Kryptographie
 
Freitag, 19. November 2004
Eine Zusammenfassung

des Textes "Wenn Autoren und ihre Werke Kollaborateure werden – was ändert sich dann?" in einigen, mir wichtig erscheinenden Punkten:

Kollaborative vs. Individuelle Autorenschaft und Werke

Unter Kollaborateuren versteht Kuhlen keine Vaterlandsverräter sondern "reale und virtuelle Partner, die in vernetzten globalen Räumen zusammen Wissen erzeugen und daraus Informationsprodukte machen" (Kuhlen 2004, S. 5). Es geht also um ein gemeinsames Erschaffen eines "Netz"-Werkes, wobei die Zusammenarbeit weit mehr ist als eine einfache Co-Autorenschaft.

Während der individuelle Autor sein Werk - geschützt durch Urheberrechte – als Eigentum sieht und es verwerten kann, sieht die Sache bei einem kollaborativen Netzwerk anders aus, denn dieses wird "eher dem commons, dem öffentlichen Bereich zugerechnet" (Kuhlen 2004, S. 2).

Durch kollaboratives Arbeiten verändern sich die Texte zu Hypertexten, d.h. dass sich auch die Texte kollaborativ verhalten. Sie vernetzten sich gleichzeitig mit andern Texten und werden erst durch die Interaktion des Lesenden geschaffen.
Die Produkte von Kollaborateuren sind laut Kuhlen "entwicklungsoffen", "keine abgeschlossenen Werke" und sollen daher "als öffentliches Gut von allen frei und frei zugänglich genutzt werden können" (Kuhlen 2004, S. 5).
(vgl. Kap. 2 und 3)

Telemediatisierung

Unser Umgang mit Wissen und Information und unsere Art miteinander zu kommunizieren hat sich geändert. Unsere Lebenswelt enthält und wird beeinflußt von "Verfahren, Produkten und Diensten von Informatik, Telekommunikation und Hypermedia" (Kuhlen 2004, S. 4) – eine Telemediatisierung der Lebenswelt, wie Kuhlen es nennt. Die neuen Technologien wirken auf alle gesellschaftlichen Strukturen (Politik, Kultur, Wirtschaft,...) ein, durch unser Verhalten und unsere Einstellungen, die von unserer "technisch-medialen Umgebung" geprägt werden. (vgl. Kap. 2)

Paradigmenwechsel und Lizenzen

Das im ersten Punkt beschriebene entspricht einer ganz anderen Sichtweise bezüglich dem Umgang mit Information und Wissen. Für Kuhlen sind die jetzigen Urheberrechte, die im Bezug auf andere Medien entwickelt wurden, für eine Netzumgebung nicht mehr passend.

Verwertungsrechte im Urheberrechtsgesetz, laut §14 (1): "Der Urheber hat mit den vom Gesetz bestimmten Beschränkungen das ausschließliche Recht, das Werk auf die ihm durch die folgenden Vorschriften vorbehaltenen Arten zu verwerten (Verwertungsrechte)."
( http://www.i4j.at/gesetze/bg_urhg.htm )


Es entwickelt sich langsam ein anderes Verhalten gegenüber Netzwerkprodukten, das sich unter anderem in Gegenmodellen zum Urheberrechtsprinzip zeigt:
  • die free-and-open-software-Bewegung:
    insbesonders für "freie" software sind Lizenzierungsbedindungen für dessen Nutzung gegeben, die bestimmte Freiheiten umfassen. Dadurch sollen Vorteile und Verbesserungen für die gesamte Öffentlichkeit entstehen. (Beispiel: General Public Licence GPL, die für Software gedacht ist: http://www.gnu.org/copyleft/gpl.html)

    Anmerkung zu "open source":
    Wichtig zu bemerken ist hier auch noch, dass open-source Produkte nicht unbedingt gratis sein müssen, d.h. der Entwickler kann sehr wohl seinen Code verkaufen wie es die Website der Open Source Initiative erklärt. Aber im Gegensatz zu "normaler" Verwertung kann der Entwickler nicht andere Entwickler daran hindern ebenfalls den "gleichen" Code zu vertreiben.
    ( http://www.opensource.org/advocacy/faq.php )

  • Creative-commons-Lizenz:
    diese Lizenz betrifft alle anderen Wissensprodukte und erlaubt ebenfalls deren freie Verwendung – einzige Einschränkung: bei Weiterverwendung muss auf das ursprüngliche Werk verwiesen werden. Diese Lizenz bleibt somit dem Urheberrechtsanspruch treu, aber der "Anspruch auf exklusive Verwertung" entfällt. Anmerkung: auch Kuhlens Text steht unter der Creative-Commons-Lizenz.

