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Dienstag, 16. November 2004
Exzerpt: Kuhlen, Rainer (2004). Wenn Autoren Kollaborateure werden – was ändert sich dann?

Inhalt:

1 Kollaboration und Kommunikation – nicht in kulturkritischer, sondern in politischer Absicht

Kuhn geht hier insbesondere auf die Folgen der Hypertextifizierung von Wissen und Information ein. Hiermit in Zusammenhang stehen auch die Auswirkungen kollaborativer Formen auf das Rechtssystem, das Entstehen kollaborativer Publikationsformen und die Konsequenzen des »Rechts auf Kommunikation« für das gesamte Mediensystem und für das Verhalten der Menschen in elektronischen Räumen.

Im Mittelpunkt steht die Frage, was sich ändert, wenn die Produzenten von Wissen zu Kollaborateuren werden. In unserer Kultur liegt das Augenmerk vor allem auf dem individuellen Werk eines individuellen Autors. Diese Werke bekommen – meist durch den Druck – eine feste Referenz auf den Autor. Entstehen Texte durch kollaboratives Schreiben, werden aus Texten Hypertexte. In diesem Kontext sagt Georg P. Landow auf, dass sich Texte in hypertextualer Umgebung selbst kollaborativ verhalten.

Der Zugriff des einzelnen Lesers auf die Hypertexte stellt für einen bestimmten Zeitpunkt ein Textfragment als Netzausschnitt aus dem potentiell viel Größeren dar.

Nach Simanowski führt die Verlinkung von Text nicht zum »Tod des Autors« , sondern höchstens zum »Tot des Lesers«.

Durch die Durchdringung unserer Lebenswelten mit Verfahren, Produkten und Diensten von Informatik, Telekommunikation und Hypermedia befinden wir uns in einem grundlegenden Wandel der unterschiedlichen Formen des Umgangs mit Wissen und Information.

Kuhn konzentriert sich auf die Folgen der in Art. 19 der Erklärung der Menschenrechte. Laut ihm besteht kein direkter Zusammenhang zwischen technisch-medialer Entwicklung und den gesellschaftlichen Strukturen. In diesem Fall ist hier der Umgang mit Wissen und Information gemeint. Er meint, dass dieser, durch die technisch-mediale Umgebung möglich werdender Verhaltensformen und Einstellungen, hergestellt wird.

2 Kollaboratives Arbeiten und einige Konsequenzen

Nach Kuhn sollen unter Kollaborateuren diejenigen verstanden werden, die der Meinung sind, dass die Produktion von Wissen immer schon Kollaboration war. Heute werden unter Kollaborateuren die realen und virtuellen Partner verstanden, die in vernetzten, globalen Räumen zusammen Wissen erzeugen. Diese machen aus Wissen Informationsprodukte, die keine abgeschlossenen Werke sind. Sie sollten niemandem gehören und für alle frei zugänglich und nutzbar sein. Laut Kuhn ist ein Kollaboratives Werk mehr als die Summer von einzeln referenzierbaren Wissensstücken.

Wir befinden uns in einem Paradigmenwechsel bedingt durch die Medien. Damals hat die Drucktechnik das Buch des Autors durch den Verleger dominant werden lassen. Heute lässt die elektronische Umgebung kollaborative Formen entstehen, die aus Werken Netzwerke und aus geschlossenen Produkten öffentliche Nutzungsangebote entstehen.

Die derzeitigen Copyright- und Urheberrechte regeln die neuen medialen Möglichkeiten auf einer Grundlage von Wertvorstellungen für den Umgang mit Wissen und Information. Diese entstanden allerdings in einer ganz anderen Umgebung.

Als Beispiel für den Paradigmenwechsel führt Kuhn folgendes Gegenmodell zu einer individuellen, voll- oder halb-kommerziellen Vermarktung von Wissen an: Die free-and-open-software-Bewegung. Hier ist die Auszeichnung der Software als »frei« sehr wichtig. Da hier die Nutzungsrechte nicht ver- bzw. gekauft, sondern lizenziert werden, bleiben die Rechte, im Prinzip, beim Autor. Diese Lizenzierung erfolgt über die General Public License (GPL).

Analog zur GPL wurde die Creative-commons-Lizenzierung entwickelt. Bei dieser liegt die Entscheidung über die Form des Öffentlichmachens autonom bei den Autoren.

