transcopyright, opensource und netzpolitik

Aktualisiert: 2009.03.27, 18:47 |  login | 
Donnerstag, 12. März 2009

Im heutigen Kurs wurde unter anderem das Thema "transcopyright" angesprochen. Da ich mich schon länger mit copyright-Aspekten und Netzpolitik beschäftige, hab ich das jetzt kurzerhand zu meinem thema erwählt.

 

Kuhlen, beispielsweise spricht von einem Menschenrecht der Kommunikation und weist darauf hin, dass damit auch eine neue Form von Urheberrecht notwendig wird. Im Kurs selbst wurde daraufhin angemerkt, dass ein (nach Kuhlen und Nelson) ein gerechtes Urheberrecht die Nutzung (von Wissen bzw. Inhalten) ungefragt erlaubt. In der Praxis ist das jedoch nicht so, was verschiedenste Rechtsurteile zeigen. Das jetzige Urheberrechtssystem ist noch nicht auf die neuen Medien abgestimmt. Ein Beispiel dazu habe ich vor einigen Wochen im Web gefunden. Wer regelmässig ebooks liest und verwendet, wird vielleicht schon etwas von Amazons Kindle gehört haben. Grundsätzlich handelt es sich um ein electronic device zum lesen von ebooks (in anderen formaten als pdf). Bei Amazon (zumindest auf UK und US) kann man die meisten Bücher als ebook kaufen - vor allem genutzt von Studenten bei Lehrbüchern. Anyway, verschiedene Features werden zurzeit diskutiert, unter Anderem dass man ein Buch als ebook kauft (also als pdf oder andere Datei zum Lesen) und diese mit einem Sprachfeature sich vorlesen lassen kann. Heisst: ich kaufe ein ebook und wandle es in eine Audiodatei um und höre es mir am Weg zur Uni/Arbeit am MP3-Player an. Soweit, so gut. Nach Kuhlens Vorstellung von Urheberrecht absolut okay. Ich kaufe ein Produkt (in diesem Fall ein Buch) und konsumiere es wie auch immer ich will. Die rechtliche Situation sieht anders aus. Amazon hat angekündigt, bei der neuen Version von Kindle diese Funktion zu deaktivieren. Grund: copyright-Verletzung. Die "Eigentümer" von copyrights in diesem Bereich (Verlage) argumentieren, dass man damit unrechtmässig auch ein anderes Gut konsumiert, nämlich ein audiobook. Wie immer geht es um eventuell schwindende Verkaufszahlen. Einen umfassenderen Artikel dazu findet ihr hier.

 

Was heisst das nun für kollaboratives Lernen? Meiner Meinung nach haben solche Entwicklungen weitreichende (hauptsächlich negative) Auswirkungen auf elearning. Wenn Leistungen (und hier vor allem Informationen) derart eng definiert werden, dass ich sie nur in beschränkten Rahmen in bestimmten Formaten nutzen darf, gibt es weniger Angebot für mich bzw. ich bezahle eventuell für ein und dieselbe Leistung doppelt und dreifach. Ein persönliches Beispiel hierzu: Ich hab mir das letzte Harry Potter Buch zuerst auf englisch, dann auf deutsch gekauft und dann auch noch als Audiobook gekauft. Alle drei versionen hab ich bezahlt. Die Leistung selbst differiert aber nur minimal. Das Beispiel kann man auf alle Versionen umspielen. Ein Universitätsprofessor kauft eine Fachzeitschrift. Er findet einen interessanten Artikel. Für die PDF-Version nochmal bezahlen? Wenn der Artikel abgedruckt wird in einem Sammelband, dafür nochmal bezahlen? aus betriebswirtschaftlicher Sicht interessantes Modell. Aus gesellschaftlicher Sicht, vor allem für untere Einkommensschicht bedenklich.

Satirischer Nebensatz in einem Artikel in der NY Times: wenn die audioversion eines buches ein eigenes copyright erfordert, was ist dann mit Büchervorlesen? Verletze ich copyright, wenn ich meinem Kind ein Buch vorlese? Paul Aiken, Vorsitzender eines Autorenverein sagt es ganz drastisch:

They don't have the right to read a book out loud, that's an audio right, which is derivative under copyright law." (auch sichtbar hier).

Kurz später rudert der Verein zurück, vorlesende Eltern und Blinde werden nicht mit rechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.

 

Die Auswirkungen solcher Nachrichten auf das Lernverhalten jedoch können durchaus stark sein. Wenn copyrights derart eng und strikt formuliert werden und diese auch rechtlich verfolgt werden, kann das durchaus negative Auswirkungen auf meine Lernbereitschaft einerseits und auf meine Kommunikationsbereitschaft andererseits auswirken. Um sich nicht strafbar zu machen, verzichte ich dann lieber auf irgendwelche features, nehme nicht an internetdiskussionen teil, damit ich keine privaten konsequenzen fürchten muss (wie etwa hier, originalartikel hier).

 

Um den Wissensfluss jedoch zu fördern und somit kollaboratives Lernen und Wissensentstehung zu ermöglichen, könnte man auch das copyright ein wenig lockern, international vereinheitlichen und auf die neuen Gegebenheiten einstellen. Volkswirte weisen seit Jahren darauf hin, dass ein lockereres Copyright den wissensfluss, die produktivität und kreativität einer Wirtschaft fördert. Aber über Open Source werde ich eventuell später einmal einen Artikel schreiben...

 

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