FA Doku-Blog
Montag, 21. April 2008
Netzeffekte & "Locked-In"

B&I Aufgabe 1: Netzwerkeffekte & "Locked-In"

Schon bei der grundsätzlichen Einteilung von ökonomischen Gütern kann man ein "Netzeffektgut" definieren, dass bei Einzelnutzung originären und bei Netzwerknutzung einen höheren derivativen Nutzen erzeugt (zB PC, Internet, ...). Abgegrenzt muss hier insbesondere vom "Systemgut" werden, das seinen Nutzen wirklich erst bei Netzwerknutzung entfallten kann (zB Telefon, Fax, ...)

Netzwerkeffekte stellen einen nachfrageorientierten Skaleneffekt (vgl. angebotsorietierte "Economies of Scale") der Nutzung von Netzwerkgütern dar, der positive oder auch negative Externalitäten entwickeln kann.

- positive Externatiltäen: mehr Nutzern = mehr Wert, mehr Nutzen, mehr Möglichkeiten (Internet, Mail, E-Commerce, ...)
- negative Externalitäten: mehr Nutzer = weniger Wert & Nutzen (Exklusivität, Mitglieder-Clubs, ...)

Bei den meisten modernen Ausprägungen des elektronischen Marktes kann man ökonomisch von durchwegs positiven Externalitäten ausgehen.

Zur Messung dieser Netzeffekte können sowohl objektive (Standards, Nutzungsstatistiken, ...) als auch subjektive (Befragung, Zufriedenheit, individuelle Wechselkosten, ...) Kriterien herangezgen werden.

Als Probelematisch stellt sich hierbei die extreme Entwicklungsgeschwindigkeit neuer Systeme im Bezug auf Standards (Web 2.0, ...), bzw. natürlich die nur schwer vom Individuum zu bewertenden tatsächlichen Nutzeneffekte (Internet mit halb so vielen Nutzern halb so nützlich?) dar.
Bei der Bewertung eines Netzeffektes gilt die Grundannahme, dass der Nutzen des Netzwerks mit der Zahl der Nutzer proportional zunimmt:

- zB das Gesetz von Metcalfe sieht eine Zunahme in quadratischer Form (n * N)



Eine besondere Eigenschaft von Netzwerken im Bezug auf die Entstehung von Netzweffekten ist der "Bandwaggon-Effect", der davon ausgeht, dass das Netzwerk erst ab einer gewissen "kritischen Masse" eine Eigendynamik und damit vollständige Netzweffekte zeigt. Nach Rodgers geht man hier von etwas 10% der potenziellen Nutzerzahl eines Dienstes aus!

Ist diese "kritische Masse" erreicht, bildet sich mit der Zeit eine stabile Nutzerbasis ("installed base") die die ökonomische Basis für den längerfristigen derivativen Nutzen des Netzwerks darstellt.
Im Rahmen der "installed base" spielen jetzt bereits zusätzliche ökonomische Efekte wie "Beharrungstendenzen", "Statuskongruenz", "Wechselkosten", ... eine Rolle - die Community ist an dieser Stelle stabil & unflexibel - teilweise extreme Markteintrittsbarrieren! (man denke an einen noch so brillianten neuen Such-Algorithmus als Google-Konkurrent)

Der hier entstehende "Locked-In-Effect" ergibt sich aus der durch besonders hohe Wechselkosten erschwerten Möglichkeit der Nutzung alternativer Dienste. Ein starker "Locked-In"-Situation erhöht die Möglichkeit von Monopolbildung, nichtleistungsbezogener Preisbildung, ...



Ablauf eines "Software-Lock-In": Einstieg in SAP -> Investition Software-> Training, Erfahrung, Expertise -> Wechselkosten steigen -> mit Spezialisierung auf SAP intensiviert sich der "Locked-In"-Effekt!

Im Vergleich zu traditionellen Produkten & Dienstleistungen sind die Wechselkosten im elektronischen Bereich zwar grundsätzlich als geringer einzustufen ("other Websites are just a mousecick away"), bei komplexen Systemen, Software, ... kann es aber doch zu langfrsitigen "Lock-In" kommen.

BSP: Apple-Microsoft, SAP, Mail-Anbieter, ...

Sollten an dieser Stelle der Entwicklung eines netzwerks noch Konkurrenzsituationen vorherrschen, zeigt sich die kannibalisierende Wirkung positiver Netzeffekte, die schliesslich in eine "the Winner takes it all"-Situation münden können!