Der Creative-commons-Ansatz wird sich mit der Idee des Open-access-Publizierens verbinden. Bei Open-access-Publikationen gilt, dass die Autoren für die Publikation bezahlen sollen, nicht der Nutzer für deren Nutzung.

Projekte wie Wikipedia lösen die Vorstellung über individuelle Autoren von deren individuellen Werken auf. Wikipedia ist ein »open-content-encyclopedia«, die in vielen Sprachen über das wiki-Prinzip das kollaborative Erzeugen von Dokumenten radikalisiert. Wikis folgen meist der Hypertextmethodologie. Wikipedia gibt es seit 2001 und arbeitet bis heute mit ca. 300.000 offenen, frei nutzbaren Artikel.

3 Herausforderungen der Kollaboration

3.1 Kollaboration – eine Herausforderung für Simulation in der Künstlichen Intelligenz

An die Informatik und die Künstliche-Intelligenz-Forschung ist Kollaboration eine bedeutende Herausforderung. Als Beispiel hierfür wird die Roboterfußball-Weltmeisterschaften seit 1997 angeführt. Wichtig ist, dass jeder einzelne Akteur autonom auf die Umwelt reagieren kann handeln kann. Gleichzeitig muss er aber immer in kollaborative Situationen verstrickt sein. Nach Kuhn müssen wir Formen der Wissensproduktion entwickeln, bei denen individuelle und kollaborative Leistungen gleichermaßen Anreiz bekommen.

3.2 Kollaboration in der Wissenschaft

Seit einigen Jahren nimmt die internationale Kollaboration bedeutend zu. Aufgrund der Globalisierung ist Kollaboration auch ein Thema in der Wissenschaft.

Kuhn zeigt auf, dass Autor sein, nicht mehr heißen muss, die vollständige Kontrolle über die produzierte Information zu haben. Dadurch entstehen neue Herausforderungen an das Rechtssystem.

Im Kollektiven Wissensmanagement und auch in kollaborativen Lernumgebungen ist ein hoher Vernetzungsgrad mit vielen Einzelstücken und vielen Einzelautoren typisch.

3.3 Kollaboration im Wissensmanagement

Laut Kuhn versteht man unter Wissensmanagement alle Verfahren, die es einer Organisation erlauben, eine bessere Kontrolle über Produktion, Verteilung und Nutzung von explizitem und implizitem Wissen zu bekommen. Man ging davon aus, dass Wissen einfach da ist, in irgendwelchen Containern gespeichert und dann in Problem-Situationen aufgerufen wird. Kuhn schlägt vor, dies als Wissens-Warehouse zu bezeichnen. Er definiert Information als Ergebnis von Kommunikationsprozessen.

Kollaboration ist im Wesentlichen Kommunikation. Diese Form des Wissensmanagements stützt sich auf existierende Informationsressourcen jeder Art. Dadurch entstehen allerdings Mehrwerteffekte, da Menschen mit verschiedenen sozialen Hintergründen aufeinandertreffen.

Wesentliche Instrumente sind asynchrone Kommunikationsforen. Ich bin der Meinung, dass asynchrone Foren für die Entstehung von Wissen von großem Vorteil sind, da – im Gegensatz zum Chat – nicht sofort geantwortet werden muss. Dazu ein sehr banales Beispiel: Jemand hat ein spezielles Problem mit seinem Fahrzeug eines ganz speziellen Baujahrs.

Versucht man in einer synchronen Kommunikationsform (Chat) auf ein Ergebnis zu kommen, bestehen sicherlich Chancen, eine kompetente Lösung zu erhalten. Bei der asynchronen Form besteht jedoch die Möglichkeit, auf ein Archiv zurückzugreifen bzw. Interessierten die nötige Zeit zu geben, Lösungen zu entwickeln. Somit kann qualitativ hochwertigeres Wissen entstehen.

Stellen wir uns vor, das Discussion-Forum im Blackboard wäre synchron: Ein Student hat Probleme z.B. eine bestimmte Theorie zu verstehen. Er veröffentlicht seine Frage nun. Er müsste schon viel Glück haben, zufällig eine kompetente Person anzutreffen. Ist das nicht der Fall, muss er seine Frage immer wieder neu posten, bis ihm irgendwann jemand vielleicht jemand weiterhelfen kann.

