Partizipativer Journalismus
marlene.siegl.uni-linz, 15. Juni 2014, 19:10
Was ist partizipativer Journalismus?
Partizipativer Journalismus wird jene Art des Journalismus verstanden, an dem sich die Empfänger durch unterschiedliche Formen des Web 2.0. beteiligen. (Q3) Die Benutzer beteiligen sich an der Inhaltsproduktion, partizipativer Journalismus wird außerhalb ihrer Berufstätigkeit betrieben und ermöglicht die aktive Teilnahme an der Medienöffentlichkeit. (Q1)
Auch vor Popularität des Internets und dessen Möglichkeiten, haben Bürgerinnen und Bürger in Form von Leserbriefen, Heimatzeitungen und Hörer- oder Zuschauertelefonen an Diskussionen in kommerziellen Medien teilgenommen. Mit der Verbreitung des Internets entstehen neue Formen von partizipativen Medien.
Engesser (2008) unterscheidet die vier Formen Webblogs, Kollektivformate, professionelle-partizipative Nachrichtensites und Leserreporter-Rubriken. (Q1)
Webblogs: Kunstwort aus den Begriffen Web und Logbuch; Meist von einzelnen Personen angeboten
„Ein Weblog ist ein Angebot, in dem in regelmäßigen, meist kurzen Abständen, Beiträge
(Postings) eingestellt werden, die in chronologisch absteigender Form angeordnet
sind. Die Nutzer eines Weblogs haben meist die Möglichkeit, Postings zu kommentieren. Weitere Merkmale sind in der Regel ‚Permalinks‘ über die ein Beitrag verlinkt werden kann, sowie eine ‚Blogroll‘, eine Spalte mit Links zu anderen Weblogs.“ (Q2)
Folgende Arten von Blogs können unterschieden (kein Anspruch auf Vollständigkeit):
- Experten-Blogs (von Experten zu bestimmten Themen geschrieben
- Watchblogs (Beobachtung von Politik, Wirtschaft oder Medien)
- Warblogs (Kriegsberichte aus erster Hand)
- J-Blogs (von Journalisten)
- Untergrund-Blogs (in autoritären Regimes)
- Blogs in PR oder Werbung
Kollektivformate: Ein Kollektiv übernimmt die Herstellung und Bearbeitung von Inhalten (z.B. Videos, Fotos, Audioinhalte oder Text) auf einer Plattform. z.B. Wikipedia oder Youtube
Professionelle-partizipative Nachrichtensites: zeichnen sich durch ein hohes Maß an Professionalität und einem hohem Organisationsgrad aus, d.h. diese Sites werden meist von beruflich tätigen Journalisten angeboten; klassische Rollenverteilung zwischen Journalisten und LeserInnen
Leserreporter Rubriken: LeserInnen werden von einer Redaktion dazu aufgerufen, sich mit
Beitragselementen (z.B. Fotos) zu beteiligen. (Q2)
Das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten hin zur Partizipation und Erstellung weg von der lediglichen Konsumption von Inhalten. (Q4) Nicht nur die Einteilung von Engesser zeigt, dass der Trend dazu geht, dass Konsumenten (in der vorliegenden Thematik ist das der Leser bzw. der User) zum Prosument geht. Oder anders ausgedrückt vom Prosumer zum Producer. User konsumieren nicht nur Informationen sondern produzieren und teilen (Sharing) dies auch selbst im Netz.
Eine Untersuchung am Institut für Publizistik an der Universität Mainz zeigt, dass sich letzten Jahren einiges getan hat – aber wie weit geht der Trend auf den Webseiten von Tageszeitungen und Nachrichtensendern?
Auf den Webseiten verschiedenster Tageszeitungen haben sich einige Features zu Standardanwendungen herauskristallisiert. So haben die Leser auf zahlreichen dieser Webseiten die Möglichkeit mittels Kommentarfunktion Artikel zu kommentieren und mitzudiskutieren, Social Bookmark Links zu setzen, Neuigkeiten über RSS-Feeds zu abonnieren oder Artikel an Freunde und Bekannte zu versenden, an Umfragen teilzunehmen oder die Redaktion direkt über ein Kontaktformular zu kontaktieren. Weiters sind auch die Verlinkung zu Social Media Plattformen (z.B. Facebook) sehr populär. Manche Zeitungen bieten auch redaktionsinterne Blogs oder Foren an, diese sind jedoch nicht wie oben erwähnte Features Standard. Was aber überraschend ist, dass Nutzer wenig dazu aufgefordert werden, Inhalte wirklich zu „produzieren“ sondern mehr dazu diese zu liefern (z.B. Fotos).
Best-Practice-Beispiele zum partizipativen Journalismus sind etwa Bild-Zeitung mit dem Leserreporter oder die taz mit der „Entscheidung des Tages“ und dem „Streit der Woche“. Im Rahmen der Studie wurden auch die Webseiten von Fernsehsendern untersucht. Dabei konnte festgestellt werden, dass User eher explizit dazu aufgefordert werden (in Videoblogs themen- und sendungsbezogen), sich zu beteiligen. Die Startseiten bzw. Dachportale bieten eher weniger Möglichkeiten zur Partizipation, sondern eher die Möglichkeit Kritik und Anregungen an die Redaktionen zu schreiben. Als Diskussionsplattformen dienen Chats und Foren oder Kommentarseiten, die speziell dazu eingerichtet wurden. Beispiel: Unterseiten der „Tagesschau“ meta.tagesschau.de oder blog.tagesschau.de.
Das Ergebnis der Untersuchung ist dass die Nutzer nicht direkt als Produzent journalistischer Inhalte auf professionellen Nachrichtenseiten mitwirken, sondern die traditionelle Rolle des Journalisten aufrecht erhalten wird und meist versucht wird, die Marke der Medien zu schützen. Jedoch werden auf den Webseiten nicht nur Inhalte verbreitet, sondern es erfolgt ein Dialog mit den Usern. (Q5)
Quellen:
Q1: Engesser, Sven (2008): Partizipativer Journalismus. Eine Begriffsanalyse. In: Zerfaß, Ansgar/ Martin Welker/Jan Schmidt (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation, und Wirkungen im Social Web. Herbert v. Harlem Verlag, 2008, S. 47-71.
Q2: Engesser, Sven (2013): Die Qualität des partizipativen Journalismus im Web. Springer Verlag, 2013, insbes. S.16-21; S.29-42; S.53-124.
Q3: Graswurzel-Journalismus, Wikipedia, Url: http://de.wikipedia.org/wiki/Graswurzel-Journalismus, letzter Zugriff: 5.6.2014
(Q4): Blättelmink B., Hellmann, U. (Hrsg.) (2010); Prosumer Revisited: Zur Aktualität einer Debatte; Url: http://books.google.at/books?id=P5j_MTL7AZQC&pg=PA101&lpg=PA101&dq=prosument+internet&source=bl&ots=wWqQ66kg-i&sig=CbSGu4z5i5vJ0qC-DxvlwXWKFNk&hl=de&sa=X&ei=c8idU6RQkujsBtuugdgC&ved=0CEsQ6AEwBw#v=onepage&q=prosument%20internet&f=false, letzter Zugriff: 5.6.2014
(Q5): „Mitmach-Medium Internet“: Die Macher im Dialog mit den Usern? (2012); Url: http://journalistik-journal.lookingintomedia.com/?p=892, letzter Zugriff: 4.6.2014
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