Propaedeutikum Artikel: Linked in and all around

andrea.freilinger.uni-linz, 6. Jänner 2017, 10:11

 

Beiträge vernetzen ohne Grenzen - Fluch oder Segen?

 

Das Internet ist der Informationsspeicher und -verteiler schlechthin. Fällt jemandem etwas nicht ein, dann wird nicht lange überlegt - man "googelt" es lieber gleich komfortabel auf dem Smartphone. Die einseitige Wissensvermittlung durch profunde Antworten in begutachteten Artikeln ist allerdings (leider?) Vergangenheit. Auf eine einfache Suche folgen nicht nur unzählige Ausführungen in vordefinierter Reihenfolge. Nein, zu jedem Beitrag gibt es Bewertungen, Kommentare, kritische Bemerkungen und Verweise auf andere, mindestens genau so fundierte, Artikel.

 

Nutzen aus dem lebendigen Web

 

Wenn man von dieser Fülle an Informationen nicht überfordert ist und sich etwas Zeit nehmen kann, hat die Möglichkeit eine völlig neue Sichtweise auf ein Thema zu generieren. Infolge der vielseitigen Blickwinkel ist es durch fortwährendes Folgen der Links ein Einfaches, sich ein umfassendes Bild zu verschaffen, das nicht von öffentlichen Nachrichten-Redaktionen vorweg überarbeitet und eingegrenzt wurde. Aktuelle Online-Meldungen kommen zeitgleich beim User am Mobiltelefon an und beeinflussen ihn unmittelbar in seinen Denkmustern und Handlungsfeldern.

Abgesehen vom idealistischen Gedanken der freien Berichterstattung profitieren selbstverständlich Online-Handelskonzerne direkt, aber auch andere Unternehmen über verschiedene Dienste oder Werbemaßnahmen von der Web-Nutzung - Stichwort Monetarisierung (Q1). Wer hätte noch vor ein paar Jahren daran geglaubt, dass ein Jugendlicher mit selbst gedrehten privaten Freizeit-Videos im Web echtes Geld verdienen kann? Hier scheinen alle Möglichkeiten offen zu sein.

Vor allem die freiwillige Datenerfassung von Usern über Soziale Medien, E-Commerce sowie Gewinnspiele und ähnliche Kanäle, macht es Unternehmen leicht, Vorlieben zu erkennen und darauf entsprechend zu reagieren. Zielgerichtetes Marketing kann KundInnen Zeit zur Recherche sparen und Wünsche sozusagen von den Eingaben anstatt den Augen ablesen.

Daraus folgt ein weiterer ökonomischer Aspekt. Denn wenn meine KundInnen, BewerberInnen etc. ihre Daten selbst erfassen, brauche ich keine MitarbeiterInnen die das erledigen. Die absolute Richtigkeit der Angaben sind schriftlich wie digital nie 100 prozentig gegeben, warum also nicht den Aufwand outsourcen!

 

Schwachstellen der Online-Meinungsbildung

 

In der scheinbar demokratischen Welt der Online-Kommunikation kann jeder Mensch seine Anschauung öffentlich kundtun. Diejenigen, die über ausreichend Mittel verfügen können auch noch ein Buch oder E-Book herausgeben. Die Frage nach dem Wahrheitsgehalt so mancher Meldung lässt bei kritisch denkenden Menschen oftmals Zweifel aufkommen. Auf der Suche nach vertrauenswürdiger Information, die einem tatsächlich nützt, ist die Schnelligkeit als wesentlicher Faktor des Webs oft relativ.

Auch im Online-Handel kann der oben festgestellte Nutzen durch ein daraus generiertes Überangebot an Produkten und Dienstleistungen, mit den einhergehenden privaten und kommerziellen Bewertungen, zu einer Schwächung der potenziellen Kundengewinnung führen.

Predictive Marketing (Q 2) soll Unternehmen und KundInnen das Leben leichter machen. Einerseits klingt es angenehm wenn alle – auch verborgene bzw. noch gar nicht vorhandene - Wünsche automatisch durch das passende Angebot erfüllt werden können.

Auf der anderen Seite ist es nicht ausgeschlossen, dass durch die umfassende Analyse verschiedenster Datenquellen – zB durch Scoring (Q 3) von Banken und Versicherungen, Fehlinterpretationen passieren und aufgrund von Scheinkorrelationen KundInnen nicht korrekt eingestuft werden. Beispielsweise ein Ergebnis welches besagt, dass Frauen Anfang 30 in meiner Wohnregion häufig ihre Rechnungen nicht begleichen, könnte sich nachteilig für mich als durchaus vertrauenswürdige Person auswirken und ich wäre schon vor einem etwaigen Kreditantrag auf der roten Liste. Ganz abgesehen davon, dass diese legale Spionagetätigkeit doch etwas abschreckend auf den Konsumenten wirken muss.

 

Grenzen der Online-Kommunikation

 

Von rechtlicher Seite wird es heikel wenn gute Sitten (Q4) verletzt werden. Auch Meinungsäußerungen die in Richtung Wiederbetätigung gehen, wie es aktuell in Asyldiskussionen häufig passiert, können zu mehrjährigen Haftstrafen führen. Wie es im Verbotsgesetz 1947 §3h heißt: “... wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst öffentlich auf eine Weise, dass es vielen Menschen zugänglich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht.” (Q5)

Informationspflichten vor Abschluss eines Online-Vertrages und das 14tägige Rücktrittsrecht sind über entsprechende europäische Richtlinien in die österreichische Gesetzgebung eingeflossen. Nach §§ 15 und 16 E-Commerce Gesetz sind Host-Provider, wie Facebook, nicht für ihre Inhalte verantwortlich, wenn die von Usern eingestellte Informationen nicht verändert werden und unzulässige Daten unverzüglich nach bekanntwerden gelöscht werden.