Mir persönlich die Existenz von asynchrone Kommunikationsformen im Uni-Alltag sehr wichtig, da auch ich zu jedem Zeitpunkt auf Kommentare und Fragen anderer eingehen kann.

3.4 Kollaboratives Lernen

Laut soller basiert kollaboratives Lernen darauf, das Wissen nicht als statischer Inhalt gesehen wird, sondern als konstruktiver Prozess, der sich ständig weiterentwickelt. Durch kollaboriertes Arbeiten können Fähigkeiten für die spätere Berufspraxis erlernt werden, da Team-Arbeit immer mehr Gewicht beigemessen wird. Kollaboration muss intensiv geplant, gesteuert und kontrolliert werden.

Durch ::collabor:: habe ich selbst die Möglichkeit, kollaborativ zu lernen und zu arbeiten. Ich kann vom Wissen anderer profitieren, indem ich diese entweder direkt kontaktiere oder mir Kommentare für andere Teilnehmer ansehe. Auch vom Nicht-Wissen anderer können wir profitieren. Wenn ein Kollege ein Problem aufwirft, kann das ein Problem sein, dessen man sich bis dato gar nicht bewusst ist. Somit bekommt man einen »Denkanstoß« und kann wiederum Wissen produzieren. Ein geniales System!

Jedoch wäre das ohne Moderator nicht möglich. Im ::collabor:: sind das der Lehrveranstalter und die Online-Tutoren. Somit kann nichts aus den Fugen geraten. Durch gezielte Aufgabenstellungen werden die Studenten ans Ziel und zu Zusammenarbeit geleitet. Durch persönliche Feedbacks des Lehrveranstalter weiß man, ob man auf dem richtigen Weg ist, oder sich in etwas verstrickt. Aber auch die anderen Teilnehmer sind hier eine große Hilfe aufgrund der persönlichen Kommentare.

Eines der bedeutendsten Features in ::collabor:: ist für mich die Möglichkeit, einzelne Weblogs miteinander zu verlinken. So profitieren wieder nicht nur die »verlinkten« Beteiligten, sondern auch jene Teilnehmer, die sich für ein bestimmtes Thema interessieren und Informationen dazu suchen.

4. Die globale Dimension des kommunikativen Paradigmas

Kollaboratives Arbeiten beruht auf Kommunikation. Kulen wirft die Frage auf, ob es so etwas wie Kommunikationsfreiheit, ein Kommunikationsrecht oder ein right to communicate (r2c) gibt. Für Juristen ist Kommunikationsfreiheit eine Verbindung von Mitteilungs- und Rezipientenfreiheit. r2c kann mit Rechten anderer in Widerspruch geraten, wenn unterschiedliche Kulturen das Kommunikationsverhalten beeinflussen. Das r2c ist laut Kuhlen als universal und fundamental anzusehen.

Der Streit zwischen 1975 und 1985 um eine neue Weltinformations und -kommunikationsordnung eskalierte mit dem Austritt der USA aus der UNESCO. Dabei ging es nach Kuhlen faktisch um die Besitzverhältnisse und die Dominanz der Informations- und Medienmärkte.

• Das politische Argument: Es bestehe die Gefahr von Zensur bzw. Medienkontrolle und damit Gefahr für die öffentliche demokratische Gesellschaft, wenn der Staat r2c als kollektives Stellvertreterrecht reinterpretiere.

• Das medienbezogene Argument: Die Medien könnten nur über die Medien- und Pressefreiheiten ihre politische Aufgabe der Sicherung einer demokratischen Öffentlichkeit erfüllen.

• die menschenrechtliche Argumentation: Laut dieser gibt es ein r2c gar nicht, da ein solches in keinem relevanten Text explizit formuliert sei.

Kuhlen bezweifelt, ob ein hermeneutischer Anspruch an die kodifizierten Menschenrechte ausreichend sei. Meinungsfreiheit ist nur indirekt das Thema in Kuhlens Text, es geht mehr um die Konsequenzen des Verbreitens.

Laut Kuhlen ist die offizielle Medienwelt bis heute Einweg-Kommunikation, da privilegierte Medienprofessionelle entscheiden, was an die Öfferntlichkeit gelangt. Er sieht die Forderung nach einem r2c als das Recht, durch direkten Austausch mit jedem anderen dazu beizutragen, dass eine Öffentlichkeit entsteht, die nicht über das professionelle System vermittelt ist.

5 Fazit

Kuhlen wirft letztendlich die Frage auf, ob sich der globale digital divide verschärft.

