Twitter In die Welt gezwitschert - Was ist Twitter?

robert.markus.uni-sbg, 11. Februar 2012, 05:25

In meiner Einzelarbeit setze ich mich mit Twitter als Tool für gemeinsames Arbeiten und Lernen auseinander. Zunächst möchte ich jedoch allgemein darauf eingehen, was sich hinter diesem Dienst verbirgt, wie er funktioniert und wer ihn nutzt. Als Einführung empfehle ich auch die 83. Episode des Elektrischen Reporters (ZDF).

 

Was ist Twitter?


twitter_logo

 

Quelle: Twitterlogo (https://twitter.com/about/resources/logos)

 

Der Microblogging-Dienst Twitter (engl.: „Gezwitscher“) wurde im März 2006 von Jack Dorsey, Biz Stone, Noah Glass und Evan Williams gegründet. Zunächst als Werkzeug zur internen Kommunikation für die MitarbeiterInnen des in San Francisco ansässigen Podcasting-Unternehmen Odeo konzipiert (vgl. Arrington 2006), entwickelte es sich im Laufe der Zeit mit über 300 Millionen NutzerInnen zum größten Microblogging-Dienst weltweit (vgl. Taylor 2011). 2007 gewann Twitter sogar den South by Southwest Web Award in der Kategorie Blogs (vgl. Stone 2007).

 

 

Wie funktioniert Twitter?


Beim Begriff Microblogging liegt der Verdacht nahe, dass es sich bei Twitter lediglich um eine Weblog-Software mit beschränkter Zeichenzahl handelt. Doch dem ist nicht so. Gründer Stone sagte 2007 über den Dienst: „Das ist sowas wie soziale Alchemie, die da stattfindet. All dieses scheinbar sinnlose Zeug und daraus entsteht etwas Wertvolles.“ (vgl. ebd.) Tatsächlich ist Microblogging viel mehr als Blogging. Was wirklich dahinter steckt, zeigt sich deutlich, wenn man die verschiedenen Funktionsweisen von Twitter betrachtet. Darum soll es im Folgenden um die fünf Hauptaspekte gehen, die den Dienst charakterisieren.

 

Blogging - What are you doing?

Die Textnachrichten sind das Herzstück von Twitter. In 140 Zeichen kann sich jeder öffentlich oder nur einem bestimmten Personenkreis zugänglich mitteilen: Wie geht es mir, wo brauche ich Hilfe oder was habe ich zu sagen? Quasi eine Art „Public-SMS“. Die Inhalte der sogenannten Tweets erscheinen dabei genau so bunt und vielfältig wie die UserInnen des Microblogging-Dienstes selbst. Von persönlichen Aspekten des Lebens über Statusmeldungen und Meinungen zu spezifischen Themen bis zur Werbung in eigener Sache ist alles vertreten (vgl. Hutter, u.a. 2010). Die Beiträge werden zeitlich chronologisch dargestellt, wobei sich die neueste Nachricht stets oben befindet. Um etwas zu schreiben, muss man auf das Federsymbol klicken.

 

Following

Der zweite Aspekt ist das Following. Sobald man einen Account besitzt, kann man die Tweets anderer NutzerInnen abonnieren und verfolgen. Twitter bietet zudem eine „Ähneln dir“-Funktion an, die mithilfe der eigenen Profileinstellungen nach UserInnen mit gleichen Interessen sucht. In der Timeline werden daraufhin auch alle Feeds der abonnierten Personen angezeigt. So kann man den Meldungen anderer NutzerInnen folgen.

 

Austausch & „Retweeten“

Blogging und Following finden jedoch nicht separat voneinander statt, sondern ermöglichen den Austausch mit anderen Twitterern. So kann man, wenn man eine Nachricht direkt an eine Person richten möchte, ein „@+Nickname“ im Text unterbringen (bspw. „@feralmoon“). Eine weitere Besonderheit ist das Retweeten. Hierbei wird der Beitrag eines anderen Autors komplett übernommen und im eigenen Feed gepostet. Das ermöglicht die rasche Verbreitung von Nachrichten, was wiederum zu den Gründen zählt, warum Twitter als eines der schnellsten Medien gilt (Airbusunglück auf dem Hudson-River). Auch gelangen so immer wieder Themen an eine breite Öffentlichkeit, die sonst kaum Publikum gehabt hätten (Tatzenskandal um Jack Wolfskin).