    Anmerkung zu CC:
    Seit 7. September 2004 gibt auch in Österreich die CC-Lizenzen. Wer also in diesem Sinne publizieren möchte kann sich eine passende CC-Lizenz aussuchen auf:
    ( http://creativecommons.at/lizenz )

  • open-access:
    Publikationen, die open-access unterliegen, können genauso von jedem frei genutzt werden, da verhindert wird, dass diese exklusiv verwertet werden. Im Gegensatz zum üblichen Verfahren, bei dem die Nutzer für die Nutzung zahlen, müssen hier die Autoren fürs Publizieren bezahlen.

    Anmerkung:
    Es gibt eine Website, die open access Journale zu wissenschaftlichen Themen auflistet: http://www.doaj.org/

  • das wiki-Prinzip:
    Auf Wikipedia, einer online-Enzyklopädie, werden die Inhalte insofern kollaborativ erzeugt als jeder das Recht hat, die Inhalte der Dokumente umzuformen und zu ergänzen. Dadurch wird gleichzeitig eine Qualitätskontrolle der Werke vollzogen.

    Anmerkung zum wiki-Prinzip:
    An sich finde ich die Idee einer kollaborativ erzeugten Enzyklopädie hervorragend, aber im Bezug auf die Qualitätskontrolle habe ich so meine Zweifel. Im Normalfall müsste eine solche Kontrolle durch die Öffentlichkeit ja auch gut funktionieren, aber was ist, wenn ein Thema so kontrovers ist, dass es dazu verschiedene Ansichten und Auffassungen gibt und die Mehrheit einer Sichtweise das Vorkommen der Sichtweise einer Minderheit nicht zuläßt? Wenn die Mehrheit den Text immer wieder umformt. Somit wäre eine umfassende Erfassung eines Themas von der Toleranz und Weitsicht der Mehrheit abhängig. Kann man das voraussetzen?
(vgl. Kap. 3)

Beispiele wo Kollaboration eine Rolle spielt

  • Künstliche Intelligenz-Forschung:
    Auch künstliche Intelligenzen haben Kollaboration nötig, wie zum Beispiel der Roboterfußball zeigt. Einerseits müssen die einzelnen Roboterspieler eigenständig handeln können, andererseits müssen sie zur Zusammenarbeit befähigt sein, um ein Spiel gewinnen zu können.

  • Wissenschaft:
    Laut Kuhlen arbeiten Wissenschaftler in letzter Zeit verstärkt international zusammen, in Form von Kollaboration und Koautorenschaft. Sie publizieren im Sinne der Open-access-Initiative, was zum einen bedeutet, dass sie ihre Werke "frei" nutzbar machen und dadurch auch ein Stück weit die Kontrolle über die weitere Verwendung ihrer Werke abgeben. Zum anderen wird das Urheberrechtsgesetz obsolet, da bei kollaborativ erstellten Hypertexten die Rechte eines Mitwirkenden am ganzen Werk nicht mehr geltend gemacht werden können.

  • Wissensmanagement:
    Im Wissensmanagement – so Kuhlen – hat sich ebenfalls das Paradigma verändert. Im traditionellen Sinn versteht man darunter "alle Verfahren, die es einer Organisation erlauben, eine bessere Kontrolle über Produktion, Verteilung und Nutzung von explizitem und implizitem Wissen zu bekommen" (Kuhlen 2004, S. 9). Wissen soll im richtigen Moment der betreffenden Person zur Verfügung stehen. Dies entspricht einem "Wissens-Warehouse- oder statischem Paradigma".
    Im Gegensatz dazu vertritt ein neues "dynamisches" Paradigma des Wissensmanagements die Ansicht, dass benötigtes Wissen als Prozess entsteht und folglich sich aus Kommunikationsprozessen ergibt. Kuhlen nennt es das "Netzwerk- oder das kommunikative bzw. kollaborative Paradigma".

  • Lernen:
    Kollaboratives Lernen bedeutet, dass nicht vermittelte Inhalte aufgenommen werden sondern dass Wissen ein "konstruktiver Prozess" ist. Von jedem einzelnen erarbeitetes Wissen ist in einem Netzwerk eingebunden, das als Gemeinschaftsleistung gesehen wird.
Für alle Bereiche gilt, dass neue Formen der Anerkennung der erbrachten Leistung gefunden werden müssen.

