Johanna
Mittwoch, 21. Januar 2004
Soziale Kontakte im Chat - Internet
Inhaltsangabe

1. Zum Thema CyberSpace und Virtual Reality
1.1. Was wird im CyberSpace aus sozialen Beziehungen?
1.2. Was ist am CyberSpace so faszinierend?

2. Gemeinschaften im Internet
2.1. Was ist eine Gemeinschaft, eine Kultur?
2.2. Grundprinzipien einer Gesellschaf

3. Zum Thema Chat
3.1. Definition der Einsamkeit
3.2. Chatten aus der Sicht der Soziologie
3.3. Diverse Studien
3.3.1. Das Projekt Home Net
3.3.2. Studie der Machtforschungsinstitut Ears & Eyes
3.3.3. Deutsche Studie zu Isolation und Einsamkeit bei Netznutzern
3.3.4. Zusammenfassung der drei Studien
3.4. Erklärung der Eskapismusfunktion und einer Studie dazu
3.5 Führt Einsamkeit zur Nutzung des Chatrooms?

4. Quellenangabe







1. Zum Thema CyberSpace und Virtual Reality

Mit den aus dem Amerikanischen kommenden Schlagworten „CyberSpace“ und „Virtual Reality“ bezeichnet man eine in vieler Hinsicht ganz neue Entwicklung der Computertechnologie. Bisher waren Computer schon zu verschiedenen Zwecken eingesetzt worden.
Die Allgegenwart der Computer wird vielleicht am leichtesten deutlich, wenn man darauf hinweist, dass moderne Autos ohne die eingebauten Prozesscomputer gar nicht mehr funktionsfähig wären, ihre Wartung ohne computergestützte Prüfung und Abstimmung unmöglich wäre. Allerdings: Man konnte doch im wesentlichen den Eindruck haben, dass all diese Computervorgänge - soweit man sie bemerkt – ihre Einrichtung, Steuerung und sogar Benutzung entweder für Computerfachleute oder doch wohltrainierte Benutzer reserviert waren. Laien hatten eigentlich noch nichts damit zu tun.

Das änderte sich grundsätzlich – und heute schon immer stärker spürbar – mit dem Aufkommen sogenannter multimedialer Systeme und ihrer weltweiten Vernetzung. (CyberSpace- und Virtual Reality-Entwicklungen sind darin eingebetet, als deutlich sichtbarer Teil.) Wo man bisher nur mit den Augen Vorgängen auf Bildschirmen folgen oder sie in Gang setzen konnte, so kann man nun unter Einbeziehung aller fünf normalen Sinne künstliche Welten – eben eine virtuelle Realität – erschaffen und erfahrbar machen. In dieser fühlt sich der „Benutzer“ mit ungeheurer, bislang ungekannter Intensität eingebunden. Sie stellt ihm auch ungeahnte Möglichkeiten zu ihrer Manipulation zur Verfügung, die in der realen Wirklichkeit einfach undenkbar sind.
Zum Beispiel wird es möglich am Gehirn gezielt zu operieren, obwohl man gar nicht wirklich hineinschauen kann, sondern sich während der Operation an einer dreidimensionalen (transparenten) Darstellung in einem Medium orientiert. Man kann solche Operation sogar an über weltweite Vernetzung an realen Patienten beispielsweise in Australien ausführen (Fernbedienung), während der Chirurg in einem Operationssaal in Frankreich/Main steht. Ähnliche Möglichkeiten gibt es in der Architektur, in der Autoindustrie, in der Neugestaltung von Produktionsprozessen (virtuelle Fabrik), sowie der Arbeitsplatzumgebung (virtuelle Schule und virtuelle Universität).
In den USA sind unter den Überschriften „CyberSpace“ und „Virtual Reality“ bis dato unvorstellbare Zusammenschlüsse von Computern- und Kommunikations-/Medienkonzernen zu neuen Kommunikationsgiganten entstanden, mit dem Ziel, eine völlig neue Form von umfassender und global wirksamer Unterhaltungs-Freizeit-Kommunikationsindustrie aufzubauen. Das gesamte Leben soll scheinbar durch den Menschen in völliger Freiheit in jede Richtung von Wünschen, Genuss, Begierde, Phantasie programmierbar und einstellbar werden, durch Erwerb von Computerinstrumenten und Softwarediensten, die ihn in entsprechende Illusionen versetzten, ohne jeden Kontakt mit anderen Menschen, eben in der virtuellen Realität.