Ich bin von den Möglichkeiten des kollaborativen Arbeitens begeistert und sehe dies als Chance, mit immer weiter zu entwickeln. Dadurch steht mir ein riesiges Spektrum an Wissen zur Verfügung. Doch ich habe schließlich die Möglichkeit, all das zu nützen. Was aber ist mit denen, die nicht auf dem benötigten technischen Stand sind und somit immer mehr an Möglichkeiten verlieren, da sie durch den fehlenden Zutritt zum »vernetzten Wissen« immer weiter ins Abseits gedrängt werden.

Ich bin einer Meinung mit Kuhlen, indem er aufzeigt, dass wir heute in den Umgebungen vernetzter elektronische Räume nicht nur nach Information suchen und diese empfangen oder verbreiten können müssen. Vor allem müssen wir uns kommunikativ verhalten. Doch finde ich es äußerst wichtig, das alle Menschen – egal wie arm oder reich – gleichermaßen Zutritt zu diesen Informations-Netzwerken haben müssen!

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Online-Quellen:

Link Creative-commons: http://de.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons (aufgerufen am 4. 11. 2004)

Link Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Wikipedia (aufgerufen am 4. 11. 2004)

right to communikate: http://www.uni-linz.ac.at/ (aufgerufen am 4. 11. 2004)

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elke.beck.uni-sbg, Samstag, 20. November 2004, 11:17
Hallo Anna!
Ich stimme dir zu, dass die Wahl der Kommunikationsinstrumente passend sein muss (siehe dein Beispiel mit der synchronen/asynchronen Kommunikation). Damit Kommunikation und dadurch Kollaboration gelingt, sind meiner Ansicht nach die Strukturen sehr wesentlich. Ein Beispiel: Ein Hörsaal ist so (auf-)gebaut, dass er für vortragende Wissensvermittlung passt: ein Vortragender "steht" vorn und ihm gegenüber "sitzt" die schweigende, zuhörende Masse an Studenten. Die aktive und passive Rolle ist klar verteilt.
Anders bei studentischer Kollaboration. Hier müssen Strukturen gefunden werden, die die Studierenden zur Zusammenarbeit anregen und diese vor allem bestmöglich unterstützen. Weblogs in der Form von "collabor" scheinen ein großer Schritt in die richtige Richtung zu sein.
Soweit zu meinen Ausführungen. Falls dich das Thema weiter interessiert, wirst du im Laufe des Semesters auf meinem Weblog mehr dazu finden.

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florian_heuse_salzburg, Montag, 22. November 2004, 02:55
Synchrone - Asynchrone Kommunikation
Hallo Anna!

Man merkt, dass du die asynchrone Kommunikation mit ihren diversen Formen favorisierst, jedoch finde ich deinen Einstellung gegenüber der synchronen Kommunikation zu skeptisch. Zur synchronen Kommunikation gehört natürlich auch die Videokonferenz, die wir letztes Semester in Einführung in die Multimedia, und bereits in der heurigen Vorlesung mit Herrn Kantel erfolgreich durchgeführt haben. Diese synchrone Form der Kommunikation hat einige Vorteile. So kann man den Kommunikationspartner sehen und hören, sprich der visuelle Kanal, wie der auditive Kanal fallen nicht weg und je höher die Bandbreite ist umso besser sind die Erfolgsaussichten für eine gelungen Kommunikation. Will man noch die Schrift mit einbeziehen, dann gibts z.B: unter Microsoft Betriebssystem ein "Whiteboard", wo die Gesprächsteilnehmer gleichzeitig schreiben oder zeichnen können.
Allerdings bin ich der Überzeugung, dass das gewählte Medium stark von der Art der Kommunikation abhängt. Kniffige Mathematik Aufgaben wird man erst Mal vorab verschicken, damit der Gesprächspartner Zeit hat das Problem zu lösen um dann z.B: via Videokonferenz die Lösungsschritte zu erläutern. Das war auch ein Kritikpunkt bei der Videokonferenz mit Herrn Kantel. Er wusste nicht um was es geht und musste spontan antworten, was er aber hervoragent gelöst hat. Eventuel greife ich das Thema elearning in meinem Weblog auf und elearing kann natürlich auch aus synchronen und asynchronen Formen bestehen.
Also klick auf den Homer und folge ihm zu meinem Weblog Hallo

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