Die IANA - notwendiges Monopol oder vermeidbare Vormachtstellung?

Johannes.Mitterer.Uni-Sbg, 18. April 2010, 23:50

Funktionsweise der Root-Server

Egal an welchem Ort sich ein Internet-Nutzer befindet, wenn er www.google.org in seinen Browser eintippt, wird er immer am gleichen Bestimmungsort herauskommen, nämlich auf der Website des Unternehmens Google. Dass jeder User weltweit beim Aufruf von www.google.org mit der gleichen Seite verbunden wird, egal welchen Internet Service Provider (ISP) er auch verwendet, geht auf die Tatsache zurück, dass ein "globally public unique name space" errichtet wurde. Erst dadurch kann das Internet den Ansprüchen eines global funktionierenden Netzwerkes entsprechen (Quelle: Technical Comment on the Unique DNS Root der Internet Society). Dieser "DNS name space" geht auf einen unikalen Knotenpunkt zurück, den sogenannten Root, welcher aus mehreren Root-Servern besteht.  Es existieren insgesamt 13 Root-Server, von denen sich 10 in den USA befinden. Einige dieser Server bestehen allerdings aus mehreren Computern. Diese Nodes sind auf der Welt verteilt und alle über die selbe IP-Adresse erreichbar, sodass insgesamt 123 Root-Server existieren - siehe folgende Karte. Über diese Root-Server werden die Namen von Webadressen in IP-Adressen übersetzt.

Quelle: http://www.avonsys.com/DNS-Monitoring

Das Monopol der IANA

Die Aufgabe der Organisation dieser Root-Server liegt in den Händen einer einzigen Organisation, nämlich der Internet Assigned Numbers Authoritiy (IANA). Diese ist Teil der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), einer US-amerikanischen Non-Profit Organisation, welche bis Oktober 2009 unter dem Dach des US-Handelsministerium stand. Seitdem wird die ICANN regelmäßig von Vertretern der Regierungen sowie der betroffenen Interessengruppen und externe Experten auf die Umsetzung ihrer Aufgaben kontrolliert (Quelle: Heise Online: Neue Zeitrechnung für die Internetverwaltung - 30.09.2009). In folgendem Video spricht Rod Beckstrom - ICANN Chief Executive Officer - über die Vorteile der neuen Organisationsstruktur:




(Quelle: http://www.icann.org/de/announcements/announcement-30sep09-de.htm)

Darin gibt Beckstrom zu, dass die ICANN und somit auch die IANA vor dem 01. Oktober 2009 unter starkem Einfluss der US-Regierung gestand hat. Die US-Regierung hatte die Weisungsbefugnis und somit die direkte Kontrolle über die IANA. Im Streitfall hätte also die US-Regierung dafür sorgen können, dass zumindest die in den USA gelegenen Root-Server abgeschaltet und somit Anfragen an über diese Server organisierte Domains nicht mehr beantwortet werden können. Primär betroffen wären hierbei die Domains .com, .net und .edu. Websiten mit dieser Top-Level-Domain könnten dann weltweit nicht mehr aufgerufen werden. (Quelle: WELT Online - 16.11.2005). Darüber hinaus wird der IANA regelmäßig vorgeworfen, sich den wirtschaftlichen Interessen der USA zu unterwerfen und US-amerikanische Unternehmen bei der Vergabe von .com- oder .net-Domains zu bevorzugen (Quelle: magnus.de: OpenNIC - das geheime Web - 03.03.2009) Hier findet sich eine Liste mit allen von der IANA vergebenen Top Level Domains.

Nun wurde die ICANN zwar aus dem US-Handelsministerium herausgelöst, bleibt aber trotz allem unter bemerkenswertem amerikanischem Einfluss. Die US-Regierung hat weiterhin einen festen Sitz im ICANN-Prüferteam zum Thema "Transparenz, Rechenschaftslegung und Arbeit im Sinn der internationalen Öffentlichkeit." Hinzu kommt, dass der Firmensitz der ICANN immer noch in Kalifornien liegt und somit die Netzverwaltungsorganisation weiter unter US-amerikanischer Rechtsprechung steht. Zudem hat die US-Regierung jederzeit die Möglichkeit, den IANA-Vertrag, durch den die Verwaltung der zentralen Root-Zone geregelt ist, einfach neu auszuschreiben. Dies stellt ein erhebliches Druckmittel auf die IANA dar. Alles in allem tritt folglich das US-Handelsministerium weiterhin als Aufsichtsbehörde bei Änderungen in der Root-Zone auf (Quelle: Heise Online - 30.09.2009).