Doch sind damit auch bedenklichen Visionen Tür und Tor geöffnet:
    Die Menschen sind in Gefahr, zu verlernen, in der echten Realität zu leben, ja sie werden aus ihr zu flüchten suchen. Sie werden beliebig programmierbar und in einer bis jetzt kaum ahnbaren Weisen zu gängeln und manipulieren sein.
    Die Menschen werden dabei nicht nur aus ihren Sinnen herauskommen, sie werden schließlich sogar kein Interesse mehr an deren Gebrauch haben, ja selbst Widerwillen davor. Es fände somit tatsächlich ein Prozess der Ent-Ichung, das heißt der Entfremdung vom eigensten innersten Wesenskern, von der eigenen Persönlichkeit, auf weltweiter Basis statt.
Schon wegen der wirtschaftlichen Interessen gibt es keine Möglichkeit, diese Entwicklung aufzuhalten oder auch nur nachhaltig zu bremsen. Virtual Reality geht nicht mehr nur Fachleute etwas an, sondern weltumspannend auch Laien. Diese werden dadurch im wahrsten Sinne des Wortes gefesselt und eingebunden.
Wie schon bei früheren Formen der Technologie, so wird erst recht beim Aufbruch in die virtuelle Realität mit Hilfe des Computers deutlich, dass es sich hier um eine Menschheitsprüfung und –aufgabe von gewaltigem Ausmaß handelt. Wie auch sonst in der Menschheitsentwicklung stellt sich dann nachdrücklich die Frage, in welcher Weise diese Bestrebungen den Grund für die Herausbildung neuer seelischer und geistiger Fähigkeiten in der Menschheit bzw. im einzelnen Menschen legen. Auch in früheren Zeiten haben Durchbrüche und Neuerungen in der Technologie für weite Teile der Menschheit eine ‚Infragestellung aller Lebens- und Kulturumstände bedeutet (durch Industrialisierung), die aber doch einherging mit äußeren Fortschritten und dem Erwerb gewisser innerer Fähigkeiten (freier Gebrauch des Intellekts, neues soziales Verständnis, nüchterner, sachlicher, d.h. von Emotionen freier Umgang mit wichtigen Lebensfragen).

Es ist ein Ziel bei „CyberSpace“ und „Virtual Reality“ alle beschriebenen Aspekte zusammen anzusprechen. Dies erschien notwendig, jetzt versucht zu werden, weil
    einer immer breiter werdenden öffentlichen Wahrnehmung und Diskussion kein geistiges Vakuum gegenüberstehen darf
    diese öffentliche Diskussion in exemplarischer Weise richtungweisende sachliche und fachliche Perspektiven eröffnen soll
    der Vereinzelung und Separierung der Aktivitäten und Perspektiven – sei es in wissenschaftliche und technische Entwicklung, sei es in wirtschaftliche oder kulturelle/soziologische Auswertungen – konstruktiv entgegengewirkt werden soll. Dazu sollten auch anthroposophische Ansätze und Beiträge stärker berücksichtigt und insgesamt intensiviert werden, indem sie, aus fachlicher Perspektive entwickelt, auf fachliche Grundlage gestellt wurden.
Es versteht sich schließlich aus der Sache heraus, dass gerade auch die Fachleute im engeren Sinne gefragt sind. Ohne die Menschen, die die Sache von innen heraus kennen und verfolgen, kann keine geistige Einsicht in ein sachlich richtiges, das heißt richtungsweisendes Tun umgesetzt werden. Es bliebe dann beim rein akademischen Philosophieren.

1.1. Was wird im CyberSpace aus sozialen Beziehungen?

Seit einiger Zeit ist Stagnation eingetreten. Es muss etwas Neues kommen. Das Medium Fernsehen kann dieses Neue nicht mehr bieten. Die Entwicklung drängt daher eindeutig über das Fernsehen hinaus in eine Richtung, für die Namen wie CyberSpace und Virtuelle Realität stehen. Gemeint ist ein Angebot, das die Möglichkeit eröffnet, vollständig in die Medienwirklichkeit einzutauchen, in ihr zu handeln und Begegnungen mit anderen Menschen zu haben.

