Urheberrecht noch aktuell? - Für und Wider -
max.hageneder.uni-linz, 9. Juni 2012, 19:35
Um auf Argumente eingehen zu können, möchte ich zuerst die geschichtliche Entstehung des Urheberrechts beschreiben.
In der Antike und im Mittelalter gab es das Recht auf "geistige Eigentum" nicht. Lediglich das materielle Recht war bekannt. So durften etwa selbst geschriebene Bücher nicht gestohlen werden (materieller Schaden) sehr wohl aber abgeschrieben werden. Änderungen, wellche im Zuge dieser Art von kopieren die Folge waren, konnten somit nicht verhindert werden.
Um 1440, als der Buchdruck erfunden wurde, war es plötzlich möglich eine große Menge an Kopien herzustellen. Auch in dieser Zeit gab es nach wie vor noch kein Recht auf geistiges Eigentum im Sinne des Urheberrechts. Im Gegenteil musste der Urheber froh sein, wenn ihm der Drucker oder Verleger für sein Manuskript eine Ablöse bezahlte.
Durch billige Kopien anderer Drucker entstanden die ersten Vorläufer von Urheberrechten. Aber schon damals ging das Bestreben nicht von den geistigen Vätern der Werke aus sondern von den einflussreichen Buchdruckern. Um dem aus ihrer Sicht dem "Nachdruck-Unwesen" entgegenzutreten erbaten sich Drucker daher Sonderrechte von der Obrigkeit, welche das Nachdrucken eines Werkes zumindest für einen gewissen Zeitraum verbat.
Mit dem Beginn der Renaissance rückte die Individualität doch mehr in den Vordergrund. Es gab erste Autorenprivilegien. Eines dieser ersten Privilegien wurde beispielsweise Albrecht Dürer eingeräumt.
Erst im 18. Jahrhundert wurde erstmals über eigentumsähnliche Rechte an geistigen Leistungen (und das Phänomen des immateriellen Besitzes) theoretisiert. In einem englischen Gesetz von 1710, dem sogenannten Statue of Anne, wurde als erstes ein ausschließlisches Vervielfältigungsrecht des Autors anerkannt. Dieses Recht traten die Autoren gegen Bezahlung auf bestimmte Zeit dann an die Verleger ab. Nach Ablauf der vereinbarten Zeit fielen alle Rechte wieder an den Autor zurück. Das Werk musste schon damals im Register der Buchhändlergilde eingetragen werden und es musste mit einem Copyright-Vermerk versehen werden, damit es gechützt war. In den Vereinigten Staten wurde dieses Verfahren 1795 eingeführt (Das notwendige Eintragen in eine Register wurde in England 1956 und in den USA erst 1978 wieder abgeschafft). In Deutschland wurde 1837 von der Bundesversammlung eine 10-jährige Schutztfrist nach dem Erscheinen des Werkes beschlossen. Dies wurde bereits 8 Jahre später auf 30 Jahre nach dem Tode des Urhebers (post mortem auctoris) verlängert.
(Quelle: Siehe auch: http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/geschichte_des_urheberrechts.htm abgerufen am 28.05.2012)
Was macht den Unterschied aus wenn man einen Zeitraum von 100 Jahren betrachtet? Im Jahr 1900 musste sich zum Berispiel noch jeder eine Schallplatte kaufen, wenn er Musik hören wollte.
Mit dem digitalen Zeitalter und der Möglichkeit weltwiet auf Daten zugreifen und herunterladen zu können, hat sich das Thema wieder verschärft und die Stimmen nach einem neuen verschärften Urheberrecht laut werden lassen. Wobei ich das Gefühl habe, dass es ähnlich wie zu den Anfangszeiten des Buchdrucks auch jetzt weniger um die Künstler geht, sondern um die mit den Produkten der Künstler verdienende Industrie massiv dahinter steht, mit dem Wunsch, dass es mit der Erweiterung des Schutzes eher an die Sicherung der eigenen Interessen geht.
Wie gesagt, sehe ich hier mehr den Wunsch einer Industriemaschinerie, mit all ihren Einflüssen, Gesetze zu bewirken, damit sie sich den neuen Gegebenheiten nicht anpassen müssen. Innovative Ansätze im Umgang mit den neuen Medien sehe ich bei den Künstlern, die vermarktende Industrie hingegen kommt mir in dieser Beziehung antiquarisch und verstaubt vor. Man hat das Gefühl, dass Innovation und Fortschritt nicht bekannten Begriffe sind.
