Statement Print vs. Online?
Juliane.Tegtmeyer.Uni-Sbg, 17. März 2011, 18:01
Print vs. Online?
In der Dokumentation Richtung 2000 von Arno Schmuckler und Peter Kerstan von 1972 hat mich vor allem ein Punkt zum Nachdenken angeregt: der Protagonist des Beitrages arbeitet in einer Firma, welche Daten an Universitäten usw. verkauft. "Richtung 2000" zeigt die Welt der Zukunft aus der Perspektive des Jahres 1972. Die Vorstellung der Autoren der Dokumentation lagen zumindest mit der Einschätzung richtig, dass Wissen, beziehungsweise Information in der Welt der Zukunft von großem Wert sein wird. Das Internet vermittelt allerdings den Eindruck, dass jeder schnell und kostenlos an jede Information herankommt. Doch meiner Meinung nach bedarf es einer Einstellungsänderung der Bevölkerung, um Qualitätsjournalismus - wenn auch in adaptierter Form - zu erhalten.
Fast 60 Prozent der deutschen EinwohnerInnen sind inzwischen online. (vgl. van Eimeren/Frees 2006: 404) Immer mehr Printmedien sind auch im Netz vertreten. Vor allem junge Leute nutzen das Internet als wichtige Informationsquelle. Dabei greifen die RezipientInnen vermehrt auch auf das Online-Angebot der Zeitungen und Zeitschriften zurück.
Bisher galt die Entwicklung in den USA oft als Leitlinie, als Anhaltspunkt für die Entwicklung in Europa. Was über dem Atlantik passierte, kam über kurz oder lang auch nach Europa. Auf die Entwicklung des Zeitungsmarktes gemünzt hieße dies, uns stünde eine enorme Zeitungskrise bevor. Steve Ballmer, der Geschäftsführer von Microsoft, ist genau wie der Ex-Chefredakteur der Los Angeles Times, John Carroll, sogar der Meinung, dass sich die Medienlandschaft in den kommenden zehn Jahren derart verändert, dass Printmedien ganz verschwinden und die Rezeption ausschließlich im Internet stattfindet (vgl. Weichert/Kramp/Jakobs 2009: 7). Andere Stimmen sagen, dass Qualitäts- und Lokalzeitungen erhalten bleiben.
Auf elektronischem Wege ist die mobile Sofortnutzung von Zeitungen aus aller Welt möglich geworden. Mit Blick auf die technischen Möglichkeiten scheint das Festhalten der Zeitung am Trägermedium Papier immer unzeitgemäßer. Auch ist eine Online-Version, trotz des immensen Stromverbrauchs durch das Internet – günstiger und ökologischer. (vgl. Weichert/Kramp/Jakobs 2009: 23 ff.)
Qualitätsjournalismus vom Aussterben bedroht?
Interessant ist auch die Rolle und Entwicklung der Journalisten im derzeitigen Medienwandel. Qualitätsjournalismus ist vom Aussterben bedroht. Um dies zu verhindern, wird der professionelle Journalismus zunehmend von finanzieller Unterstützung Außenstehender abhängig sein, die sich für das Fortbestehen der Qualitätsmedien engagieren.
In Frankreich überlegte sich Staatspräsident Nicolas Sarkozy im Herbst 2008 im Rahmen seines „Etats généraux de la presse“ einen umfangreichen Hilfsplan für die Zeitungsverleger. Zu den Maßnahmen gehört unter anderem die Subventionierung eines einjährigen Gratisabonnements für alle 18-Jährigen. Jedoch raten Weichert, Kramp und Jakobs von einer generellen staatlichen Förderung des Journalismus ab, da solche Subventionen den Markt empfindlich stören und auch die Abhängigkeit eines Mediums vom Staat zur Folge haben kann. (vgl. Weichert/Kramp/Jakobs 2009: 11 ff.)
Eine wichtige Funktion der JournalistInnen ist die der Gatekeeper. Gerade im Internet findet sich ein schier unerschöpflicher Strom von Informationen. JournalistInnen wählen aus diesem Strom nach professionellen Kriterien relevante Inhalte für die Rezipienten aus. Außerdem bieten Zeitungen den LeserInnen den Vorteil, durch ihre Erscheinungsform allein schon die Informationen zu begrenzen.
Der Internetauftritt unterscheidet sich meist von der Printversion. Online findet sich oftmals nicht mehr nur politische Berichterstattung, sondern es wird versucht, die Klickrate der Sites durch seichte Unterhaltung zu steigern. Während die gedruckte Ausgabe des „Spiegel“ ein Jahr große Koalition als Aufmacher wählt, findet sich auf Spiegel Online gleichzeitig die Millionärsmesse in Moskau als Titelstory. (vgl. Range/Schweins 2007: 5)
Laut Range/Schweins (2007: 6) ahmen inzwischen alle das Modell „Spiegel Online“ nach. Es stellt sich die Frage nach der Gefahr einer Konformität. Werden die Online-Angebote immer verwechselbarer? Als weitere Frage ergibt sich daraus: Befindet sich der Qualitäts-Journalismus in ernster Gefahr? Ist der Gegensatz von Information, wie Range/Schweins behaupten, wirklich nicht Unterhaltung sondern Manipulation und Täuschung? (vgl. Range/Schweins 2007:6) Laut Merten wählen die JournalistInnen nur noch aus bereits von PR-ExpertInnen vorselektierten Texten aus, die eigene Recherchetätigkeit verkümmert nach und nach. (vgl. Merten 2005: 145)
Quellen
Merten, Klaus (2005): Konstruktivistischer Ansatz. In: Bentele, Günter/Fröhlich, Romy/Szyszka, Peter (Hg.): Handbuch der Public Relations. Wissenschaftliche Grundlagen und berufliches Handeln. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 136-146.
Range, Steffen/Schweins, Roland (2007): Klicks, Quoten, Reizwörter: Nachrichten-Sites im Internet. Wie das Web den Journalismus verändert. Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung. Online im Internet unter: http://library.fes.de/pdf-files/stabsabteilung/04417.pdf (Stand: 15.03.2011)
Van Eimeren, Birgit/Frees, Birgit (2006): Schnelle Zugänge, neue Anwendungen, neue Nutzer? In: Media Perspektiven 8/2006, S.402-415.
Weichert, Stephan/Kramp, Leif/Jakobs, Hans-Jürgen (2009): Wozu noch Zeitungen? Wie das Internet die Presse revolutioniert. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG.
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