Von Anfang an ist auch die Funktion des CyberSpace zu erkennen. Es ist dieselbe, die schon beim Fernsehen herausgearbeitet wurden. Nämlich die Funktion von der Lebenswirklichkeit abzulenken und für sie Ersatz zuschaffen. Medien sind bestens geeignet, von dieser Funktion abzulenken.

Zur Entstehung des CyberSpace gibt es noch eine zweite Sichtweise. Die Medien sind in dem Augenblick entstanden, als die Beziehung des Einzelnen zur Welt, insbesondere die Beziehung zu Mitmenschen, problematisch wurde. Die Medien wurden somit benutzt, um von der Problematik dieser Beziehung abzulenken.

Beim Computer handelt es sich in der Tat um eine psychotropische Maschine, eine Maschine also, die im Seelischen und im Psychischen eine Wende herbeiführt. Genauer gesagt: Der Computer besitzt Eigenschaften, die die Voraussetzung dafür schaffen, dass das Internet für viele Menschen die Funktion einer psychotropischen Maschine erfüllen kann. Wenn das der Fall ist, treten die typischen Suchtmerkmale auf, nämlich Abhängigkeit, Zwang zur Dosissteigerung und schädliche Nebenwirkungen.

Was die Dosissteigerung betrifft, so gibt es da bekanntlich eine Grenze. Einerseits werden die Nebenwirkungen zu massiv, andererseits tritt der erhoffte Umschwung trotz aller Steigerung nicht mehr ein.

Was die virtuelle Realität, bei aller Unvollkommenheit, so anziehend macht, ist die Tatsache, dass sie bevölkert ist. Zum ersten Mal ist es möglich, aktiv handelnd in die Medienwelt einzutreten, wobei die Aktivität vor allem darauf zielt, in Austausch mit anderen Menschen zu kommen. Während sich die menschlichen Beziehungen in der Lebenswirklichkeit immer schwieriger gestalten, herrscht im CyberSpace Aufbruchstimmung.

Die Merkmale „interaktiv“ und „online“ wirken derart stark, dass die Menschen ihre konkrete Lebenssituation vergessen und dabei auf das Zeitgefühlverlieren.

1.2. Was ist jetzt am Cyberspace so faszinierend?

Howard Rheingold ist der Meinung, dass das Faszinierende am CyberSpace ist, dass man in ihm Verbindungen zu Menschen aufbauen kann, und zwar so – und das ist entscheidend -, dass dabei Gefühle entstehen können. Die Beschreibung virtueller Gemeinschaften lautet entsprechend: „Virtuelle Gemeinschaften sind soziale Zusammenschlüsse, die dann im Netz entstehen, wenn genug Leute diese öffentlichen Diskussionen lange genug führen und dabei ihre Gefühle einbringen, so dass im CyberSpace ein Geflecht persönlicher Beziehungen entsteht.“

Ist das Netz, in das ich mich mit Hilfe von Bildschirmen und Computern begebe, in der Lage, eine Intensivierung menschlicher Beziehungen zu bewirken?
Um in dieser Frage Klarheit zu gewinnen, ist es nötig, sich auf das Wesen des Sozialen zu besinnen. Allem Sozialen liegt zugrunde, dass ich in der Lage bin, ein wirkliches Interesse für andere Menschen zu entwickeln. Das setzt einmal ein erhebliches Maß an Selbstlosigkeit voraus. Bei den vielen Beziehungen, die wir zu anderen Menschen haben, ist es meistens so, dass wir von dem anderen Menschen etwas wollen. Das ist völlig in Ordnung. Es muss einem nur klar sein: In dem Maße, wie das, was ich von einem anderen Menschen will, für mich in den Vordergrund tritt, tritt der betreffende Mensch mit seiner Eigenart zurück.
Selbstlosigkeit, uneigennütziges Interesse am anderen bedarf entsprechender seelischer Qualitäten, die erübt werden müssen. Die nötige Sensibilität in der Wahrnehmung entsteht durch die Schulung der Sinne. Durch das Zusammenwirken von beiden entstehen soziale Fähigkeiten.
Wie steht es um soziale Fähigkeiten in der virtuellen Welt? Ich möchte hierzu erneut Howard Rheingold zitieren:
„Weil wir einander in CyberSpace nicht sehen können, sind Geschlecht, Alter, Nationalität und das Aussehen nicht bekannt, es sei denn, eine Person will solche Charakteristika bekannt machen. Menschen, deren Behinderungen es ihnen erschweren, neue Freundschaften zu schließen, können feststellen, dass virtuelle Gemeinschaft[en] sie so behandeln, wie sie sich das immer gewünscht haben: als Denker, als Übermittler von Ideen, als Wesen mit Gefühlen, nicht als bloße Körper mit einem bestimmten Aussehen und einer bestimmten Art zu gehen und zu sprechen – oder nicht zu gehen oder zu sprechen“