Es gibt auch Künstler, welche bewusst auf ihr Urhberrecht, oder Teile davon verzichte wollen. Welche Möglichkeiten haben diese im derzeitegen System ihr Ansinnen auch durchführen zu können? Dies ist anhängig vom jeweiligen Rechtssytem. Es kann durchaus dazu führen, dass eine geänderte Version eines freigegeben Werkes dann selbst wieder unter das Urheberrecht fällt. Eine Möglichkeit dies zu umgehen, basteht darin, auf das Urhebenrrecht nicht per se zu verzichten, sondern per Lizenzvertrag an jedermann Nutzungsrechte einzuräumen. Dabei wird in sogenannten Copyleft-Lizenzen festgelegt, dass veränderte Versionen nur zu den selben freien Bedingungen verbreitet werden dürfen.
Hier finde ich das System der CC (Creative Commons Lizenzen) als eine sehr gelungen Lösung. Hier hat jeder Urheber die Möglichkeit die Freigabe soweit einzuschränken, wie es seinen Vorstelleungen entspricht.
(Quelle und genauere Datails unter: http://creativecommons.org/ abgerufen am 28.05.2012)
Argument 1 - Unfähigkeit der Musikindustrie
Die Unfähigkeit der Musikindustrie mit verschärften Gesetzen und Bestrafungen zu deren Gunsten zu ändern, finde ich den falschen Weg. Dazu nochmals ein kurzer Rückblich in die letzten 30 Jahre.
Nach einem stetigem wirtschaftlichen Wachstum in den 1980er und 1990er Jahren, verursacht vor allem auch durch das neue Format der CD und sinkende Produktionskosten, geriet die Musikindustrie nach dem Jahrtausendwechsel in Absatzschwierigkeiten.
Zusätzlich zur allgemeinen schlechten wirtschaftlichen Lage werfen Kritiker der Musikindustrie vor allem strategische Fehlausrichtungen und mangelnde Innovationskraft vor. Von Seite der Musikindustrie hingegen wird als Ursache für die Misere die zunehmende Popularität der Musiktauschbörsen im Internet genannt. Die Auseinandersetzung um den Stellenwert der Musiktauschbörsen. welche angeblich massgeblich an der Verbreitung von Raubkopien bzw. Schwarzkopien beteiligt sind, ist zur Zeit der Kernpunkt der Diskussion.
Die Musikindustrie muss sich allerdings den Vorwurf gefallen lassen, dass sie mit ihrer Fixiertheit auf das Medium CD den Aufschwung das Internets übersehen und/oder verschlafen hat. Die neuen Möglichkeiten diese Vertriebswege für die eigenen Produkte zu nutzen wurde einfach nicht genutzt. Nach vergeblichen Versuchen, die Tauschbörsen durch Klagen vom Markt zu entfernen, versucht man mittlerweile die Fehlsteuerung zu korrigieren, indem man eigene Angebote - zwar kostenpflichtig - im Internet plaziert.
Als zusätzliche Maßnahme versieht die Musikindustrie CDs mit Kopierschutz gegen Raubkopierer. Da diese Tonträger aber dadurch oft nicht mehr standardkonform sind, funktionieren sie nicht auf allen Geräten. Vor allem protable Geräte, CD-Player in Autos und PC-Laufwerke verweigern dann den Dienst beim Abspielen solcher Original-CDs, was bei den ehrlichen Käufern verständlicherweise nicht Begeisterung hervorruft.
Außerdem wird die CD als Datenspeicher seit einiger Zeit von USB-Sticks und anderen alternativen Speichermedien abgelöst. Diese sind einfach mitzunehmen und sind zum Beispiel bei den meisten Autoradios problemlos abspielbar.
(Quelle: http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/krise_der_musikindustrie.htm/ abgerufen am 28.05.2012)
Einen sehr gelungen Beitrag über diese Thema sehe ich in der Kurzzusammenfassung des Buches NOCOPY Die Welt der digitalen Raubkopie-von Jan Krömer / William Sen, Klett-Cotta Verlag (ISBN: 3-932170-82-2) im nachstehenden Video
Bild oder Link anklicken um zum Video zu gelangen
http://www.no-copy.org/der_film.html
Argument 2
Wie bringt amn Verschieden Kulturen in einem Gesetz unter einem Hut?
