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Wie in der einschlägigen Liternatur nachzulesen, ist die Digitalisierung der Musik einer der Auslöser für den wirtschaftlichen Absturz der Major-Labels.
Jedoch war der größte Katalysator dafür die Verbreitung des Internets. Das Internet mit seiner immer größer werdenden Bandbreite machte es möglich, schnell und kostengünstig große Mengen an Daten ohne Qualitätsverlust zu verbreiten. Es gibt verschiedene Modelle, je nach Auslegung der ökonomischen Wertschöpfung des Produktes Musik, wie es über das Internet vertrieben werden kann (vgl. Huber 2009: 170):
• Kostenpflichtiges Downloadangebot (Abrechnung pro gedownloadetem Song)
• Abonnement Angebote (Flatrates)
• Streaming (z.B. „Last.fm“)
• Online Social Networks und „Web 2.0“
• Filesharing (z.B. „BitTorrent“)
• Downloadangebote für Mobiltelefone (z.B. „realer“ Klingelton)
• „Creative Commons“ / Legaler Gratisdownload
Diese Varianten unterscheiden sich nicht nur nach ökonomischen Ambitionen, sondern auch nach rechtlichen Fragen, Ansprüchen an die Qualität und das Format der Musikdatei bzw. vor allem nach dem Bekanntheitsgrad des Künstlers. So lange die klassischen Wertschöpfungsketten der Musikindustrie bestanden, und die Menschen kaum eine andere Möglichkeit hatten, an Musik zu gelangen, ohne auf Durchbrechen Digitalisierung besteht heute allerdings die Möglichkeit, Musik zum einen ohne Qualitätsverlust beliebig oft zu kopieren, aber auch ohne Kosten für Tonträger etc. zu verbreiten. War es also für Künstler vor dem Internet maßgeblich, an ein Label gebunden zu sein, um ihre Musik an den Mann oder die Frau zu bringen, so ist es durch das Internet möglich, ein potenziell weltweites Publikum direkt anzusprechen, indem die Musik etwa direkt über das Internet verfügbar gemacht wird. Die Distribution ist dabei zudem noch extrem kostengünstig.
Diese Charakteristika ermöglichen durch ihre gezielte Nutzung nun auch den Protest gegen die Musikindustrie als Kulturindustrie und ihre Praktiken:
"The character of the Internet as a system of the cooperative production of know-
ledge, the global sharing of knowledge, real-time- and many-to-many communi-
cation allow the emergence and permanent reproduction of social systems of
global protest the have collective values, practices, goals, and identities." (Fuchs 2008: 277f.)
Bezogen auf den Protest gegen die Strukturen der Musikindustrie gilt diese Maßgabe besonders, da zum einen das Internet die Möglichkeit zur Vernetzung und zur Zusammenarbeit unter den Aktivisten bildet. Auf der zweiten Ebene, und diese ist maßgeblich, gibt das Internet aber den Aktivisten auch erst die Instrumente an die Hand, mit denen sie ihren Protest zu einem wirklich messbaren und ausschlaggebenden machen können, nämlich eine sinnvolle Möglichkeit zur Verbreitung von Musik, ohne an Labels gebunden zu sein. Ein Modell, das in diesem Kontext bedeutsam ist, das Modell der Creative Commons.
Exkurs: Creative Commons Alternative für Musikschaffende
Die Creative Commons Licence wurde von Lawrence Lessig entwickelt und ist ein gängiges Lizenzmodell für die Bereiche wissenschaftliche Publikationen oder Kunst aller Art (vgl. Spindler 2008: 9ff). Sinnvoll ist diese Lizenz für Musiker, die aufgrund von zu geringer Bekanntheit nicht ausreichend Tonträger verkaufen würden, um die Produktionskosten, Vertriebskosten oder Marketingkosten wieder einzunehmen. Sie bieten also ihre Musik im Internet gratis an, mit verschiedenen Leveln der Nutzungsrechte für den Konsumenten, um dadurch ihre Bekanntheit zu steigern. Michael Huber spricht in dem Zusammenhang von Wandlung von sozialem Kapital in ökonomisches Kapital (vgl. Huber 2009: 172). Durch die
Steigerung der Bekanntheit erwirbt der Künstler soziales Kapital, welches wiederum durch häufigere Bookings und dem damit zusammenhängenden höheren Absatz von Merchandising in ökonomisches Kapital übergeht. Es gibt mittlerweile eine große Anzahl an Internetseiten, die Künstlern welche die Creative Commons Lizenz nutzen eine Plattform bieten, auf der sie ihre Musik den Konsumenten anbieten. Da das herrschende Urheberrecht viele Künstler aufgrund seiner Komplexität und Inflexibilität einschränkt, sind die heute gängigen Creative Commons Systeme für viele Musikschaffende attraktiver.
