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Dienstag, 4. Oktober 2011
Ted Nelson - ein Pionier des Webs
helmut.hieß.uni-linz, 09:27h
Ted Nelson, ein Wegbereiter des Webs, machte sich bereits in den 50er Jahren Gedanken über die Veröffentlichung von elektronischen Dokumenten. Zu dieser Zeit, als noch kaum Dokumente in elektronischer Form verfügbar waren, hat er bereits ein Konzept zur Verlinkung von Dokumenten oder Teilen von Dokumenten entwickelt und dabei auch Lösungen zur Abgeltung von Urheberrechten der Autoren angedacht. Ein elementarer Bestandteil seines Konzepts ist die bidirektionale Verlinkung von Dokumenten. Teile dieses Konzepts wurden von Tim Berners Lee aufgegriffen und er entwickelte daraus die wesentlich einfachere Auszeichnungssprache Hypertext, die Basis des World Wide Webs. Da Ted Nelson eher Philosph, Denker und Soziologe ist und weniger der Technik zugewandt, hat er selber nie seine Ideen auch technisch umgesetzt. Xanadu - the never ending story Auf Basis dieser Ideen wurde von Ted Nelson 1960 das Projekt Xanadu gestartet, welches die technische Realsierung dieses Konzepts verfolgte. Mittlerweile gibt es die Testimplentierung Xanadu Space (download möglich unter xanarama.net) , doch aufgrund des Erfolges der extremen Verbreitung des einfachen Hypertextes ist es auch fraglich, ob die Akzeptanz für dieses System auf breiter Basis gegeben ist. Vortrag von Ted Nelson zu Xanadu
ZigZag - Datenstruktur Die von Ted Nelson entwickelte Struktur Zig Zag für das Speichern von Daten mit einer Verknüpfung der Elemente in beliebig vielen Dimensionen hat ebenfalls den Durchbruch noch nicht geschafft. Nelson wurde für den Aufbau der Struktur im Jahr 2001 ein US-Patent erteilt. An technischer Umsetzung gibt es bisher eine Demo-Applikation, die tatsächliche Realisierung bedingt jedoch ein eigenes Betriebssystem und ein solches wurde bisher noch nicht implementiert.
Zeichnung aus dem Patent für ZigZag Seminar Okt. 2011 an der JKU Im Rahmen des Seminars an der JKU stellte Ted Nelson sein Xanadu-Projekt und die ZigZag-Datenstruktur vor. Dabei war er sehr überzeugt von seinen eigenen Ideen und hat diese auch mit aller Vehemenz vertreten. Nicht unerwähnt ließ er sein angespanntes Verhältnis zu Tim Berners Lee wegen dessen Hypertext-Erfolgs und der daraus entstandenen oftmaligen Streitgespräche mit ihm. Aufgrund seiner langjährigen Aktivität im Bereich des Internets und der Computertechnik allgemein, konnte Ted Nelson auch Einblick geben in die Entstehung heute wichtiger Funktionen wie einer GUI (als PUI - PARC User Interface von Xerox Parc entwickelt) und von diversen Zusammentreffen mit anderen wichtigen Persönlichkeiten (z.B. Bill Gates oder Steve Jobs) berichtete und dabei stets darauf hinwies, dass gerade die wirtschaftlich erfolgreichen Firmenbosse nicht durch die eigenen Entwicklungen erfolgreich waren, sondern sehr geschickt die Ideen anderer kombinierten und daraus wirtschaftlich sehr erfolgreiche Systeme entwickelten. Daneben gab er durch Ausschnitte aus seiner 2010 erschienene Autobiographie POSSIPLEX Einblicke in sein Leben. Seminar mit Ted Nelson an der JKU im Okt. 2011 Präsentation von XANADU Ein wesentliches Merkmal und bedeutender Unterschied zu Hypertext sind die bidirektionalen Links. Eine Schwäche von Hypertext ist, dass es nur ausgehende Links gibt und diese oftmals nicht mehr vorhandene URL referenzieren. Das zentrale, für die bidirektionale Verknüfung zuständige Element ist die EDL (Edit Decision List), welche aufgrund von permanenten Adressen auch dafür sorgt, dass es keine broken Links gibt. Eine umfangreiche Erklärung der technischen Zusammenhänge gibt es auf der Xanadu-Website. Besonders bemerkenswert sind die Konzepte von Ted Nelson für die Vergütung von Urherberrechten. Er hat