 

Hash-Tagging

Ein weiteres Feature ist das Hash-Tagging, das Twitter auf Vorschlag von Chris Messina einführte (vgl. Parker 2011). Dabei handelt es sich um ein Schlagwort („Tag“), dem ein „#“ vorangestellt wird (bspw. „#SocialMedia“). Es dient dazu, die geschriebene Nachricht thematisch einzuordnen. Da Twitter auch eine gezielte Suche nach Hash-Tags anbietet, kann man darüber global persönlich relevante Beiträge filtern. Das macht den Dienst zusätzlich zu einem alternativen Recherchetool, das ähnlich wie Social Bookmarking funktioniert. Anwendung findet das u.a. bei der Twitterwall, auf die ich im zweiten Blogeintrag über den Einsatz von Twitter auf Konferenzen und in der Lehre eingehe. Desweiteren gewinnen vor allem Hash-Tags immer mehr Bedeutung im professionellen Journalismus, wie Megan Garber umreißt: „On the one hand, there’s Twitter, the cheeky, geeky little platform — the perky Twitter bird! The collective of 'tweets'! All the twee new words that have emerged with the advent of the tw-efix! — And on the other, there’s Twitter, the disruptor: The real-time reporting tool. The pseudo-enabler of democratic revolution. The existential threat to the narrative primacy of the news article.“ (ebd. 2011) Der Dienst eignet sich besonders dafür, Stimmungen einzufangen und nach Themen zu recherchieren. Andrew Gibson gibt hier wertvolle Tipps, wie man Twitter richtig einsetzt.

 

Zugänglichkeit (API-Schnittstellen)

Der fünfte Aspekt, der Twitter abrundet, ist dessen Zugänglichkeit und Offenheit. Textnachrichten lassen sich nicht nur über den Dienst selbst schreiben, sondern auch über Instant Messenger (ICQ, Jabber, u.a.), Smartphone Apps, soziale Netzwerke und SMS einspeisen. Das macht Twitter quasi von jedem Ort mit Internetzugang aus nutzbar, was wiederum seine Verwendung fördert. Desweiteren stehen eine Vielzahl von Widgets zur Auswahl, mit deren Hilfe man den eigenen Feed oder eine Hash-Tagsuche in andere Webmedien integrieren kann. Mehr dazu findet ihr in diesem Blogbeitrag.

Alle fünf charakteristischen Merkmale machen deutlich, wie vielfältig Twitter ist. Das haben in den vergangenen Jahren auch Unternehmen, Politiker und Künstler entdeckt, die den Dienst in zunehmenden Maße businessorientiert und professionell verwenden. In welcher Weise das geschieht, will ich nun an einigen Beispielen zeigen.

 

Wer nutzt Twitter?

 

  • Musiker & Künstler


Sowohl professionelle Musikbands, als auch kreative Köpfe verwenden Twitter, um ihre Fans über aktuelle Geschehnisse, Touren oder den Entwicklungsprozess von neuen Songs auf dem Laufenden zu halten. Hier öffnet sich zudem eine Nische für unbekanntere KünstlerInnen, da sie mithilfe des Dienstes (via Retweet und Following) ebenfalls einen größeren Userkreis erreichen können - besonders in Verbindung mit anderen Anwendungen des Social Webs, wie Youtube, Soundcloud oder Jamendo.

 

Sonata Arctica

https://twitter.com/SONATAARCTICA

 

  • Kundensupport


Unternehmen wie die Spieleschmiede Blizzard Entertainment oder der Softwarehersteller Microsoft nutzen Twitter mittlerweile als Ergänzung zum klassischen Kundensupport, indem eigens dafür ausgebildete Teams darüber Fragen beantworten und konkrete Hilfestellungen leisten. Dass das Konzept durchaus Erfolg hat, zeigen die hohen Followerzahlen. So folgen ca. 117.000 UserInnen dem Channel des Customer Supports von Blizzard Enternainment North America. Peter Soltau, Betreiber von Kun|den|kun|de, führt aus, warum diese Art des Kundenkontakts Vorteile für Unternehmen bringt: Anliegen müssen auf den Punkt gebracht werden (nämlich in 140 Zeichen), BetreuerInnen können kompetenter nachfragen (da die Antwort nicht in Echtzeit erfolgt, sondern ein Zeitfenster für Recherche, u.a. bleibt), KundInnen haben stets denselben Ansprechpartner (im Gegensatz zu anonymen Callcentern besteht häufig die Möglichkeit, die MitaberbeiterInnen über deren eigenen Channel zu kontaktieren) und es erwächst ein höheres Empfehlungspotential (via Retweet und Following). Einen essentiellen Vorteil für KundInnen sieht er dagegen darin, an keine Warteschleife gebunden zu werden.

 

Blizzard Entertainment North America Customer Support

https://twitter.com/blizzardcs

Microsoft Support

https://twitter.com/microsofthelps

 

  • Politik


Auch Parteien, Personen des öffentlichen Lebens und Interessensgruppen haben Twitter für sich entdeckt, um über ihre Aktivitäten zu informieren. Allerdings gibt es auch eine Vielzahl an Falschaccounts, in denen sich UserInnen für bekannte PolitikerInnen ausgeben. So sorgte in Deutschland jüngst ein Fake-Profil von Verbraucherschutzministerin Aigner für Wirbel, weil es sogar Parterfreunde narrte (vgl. Huwendiek 2011).