Im CyberSpace werden die Hindernisse, die menschliche Begegnungen erschweren, einfach ausgeblendet. Das wird als Entlastung, als Gewinn erlebt.
Dazu kommt noch etwas anderes. Das Zitat geht folgendermaßen weiter:
„ Eine der wenigen Tatsachen, über die sich alle enthusiastischen Mitglieder virtueller Gemeinschaften in Japan, England, Frankreich und den Vereinigten Staaten einig sind, ist, dass einer der größten Gewinne von Computerkonferenzen darin liegt, seinen Freundeskreis zu erweitern. CMC ist eine Weise, Menschen zu begegnen, ohne sich festzulegen, ob der soziale Kontakt mir ihnen ausgebaut werden soll. Beides ist möglich: anderen zu begegnen und zugleich Distanz zu ihnen halten“ (Seite 42).

Hier kommt ein zentrales Bedürfnis des heutigen Menschen zum Ausdruck. Er möchte Gemeinschaft, und er möchte zugleich Distanz. Im wirklichen Leben führen diese gegensätzlichen Wünsche oft zu einem Dilemma. In der virtuellen Welt wird dieses Dilemma gelöst, und auch das weckt Begeisterung.
Zusammenfassend kann man sagen: In der virtuellen Welt werden soziale Schwierigkeiten beseitigt, ohne dass es nötig wäre, soziale Fähigkeiten zu entwickeln. Das weckt anfänglich so etwas wie Euphorie. Es ist nicht schwer vorauszusehen, dass bald Ernüchterung eintreten wird. Dann ist eine Steigerung fällig.
Dafür steht CyberSpace im eigentlichen Sinn bereit. In dem elektronisch erzeugten Raum ist es möglich, anderen Menschen so zu begegnen, dass ein sinnlich wahrnehmbarer Eindruck entsteht. Das Entwickeln sozialer Fähigkeiten wird demnach nicht nötig und überdies auch gar nicht möglich sein. Die in den cybernetischen Raum geholten Menschen verwandeln sich in Phantome ohne Körper, ohne Seele und ohne Geist.
In der virtuellen Realität entsteht die paradoxe Situation, dass man Menschen wahrnimmt und mit ihnen in Interaktion tritt, ohne ihnen zu begegnen. Folglich kann im Netz die „Nettikette“ (die Regeln, die man im Netz zu befolgen sind) die sozialen Fähigkeiten ersetzen. Fähigkeiten, die nicht geübt werden, verkümmern. Das wirkliche Leben wird dadurch noch schwieriger. Das wiederum steigert die Anziehungskraft der virtuellen Realität.

Problematisch wird der CyberSpace, vor allem virtuelle Gemeinschaften dann, wenn diejenigen, die an diesem Datenaustausch beteiligt sind, Gemeinschaftserlebnisse dabei haben, die befriedigender sind als die Erlebnisse in der wirklichen Welt, und wenn das der Grund ist, immer wieder das Netz zu benützen. Ich habe den Eindruck, es ist viel schwerer, sich Klarheit zu verschaffen, welches die wirklichen Motive sind, die dazu führen, sich in die virtuelle Welt zu begeben.
Die richtige Beurteilung von CyberSpace/virtueller Realität und der richtige Umgang damit setzen Selbsterkenntnisse voraus. Wenn die Selbsterkenntnis ehrlich ist, dann wird sie zu der Einsicht führen, dass die sozialen Fähigkeiten schwach sind und geübt werden müssen. Und das geht nur in der wirklichen Wirklichkeit.