Auch in den kulturellen Hintergründen der verschiedenen Nutzer sehe ich ein großes Problem. Wie wir in unterschiedlichen Kulturen mit nicht genehmigten Kopien - ich vermeide hier absichtlich den Begriff der Raubkopie, da dieser in einer Assuziation mit dem schwerwiegenden Straftatbestand des Raubes verbunden ist. Dies trifft im gegenstädlichem Fall in doppelter Hinsicht nicht zu, da das Original weiterhin beim Urheber bleibt und auch keine Gewalt oder körperliche Bedrohung bei der Handlung des Kopierens stattfindet. Zusätzlich ist zu kritisieren, dass Lobbygruppen der Medienwirtschaft auch das Wort Raubkopien für in Europa legale Privatkopien anwenden. [1] Zusätzlich kann angemerkt werden, dass etwa im deutschen Urheberrecht der Begriff der Raubkopie überhaupt nicht enthalten ist - umgegangen wird. So sind zwischen Europa und den USA hier schon große Unterschiede in den Ansichten zu diesem Thema gegeben. Bezogen auf andere Länder und Kulturen sind dies aber eher als gering einzustufen.
Als Beispiel möchte ich China als große Industrienation anführen. Nachstehend zwei kulturbedingte gravierende Unterschiede:
- Schlitzohrigkeit gilt in China als Tugend. Dies wird in unseren Kulturkeisen etwas anders bewertet.
- Wenn ein Chinese etwas von jemand anderen kopiert, sollte sich dieser geehrt fühlen. Denn dies bedeutet, dass das Produkt so gut ist, dass dieses es Wert ist kopiert zu werden. Es würde nie jemand verstehen hier etwas Ungerechtes gemacht zu haben. Hat er nach seinem Verständnis ja auch nicht.
Wie hier zu einer einheilichen globalen Lösung zu kommen ist, kann ich mir derzeit nicht vorstellen.
[1] (Quelle http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/der_begriff_raubkopie.htm abgerufen am 28.05.2012)
Was wäre wenn sich entweder die Industrie oder die Scharzkopierer voll zu ihren Gunsten durchsetzen können?
Szenario 1 "Die Industrie siegt"
Wir nehmen an, dass es gegen die anhaltende Kritik den Urhebern gelingt, die illegale Verbreitung ihrer Produkkte zu unterbinden.Auf ihren Druck hin werden die Strafen verschärft, Downloder verfolgt und die Rechte der Käufer systematisch eingeschränkt. Zudem werden bessere Verfahren für Kopierschutz entwickelt. Bei Filmen und Musik läßt sich jede Urheberrechtsverletzung dank zum Beispiel digitaler Wasserzeichen genau zurückverfolgen. Zudem kann genau festgestellt werden, wie oft und von wem eine Datei benutzt wurde bzw andererseits festgelegt werden wie oft diese benutzt werden dürfen. Das Manipuliern und Kopieren von Software wird durch in Coumputer eingebaute Chips verhindert.
Der perfekte Koierschutz wird zur Realität. Schwarzkopien sterben aus.
Aber es gibt auch eine Schattenseite der Medaille. Plattenfirmen, Filmstudios und Computerspielhersteller erscheinen vielen Kunden als geldgierige Riesen, die es zu boykottieren gilt. Kaum ein Käufer ist bereit, einer Industrie Geld zukommen zu lassen, welche sogar das private Kopieren eines legal erworbenen Produkts kriminalisiert. Somit sinken die Umsätze anstatt der erhoften Steigerungen.