"Laut Music Information Center Austria (MICA) würden etwa 80% aller
Musikschaffenden von so einer Regelung stärker profitieren als von dem im
herkömmlichen Urheberrecht festgelegten völligen Rechtevorbehalt." (Huber 2009:
173).
Jedoch hat die Creative Commons Lizenz auch Nachteile. Man kann sich zwar sehr leicht und einfach sein gewünschtes Modell für die Lizenzierung aussuchen, jedoch kann dieses auch mit gängigem höherrangigem nationalem Recht kollidieren (vgl. Spindler 2008: 99). Es muss sich deswegen auch genauer mit den Rechtslagen in verschiedenen Ländern auseinander gesetzt werden, was der Einfachheit der Handhabung von Creative Commons widerspricht. Dabei muss Creative Commons nicht zwangsläufig heißen, dass die Musik gratis ist und sich die Künstler rein auf Wandlung von sozialem Kapital in ökonomisches Kapital verlassen.
Literatur:
Christian Fuchs. 2008. Internet and Society: Social Theory in the Information Age. New York: Routledge. ISBN 0415961327. 408 pages. Routledge Research in Information Technology and Society Series, No. 8. Paperback version published 2011.
Huber, Michael (2009): Digitale Musikdistribution und die Krise der
Tonträgerindustrie. In: Gensch, Gerhard; Stöckler, Eva Maria; Tschmuck, Peter:
Musikrezeption, Musikdistribution und Musikproduktion. Wiesbaden: Gabler, S.
163-185.
Spindler, Gerald. (2008): Anreize aum Verschenken — Open Source, Open
Access, Creative Commons und Wikipedia als Phänomene Neuer Geschäfts- und
Informationsmodelle. Erste Annänerungen. In von Wagenheim, Georg:
Internationalisierung des Rechts und seine ökonomische Analyse. Wiesbaden:
Gabler, S. 89-102.
Das interaktive Internet ist eine Gegebenheit geworden, an der kein
Unternehmen mehr vorbeikommt. Während die Massenmedien Fernsehen, Radio
und Zeitung an Bedeutung verlieren, eröffnet das Internet neue Wege für das
Marketing und die Unternehmenskommunikation. Diese Botschaft ist inzwischen
auch bei vielen Marketingexperten angekommen. Jedoch können diese häufig mit
den neuen Erkenntnissen nicht viel anfangen. Denn diese neue dynamische
Interaktivität ist für viele Unternehmen problematisch bei ihrer einseitigen
kommunikativen Darstellung.
Doch mit den Social Networks und Blogs verändern sich auch die Spielregeln. Da
ist nicht mehr auf der einen Seite der Marketingprofi, der mit der Werbeartillerie
seine eingängigen und gut verpackten Botschaften in die Welt schießt und dort
drüben der Kunde, der mehr oder weniger zufällig getroffen wird. Die Stellung
zwischen Kunden, Unternehmen und Produkt ordnet sich neu (vgl. Büttgen,
2009, S. 118). Taten die Marketingabteilungen sich schon schwer mit dem
Schritt von der Information zum Dialog, so sehen sie sich plötzlich mit
Konsumenten konfrontiert, welche die Marke aktiv mitgestalten wollen. Jeder
kann seine eigenen Ausführungen einbringen. Wer diese fundamentalen
Veränderungen des Konsumentenverhaltens ignoriert, riskiert die Entfremdung
zwischen dem Kunden und der Marke. Die härteste Erkenntnis für die
Marketingexperten ist die, dass sie unter Umständen auch gänzlich die Kontrolle
und die Deutungshoheit über ihre Marke verlieren können. Durch den neuen
Dialog der auf allen Plattformen mit den Kunden stattfindet muss ein gewissen
Umdenken auf mehreren Ebenen geschehen (vgl. ebd., S. 133):
Die Hersteller kommen durch die neusten Entwicklungen nicht mehr darum
herum, sehr sorgfältig und laufend die gesamte Rohstoffkette für ihre Produkte
zu überprüfen. Die „Supply-Chain-Manager“ dürfen eben nicht mehr nur auf den
Preis schauen, sondern müssen auch politisch-gesellschaftliche Konstanten bei
der Beschaffung von Rohstoffen beachten.
Es bleibt natürlich abzuwarten inwiefern sich die Unternehmen dem Druck dieser
neuen Öffentlichkeit geschlagen geben. Jedoch ist durch diese dialogartige
Kommunikation, welche erst durch das Internet und seine neuen
Kommunikationskanäle aufgekommen ist, ein neuer, starker Spieler entstanden.
Die Verbraucher können nun ungehindert miteinander, zusammen mit dem
Konzern oder einzeln (aber von der Öffentlichkeit beobachtet) mit dem
Unternehmen kommunizieren.
Literatur:
Büttgen, M. (2009): Kundenintegration in Innovationsprozesse unter Einsatz von
Web 2.0-Anwendungen. Wiesbaden: Gabler.