Business und Internet - Einfuehrung
Montag, 14. April 2008
Lock-In Situationen im IT-Bereich
Als Lock-In bezeichnet man es, wenn man in eine Lage geraten ist, aus der man ohne weitere Kosten (oft unverhältnissmäßige im Bezug auf die Weiternutzung) nicht mehr herauskommt.

Microsoft Windows und Office

Exempel für Lock-Ins gibt es viele in der Geschäftswelt und insbesondere im IT-Sektor. Sehr gute Beispiele für Lock-In-Situationen finden sich etwa, wenn man sich das Unternehmen Microsoft ansieht. So stellte etwa die Europäische Kommision in einem ihrer Kartellrechtsverfahren (siehe S.126f) gegen Microsoft, betreffend die Windows API, fest:
In fact, Microsoft can behave independently of its end-customers. Microsoft is fully
aware of this, as is shown by the following excerpts from Microsoftís internal
communication:
"The Windows API is so broad, so deep, and so functional that most ISVs
would be crazy not to use it. And it is so deeply embedded in the source
code of many Windows apps that there is a huge switching cost to using a
different operating system instead. [...]

It is this switching cost that has given customers the patience to stick with
Windows through all our mistakes, our buggy drivers, our high TCO, our
lack of a sexy vision at times, and many other difficulties. [...] Customers
constantly evaluate other desktop platforms, [but] it would be so much
work to move over that they hope we just improve Windows rather than
force them to move.

In short, without this exclusive franchise called the Windows API, we
would have been dead a long time ago."
"The Windows franchise is fueled by application development which is
focused on our core APIs"
Doch während wie gerade beschrieben Windows bzw. dessen API, von Microsofts mehr als Mittel zum Diktat ihrer Marktdominanz benutzt wird, muss man sehen, dass die "Cash-Cow" des Unternehmens die Office-Suite "Microsoft Office" ist und immer war. Diese wird von einer großen Mehrheit der Unternehmen weltweit eingesetzt (siehe auch den Beitrag zum Thema Netzwerkeffekt) und bindet die meisten Kunden unter anderem durch die einzige hundertprozentige Unterstützung der Microsoft Office Binärformate an sich. Ein Wechsel der Office-Suite und damit meistens auch des Dateiformates wäre mit hohen Kosten verbunden, weshalb dieser Weg, trotz vorhandener kostengünstiger Alternativen (im Erwerb; Umstiegskosten natürlich vorhanden -> deshalb ja Lock-In) wie OpenOffice.org nur von wenigen Unternehmen bestritten wird.

Dies wird unter anderem schon durch das Medienecho deutlich, welches Projekte wie Wienux oder LiMux der Stadt Wien respektive München auslösten. Hierbei ging es hauptsächlich um die Umstellung eines Teiles der Verwaltung auf alternative (quell)offene Betriebssysteme sowie den damit einhergehend Wechsel der Office-Suite. Während die einen das klare Scheitern dieser Idee sehen, verweisen andere auf (angebliche) Erfolge sowie kommende Kostenersparnisse. Es wird spannend wie sich diese Situation weiterentwickelt.

Doch um zum Thema Microsoft Office und die Kundenbindungen an dieses zurückzukommen. In diesem Bereich ist es aufgrund mehrere Faktoren zu einer starken Veränderung gekommen. So legte Microsoft etwa, wahrscheinlich um seinen guten Willen im Hinblick auf die Standardisierung seines neuen Office Formats zu zeigen, aber auch um der EU-Kommsion seine guten Absichten im Bezug auf zukünftige Kartellverfahren zu demonstrieren, seine alten Binärformate offen. Somit sollte es nun möglich sein diese zu implementieren, auch wenn dies mit viel Arbeit verbunden sein dürfte und sich deren Implementierung angesichts der immer weiteren Verbreitung von XML-basierten Dateiformaten weitgehend erübrigt hat.