Die Grünen Wien

https://twitter.com/gruenewien

 

Daneben verwenden viele Unternehmen Twitter für Werbezwecke (Virales Marketing durch Retweet und Following), zum Verfolgen der eigenen Reputation, um Traffic von der eigenen Website zu leiten und für Recruitment (vgl . Warum der Microblogging-Dienst heute für diese sogar unabdingbar ist, unterstreicht ein meiner Meinung nach interessantes Interview von Michael Milewski (Handelsblatt) mit der Buchautorin und Twitterexpertin Nicole Simon. Ihr findet es hier.

 

Ähnliche Dienste

Obwohl Twitter der Pionier in seinem Genre ist, gibt es noch andere Mikroblogging-Dienste, die in der Vergangenheit mehr oder weniger erfolgreich versucht haben, im Internet Fuß zu fassen. Zwei davon sollen im Folgenden näher vorgestellt werden.

 


Jaiku

Startseite von Jaiku

Quelle: Startseite von Jaiku|Your Conversation (http://www.jaiku.com/)

 

Die im Februar 2006 von den Finnen Jyri Engeström und Petteri Koponen (vgl. Hamner 2007) gegründete Plattform Jaiku stellte nach ihrer Veröffentlichung im gleichen Jahr lange Zeit eine Alternative zu Twitter dar und erreichte ebenfalls internationale Größe. Schließlich übernahm Google den Dienst. Mitte Oktober 2011 kündigte das Unternehmen jedoch an, ihn bis zum 15. Januar 2012 einzustellen. Einer der Gründe dafür ist, dass Jaiku, wie Patrick Hedinger in seinem Artikel für Online PC andeutet, in direkter Konkurrenz zum hauseigenen Google+ steht (vgl. ebd. 2011). Die Software der Plattform wird allerdings als Open Source unter der Apache-Lizenz 2.0 weiterhin zur Verfügung stehen.

 

Yammer - The Enterprise Social Network


Yammer Logo


Quelle: Logo von Yammer (https://www.yammer.com/)


Dagegen besetzt der 2008 ins Leben gerufene Dienst Yammer als Enterprise Social Software eine eigene Nische. Er hat sich auf die Kommunikation innerhalb von Unternehmen, bzw. auf den Austausch zwischen einzelnen Organisationen spezialisiert. Die wesentliche Idee hinter dem Microblogging-Dienst skizziert Gründer David O. Sacks folgendermaßen: „The purpose is to allow co-workers to share status updates. You post updates on what you are working on. You can post news, links, ask questions, and get answers for people in your company. You can see the most prolific people and the most followed people. It is a good way to discover who is the most influential in your company“ (Schonfeld 2008).

 

Demzufolge akzeptiert die Plattform nur Mailadressen mit echter Domain, Freemail- und temporäre Adressen werden nicht angenommen. Laut TechCrunch nutzten im September 2010 weltweit drei Millionen Menschen und 80.000 Unternehmen (bzw. Organisationen) Yammer (vgl. Rao 2010). Darunter Unicef, Ford und eBay. Eine Liste größerer Nutzer findet sich hier. Seit September 2010 entwickelt sich der Dienst immer mehr zu einem vollständigen sozialen Netzwerk weiter. Chelsi Nakano beschrieb Yammer in einem Artikel für CMSWire als „Facebook for Enterprises“ (ebd. 2010)

 

Weiter umrissen, nutzen die meisten sozialen Netzwerke (Google+, Facebook, Xing & Co.) und Dienste wie Tumblr ebenfalls die Kernfunktionen Pinnwand, Timeline und Logpost von Twitter.

 

Was Twitter leistet...

 

Zusammenfassend betrachtet, sind es also viele Faktoren, die Twitter so erfolgreich machen. Microblogging heißt nicht nur bloggen, sondern verbindet zahlreiche Merkmale des sozialen Webs miteinander: Twitter ist schneller als alle anderen Medien, es lässt sich leicht bedienen, es fördert den sozialen Austausch und es bietet eine effiziente Suche via Hashtags, die an die Funktionsweise von Social Bookmarking erinnert. Damit schafft der Dienst auch eine Nische zur professionellen Nutzung durch Unternehmen, Künstler und Nachrichtenportale. Aber die daraus entstehenden Vorteile lassen sich nicht nur dafür einsetzen. Richtig angewendet, kann Twitter auch beim gemeinsamen Arbeiten und Lernen einen interessanten Beitrag leisten (vgl. Sekulla 2009). Auf welche Art es das kollaborative Erstellen von Inhalten unterstützt, findet ihr im Folgebeitrag „Kollaboratives Arbeiten mit Twitter“.

 

Quellenverzeichnis


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