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Donnerstag, 14. Mai 2009
Mobilkommunikation und Georeferenzierung -- War Driving
pamela.neuwirth.Uni-Linz, 09:02h
Die unsichtbare Stadt. WAR DRIVING
Der Oeffentliche Raum und seine Kritikwuerdigkeit „Die, dem öffentlichen Raum zugesprochene politische Qualität ist selten“, schreibt Jaques Rancière. Vielmehr vertauscht Rancière die Begriffe Polizei und Politik. Die „Polis“, die meint, „Wir alle gestalten gemeinsam unsere Belange“ findet sich laengst im Schwinden. Und „Polizei“ tritt überall dann auf, wenn Macht und Kapital verteidigt werden muessen. Der Philosoph Brian Massumi setzt etwa bei der Virtualitaet von Polizei an: diese virtuell agierende Polizei erscheint immer dann, quasi aus dem Nichts heraus, wenn der Status Quo (bei Massumi ein Angstraum, in dem diese Angst durch Konsum kompensiert wird) wiederhergestellt werden soll. Konsumkritik, die heute stets sicherheitspolitisch argumentierte Ueberwachung des oeffentlichen Raumes und die eindrueckliche, wenn auch wenig sichtbare, polizeilich geschuetzte Performanz von Macht und Kapital sind die Zeichen der Zeit. Diese Kritikpunkte aber, kennen wir schon. Problem Doch was bedeuten diese gesellschaftlichen Szenarien für die Kommunikation? Mit welchem Verständnis kommunizieren wir heute und welchem Kommunikationsbegriff folgen wir? Bestehen die Begriffsfelder Inklusion/Exklusion tatsaechlich oder muss man nicht viel mehr von einer Aufweichung ausgehen und welchen Bedingungen folgt diese? Was gehoert im Sinne der Kommunikation über Wlan tatsaechlich der Allgemeinheit? Oder haengt die Selbstbestimmung der Kommunikation heute nicht viel mehr davon ab, auf technisches Wissen zurueckgreifen zu koennen? Virtualitaet und Technologie Die physikalische Verbindung mit dem virtuellen Raum wird von kommerziellen Betreibern beherrscht. (Telekom, Liwest, Speednet etc). Durch die Verbreitung von sogenannten Wlan (Wireless Local Area Network)-Routern, die es ermöglichen sich drahtlos mit dem Internet zu verbinden (zu Hause, im Büro, etc.) hat sich auch die Infosphaere des öffentlichen Raumes veraendert, ohne das hoerbar, fuehlbar und richbar ist, was sich an privaten, kommerziellen oder wie auch immer gearteten Informationen durch die Luft bewegt. Ein denkbar unspektakulaerer dunkler Kasten mit einer Stummelantenne und meistens auch noch ein Kabel zum Internetanschluss, des AccessProviders, macht so einen Wlan-Router aus. Sobald jemand so eine Basisstation ans offene Fenster stellt, endet oft die private oder geschaeftliche Kommunikation, und die Revolution beginnt. Dann strahlt dieser „Kasten“ aus der Privat-oder Wirtschaftsphaere in den oeffentlichen Raum. Wer diesen Prozess erkennen will, muss WARdriven. Wer freie Information will, sollte sich mit den WARchalking-Codes vertraut machen – und mit seinem eigenen freien Hotspot dagegen halten. WarDriving bedeutet, mit entsprechender Ausruestung in einem Auto herumzufahren und nach drahtlosen Netzwerken (Wlan = Wireless Local Area Network) zu suchen. Der Ausdruck ist allerdings nur eine Abwandlung. Theoretisch gibt es auch WarBoating, WarFlying, WarWalking und vieles mehr. Das Prinzip der Namensgebung bezieht sich darauf, wie man die drahtlosen Netzwerke sucht: Im Auto, per Boot, per Flugzeug oder eben zu Fuß - oder mit dem Rad Eine Vorform des Wardriving war das Wardialing, welches die Taetigkeit beschreibt, sich des Anschlusses eines kabellosen Telefons zu bedienen, woraufhin hohe Umkosten für den Besitzer des Telefonanschlusses anfielen. Unterschiede zwischen diesen beiden Arten sich in fremde Netzwerke einzuwaehlen bestehen nicht nur in der Technik und der dafür verwendeten Kommunikationswege, sondern auch in der Mentalitaet der Personen. Sollte ein entsprechendes Netzwerk gefunden werden, wird das Fahrzeug in passender Distanz zum Access Point geparkt und vom Netzwerk gesandte Daten werden aufgezeichnet. Die Zeit, die dieser Vorgang benoetigt ist stark von der Verschluesselung des Netzwerks abhängig. • Bei einem unverschluesselten Netzwerk kann sich jeder Passant einloggen, der einen Laptop mit WLAN Karte zur Verfuegung hat. • Sollte dieses Netzwerk mittels WEP (Wired Equivalent Privacy) Key einer Standard Verschluesselung gesichert sein, so kann diese mittels Programmen wie Aircrack innerhalb kurzer Zeit geknackt werden. Wenn ein Access Point mit einem User in Verbindung steht, werden die gesandten Daten auf entsprechende Weise verschluesselt, bis auf den Teil dieser Daten, die die Ziel-und QuellAdresse beinhalten. Beim WEP Schluessel veraendert sich diese Verschluesselung nicht (außer die