Aufgaben Geschäftsmodelle im e-business
roland.thaler.uni-linz, 31. März 2012, 23:35
Der Begriff "e-business" oder "digital economy" wird in der Literatur nicht eindeutig definiert. Es gibt eine Vielzahl von Versuchen, das amorphe Verhalten möglichst treffend zu beschreiben.
Stähler (1)
kategorisiert das e-business nach dem Zusammenwirken von Geschäftspartnern. Aus der Einteilung nach Leistungserbringer und Leistungsempfänger (Consumer, Business, Government) können folgende Modelle abgeleitet werden:
- C2C , C2B, C2G
- B2C, B2B, B2G
- G2C, G2B, G2G
Stähler definiert weiters folgende Merkmale für ein Geschäftsmodell:
- Value Proposition
- Beschreibung, welchen Nutzen Kunden oder andere Partner des Unternehmens aus der Verbindung mit diesem Unternehmen ziehen
- Architektur der Wertschöpfung
- Wie wird der Nutzen für die Kunden generiert
- Wie wird die Leistung in welcher Konfiguration erstellt?
- Welche Leistungen werden auf welchen Märkten angeboten (Produkt / Markt Strategien)?
- Ertragsmodell
- Welche Einnahmen werden aus welchen Quellen generiert?
Maaß (2)
beschreibt ein Geschäftsmodell mit folgenden Elementen:
- Online-Wettbewerbspositionierung
- Welchen Kunden welche Leistungen auf welchen Märkten über elektronische Netzwerke anbieten
- Analyse des Unternehmens und seiner Umwelt
- Marktpotenzial, Kundenbedürfnisse,Wettbewerbsumfeld, Stärken und Schwächen des Unternehmens, …
- Wertschöpfung in elektronischen Netzwerken
- Wie werden Geschäftsprozesse gestaltet, um die Leistung zu erbringen?
- Kundenansprache und –bindung
- Wie können möglichst viele Kunden angesprochen werden? (= akquiriert + gebunden)
- Einsatz von Marketinginstrumenten wie Suchmaschinen-,E-Mail-Marketing, …
- Erlös- und Preismodelle
- Wie werden Einnahmen erzielt?
- Z.B. transaktionsbezogen, indirekt durch Werbeerlöse…
- Preismodell konkretisiert Erlösmodell im Hinblick auf preispolitische Fragestellungen
Picot/Neuburger (3)
wählen folgende Eigenschaften, die die digitale Ökonomie charakterisieren:
- Digitalisierung
- Kostensenkung
- Economies of Scope and Scale
Veränderung der Kostenstruktur
- Netzwerkeffekte und Standards
- Neue Formen der Arbeit (Arbeitsteilung/Arbeitsplätze)
- Neue Formen der Kooperation und Zusammenarbeit
- Neue Preis- und Erlösmodelle
- Neue Rolle des Kunden
- Individualisierung der Kundenbeziehung
Timmers (4) klassifiziert Internet-Geschäftsmodelle nach Funktionsumfang und Innovationsgrad.
Tapscott (4)
beschreibt folgende Business-Webs:
-
Agora
- Antiker Begriff: Volksversammlung, bei der auch Handel betrieben wurde
- Elektronischer Marktplatz
- Keine Fixpreise, Preise werden verhandelt
- Unterschiedliche Leistungserbringer
- Produkte und Dienstleistungen
- Angebot vielfältig und nicht vorhersehbar
- Marktfunktion
- Viele Anbieter > Käufer profitieren
- Viele Nachfrager, wenig Anbieter > treiben sich gegenseitig den Wert/Preis in die Höhe
Beispiel: Agora eBay:
- Keine Lagerkosten: Die Anbieter lagern ihre Produkte selbst.
- Minimale Marketingkosten: Die Anbieter beschreiben und illustrieren ihre Produkte auf der Plattform selbst.
- Reduzierte Vertriebskosten: Käufer und Anbieter regeln den Versand und die Bezahlung unter sich.
- Geringe Produkthaftung: Produkte werden versteigert (Prozess der Preisbildung); der Käufer trägt das Risiko.
- Geringes finanzielles Risiko: Die Anbieter ermächtigen den Betreiber solcher Austauschplattformen zum Einzug einer Auktionsgebühr.
