Google: Verkauf von Handysparte als Schachzug - Die Motive auf beiden Seiten
franz.gruber.uni-linz, 31. Jänner 2014, 09:24
Die Motive auf beiden Seiten
Mit 2,9 Milliarden Dollar (2,1 Mrd. Euro) und damit einem Viertel dessen, was die Amerikaner auf den Tisch gelegt hatten, ist es die größte Technologieübernahme eines Unternehmens aus China in den USA. Erst vergangene Woche hatte Lenovo, der weltgrößte Computerkonzern, für 2,3 Milliarden Dollar (1,7 Mrd. Euro) einen Teil der IBM-Serversparte erworben.
Google behält allerdings einen Großteil der wertvollen Motorola-Patente und kann sich wieder auf sein erfolgreiches Handybetriebssystem Android konzentrieren, mit dem die Mehrheit aller Smartphones ausgestattet ist. Für Lenovo ist der Milliardenkauf die Gelegenheit, einen Fuß auf den wichtigen amerikanischen Markt zu bekommen, um Weltmarktführer Samsung und den iPhone-Hersteller Apple anzugreifen.
Preis zu hoch?
Der Verkauf von Motorola, dessen Geschäft Google seit der Übernahme einen Verlust von insgesamt 1,5 Milliarden Dollar einbrockte, kam an der Börse gut an. Die Google-Aktie legte nachbörslich an der Wall Street 2,6 Prozent zu. Für das Lenovo-Papier ging es am Donnerstag indes in Hongkong mehr als acht Prozent nach unten. Anleger befürchteten, dass Lenovo zu viel für Motorola auf den Tisch legt.
Noch ist völlig unklar, ob das Geschäft von den US-amerikanischen und chinesischen Behörden genehmigt wird - besonders, wo Lenovo im selben Zeitraum auch den IBM-Spartenkauf über die Bühne bringen muss und gegenseitige Ausspähvorwürfe die politische Debatte bestimmen.
Patente als eigentlicher Wert
Wegen der Patente dürfte Google bei seinem etwa zweijährigen Motorola-Abenteuer - dem größten Zukauf in der Firmengeschichte - letztlich nicht so viel Verlust gemacht haben, wie es scheint. Einerseits erwarb der von Larry Page geführte Konzern damals rund 17.000 Schutzrechte, deren Wert von Google mit fünf Milliarden Dollar veranschlagt wurde und von denen nun nur rund 2.000 Patente an die Chinesen übergehen. Beide Unternehmen gaben allerdings keinen Einblick darin, welche Schutzrechte den Besitzer wechseln. Zudem hatte Google bereits für 2,4 Milliarden Dollar die Motorola-Fernsehgerätesparte verkauft.
Mit Lenovo entsteht nun ein starker Konkurrent für Marktführer Samsung, der ebenfalls mit der Android-Software arbeitet. Der verstärkte Wettbewerb zwischen den Chinesen und den Südkoreanern dürfte vor allem Google zugutekommen, das damit bei der Preisbestimmung wieder in eine bessere Verhandlungsposition gerät. „Dieser Schritt wird es Google ermöglichen, alle Energie auf Innovationen im Android-Geschäft zu legen - zugunsten aller Smartphone-Besitzer“, sagte Page. Zudem bleiben die Amerikaner auch bei der Hardware im Geschäft: Sie betreiben weiterhin mit anderen Herstellern die Nexus-Tablet-Reihe als Konkurrenz zum iPad von Apple.
Weiterer Lenovo-Schritt in die USA
Lenovo hat eine Geschichte als Konzern, der sich mit Hilfe von Zukäufen stärkt: „Es ergibt eine Menge Sinn, Motorola zu nutzen, um im Handygeschäft an Glaubwürdigkeit zu gewinnen und Zugang zu interessanten Märkten zu erhalten. Dies hatte Lenovo bereits mit dem ThinkPad von IBM gemacht“, sagte Technologieanalyst Frank Gillett. Im Jahr 2005 hatte Lenovo bereits für 1,75 Milliarden Dollar das IBM-Computergeschäft erworben und sich nach und nach als Branchenprimus etabliert.
In Europa sind die Chinesen vor allem wegen des Aldi-Hofer-Lieferanten Medion bekannt, der seit 2011 zum Konzern gehört. Auch ist es nicht so, dass Lenovo noch keine eigenen Erfahrungen im Smartphone-Geschäft gesammelt hat. Mit seinen Lephones konzentriert sich die Firma auf Schwellenländer wie Russland und Indien und stieg auf dem riesigen Heimatmarkt zur Nummer zwei auf. In die USA hat sich der Konzern allerdings bisher nicht gewagt. Dort zögern Kunden häufig beim Kauf chinesischer Hardware - Gründe dafür sind unter anderem Sicherheits- und Qualitätsbedenken.
Starke Marke für Lenovo-Portfolio
In den USA ist Motorola allerdings trotz seiner Probleme auf dem Weltmarkt weiterhin eine bekannte und anerkannte Marke. Durch die Akquisition steigt Lenovos Marktanteil im Smartphone-Geschäft nach eigenen Angaben auf mehr als sechs Prozent. Lenovo sei „sehr zuversichtlich“, Motorola in die schwarzen Zahlen zu führen, kündigte Finanzchef Wong Waiming an.
Der weltgrößte Suchmaschinenbetreiber Google wollte am Abend Einblick ins Schlussquartal geben. Im dritten Quartal war der Gewinn trotz der Motorola-Verluste um 37 Prozent auf fast drei Milliarden Dollar gestiegen. Analysten rechnen nach Daten, die der internationalen Nachrichtenagentur Reuters vorliegen, für das vierte Quartal im Schnitt mit einem Gewinn von knapp 4,2 Milliarden Dollar.
Publiziert am 30.01.2014
Quelle: http://www.orf.at/stories/2216199/2216214/
Links:
Verkauf vielleicht nicht nur Schachzug
rainer.sieberer.uni-linz, 20. Februar 2014, 01:17
Es könnte auch gut sein, dass seitens von Samsung und den anderen großen Android-Herstellern aus Druck auf Google ausgeübt wurde.
Vielleicht wollte man es sich doch nicht mit den größten Partnern verscherzen. (darum auch das aus für die nexus-Reih? )