-Tagebücher beteiligten sich im Laufe der folgenden Tage an der Diskussion, wodurch Rather nicht umhin kam, seinen Fehler einzugestehen - er war auf Fälschungen hereingefallen (vgl. Knüwer 2004). Der Fall des damaligen Fraktionschef der Republikaner im Senat, Trent Lott, im Dezember 2002 war ebenfalls von einem Weblogger initiiert worden. Lott äußerte sich im Senat in Bezugnahme auf seinen Kollegen Strom Thurmond, der 1948 als Präsidentschaftskandidat eine strikte Rassentrennung in Amerika durchsetzen wollte: "Hätten die Wähler damals Thurmond zum Präsidenten bestimmt, wären dem Land viele Probleme erspart geblieben." Es handelte sich hierbei um eine Anspielung auf die Bürgerrechtsbewegung der Sechzigerjahre in den USA, die gleiche Wahl- und Bildungsrechte für die Afroamerikaner gefordert hatte. Nachdem diese Meldung den Weg in die amerikanischen Medien nicht fand, übernahm der Rechtsprofessors Glenn Reynolds selbige in seinen Blog - weitere abfällige Aussagen des Südstaatlers kamen zutage, die andere Blogger in die Diskussion miteinbrachten. Der Blog fand seinen Weg an die Öffentlichkeit und fünf Tage später berichteten nun auch die großen amerikanischen Medien über diesen Vorfall, weshalb Lott schlussendlich seinen Senatorenposten räumen musste (vgl. Koch/Haarland 2004). Zu guter Letzt soll auch der Fauxpas des ehemaligen CNN-Nachrichtenchefs Eason Jordan auf dem World Economic Forum (WEF) im Jänner 2005 nicht unerwähnt bleiben. Jordan äußerte in einem Panel den Vorwurf, US-Streitkräfte hätten während des Irak-Kriegs gezielt Pressevertreter getötet. Ein anwesender Medizintechnik-Spezialist dokumentierte die Äußerung im offiziellen WEF-Weblog, ein Blog-Sturm brach los und die Medien folgten. Der Rücktritt Jordan war mehr oder minder die logische Konsequenz dieser Ereignisse (vgl. JoWiki 2005). Die angeführten Beispiele verdeutlichen die zunehmende Macht und Bedeutung derartiger Watchblogs, welche - bei entsprechender Frequentierung - auch in die Berichterstattung der Medien Einzug finden. Doch wer kontrolliert die Inhalte selbiger Watchblogs? Besteht nicht die Gefahr, dass ebenso, wie bei den traditionellen Medien, Falschinformationen den Weg an die Öffentlichkeit finden und als solche nicht erkannt werden? Wenngleich zahlreiche Weblogs eine Kommentarfunktion anbieten, bleibt es letztendlich dem Initiator des Blogs überlassen, diese anzubieten oder aber auch zu deaktivieren. Es ist zu überlegen, inwieweit Watchblogs über Watchblogs ein Schritt in die richtige Richtung wären. Literaturverzeichnis: BORCHERT, Katharina (2004): Die Nacht der langen Messages. URL: http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=9199&CategoryID=66 (2.11.2005) JOWIKI (2005): Journalismus und Weblogs. URL: http://www.jonet.org/wiki/index.php/Journalismus_und_Weblogs (2.11.2005) KNÜWER, Thomas (2004): Vorsicht! Giftige Schreiber! URL: http://www.handelsblatt.de/pshb/fn/relhbi/sfn/buildhbi/artpage/0/cn/GoArt!200104,204016,824804/SH/0/depot/0/ (2.11.2005) KOCH, Markus Christian / HAARLAND, Astrid (2004): Informieren. Publizieren. Vernetzen. Wie Blogs unsere Informationswege verändern können. URL: http://www.mediaculture-online.de/fileadmin/bibliothek/haarland_blogger/haarland_blogger.html (2.11.2005) VON STREIT, Alexander (2005): Vernetzte Beobachter. URL: http://www.medienheft.ch/kritik/bibliothek/k23_vonStreitAlexander.html (2.11.2005) ... link (0 comments) ... comment |
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