Lerntheorie Konstruktivismus

christina.kosmata.uni-linz, 5. Oktober 2015, 10:22

Die konstruktivistischen Ansätze gehen nach Neubert, Reich & Voß (o.J.) davon aus, dass Lernen ein konstruktiver Prozess ist und behaupten, dass jeder Lerner auf der Grundlage seines "Experience" lernt, dabei eigene Werte, Überzeugungen, Muster und Vorerfahrungen einsetzt. Lernen als Konstruktion kritisiert die Illusionen des Aneignungs- und Abbildungs-Lernens, denn jeder Lernende konstruiert sein Lernen, sein Wissen und die dabei erzeugten Wirklichkeiten, wobei er hierbei allerdings kulturell nicht völlig frei ist, sondern immer auch an die Konventionen seiner Zeit gebunden. Die größte Bedrohung für das Lernen ist es für diesen Ansatz, dass der Lerner nicht hinreichend eigenständig konstruieren darf. Interaktionen mit anderen sind dafür ausschlaggebend, wie das Lernen angenommen, weitergeführt, entwickelt wird. Dabei ist es entscheidend, inwieweit es dem Lernenden gelingt, eine eigene Perspektive auf sein Lernen einzunehmen, indem er sich motiviert, sein Lernen selbst organisiert, sich seiner Muster und Schematisierungen bewusst wird und diese handlungsorientiert entwickelt.

Quelle: http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/LERNEN/LerntheorienKonstruktive.shtml
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Konstruktivismus, Interdisziplinarität und Lernen

K1.Webby.jku, 10. Oktober 2015, 17:50

Vielen Dank für diesen Beitrag, den ich im Zusammenhang mit der Interdisziplinarität der Webwissenschaften für sehr relevant halte. Logischerweise können wir als Lebewesen immer nur auf unseren bisherigen Erfahrungen aufbauen. Die Bedeutung von konkreten Begriffen erlernen wir als Kinder sehr rasch, bei abstrakten Begriffen dauert es etwas länger, bis wir über die Lebenserfahrung verfügen, dass sie für uns "greifbar" werden.
Im späteren Leben ergeht es uns ähnlich mit Begriffen, die aus einem fremden Fachbereich stammen oder die wir aus anderen Gründen selten verwenden. Hier können wir an uns selbst bzw. im persönlichen Austausch mit unseren Mitmenschen beobachten, dass unsere Vorstellung eines neuen Begriffs zunächst sehr stark von dem abweichen kann, was andere damit verbinden. Erst durch Interaktion mit anderen und persönliches Erleben knüpfen wir jene Assoziationen, die wir dann längere Zeit nicht mehr korrigieren müssen.
Sehr aufschlussreich kann auch das Lernen von Fremdspachen sein. Reisen wir in fremde Länder, sehen wir oft schon auf den ersten Blick, dass wir unsere Vorstellungen, die wir mit den gelernten Vokabeln verknüpft haben, anpassen müssen. Beispielsweise sieht ein "Haus" überall anders aus und hat klimabedingt auch andere Aufgaben zu erfüllen. Mißverständnisse, auch Feindseligkeiten können auf unterschiedlichen Lebenswelten beruhen, die nicht durch gemeinsame Erfahrungen überbrückt werden können.  

Für das Lernen folgt daraus, dass praktische Erfahrungen ganz wesentlich sind. Begriffe und Konzepte, die wir im Zuge persönlichen Erlebens erlernen oder die uns zumindest über mehrere Sinne vermittelt wurden, bleiben leichter und länger im Gedächtnis haften, weil unser Organismus dann davon ausgeht, dass sie für unser Leben und Überleben relevant sind. Nichts gibt einem Begriff mehr persönliche Bedeutung als das unmittelbare Erleben, Begriffe entstehen erst durch den Austausch über das Erlebte und sind auch nur dazu notwendig.

Im Zusammenhang mit der Interdisziplinarität drückt sich ein wesentlicher Aspekt sehr gut in einem Sprichwort aus, das den indianischen Kulturen nachgesagt wird:

"Beurteile niemanden, in dessen Mokkassins du nicht gegangen bist."

Treten in interkulturellen oder interdisziplinären Projektteams Spannungen auf, muss man verstehen, dass sich jeder Mensch im Lauf seines Lebens in Interaktion mit seiner Umwelt notwendigerweise seine eigenen, veränderlichen Muster bildet, und dass unter den gleichen Begriffen sehr unterschiedliche Dinge verstanden werden können.
Um innerhalb der Webwissenschaften einen gewissen Gleichklang und ein gemeinsames Verständnis herzustellen, ist es deshalb aus meiner Sicht notwendig, dass sich jede/r einzelne auch möglichst praktische Erfahrungen in allen relevanten Disziplinen aneignet.

Dazu auch relevant sind mein Beitrag "Über die Interdisziplinarität der Webwissenschaften" und mein Kommentar zu "Interdisziplinarität - Ein Clash of Egos".

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