JCK's NIM Weblog
Mittwoch, 11. Mai 2005
Das Für und Wider der Kryptographie

Zunächst zum besseren Verständnis der folgenden Diskussion eine knappe Definition des Begriffs "Kryptographie" sowie eine kurze Einführung in die Problematik im Zusammenhang mit der Verschlüsselung.
Bei der Kryptographie handelt es sich um die Verschlüsselung von Botschaften mit dem vorrangigen Zweck, Nachrichten brisanten oder persönlichen Inhalts nur bestimmten Empfängern zukommen zu lassen ohne sich dabei der Gefahr der Manipulation, Fälschung oder Spionage auszusetzen (für eine detailliertere Beschreibung verweise ich auf den entsprechenden Eintrag auf wikipedia). Die Anwendung kryptographischer Methoden erscheint nicht nur in gesellschaftspolitischer Hinsicht erstrebenswert, sie ist vielmehr ein Aspekt des persönlichen Rechts auf freie Meinungsäußerung. Die Kehrseite der Medaille ist freilich in der Nutzung von Verschlüsselungsmethoden, die kurz- und mittelfristig nicht geknackt werden können, für kriminelle Aktivitäten zu sehen.

Hier drängen sich nun einige Fragen auf, die unmittelbar in eine ideologische Behandlung der Thematik überleiten: Wie wägt man ab zwischen dem wünschenswerten Schutz der Privatsphäre und persönlichen Meinungsfreiheit einerseits und der zu der Verbrechensbekämpfung erforderlichen Überwachung und Reglementierung andererseits? Wo zieht man die Grenze? Welche Eingriffe in die Anonymität sind noch vertretbar, welche überschreiten den Horizont der Rechtfertigung?

Die Debatte über die Sinnhaftigkeit einer gesetzlichen Regelung für die Einschränkung des Rechtes von Verschlüsselungsmethoden Gebrauch zu machen, ist unter einem privatrechtlichen, kriminologischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkt zu betrachten.

Aus privater Sichtweise lässt sich generell ein Trend hin zu vermehrter Kontrolle konstanieren - sei es die starke Verbreitung von Ausweiskontrollen oder die Erfassung von Anwenderdaten in immer umfassenderen Datenbanken. Eine Begrenzung der Verwendungsmöglichkeiten der Kryptographie würde diese Tendenz zur Transparenz weiter forcieren. Das Interesse staatlicher Sicherheitsbehörden verschlüsselte Kommunikation überwachen zu können, steht natürlich im krassen Widerspruch zu der "Sicherung von Anonymität, welche als Voraussetzung für das Recht auf freie Meinungsäußerung, Versammlung und Privatheit gesehen werden kann. Andererseits erleichtert eine vollkommene Anonymität die Durchführung krimineller Handlungen, wie etwa das Versenden von Spam und das Betreiben von Kinderpornographie-Seiten" sowie die Verbrechensorganisation terroristischer Netzwerke. (vgl. http://www.heise.de/tp/r4/artikel/5/5053/1.html)

Doch wie wirksam wären diesbezügliche gesetzliche Vorschriften tatsächlich? Es ist wohl kaum anzunehmen, dass sich das kriminelle Potential dadurch eindämmen ließe. Betroffen wären wohl eher Privatpersonen sowie Unternehmen, die in ihrer Kommunikation eingeschränkt werden würden. Darüber hinaus könnte das organisierte Verbrechen im Falle einer strikten Reglementierung von leichter zu entschlüsselnden Datentransfers profitieren. Dies bringt mich auch schon zum zuletzt genannten Punkt, nämlich der Relevanz kryptographischer Verfahren für die Wirtschaft. In diesem Kontext denke ich vor allem an hinterhältige Machenschaften wie Password-Fishing, Kreditkartenbetrug, u.ä. sowie das Ausspionieren von Konkurrenten (auch innerhalb einer Volkswirtschaft, noch mehr jedoch im internationalen Wettbewerb). Dadurch ergeben sich für Konzerne Risiken wie "die Abwanderung von Know-how durch Industriespionage" oder der Entgang von Aufträgen, indem Angebote ausgeforscht und unterboten werden. (vgl. http://home.nordwest.net/hgm/krypto/debate.htm)

Generell lässt sich festhalten, dass es zur effizienten Bekämpfung des Missbrauchs kryptographischer Methoden internationale Abkommen geben müsste. Wenn man jedoch bedenkt, dass bereits auf nationaler Ebene kontroverse Positionen einzelner Parteien vorherrschen können, man sich die unterschiedlichen Auffassungen schon alleine unter den Mitgliedsländern der EU vor Augen führt, so erscheint eine extensive Einigung auf internationaler Ebene kaum realisierbar. Mir persönlich erscheint die Anonymität jedenfalls als kein besonders schützenswertes Gut. Personen, die nichts zu verbergen haben, sollten sich von etwaigen Überwachungsmaßnahmen nicht irritieren lassen. Wie dem auch sei, allgemeingültige Antworten auf die weiter oben gestellten Fragen kann es nicht geben, vielmehr muss sich jeder selbst seine Gedanken darüber machen, wieviel Privatsphäre er für ein höheres Maß an Sicherheit aufzugeben bereit wäre.

Jene Leser, denen nach näheren Informationen zum Thema "Kryptographie" dürstet, möchte ich noch auf die Ausführungen ausgewählter Websites verweisen.

Weiterführende Links:

Lehrveranstaltungs-Homepage
(historische Entwicklung von Verschlüsselungsmethoden, Einführung in die Computerkryptographie)

Die klassische Kryptologie (Verschlüsselungsmethoden ohne Zuhilfenahme von Computern)

Politische Aspekte der Kryptographie (Argumente für und gegen eine Regulierung, Positionen verschiedener Länder)

Die Kryptografiedebatte in Deutschland (Pro und Contra einer staatlichen Reglementierung)

Kleines Kryptologieglossar (siehe auch: Kleines Kryptograpie-Lexikon)

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