Rechtliche Rahmenbedingungen für E-Voting
magdalena.portisch.Uni-Sbg, 18. Juni 2011, 09:11
Grundsätze für Wahlen in Österreich
Die Art und Weise, wie Wahlen heute durchgeführt werden, hat sich im Laufe der Jahre erst langsam entwickelt. Jedes Land kennt spezielle Regelungen, die ihre Ursache in der politischen Tradition, der jeweiligen Rechtsprechung und den sozialen Lebensbedingungen haben. Alle Wahlformen lassen sich jedoch in einem Kriterium unterscheiden. Wird in einem Wahllokal gewählt oder nicht?
Eine Unterscheidung in Präsenz- und Distanzwahlmodi ist wesentlich für die Behandlung der Rechtsvorschriften für elektronische Wahlen. In Österreich ist die Distanzwahl nur in Ausnahmefällen genehmigt. Dies gilt zum Beispiel dann, wenn sich Wahlberechtigte im Ausland aufhalten.
Die grundlegenden Verfahrensregeln für Wahlen sind im Artikel 26 B-VG (österreichische Bundesverfassung) festgesetzt. Die österreichischen Wahl-Rechtsgrundsätze lauten daher wie folgt:
Allgemein |
Alle Staatsbürger sind aktiv und passiv wahlberechtigt (Mit einigen Ausnahmen dezidiert aufgezählt) |
Gleich |
Die Stimme jedes Bürgers hat den gleichen Einfluss auf den Ausgang der Wahl, respektive zählt gleich viel |
Unmittelbar |
Der Wähler wählt die Mandate direkt ohne Wahlmänner |
Persönlich |
Der Wahlberechtigte muss selbst wählen |
UGeheim |
Die Öffentlichkeit und die Wahlbehörde darf keine Kenntnis davon bekommen, was der Einzelne gewählt hat |
Unterschiede zu Deutschland:
Die Regelungen im Bereich des Wahlrechts sind in Deutschland und Österreich sehr ähnlich. Sie unterscheiden sich jedoch in der Rechtsprechung für den Bereich der Distanzwahlen. Während in Deutschland seit den 60er Jahren das Wählen im Verhinderungsfall mittels Briefwahl generell möglich ist, hat der österreichische Verfassungsgerichtshof 1985 die Briefwahl für unzulässig erklärt. Probleme wurden darin gesehen, dass die Wahlrechstgrundsätze der persönlichen und geheimen Wahl nicht gewährleistet sind. Es kann nicht sichergestellt werden, dass die Wähler während des Wahlvorgangs nicht überwacht oder beeinflusst werden.
Auch der deutsche Gesetzgeber sieht Probleme mit der persönlichen und geheimen Stimmabgabe. Aus diesem Grund ist eine Stimmabgabe über Briefwahl nur in Ausnahmen möglich. Der Wähler muss eine Erklärung „an Eides statt“ abgeben, in der er bestätigt die Stimme persönlich abgegeben zu haben. Für die korrekten Rahmenbedingungen ist der Bürger so selbst verantwortlich.
Schritt für Schritt hin zu E-Voting:
1989 kam es zu einer Änderung der Haltung des Verfassungsgerichtshofs. Ein Bürger im Ausland klagte den österreichischen Staat, dass er trotz österreichischer Staatsbürgerschaft nicht in der Wählerevidenz seiner früheren Heimatstadt eingetragen war. So seien seine Grundrechte beschnitten. Der Verfassunggerichtshof folgte seinem Ausführungen und sah eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in der Festmachung des Wahlrechts an einem gültigen Hauptwohnsitz in Österreich. [VfGH89]
Dies führte 1992 zur Änderung von § 2 des Wählerevienzgesetz (WEvG) und von §38 der Nationalratswahlordnung (NRWO), um die Teilnahme an Nationalratswahlen auch österreichischen Staatsbürgern, die zum Zeitpunkt der Wahl im Ausland aufhalten, zu ermöglichen.