Bei wirtschaftlicher Betrachtung stellt sich die "Erreichung einer kritischen Masse als wichtigster wettbewerbspolitischer Faktor dar:

- umfassende, schnelle Verfügbarkeit am Markt
- Bedienungskomfort, offensichtlicher Einstiegsnutzen
- klassische "Killer-Application"
- Preispolitik "follow the Free"
- umfassende Kommunikationspolitk (Meinungsführer, ...)

(Quellen: Laudon & Laudon "Wirtschaftsinformatik", Universität Konstanz "Informationswissenschaft: Netzwerkeffekte", Rodgers E. "Diffusion of Innovations", Metcalfe R. "Zen an d the Art of Selling", ...)

Schöne Grüße, fa

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Michael.Erbschwendtner.Uni-Linz, Donnerstag, 24. April 2008, 00:34
Sehr interessant, informativ und gut bebildert.

In einem Punkt muss ich allerdings wiedersprechen:

> Bei den meisten modernen Ausprägungen des elektronischen Marktes kann man ökonomisch von durchwegs positiven Externalitäten ausgehen.

Es mag zwar richtig sein, selbst wenn man ökonomisch betont, dass dies bei den meisten der Fall ist, allerdings denke ich werden hier die negativen Folgen (Konzentrierung von Marktmacht und damit Abhängigkeit ein teureres Produkt mit weniger Nutzen zu kaufen) nicht berücksichtigt. Beispiele hierfür wären Microsoft Windows und Microsoft Office (Siehe auch meinen Eintrag zu Netzwerkeffekte und Lock-In Situationen).

Im Gegensatz zu anderen Personen (wie etwa meinen Bruder) vertrete ich hierbei *nicht* die Meinung das es sich hierbei um "natürlichen Monopole" handelt (wieso auch?!). Wie schon an anderen Stellen geschrieben, denke ich das man solche Situationen über Standards (wie es jetzt hoffentlich passiert?!? *träum*) am besten lösen könnte.

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Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, Donnerstag, 24. April 2008, 13:01
Standards *sind* nicht nur Hoffnung ..
.. sondern Realität.

Der wohl wichtigste Beitrag des Internets, und gleichzeitig auch Voraussetzung für Entwicklungen wie eBusiness ist: die Standardisierung. Trotz verzweifelter Versuche der Giganten "Im Internet hat Microsoft nichts zu verlieren" (Gates 1995, Financial Times - Titelseite) mussten auch er "klein beigeben". "Schuld" daran ist die Normungsmacht der Internet Standards und Protokolle (deren es Hundertschaften gibt).

Längst ist den Strategen klar geworden, dass sich die Machtverhältnisse verschoben haben:

siehe: Google EPIC 2015

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Michael.Erbschwendtner.Uni-Linz, Donnerstag, 24. April 2008, 15:03
Mit den Standards im Bezug auf das Internet muss ich dir vollkommen recht geben (Wobei die Zeit des "Browserwars" sowie die bis vor kurzem fehlende Unterstützung des Marktführer Microsoft Internet Explorer im Bezug auf W3C Recommendations auch zu nennen sei). Von daher habe ich ja auch "dies bei dem meisten der Fall ist" (wie dem Internet) geschrieben.

In anderen Bereichen bin ich aber nicht so optimistisch, dass das Ziel schon erreicht ist. Siehe (wie du in meinem Blog ja schon gelesen hast :-)) etwa den Office-Bereich und die Hoffnung der ISO ODF und OOXML zu vereinen (sic!).

Auch in Bezug auf Betriebssystem (Berndhard Mitterhuber hat darüber auch etwas geschrieben) bin ich noch nicht so optimistisch (Auch hier könnten Standards viel erreichen: Siehe etwa POSIX). Jedoch bleibt natürlich die Frage wie sich dies in Zukunft entwickeln wird. (Wird mit dem OS der Zukunft mittels Internet interagiert?)

Bezüglich Google muss ich noch sagen, dass ich schon etwas in die Richtung: "Dies sieht man am Beispiel Google welche trotz/wegen ihrer Unterstützung von Standards (HTML, Jabber bzw. XMPP, ...) sich ihre Marktposition erarbeitet haben." Dies habe ich dann allerdings nicht getan und zwar wegen der Frage wie das Internet möglicherweise in Zukunft aussieht, wenn eine Firma einen Großteil dessen kontrolliert (Marktmacht)?

@Video: Habe ich noch nicht ganz angeschaut, schaut aber sehr interessant aus.

Lg Michael

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