-
Aggregator
- Digitaler Supermarkt
- Wählt geeignete Produkte und Dienstleistungen unterschiedlicher Hersteller aus
- Entscheidet über Marktsegmente
- Legt Preise fest
- Kontrolliert Abwicklung
- Digitaler Supermarkt
- Wählt geeignete Produkte und Dienstleistungen unterschiedlicher Hersteller aus
- Entscheidet über Marktsegmente
- Legt Preise fest
- Kontrolliert Abwicklung
- Senkung der Transaktionskosten durch
- Großes Marktvolumen und Marktmacht
- Verwendung von digitalen Agenten für Bewertung gewünschter Produkte
Beispiel: Aggregator Amazon.com
- Grosse Verhandlungsmacht: Der Aggregator wählt die Produkte aus und bestimmt die Preiskonditionen. Einsatz digitaler Berater: Softwareagenten helfen bei Such- und Vergleichsvorgängen und beraten den Kunden.
- Unabhängige Produktebewertung: Vor- und Nachteile von Produkten werden von den Kunden erfasst und durch den Aggregator als Entscheidungshilfe publiziert.
- Stimulierung des Verkaufs: Im digitalen Supermarkt lassen sich Produkte bündeln und Cross-Selling-Massnahmen realisieren.
- Kunde spart Versandkosten: Durch Skaleneffekte und tiefe Transaktionskosten kann der Aggregator Anreize schaffen.
-
Integrator
- Wertschöpfungskette mit allen Komponenten
- Spezifikation, Produktion, Lieferung bis Support
- Produziert selbst keine Dienstleistungen und Produkte
- Integriert Externe Entwickler, Teilelieferanten, Händler, Lösungsintegrator, Betreiber
- Nutzenvorteile
- Kundenlösung: Der Kundenauftrag steht am Anfang, erste Teilzahlungen erfolgen bei der Auftragserteilung.
- Generalunternehmer: Der Integrator übernimmt die Gesamtverantwortung für den Kundenauftrag.
- Bildung einer Wertschöpfungskette: Die Lieferantenauswahl samt der Vernetzung sowie entsprechende Verhandlungen werden vom Integrator durchgeführt.
- Werkstattfertigung statt Routinefertigung: Auf den Kunden zugeschnittene Komponenten werden gefertigt.
- Projekt- und Methodenwissen: Der Integrator beherrscht Projektmanagement und Wissensverarbeitung.
Beispiel: Integration Siemens
- Konzeption und Herstellung von Groß-Anlagen
- Keine eigene Produktion
- Konzeption von Komponenten
- Produktion vergeben
- Zusammenbau/Assemblierung vor Ort
- Skandinavien, Asien, Deutschland
- Durch dort ansässige Anlagenbauer
- Siemens:
- Generalunternehmer
- Gesamt- und Detailplanung
-
Allianz
- Lose gekoppelte und selbst organisierte Partnernetze (Gemeinschaften)
- Gemeinsame Zielsetzung
- Partner bringen spezifisches Know-How ein
- fehlende Kompetenzen durch geeignete Netzwerkpartner eingebracht
- Nutzenvorteile einer Allianz:
- Netzwerkbildung: Partner einer Allianz bilden ein Netz von Gleichberechtigten.
- Selbstorganisation: Wenige Verhaltensregeln dienen der Zusammenarbeit. Prosumer: Die Partner sind gleichzeitig Producer (Hersteller von kreativen Produkten und Dienstleistungen) und Consumer (Nachfrager von Lösungen).
- Wertschöpfungsraum: Immaterielle Werte werden gemeinsam geschaffen.
- Idealisierte Zielsetzung: Gegenseitiger Respekt, Vertrauen und gemeinsame Wertschöpfung bilden die Basis der Allianz.
-
Distributor
- Verteilungsnetzwerk für materielle und immaterielle Produkte und Dienstleistungen
- Transportunternehmer, Stromanbieter, Finanzdienstleister, Kommunikationsnetzbetreiber usw.
- Distributoren bedienen die vier vorhin angesprochenen Business Webs
- Austausch von Informationen, Waren und Dienstleistungen
- Management der Zugangsfunktion (Benutzeridentifikation, Autorisation) zu digitalen Kommunikationsnetzen.
- Verwaltung und Darstellung von Eckwerten unterschiedlicher Transaktionsdaten.
- Pflege von Profilen für Präferenzen in verschiedenen Themenbereichen wie Gesundheit, Unterhaltung, Kulturangebote etc.
- Darstellung des Verhaltens von Kunden und Kundengruppen als Käufer von Waren und Dienstleistungen
Quellen:
(1) Patrick Stähler, Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie; Merkmale, Strategien und Auswirkungen
(2) Christian Maaß, E-Business Management : Gestaltung von Geschäftsmodellen in der vernetzten Wirtschaft
(3) Picot/Neuburger, 2001
(4) Paul Timmers, Electronic Commerce: Strategies and Models for Business-to-Business Trading
(5) Don Tapscott, Digital capital: harnessing the power of business webs
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