(vgl. Kap. 4)

Anmerkungen zu "Kollaboration im Wissensmanagement" und "Kollaboratives Lernen":
Umgelegt auf eine universitäre Vorlesung würde das bedeuten, dass eine Abkehr von der Sichtweise eines Vortragenden als "Wissens-Warehouse" nötig wäre. Das soll heißen, dass die Wissenserlangung bei den Studierenden nicht mehr ausschließlich auf das Vortragen von wissenschaftlichen Erkennissen reduziert wird, sondern dass sich Studierende selbst aktiv und kollaborativ an der Erarbeitung des Gegenstandes betätigen - im Sinne von "Wissen als Prozess". Folglich hätte die traditionelle "Vor-Lesung" ausgedient und müsste durch andere Formen ersetzt werden. Offensichtlich wird genau dies bei der Vorlesung "Schlüsseltechnologien der Informationsgesellschaft" versucht. Ein Weblog als Basis für kollaboratives Lernen soll diese aktive Wissensaneignung ermöglichen. Es stellt sich dann die Frage welche Rolle der – ursprünglich – Lehrende übernimmt. Vermutlich wird er eher die Rolle des Moderators einnehmen, indem er vermittelt und Prozesse in Gang setzt.

the "right to communicate"

bzw. "die globale Dimension des kommunikativen Paradigmas"

Kuhlen vertritt die Ansicht das ein "Kommunikationsrecht" bzw. ein "right to communicate" explizit vorhanden sein muss, da kollaboratives Arbeiten sich stark auf Kommunikation stützt. Kommunikation in Netzwerken wird nicht ausreichend durch Informations- und Medienfreiheit oder Artikel 19 UDHR erfasst. Diese Ansicht wird aber nicht von allen vertreten und bildet daher schon seit langem eine Basis für Auseinandersetzungen. Die "Gegner" des r2c liefern dazu politische, medienbezogene und menschenrechtliche Argumente, die trotz alledem die Bedeutung eines Kommunikationsrechts als "universal und fundamental" nicht abschwächen können, da dieses Folgen für "die Ausgestaltung von Wirklichkeit in so gut wie allen Bereichen der Gesellschaft" hat (Kuhlen 2004, S. 12). Laut Kuhlen bedeutet Kommunikationsfreiheit, das jeder das Recht hat, Wissen und Information frei auszutauschen und so direkt – ohne traditionelle Medien dazwischen - Öffentlichkeit entstehen lässt. Das r2c bedeutet
  • Fehlentwicklungen im Mediensystem zu kritisieren
  • auf alternative Art Öffentlichkeit zu bilden
  • die Anwendung von Geschäfts- und Organisationsmodellen, die für Netzwerke passen
  • Open-access-Philosophie und
  • Selbstbestimmung der Autoren über die Nutzung ihrer Werke
(vgl. Kap. 5)

Anmerkungen zum "right to communicate":
Kuhlen pocht auf ein "right to communicate" und bezweifelt, dass " ein interpretatorischer, quasi hermeneutischer Anspruch an die kodifizierten Menschenrechte ausreichend ist" (Kuhlen 2004, S. 14) Seiner Meinung nach ist in Art. 19 der UDHR kein Kommunikationsrecht begründet. Dem kann ich so nicht zustimmen.
Zur Erklärung zitiert Kuhlen den Text des Art. 19, den ich ebenfalls hier – verkürzt – wiedergeben möchte: "Everyone has the right ... to seek, receive and impart information ...". Es geht hier also um das Recht Informationen zu "suchen", zu "erhalten" und zu "verbreiten" und gerade die zwei Begriffe "erhalten" und "verbreiten" reichen meiner Meinung nach aus, den Vorgang des Kommunizierens zu verdeutlichen – zwar sehr vereinfacht und implizit, aber immerhin. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass jeder das Recht dazu hat, also jeder Informationen veröffentlichen und rezipieren kann, was im Sinne einer many-to-many-Kommunikation ist, oder wie Kuhlen es selber ausdrückt: "... direkten Austausch mit im Prinzip jedem anderen..."
Gerade diese Offenheit des Textes läßt meiner Meinung nach durchaus ein Miteinbeziehen eines Rechts zu Kommunizieren zu, um die "Kollaboration" zu würdigen.

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eine sehr gut ..
.. gegliederte, ausführlich dargestellte, zitierte...
by Hans.Mittendorfer.Uni-Linz (2005.01.18, 16:13)
Zertifizierungstellen
Zuvor noch ein kurzer Überblick über diesen...
by elke.beck.uni-sbg (2005.01.10, 20:12)
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Sehr ausführlicher FTP Beitrag! Echt gut! Danke...
by roman.koenigshofer.uni-sbg (2005.01.06, 17:13)
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Das File Transfer Protocol, kurz FTP, ist ein Netzwerkprotokoll,...
by elke.beck.uni-sbg (2005.01.04, 14:54)
hi elke
erstmal - gratuliere zu deinem weglog. habe mich mit...
by Vivienne.Kaier.uni-sbg (2004.12.05, 15:24)

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