Mit dem Wahlrechtsänderungsgesetz 2007, das am 1. Juli 2007 in Kraft getreten ist, können ÖsterreicherInnen nun auch im In- und Ausland auch mittels Briefwahl Ihre Stimme abgeben.
Ausnahmen bestätigen die Regel:
Die Verfassung gibt für alle österreichischen Wahlen eine Grundlage vor, von der jedoch in den individuellen Wahlordnungen in begründeten Fällen abgegangen werden kann, um den Eigenschaften des jeweiligen Vertretungskörpers gerecht zu werden. Diese Tatsache ist natürlich besonders bei Interessensvertretungen gegeben, deren Wahlen zu denen der zweiten Ordnung (Verlinken) gehört.
Eine abgeschwächte Anwendung der Wahlrechtsgrundsätze ermöglichte nun in einer Reihe von Fällen die Einführung der Briefwahl, so zum Beispiel im Bereich der Personalvertretungswahlen des Bundes und ebenso den Beschluss der Einführung von rechtlichen Rahmenbedingungen für E-Voting bei den Hochschülerschaftswahlen.
So sind die Bestimmungen für E-Voting bei ÖH-Wahlen in §34 (4-6) festgelegt:
(4) […] bei der Durchführung der Wahlen auf elektronischem Weg [ist] die Abgabe der Stimme den Wahlberechtigten auf elektronischem Weg zu ermöglichen. Das zum Einsatz kommende System muss den Sicherheitsanforderungen sicherer elektronischer Signaturen gemäß dem Signaturgesetz entsprechen und unter Berücksichtigung der Anforderungen des Datenschutzgesetzes 2000 an die Datensicherheit so ausgestaltet sein, dass die Ein-haltung aller […] Grundlagen [gemeint sind allgemein, gleich, geheim und persönlich] und die Erfüllung der […] Aufgaben der Wahlkommission auch bei der elektronischen Wahl gewährleistet ist.
(5) Weiter sollte folgendes durch das eingesetzte Verfahren gewährleistet sein
- Wahrung des Wahlgeheimnisses
- Verifikation der Identität der oder des Stimmberechtigten
- Unverfälschtheit des ausgefüllten Stimmzettels durch den Einsatz sicherer elektronischer Signaturen (Verlinkung) und die Geheimhaltung der Wahldaten
- Berücksichtigung des Übereilungsschutzes für die Wählerin, wie bei der herkömmlichen Stimmabgabe
- Erfüllung aller an Wahlzellen gestellten Anforderungen.
(6) Die bei der Wahlkommission eingesetzten technischen Komponenten […] müssen nach dem Stand der Technik hinreichend und laufend geprüft sein. Die Erfüllung der Sicherheitsanforderungen muss von einer Bestätigungsstelle gemäß § 19 Signaturgesetz bescheinigt sein. […]
Der Gesetzgeber sieht hierbei drei Hauptprobleme und verweist auf spezifische Gesetze um diese zu lösen.
1. Identität: Problematik der eindeutigen Identifizierung: Signaturgesetz 11
2. Anonymität: Datenschutzgesetz 2000, §15/18 (Link)
3. Wahlbetrug: Überwachungsfunktion: Prüfstelle 12, §19 (Link)
Rechtliche Voraussetzungen und Grenzen von Internetwahlen:
www.dfki.de/fuse/.../Folien/Recht_und_Grenzen_Klaus.ppt
Quellen:
Brandt, Martin/Volkert, Bernd (2002): E-Voting im Internet-Formen, Entwicklungsstand und Probleme. Online unter: http://elib.uni-stuttgart.de/opus/volltexte/2004/1717/pdf/ab218.pdf (14.05.2011)
E-Voting.at- Elektronische Demokratie am Beispiel der österreischischen Hochschülerschaftswahlen (2002): Online unter: http://epub.wu.ac.at/462/1/document.pdf (15.05.2011).
Prollius, Bernd (2008): Rechtliche und technische Aspekte von Internetwahlen im internationalen Kontet. Online unter:http://bjoern.von.prollius.de/img/internetwahlen.pdf (15.05.2011).
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