Weit tiefgreifender als dies wiegt allerdings, da, wie beschrieben, alte Microsoft-Dateiformate weitgehend obsolet geworden sind, die ISO-Standardisierung des neuen "OpenOffice XML" Dateiformates von Microsoft. Somit sollte es in Zukunft prinzipiell möglich sein als Hersteller von Office-Produkten etc. OpenOffice XML zu implementieren.

Kritik hierzu hagelt es allerdings von allen Seiten. So existiert etwa mit ODF schon länger ein ISO-Spezifiziertes Office-Dateiformat, geschaffen von mehreren Microsoft-Konkurrenten. Auf der anderen Seite gibt es auch Kritik am Dateiformat selbst. So bemägeln die einen den 6000 Seiten (sic!) Umfang des Standards, während andere auf (angebliche) inhaltliche Mängel des Dokuments, trotz dessen Umfangs unzureichend definierte Techniken oder (angebliche) rechtliche Unsicherheiten (Microsoft sieht dies anders) hinweisen. Wieder andere kritisieren Unregelmäßigkeiten bei der Standardisierung des Formates (Ebenfalls interessant), weshalb es noch Vorbehalte von diversen Seiten gegen dieses Format gibt.

Wie weit sich dies zukünftig auf die Lock-In-Situation durch Microsoft auswirkt, ist somit derzeit schwer zu sagen, insbesondere, da gerade wieder Bewegung in die Sache gekommen ist ...

Die Konkurrenz: Apple

Um nicht Microsoft als einzigen Hersteller an den Pranger zu stellen, sei auf den direkten Konkurrenten Apple verwiesen. Hier stellt sich die Situation nicht viel anders dar, auch wenn Apple den Lock-In-Effekt nicht bei ihrer Software sondern beim iPhone einsetzt. (Siehe hierzu eine Erklärung von Bruce Schneier, welche auch andere Produkte und Sichtweisen einbringt; Sehr interessant im Bezug zu diesem Artikel ist dieses Video)

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Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, Montag, 14. April 2008, 19:34
Gibt es überhaupt ..
.. ein einziges Beispiel, eines "Herstellers" von Waren oder Dienstleistungen, der nicht zumindest versucht, seine Kunden "einzufangen" um sie sodann an sein Sortiment zu ketten? Und ist nicht ein (wenn nicht das wichtigste,) Ziel des "Marketings" die Kunden (dauerhaft) zu binden?

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Michael.Erbschwendtner.Uni-Linz, Dienstag, 15. April 2008, 21:54
Ja, es ist Ziel des Marketings den Kunden an sich zu binden. Allerdings vertrete ich nicht ihre Meinung, dass man dies am besten dadurch erreicht indem man den Kunden "an sein Sortiment kettet".

Ich unterstelle sogar, dass wenn man gut informierte und vor allem denkende Kunden (ich weiß davon gibts nicht soviele wie die VWL-Modelle einem glauben machen wollen) hat, dies sogar kontraproduktiv ist. Diese werden bei einer Nachfolgeinvestition nicht den Fehler machen und sich noch einmal an mich binden.

Beispiele hierfür gibt es sicher genug. Spontan fällt mir etwa (um beim Thema zu bleiben) OpenDocument ein. Dies wird von zahlreichen "Herstellern" unterstützt: Sun, IBM und Google als bedeutenste (Siehe auch Application support).

Dies ist auch meines Erachtens der Sinn eines Standards. Eine Spezifikation an die sich alle (weitestgehend) halten um Kompatibilität zu erreichen.

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Bernhard.Mitterhuber.Uni-Linz, Dienstag, 22. April 2008, 11:12
Hallo,

sehr interessanter und informativer Beitrag! Habe alles mit Interesse gelesen. Zufälligerweise habe ich über das selbe Thema (Microsoft) geschrieben. Meinen Beitrag findest du hier: /bundi0455020

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