In diesem Zusammenhang kann man beobachten, dass rechtspopulistische Meinungsäußerungen auch nach erfolgter Meldung von Usern oftmals länger online bleiben als beispielsweise das Bild einer stillenden Mutter. Aktuell ist ein interessanter Fall betreffend ein Gewaltvideo (Q6) in dem eine Minderjährige attackiert wurde, das trotz Bekanntwerden von Facebook nicht gelöscht wurde, in Österreich zu verfolgen.

Erfreulicherweise könnte es hier zudem aufgrund wettbewerbsrechtlicher Motivation in absehbarer Zeit zu einer medienrechtlichen Gleichstellung (Q7) und somit zu verschärften Strafmaßnahmen kommen.

 

Arbeiten und Web

 

Arbeitsorganisationen haben sich in den letzten beiden Jahrzehnten grundlegend verändert. Die Vernetzung von MitarbeiterInnen durch das Web ist vor allem für international agierende Unternehmen von unschätzbarem Wert. Die anfängliche bzw. auch kürzlich reaktivierte Angst infolge "Industrie 4.0", Roboter könnten sämtliche Arbeiten übernehmen, wurde inzwischen erneut etwas relativiert.

Selbstverständlich wurden und werden weiterhin mengenmäßig viele Jobs, vor allem im automatisierten Bereich, wegrationalisiert. Andererseits braucht es dahingehend wiederum technische Fachkräfte zur Bedienung und Instandhaltung der Gerätschaften sowie Angestellte auf Managementebene in puncto Qualitäts- und Risikomanagement usw. denn die Bürokratie wird durch die Technik nicht weniger. Welche Berufe am ehesten gefährdet sind zeit die unten angeführte Abbildung.(Q8)

 

Substituierbarkeit von Berufen

 


Auch in der Dienstleistungsbranche haben zahlreiche Online-Tools und -Instrumente Arbeitsschritte perfektioniert und/oder überflüssig gemacht. Einerseits zur Freude der BeraterInnen, andererseits schwingen bei derart rapiden unaufhaltsamen Änderungsprozessen natürlich auch Zukunftsängste mit.

Der Erfolgsfaktor für wissensbasierte Dienstleister (Q9) liegt wahrscheinlich nicht in der Optimierung von geltenden Standards, sondern im gezielten Einsatz der menschlichen Intelligenz und Kreativität, die letztlich Software und Digitalisierung geschaffen haben und immer weiter voran treiben. Das wurde bei einem Forum der Wirtschaftskammer OÖ festgestellt.

Weiters meinte ein Design-Thinking-Spezialist, dass ausnahmslos JEDER Mensch von Natur aus kreativ ist. Es liegt an den Arbeitsbedingungen diese Kreativität zu fördern. Diese Ansicht finde ich sehr spannend, kann mir aber vorstellen, dass die geforderte kreative Problemlösung und das Abgehen von Standardprozessen vor allem – aber nicht nur! – für ältere Generationen von ArbeitnehmerInnen als auch Unternehmen eine große Herausforderung darstellen.

In einer deutschen Studie aus dem Vorjahr wurde der Einfluss von Digitalisierung auf die Arbeitswelt eher gering und, wenn vorhanden, sogar eher positiv eingestuft (siehe Abbildung unten). (Q 10)

Auswirkungen der Digitalisierung

 



Eine auffallende Ausnahme bildete das Führungsverhalten, das anscheinend doch wesentlich von der persönlichen menschlichen Interaktion geprägt ist.

 

Fazit und Ausblick

 

Die Frage, die sich mittlerweile stellt, ist ob der Mensch überhaupt noch Herr über die Digitalisierung im Sinne eines erschaffenen Werkzeuges ist. Die Vernetzung im Web ist zu einer eigenen Umwelt herangewachsen.

Jedoch - in einer Welt in der parallel zu Online-Shops reale Apple-Stores eröffnet und Amazon Buchläden etabliert werden, ist der Weg eindeutig nicht klar vorgegeben. Der Trend zum freien Denken, führt interessanterweise selbst bei IT-SpezialistInnen dazu, dem Nachwuchs Bildung a la Waldorf zu ermöglichen. Diese Kinder sind mit Sicherheit von Geburt an IT-affin, allerdings schließt das Eine das Andere offensichtlich nicht aus. 

 

 

 

Online-Quellen abgerufen am 08.12.2016

 

Q1: http://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/monetarisierung

Q2: http://www.marketingblatt.com/de/predictive-marketing/predictive-marketing-treffen-sie-datenbasierte-voraussagen/

Q3: https://www.onlinekredit.com/kreditscoring/

Q4: https://www.ris.bka.gv.at/NormDokument.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10001622&FassungVom=2016-12-09&Artikel=&Paragraf=879&Anlage=&Uebergangsrecht=

Q5: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10000207

Q6: http://derstandard.at/2000047793895/Gewaltvideo-Gruene-legen-bei-Anzeige-gegen-Facebook-nach

Q7: http://derstandard.at/2000048991637/Gleiches-Medienrecht-fuer-Facebook-Drozda-sucht-Allianz-mit-Deutschland-Frankreich?ref=rec

Q8: https://www.welt.de/wirtschaft/article151947650/Das-Maerchen-vom-digitalen-Tod-der-Arbeitswelt.html#cs-DWO-WI-Digitale-Arbeitswelt-1-Kopie-jpg.jpg

Q9: https://www.wko.at/Content.Node/iv/ForumIC2016Nachbericht.html

Q10: https://www.edenred.de/ipsos-barometer-juni-2015.html

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