dazu den Begriff Transcopyright eingeführt, welcher impliziert, dass die Inhalte grundsätzlich zugänglich sind, jedoch ein Entgelt für die Nutzung der Inhalte bezahlt werden muss. Dabei wurde das derzeit im Web bestehende Problem bei der Bezahlung von Kleinstbeträgen (Micropayment) bereits vorweggenommen und ein Verrechnungssystem für kostenpflichtige Inhalte, welche in anderen Dokumenten inkludiert sind, angedacht. Das Referenzieren auf andere Dokumente sollte auch auf Dokumentenausschnitte in beliebiger Größe möglich sein. Im Extremfall sollten sogar einzelne Zeichen referenzierbar sein. Die referenzierten Dokumente sollten permant verfügbar gemacht werden und der Autor des neuen Dokumentes sollte entscheiden können, ob er immer die originale Version referenziert oder Änderungen des Originaldokuments ebenfalls übernimmt. Kritik: Derzeit sind im Web die Dokumente entweder kostenlos (manchmal dabei jedoch auch illegal) oder es sind für die Nutzung Beträge zu bezahlen, welche oberhalb des Bereiches von Micropayment liegen. Durch das Konzept von Ted Nelson wäre auch ein Zwischenbereich mit geringen Entgelten möglich. Da dieses System sicherlich zu einer Reduktion der freien Inhalte im Web führen würde, wäre auch eine Ausweitung des Digital Divide gegeben, da Internetuser in finanziell benachteiligten Gebieten wie z.B. Afrika auch diese kleinen Beträge für die Nutzung von Inhalten oftmals nicht aufbringen könnten, und dies würde wahrscheinlich auch den Erfolg von Aktionen wie z.B. "One Laptop Per Child" beeinträchtigen. Das Referenzieren auf Ausschnitte aus fremden Dokumenten bringt die Gefahr, dass der Sinn des ursprünglichen Dokumententeils aus dem Zusammenhang gerissen wird und dadurch auch entgegen der ursprünglichen Intention des anderen Autors im Sinn verdreht wird. Präsentation von ZigZag Die Datenstruktur ZigZag soll das Speichern von Daten mit einer Verknüfung in beliebig vielen Dimensionen ermöglichen. ZigZag erlaubt irreguläre orthagonale Strukturen und Verbindungen. Erklärt wird dies einerseits mit der Demo-Applikation anhand eines Beispiels mit den europäischen Herrscherfamilien, deren Hochzeiten und Nachfahren, und andererseits durch durch Zeichnungen der Zusammenhänge an der Tafel. Ted Nelson macht darauf aufmerksam, dass alle Daten im Universum eine irreguläre Struktur haben und daher auch ZigZag die für diese Daten optimale Struktur bietet, wohingegen heutige Computersysteme inadäquat sind (so macht z.B. eine Zusammenführung von 2 Unternehmen schon deshalb Probleme, weil sie unterschiedliche Versionen der ERP-Software SAP einsetzen). Eine umfangreiche technische Erklärung zu ZigZag gibt es auf der Xanadu-Website.
Erklärung zu ZigZag durch Ted Nelson Kritik: Wenn ZigZag unter einem derzeit gebräuchlichen Betriebssystem ausgeführt wird, dann gibt es Einschränkungen wegen des hohen Hauptspeicherbedarfes und daher ist ein eigenes (derzeit noch nicht realisiertes) Betriebssystem notwendig. Die Verarbeitung kleiner Datenmengen in beliebig vielen Dimensionen kann auch mehr derzeit bereits vorhandenen, konventionellen Verfahren bewerkstelligt werden. sozialwissenschaftliche Aussagen
Fazit Ted Nelson ist bemüht, sein Lebenswerk, seine Ideen zu verbreiten und durch Vorträge und Seminare die Computertechniker zur Einbringung von Ideen oder zur technischen Realisierung seiner Konzepte anzuregen. Ob es tatsächlich einmal reale Implementierungen gibt, die flächendeckend im Web verbreitet sein werden, kann allerdings noch nicht absehbar. Es bleibt der Eindruck, dass er sich als um sein Lebenswerk betrogen fühlt, weil Ruhm und Bekanntheit hauptsächlich Tim Berners Lee zuteil wurden und er sich selber mit dem zweiten, unbekannten Papst vergleicht. ... comment |
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