Schlüsseltechnologien der Informationsgesellschaft
Samstag, 8. Dezember 2007
Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes
Es ist nun beschlossene Sache. Das Sicherheitspolizeigesetz wurde um den §53 Abs. 3a erweitert.

Das Gesetz
„Die Sicherheitsbehörden sind berechtigt, von den Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste Auskunft über Namen, Anschrift und Teilnehmernummer und sonstige Kontaktinformation eines bestimmten Anschlusses zu verlangen, wenn sie diese Daten als wesentliche Voraussetzung für die Erfüllung der ihnen nach diesem Bundesgesetz übertragenen Aufgaben benötigen.
Die Bezeichnung dieses Anschlusses kann für die Erfüllung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht oder die Abwehr gefährlicher Angriffe auch durch Bezugnahme auf eine von diesem Anschluss geführte Kommunikation durch Bezeichnung des Zeitraums und der aktiven oder passiven Teilnehmernummer erfolgen. Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine gegenwärtige Gefahr für das Leben oder die Gesundheit eines Menschen besteht, sind die Sicherheitsbehörden zur Abwehr dieser Gefahr darüber hinaus berechtigt, von den Betreibern im Mobilfunkbereich Auskunft über Standortdaten und die internationale Mobilteilnehmerkennung (IMSI) zu verlangen sowie technische Mittel zur Lokalisierung einer von einem gefährdeten Menschen mitgeführten Endeinrichtung zum Einsatz zu bringen. Die ersuchte Stelle ist verpflichtet, die Auskünfte unverzüglich und gegen Ersatz der Kosten nach den Tarifen der Überwachungskostenverordnung – ÜKVO, BGBl. II Nr. 322/2004, zu erteilen.“


Kritik
Die Neuerung wird von vielen Seiten kritisiert, unter anderem von den Grünen. Peter Pilz, Nationalratsabgeordneter der Grünen, der auch Sicherheitssprecher seiner Partei ist, meint, dass der Einsatz technischer Mittel bei der Terrorismusbekämpfung legitim ist, aber nur unter richterlicher Kontrolle. Genehmigungen würden im Ernstfall leicht zu besorgen sein.
Wirtschaftskammer, Datenschutzrat und Arbeiterkammer kritisieren, dass durch das neue Gesetz die von der Strafprozessordnung vorgesehenen gerichtlichen Kontrollmechanismen umgangen werden sollen.

Die so genannte „IMSI-Kennung“ soll laut Innenminister Platter eine Hilfe zur Ortung von vermissten bzw. entführten Personen sein. Pilz und auch Heinz-Christian Strache befürchten jedoch einen Eingriff in die Privatsphäre und eine Verletzung des Datenschutzes. Das Abhören von Gesprächen wäre so möglich und ebenfalls zu befürchten.

Karl Korinek, Präsident des Verfassungsgerichthofs, befürchtet sogar die Gefahr eines Überwachungsstaates in DDR-Stasi-Manier. Grundrechte dürften nicht der Terrorismusbekämpfung geopfert werden.
Die Liste der von der Polizei geforderten Grundrechtseingriffe wird immer länger.


Wunschliste der Polizei
- zwangsweise DNA-Massentests auch ohne persönlichen Verdacht ab 2008
- Vorratsdatenspeicherung von Telekom- und Internetdaten
- flächendeckende Aufzeichnung von KFZ-Kennzeichen zur KFZ-Fahndung
- Onlinezugriff auf Privatcomputer
- allgemein zugängliche Sexualstraftäterdatei
- besondere Täterdatei für Sportveranstaltungen (Hooligan-Datei)
- vorbeugende Vorladeberechtigung für Sportfans ihnen den Besuch von Veranstaltungen zu verwehren
- Ausweitung der Video-Überwachungsbefugnisse
- Aufbau eine europaweiten Täterdatei, trotz unterschiedlichster Strafrechtssysteme
- verstärkter Datenaustausch zwischen Polizeieinrichtungen der EU-Länder
- Offenlegung von Strafregisterdaten von Ausländern (Prangermöglichkeit)
Schon seit längerem in Verwendung ist der sogenannte kriminalpolizeiliche Aktenindex des EKIS (Elektronisches Kriminalpolizeiliches Informatiosnsystem), in der alle Kontakte einer Person mit der Polizei aufgezeichnet werden, bis hin zu völlig haltlosen Anzeigen durch Nachbarn, Freunde oder Arbeitskollegen. Diese Eintragungen werden praktisch nie gelöscht.“


Eure Meinung
Was sagt ihr zu dieser Geschichte? Ist die Terrorismusgefahr Grund genug um solche Eingriffe in die Privatsphäre zu befürworten? Oder wird die aktuelle weltpolitische Situation ausgenutzt, um in diese Richtung so weit wie möglich einzugreifen, ohne dabei Gegenwehr seitens der Bevölkerung befürchten zu müssen? Ist diese Terrorgefahr gar nur eine riesige Inszenierung um eine neue Epoche der Überwachung einzuleiten?

Ich freue mich auf eure Kommentare!!!!


Quellen
heise.de
derstandard.at
argedaten.at
Gesetz
www.parlament.gv.at/pls/portal/docs/page/PG/DE/XXIII/ME/ME_00118/imfname_086206.pdf

(jeweils aufgerufen am 7.12.2007)

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Lisa.Hopfer.Uni-Sbg, Freitag, 14. Dezember 2007, 12:33

Ich finde deinen Beitrag sehr interessant!
Grundsätzlich finde ich es sehr positiv, dass durch Standortermittlung etc. Menschen, die sich in Gefahr befinden, geholfen werden kann. Das Bundesministerium für Justiz  regt jedoch zu einer klareren Zweckabgrenzung im Gesetz an (aus welchem Grund ist hier nachzulesen) Trotzdem bin ich auch der Meinung, dass die Grundrechte nicht der Terrorismusbekämpfung geopfert werden sollten - ich denke, dass in Österreich auch "softere" Methoden eingesetzt werden können. 

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