Es gibt bereits ein Urteil des Hamburger Landgerichtes wegen eines Links in einem Blog auf ein Youtube Video. Diese Urteil zeigt tendenzen Richtung Szenario 1
Details können noch nachgelesen werden unter:
(Quelle http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article10600450/Links-auf-Youtube-Videos-koennen-1000-Euro-kosten.html abgerufen am 03.06.2012)
Bzw. es gibt auf Youtube ein Video zu diesem Fall:
Abmahnanwälte aus ACTA-LSD - Videoamt. Im Zweifel für den Kläger! Link dazu:
(Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=Ysgu-p5gnWY abgerufen am 03.06.2012)
Wer das 17 seitige Urteil des Landgerichtes nachlesen will, hier der Link dazu:
(Quelle http://www.afs-rechtsanwaelte.de/urteile/kompa_lg_hh.pdf abgerufen am 03.06.2012)
Szenario 2 "Die Schwarzkopierer siegen"
Allen Bemühungen der Industrie zum Trotz werden immer weniger Originale verkauft. Vor allem junge Konsumenten wachsen nicht als Käufer im eigentlichen Sinn sondern als Downloader auf. Die harten rechtlichen Maßnahmen der Urheber verschlechtern deren Image immer weiter. Eine Anwärtsspirale beginnt sich zu drehen. Bald ersetzt das illegale Herunterladen und Kopieren fast vollstöändig den legalen Verkauf. Die Umsätz fallen ins Bodenlose. Künstler werden aus den Verträgen entlassen. Nur wenige schaffen es noch, dass Alben veröffentlicht werden und somit zumindest ein kleiner Gewinn erzielt werden kann. Die einzigen Einnahmequellen sind Klingeltöne und Apps, bzw. Einnahmen aus den Bereichen Klassik und Volksmusik, den einzigen übrig gebliebenen Käufern von CD. Diese können tendentiell als älter und konservativer eingestuft werden.
Der Filmbranche geht es nicht besser. Bis auf einige Nostalgiker ziehen die meisten Personen das Heimkino den Kinosälen vor.
(Quelle: http://www.no-copy.org/extreme-szenarien.html abgerufen am 01.06.2012)
Im Sinne aller Beteiligter sollte es zu einem für alle sinnvollen und akzeptablen Kompromiss kommen, welcher auch in einem gesetzlichen Rahmen abgebildet werden sollte.
Argument 4
Es wird immer wieder argumentiert, dass Künstler nichts mehr verdienen. Aus diesem Grund habe ich mir die Jahresberichte der GEMA [2] der letzten 10 Jahre durchgeshen.
Nachstehend eine Auflistung der Einnahmen von 2001 bis 2011 in millionen Euro
2001 => 810
2002 => 813
2003 => 814
2004 => 806
2005 => 852
2006 => 874
2007 => 850
2008 => 823
2009 => 841
2010 => 862
2011 => 826
Aus diesen Zahlen ist im höchsten Fall eine Stagnation der Einnahmen, aber auf keinen Fall ein Rückgang zu erkennen. Das angeführte Argument ist somit aus meiner Sicht nicht haltbar!
[2] Die GEMA ist die Gesellschaft für die musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Die GEMA ist eine Verwertungsgesellschaft, welche in Deutschland die Nutzungsrechte aus dem Urheberrecht von denjenigen Komponisten, Textdichtern und Verlegern von Musikwerken vertritt, die als Mitglieder in ihr organisiert sind. Die analoge Gesellschaft in Österreich ist die AKM.
unter folgendem Link sind die Geschäftsberichte der GEMA für interessierte abrufbar:
(Quelle https://www.gema.de/presse/publikationen/geschaeftsbericht.html abgerufen am 30.05.2012)
Quellen:
Herausgeber Sozial Media Verlag http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/geschichte_des_urheberrechts.htm abgerufen am 28.05.2012)
Herausgeber Sozial Media Verlag http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/krise_der_musikindustrie.htm abgerufen am 28.05.2012)
Creative Commons http://creativecommons.org/ abgerufen am 28.05.2012)
Herausgeber Sozial Media Verlag http://www.raubkopierer-sind-verbrecher.de/der_begriff_raubkopie.htm abgerufen am 28.05.2012)
Nachrichten Welt Online http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article10600450/Links-auf-Youtube-Videos-koennen-1000-Euro-kosten.html abgerufen am 03.06.2012)
AFS Rechtsanwälte und Fachanwälte http://www.afs-rechtsanwaelte.de/urteile/kompa_lg_hh.pdf abgerufen am 03.06.2012)
No-Copy die Welt der digitalen Raubkopie http://www.no-copy.org/extreme-szenarien.html abgerufen am 01.06.2012)
Gesellschaft für die musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte https://www.gema.de/presse/publikationen/geschaeftsbericht.html abgerufen am 30.05.2012)
Quellen von Videos:
No-Copy die Welt der digitalen Raubkopie http://www.no-copy.org/der_film.html abgerufen am 01.06.2012)
Youtube http://www.youtube.com/watch?v=Ysgu-p5gnWY abgerufen am 03.06.2012)
Retour:
https://collabor.idv.edu/nim12s/stories/39235/
https://collabor.idv.edu/nim12s/
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