2. Gemeinschaften

Inzwischen ist „Gemeinschaft“ (community) im Internet und auch sonst zu einem beliebten Modewort geworden. Im Kontext mit der Online-Welt versteht man darunter jene soziale Einheit, in der Menschen leben, arbeiten und spielen. Die meisten Leute leben online in mehreren Gemeinschaften, genauso wie in der physischen Welt: Familie, Kirche oder Religionsgemeinschaften, Fußballverein, Berufsverband, Arbeitsplatz. Manche Gemeinschaften sind eher formell, mit Regeln und Pflichten, Aufnahmebedingungen und vielleicht auch Mitgliedsbeiträgen, andere sind weniger formelle Gruppierungen mit fließenden Grenzen und fluktuierendem Mitgliederbestand. Je komplexer und überwältigender die Welt anscheinend wird, je beängstigender sich das öffentliche Leben entwickelt, desto stärker suchen die Menschen nach Gemeinschaften, in denen sie sich geborgen fühlen können.
Richtig eingesetzt, kann das Internet als mächtige Technologie bei der Entwicklung von Gemeinschaften sehr hilfreich sein, denn es unterstützt menschliche Interaktionen und damit die Gemeinschaftsbildung. Zu den Vorteilen des Internets gehört, dass es die Bildung von Gemeinschaften unabhängig von den geographischen Hindernissen erlaubt. Die Betreffenden müssen nur gemeinsame Interessen oder Ziele haben und sich finden. Umgekehrt sind die Menschen nicht länger in den Gemeinschaften gefangen, in die sie hineingeboren wurden - jedenfalls nicht mehr ganz.
Das Internet kann Zeitschranken überwinden, vor allem Zeitzonen. Dann es geht schneller eine E-Mail zu verschicken, als persönlich ins Zentrum der Gemeinde zu fahren, oder um die ganze Welt. Es geht sogar noch schneller, als Umschlag und Briefmarke hervorzusuchen. Man kann eine E-Mail jederzeit senden, den Zeitpunkt kann man selber wählen, und der Empfänger kann sie lesen und bearbeiten, wann es ihm am besten passt.

2.1 Was ist eine Gemeinschaft, was eine Kultur?

Gemeinschaften haben oft ihre eigene Kultur, doch gibt es einen wichtigen Unterschied zwischen Kultur und Gemeinschaft. Eine Kultur ist ein System von Regeln, Wahrnehmung, Sprache, Geschichte usw. Verkörpert ist sie in Büchern, Liedern, im Denken der Menschen und in Websites. Eine Kultur kann man erlernen, obwohl auch einige Gemeinschaften der Ansicht sind, dass man in sie hineingeboren werden müsse, um Mitglied sein zu können (wie in Deutschland, in vielen asiatischen Ländern und in bestimmten jüdischen Gruppierungen). Eine Gemeinschaft ist hingegen ein System von Beziehungen. Eine Kultur kann man (im Prinzip) wieder beleben, indem man Menschen deren Geschichte, Sitten und Regeln beibringt. Dann können sie danach leben. Doch eine bestimmte, konkrete Gemeinschaft lässt sich niemals wieder beleben, weil sie ganz von den Menschen abhängt, die dazugehören. Gleichwohl ist eine Gemeinschaft – wie auch Bildung und Erziehung – keine passive Angelegenheit. Damit sie existieren kann, müssen die Mitglieder etwas investieren. So kann ein Individuum mit zahlreichen Kulturen vertraut sein, indem es diese einfach studiert. Als Mitglied einer Gemeinschaft muss es jedoch präsent sein, sich aktiv beteiligen und den anderen Mitgliedern bekannt sein. Ein Fernsehkanal oder ein Internet-Kanal kann eine Kultur schaffen oder reflektiert. Damit jedoch eine Gemeinschaft daraus wird, müssen die Mitglieder miteinander kommunizieren – möglichst im Kontext einer gemeinsamen Zielsetzung. Das kann die Verehrung eines Stars sein, es kann sich aber auch um eine politische Aktion, einen Geschäftsplan oder eine Schule handeln.
Eine Gemeinschaft ist ein gemeinsamer Besitz, der durch die Investitionen der Mitglieder geschaffen wird. Je mehr man hineinsteckt, desto mehr bekommt man heraus.