Die IANA besitzt also das Monopol zur Verwaltung von Root-Zones und dadurch ebenso zur Kontrolle des Informationsflusses. Dies ist aus mehreren, anfangs aufgezeigten Gründen durchaus sinnvoll. Gleichzeitig steht die IANA aber unter starkem Einfluss der US-Regierung, eine ausgeglichene Repräsentation mehrerer verschiedener Staaten findet nicht statt. Eine derartige Zentrierung und die daraus resultierende Vormachtstellung der IANA muss also kritisch hinterfragt werden, denn dies steht in starkem Widerspruch zum Dezentralisierungsgedanken des Internets. 

OpenNIC - Versuch einer Alternative zur IANA

Eine Alternative zum Monopol der IANA stellt das OpenNIC Project dar. Dabei handelt es sich um eine Organisation von Freiwilligen, die ein alternatives DNS-Netzwerk betreiben, mit dem Ziel "to provide you with quick and reliable DNS services and access to domains not administered by ICANN" (Quelle: OpenNIC Project). Sie regeln den Betrieb von DNS-Servern auf mehreren Kontinenten (hier eine Liste der betriebenen Public DNS Server) und bieten verschiedene Top Level Domains an (.geek, .free, .bbs, .parody, .oss, .indy, .fur, .ing, .micro, .dyn und .gopher). Aber obwohl OpenNIC seine Domains kostenlos zur Verfügung stellt, ist es wohl nur für User mit ausreichender PC-Affinität zu empfehlen. Um die OpenNIC Domains zu erreichen, muss das eigene Betriebssystem neu konfiguriert werden. Die normalen DNS-Server können mit den alternativen Domains nicht umgehen. Hinzu kommt, dass die Serverkapazität derer der IANA bei weitem nicht konkurrenzfähig ist und es regelmäßig zu Verfügbarkeitsproblemen kommen kann (Quelle: magnus.de: OpenNIC - das geheime Web - 03.03.2009).Es gibt also Bemühungen, das Monopol der IANA zu "zerschlagen", welche aber bei weitem nicht für den Betrieb eines globalen Netzwerkes ausgestattet sind. Deshalb sollten die Bemühungen, die IANA offener und transparenter zu gestalten, unabhängige Kontrollgremien einzurichten und die Repräsentation mehrerer verschiedener Interessengruppen zu fördern, noch stärker vorangetrieben werden, um einen stabilen und gerechten Online-Geschäftsverkehr zu gewährleisten.

Online-Links zuletzt aufgerufen am 18.04.2010

4 comments :: Kommentieren

Gut recherchiert und zusammengefasst

Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 19. April 2010, 00:09

Verlinken :: Kommentieren

Tina.Ornezeder.Uni-Sbg, 20. April 2010, 09:02

Wirklich interessanter Beitrag! Wenn du etwas über Google lesen willst, dann kannst du das bei mir tun.

Verlinken :: Kommentieren

Servercrash führt zur Blockade deutscher Websiten

Johannes.Mitterer.Uni-Sbg, 12. Mai 2010, 16:40

Einen Bericht über einen oben beispielhaft dargestellten Servercrash, der heute zur Blockade vieler deutscher Websiten führte, findet ihr hier auf Spiegel Online (12.Mai 2010). Zudem findet sich ein Bericht zu den Problemen bei der Namensauflösung von .de-Domains auf http://www.domainfactory-status.de/ (12.Mai 2010).

Verlinken :: Kommentieren

Ihr Beispiel demonstriert auch ..

Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 13. Mai 2010, 15:20

.. dass bei Machtmissbrauch, z.B. durch mutwillige Abschaltung, Störung oder Zerstörung der "DNS-Wurzel-Dienste" erheblicher wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Schaden entstehen kann.

Umso wichtiger erscheint, dass dieser spezielle Fall, wie auch andere technisch/organisatorische Aspekte des Internet, demokratischer Kontrolle unterliegen.

Fehler können und werden immer (wieder) passieren.

Verlinken :: Kommentieren