Cagdas Blog
The Long Tail-kritischer Ausblick
Am 24. Juni 2011

 

 

The Long Tail – Der lange Schwanz

 

Wie schon auch in der Präsentation erwähnt, geht es hierbei um die aufbauenden Arbeiten und Theorien von Gladwell. Diese Theorien bauen auf den US-amerikanischen Journalistejn und Chefredakteur Chris Anderson. Er stellte 2004 vor, dass Nischenprodukte für Internetanbieter großen Gewinn bringen können. Besonders interessant war dieses Phänomen für den Musik- und Bücherhandel.

 

Um diese Thematik näher verstehen zu können, bedarf es der Definition von „Nischenmarkt“.

 

Es findet sich in der Betriebswirtschaft keine anerkannte und allein gültige Definition des Nischenbegriffes. Aus genauerer Betrachtung geht heraus, dass gewisse Autoren mehrere Kriterien zur Definitionsgebung heranziehen:

 

Art der Marktbeschränkung

Ausmaß der Bedürfnisbefriedigung

Schutz vor der Konkurrenz und vor der Wettbewerbsintensität

Zahlungsbereitschaft

(vgl. Trachsel 2007: 43f.)

 

Absatzpolitisch kann man die Nische als ein Teilbereich des Marktes sehen, der

noch nicht vollkommen oder ungenügend, unzureichend abgedeckt ist.

 

Kotler definiert „Nischenmarketing“ als „a more narrowly defined group, typically a small market whose needs are not well served. Marketers usually identify niches by dividing a segment into subsegments or by defining a group seeking a destinctive mix of benefits. For example: the segments of heavy smokers include those who are trying to stop smoking and those who dont’t care“ (Kotler 2000: 257)

 

Nischenmarketing wird in der Literatur auch als die „Anpassung des Produktes an

eine Gruppe von Kunden bezeichnet“, oder auch im englischen Original:„the

promotion of a product aimed at one particular area of the market“ (Dictionary

of marketing 2003: 181).

 

In Verbindung mit dem Nischenmarkt muss auch der Begriff E-Commerce näher erläutert werden:

 

Verkauf oder Kauf von Waren und Dienstleistungen, der über computergestützte Netzwerke getätigt wird, wie etwa das Internet oder Netzwerke von Mobilfunkanbietern“, (vgl. Gabler 2004: o.S.) bezeichnet. Wirtz hingegen meint, dass Electronic Commerce: „die elektronische Unterstützung von Aktivitäten beinhaltet, die in direktem Zusammenhang mit dem Kauf und Verkauf von Gütern und Dienstleistungen via elektronischer Netze in Verbindung stehen. (vgl. Wirtz 2001: 40)

 

Im Zeitalter der Digitalisierung, der Globalisierung und des Massenmarketings sowie einem erhöhten Aufkommen von Netzwerkeffekten gelten einfache Richtlinien, um Märkte erfolgreich zu bedienen: Je niedriger die Kosten beim Verkauf, desto mehr kann ich als Unternehmen bieten. Die Kombination mit der Tatsache, dass die Digitalisierung auch zu einer Veränderung unseres Sozialverhaltens führt man bedenke, dass wir heutzutage vermehrt über das Internet kommunizieren und „chatten“ als tatsächlich mit einer Person im Kaffeehaus zu sitzen, führt zu einer Veränderung der gesamten Konsumlandschaft. Wir bewegen uns von einem Massenmarkt zu einem digitalen Massenmarkt, bestehend aus zahlreichen kleinen Nischen, die aber nicht mehr mit unseren tatsächlichen Kaufgewohnheiten eigentlich zu tun haben, sondern viel mehr mit unseren jeweiligen Interessen.


Begriff „The Long Tail“

 

Der Begriff der „Long Tail“ hat seinen Ursprung eigentlich aus der Statistik: Dort werden Kurven zur Häufigkeitsverteilung „Long Tail“ genannt, weil die Länge der Kurve im Vergleich zu ihrer Spitze unverhältnismäßig lang ist. Grundsätzlich handelt es sich bei der Theorie des Long Tail um zwei verschiedene Tatsachen beziehungsweise Phänomene, die in der Wirtschaft des 21.Jahrhunderts auftreten.

 

1. These: Vergrößerung des Produktangebotes durch das Internet

Ein Händler muss beim Verkauf von seinen Produkten schauen, dass die Fixkosten gedeckt sind. Hierzu gehören Kosten der Liegenschaft des Geschäftes wie etwa Miete, Betriebskosten, Strom, Wasser, Heizung und so weiter. Das heisst der Händler muss schauen, dass seine Verkaufsquote entsprechend hoch ist, um die Kosten zu decken und gleichzeitig auch Gewinn zu machen. Problematisch ist es daher, dass bestimmte Waren angeboten werden müssen, um Kundschaft nicht zu verlieren aber diese Produkte nehmen wertvolle Regalflächen in Anspruch, die auf dauer gesehen keinen Gewinn erzielen. Hier wäre kein Platz für Nischenprodukte. Im Internet allerdings kostet die Regalfläche nichts, hier können auch Artikel reingestellt werden, die in zukunft ein Verkaufsschlager werden könnten. Durch solche Konzepte entstanden sehr erfolgreiche Online-Firmen wie Amazon oder Ebay.

 

Die 2. These: The Long Tail

 

Die zweite These, auf die sich Andersons Theorie des Long Tail stützt ist die Annahme, dass dieser Online Handel das Aussehen der Nachfragekurve deutlich verändern wird. Andersons grundsätzliche Annahme ist, dass Nischenprodukte in Zukunft bei den Kunden besser ankommen werden, als die Massenware. Die Tatsache, dass die Kunden aufgrund der eingesetzten Software dieser Online Verkaufshäuser und der daraus folgenden Kategorisierung nun einfacher Produkte finden können und auch auf die Empfehlungen dieser sich verlassen können, führt dazu, dass sich- die Konsum und Kaufgewohnheiten der Kunden verändern werden.