Administratorin bestimmt einen anderen Schluessel) und somit kann Aircrack, wenn genug gesammelte Daten zur Verfuegung stehen, Vergleiche anstellen und daraus den Key ermitteln. • Die kniffligere Variante der verbreiteten Verschluesselungen ist als WPA/WPA2 (WiFiProtected Access) bekannt. Im Gegensatz zum WEP Key verändern sich Teile der Verschluesselung dynamisch, was es für Programme erschwert (aber nicht unmoeglich macht), den Schluessel zu berechnen. Eine elegante Art dieser Verschluesselung zu Leibe zu ruecken ist, die Daten eines Computers abzufangen der sich gerade einloggt, doch auch dies ist keine sichere Methode einen passenden Schluessel zu erhalten, da sich auch die Programmierer dieser Verschlüsselung mit den Möglichkeiten auseinandergesetzt haben, wie man unerlaubt Zugriff zum Netzwerk erlangen kann. • Altbewaehrte Methoden des Passwortknackens wie „Bruteforce“ (Brachialgewalt) und „Dictionary Attack“ (Woerterbuch Angriff) können bei allen Verschluesselungen zum Einsatz kommen. Da diese aber entweder wie im Fall der „Dictionary“ Attack im Wörterbuch vorhandene Worte durchprobieren oder im Fall von „Bruteforce“ Zeichen von A-Z, a-z, 0-9 und noch einen Satz von im Schluessel erlaubten Sonderzeichen durchprobieren, koennen diese Methoden erfolglos sein oder nach einigen Jahren den Schluessel errechnen. Im Sinne eines Wardriving, das sich an die Ethik der Community haelt, gilt es nun an diesem Punkt aufzuhoeren beziehungsweise eine Nachricht für die Systemadministratorin zu hinterlassen und sie auf die gefundene Sicherheitsluecke aufmerksam zu machen. Natürlich gibt es Individuen, die hier als Fremdsurferin in das eroberte Netzwerk einsteigen, doch entspricht dies nicht mehr der Philosophie von Wardriving. Wardriverinnen begnügen sich damit, moeglichst viele Acces Points zu sammeln, die Verschluesselung des einen oder andern zu knacken, um Punkte in ihrer Community dafür einzustreichen und gelegentlich Netzwerkbetreiber auf ihre Fehler hinzuweisen. Das Projekt "unsichtbare Stadt" gibt dem kulturellen Phaenomen WarDriving Platz und ermoeglicht einen neuen Blick auf die Stadt – Mit dem "Taxi" durch die unsichtbare Stadt Wir denken, dass das "Taxi" eine elegante Fortbewegungart fuer gemeinsames WarDriving sein kann. Was man bei dieser Taxifahrt erleben kann ist ein "on the road Workshop" durch die nicht sichtbaren Informationen der Stadt. – Die Map Wlan Kartographie Es gibt bereits aeltere Maps von vorhandenen Wlans in Linz. Mit einer neuen Wlan Kartographie wird es spannend sein, einen Vergleich zwischen „alten“ und „aktuellen“ Wlans zu vergleichen. Verschluesseln etwa die Nutzerinnen ihre Netze mehr als frueher ... oder auch nicht? – Dokumentation Radio/Video Diese Reise verdient eine Dokumentation. Mittels Audio-und Videoaufnahmen werden die Taxifahren dokumentiert und zugaenglich gemacht. – Experimente Das Potential von Wlan kann durch subversive Aktionen verdeutlicht werden. Subversiv meint hier, kreative Interventionen zu setzen, um den Beteiligten (nicht involvierte, wie involvierte Wlannutzerinnen) soziale, wie technische Implikationen klar zumachen. Uns fallen jede Menge witziger Aktionen ein, die niemandem schaden, aber auf unterhaltsame Weise dazubeitragen über die Nutzung von Wlan nachzudenken! Beispielsweise koennte man in einem gehackten, weil unverschluesselten Netzwerk, einen dortigen Drucker dazu auffordern, die ersten 3 Seiten der Bibel auszudrucken ... Denkbar waere zudem ein (virtueller) Info-Kontainer, damit diese subversiven Aktionen „transparent gemacht werden koennen“. – Theoretische & kuenstlerische Beitraege Hier geht es absurderweise um die „Transparenz von Virtualität“. Gemeint sind einerseits interdisziplinaere, theoretische Auseindersetzungen mit Wlan im oeffentlichen Raum; das Projekt soll mit einer Vortragsreihe begleitet werden. Andererseits sollen Kuenstlerinnen die Moeglichkeit haben, sich mit dem Thema WarDriving auseinanderzusetzen, damit verschiedene Aspekte der virtuellen Stadt auch abseits theoretischer Beschreibungen erhellt werden. Ausszug aus dem Projektantrag zur LinzimPuls 2009 Ausschreibung von servus.at/Pamela Neuwirth weitere Links zu WARDRIVING http://de.wikipedia.org/wiki/Wardriving http://www.youtube.com/watch?v=_dYnXpacdtA http://www.youtube.com/watch?v=pejgAqgnTAk&feature=fvsr Literatur: Ranciere Jaques, 2002: Das Unvernehmen. Politik und Philosophie. Suhrkamp Verlag Massumi Brian, 1993: "Everywhere you want to be. Einführung in die Angst." Härle Carl-Clemens, 1993: Karten zu Tausend Plateaus. Merve Verlag ... comment |
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