 

Ein erfolgreiches Long Tail besteht aus drei wichtigen Faktoren;

 

Chris Anderson beschäftigt sich im Rahmen der Long Tail Theorie mit dem Effekt des Paretro Prinzip. Ausgehend von einem italienischen Ökonomen und Soziologen Vilfried Pareto, entstand eine Untersuchung zur Verteilung des Volksvermögens auf Familien in Italien, aus der eine 80:20 % Regel ergeben hat. Der Größte Teil des Vermögens gehört einer Minderheit der Bevölkerung an. Bespielsweise weiss man, dass etwa 70 % der Ehen zwischen Personen abgeschlossen werden, die nicht weiter als 30 % Entfernung von diesem Gebiet wohnen. Dieses konkrete Beispiel lässt sich auf unser Pareto Prinzip wieder spielgeln. Mit 20 % der Produkte kann man 80 % des Umsatzes machen oder mit 20 % Aufwand erzielt man 80 % Produktivität. Anderson fordert auch auf, sich nicht allzu leichtfertig auf die 80% zu 20% Regel zu verlassen, da selbst wenn nur 20% der Produkte 80% des Umsatzes machen, dies nicht heißen soll, dass man auf die anderen 80% der Produkte vergisst und diese nicht führt. Die Möglichkeit, dass ein „unerfolgreiches Produkt“ aus den 80% sich zu einem höchst erfolgreichen entwickelt, ist immer gegeben. So kann man sagen, wie sich die 80% zu 20% Regel aufgrund des Long Tails verändert. Der Nischenmarketing Gedanke des Long Tail sieht daher das zukünftige Marktpotential nicht im Vertrieb und Verkauf von Hitprodukten oder den üblichen Mainstream- Produkten, sondern im Absatz von Nischenprodukten,

welche der gegebenheiten in die 20% Kategorie eingeordnet werden können. Diese Theorie verlangt daher nach vollkommen neuen Markting- Strategien und Konzepten.

 

Kritik an „The Long Tail“

 

Eine vollständiges vertrauen auf die Long Tail Theorie wäre zu schnell und unüberlegt für die Unternehmen. Es ist schwierig sein Geld im Lont Tail zu verdienen und seine gesamte Nachfrage nur auf Nischenprodukte zu konzentrieren. (vgl. Elbersee 2008: 1ff.)

 

the mass market is dying, to be replaced by a mass of niches“

Diese Aussage über Long Tail ist desöfteren zu lesen. Jedoch ist es eine provokante Aussage, da sie auch eine falsche Aussage sein könnte. Es könnte eine falsche Strategie verfolgen.

 

Ein Professor vom Associate im Fachbereich Marketing an der Harvard Business School beschäftigt sich mit der Frage;

 

Wird der Long Tail der Absatzverteilung länger UND dicker, je stärker sich die Nachfrage von Ladengeschäften mit begrenzter Regalfläche auf Online Anbieter mit einem viel größerem Sortiment verlagert?“ (Elberse, 2008; S.4)

 

Aufgrund ihrer 5jährigen Analyse von Verkaufszahlen und Mithilfe von ökonometrischen Modellen, fand Elberse heraus, dass sich der Absatz wirklich messbar in den rechten Teil der Kurve, dem sogenannten Nischenteil, verlagert hat. Das interessante daran ist allerdings, dass sich im gleichen Zeitraum die Anzahl der Produkte, die sich überhaupt nicht verkauft haben, ebenso verdoppelt hat. Die Kurve des Long Tail wird als nicht länger und dicker sie wird nur länger.Die Annahme, dass die Länger der Kurve durch die zunehmende Digitalisierung der Produkte angetrieben wird, wird allerdings durch die Analyse ihrer Daten noch bestätigt.Laut den Untersuchungen gibt es kein klares Kundensegment mit einem Hang zu ausfälligen und schwer zu findenden Produkten. Die Nischenzielgruppe existiert nicht. Die rechte Seite der Nachfragekurve des Long Tail wird hauptsächlich durch Menschen geprägt die übermäßig viel konsumieren und daher auch sehr gerne zu den Nischenprodukten ausweichen. Kunden, die weniger konsumieren, konzentrieren sich dagegen auf populäre Produkte. Es wird zusätzlich noch behauptet, dass Nischenprodukte auch generell bei den Kundenbewertungen schlechter bewertet werden. Laut Elberse kann man zwischen den Kaufentscheidungen im Internet und denen im Einzelhandel keinen Unterschied erkennen.Zusammenfassend kann man sagen, dass egal ob die Kritiken beziehungsweise die Theorien gegenüber dem Long Tail in allen Punkten immer stimmen, eines klar geworden ist: Ein größeres Angebot heißt nicht zwangsläufig, dass mehr Produkte als zuvor nachgefragt werden.

 

 

Literaturverzeichnis

 

Elberse, Anita (Hg.)(2008): Das Märchen vom Long Tail. In: Harvard Business Manager, Vol. 8, 32 – 44.

Ivanovic, Collin (2003): Dictionary of Marketing. London: Bloomsbury Publishing.

 

Kotler, Philip (200): Marketing Management – The Millenium Edition. New Jersey: Prentice Hall.

 

Trachsel, Micha (2007): Nischenstrategien und ihre Bedeutung für den Unternehmenserfolg. Berlin: DUV Gabler Edition Wissenschaft.

 

Wirtz, Bernhard (2001): Electronic Business. Wiesbaden: Gabler Verlag.

 

 

 

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