Es wird eine Fülle von Online-Gemeinschaften geben, ja es gibt sie bereits. Sie sind leicht zu finden und relativ leicht zu gründen. Doch was hält sie zusammen? Kann ein Einzelner wirklich Mitglied in zwanzig verschiedenen Gemeinschaften sein, von denen jede täglich eine Viertelstunde lang seine Aufmerksamkeit erhält (was insgesamt fünf online verbrachte Stunden ergibt)? Mitglieder von Online-Gemeinschaften können sich über eine spezielle Website miteinander unterhalten oder durch Mailing Lists und Diskussionsforen (newsgroups) interagieren. Sie sind dann durch Textbotschaften – und zunehmend auch durch virtuelle Multimedia-Treffpunkte, an die sie sich von Zeit zu Zeit begeben – miteinander verbunden. Eine Newsgroup ähnelt einem Schwarzen Brett, an dem die Mitglieder nach ihrem eigenen Zeitplan Notizen anbringen oder lesen, eine Mailing List einer aktiven Newsgroup. Hier werden regelmäßig Botschaften an die Mitglieder ausgesandt; gleichzeitig unterhält eine Mailing-List-Gemeinschaft im Allgemeinen auch ein Archiv, in dem recherchiert werden kann.
Virtuelle Online-Treffpunkte können alle möglichen Formen haben: Es kann sich um einen virtuellen Raum handeln, in dem die Teilnehmer verbal beschreiben, was geschieht, aber auch um einen Vollentwickelten Multimedia-Raum, in dem die Teilnehmer durch „Avatare“ vertreten sind: Cartoon-Figuren, Abbilder von sich daselbst oder jedes andere gewählte Symbol. In mancher dieser virtuellen Räume ist die Übertragung von Stimmen, sogar von Videos möglich. Und dann gibt es noch die „buddy lists“, aus denen man ersehen kann, wer von den eigenen Freunden oder Kollegen ebenfalls gerade online ist. Dann ist es möglich, den betreffenden Partner sozusagen auf die Schulter zu tippen und sinngemäß zu fragen: „Kann ich dich gerade mal sprechen?“
Sowohl Online wie auch sonst gilt: Sie in eine Gemeinschaft einbringen, bestimmt, welchen Nutzen Sie daraus ziehen. Das gilt für eine Zweiergemeinschaft, etwas der Ehe, genauso wie für eine Gruppe von zweitausend Mitgliedern. Die Primärgemeinschaften der Menschen werden, wenn immer mehr Leute online gehen, deren Alltage auch dort widerspiegeln. Die erweiterten Familien, die Arbeitskollegen samt Kunden, Lieferanten und möglicherweise sogar Konkurrenten, die Schulfreunde usw. Und wenn sich die Leute physisch weiterbewegen, etwa von der Schule zum Militär und zum Studium oder von Job zu Job, von Zufallsbegegnungen im Urlaub bis zu verschiedenen Interessengruppen, werden sie neue Gemeinschaften sammeln und wahrscheinlich andere dafür fallenlassen.


2.2 Grundprinzipien von Gemeinschaften
    Jeder Teilnehmer sollte sich darüber im Klaren sein, was er selbst geben will und was er zu bekommen hofft. Insgesamt sollten diese Wünsche zusammenpassen, obwohl sie individuell verschieden sein können.
    Es sollte einen Weg geben, festzulegen, wer zur Gemeinschaft gehört und er nicht - sonst ist die Gemeinschaft insgesamt bedeutungslos.
    Mitglieder der Gemeinschaft sollten das Gefühl haben, dass sie in die Gemeinschaft investiert haben und dass es ihnen deshalb schwer fällt, die Gemeinschaft zu verlassen. Die schlimmste Strafe in einer starken Gemeinschaft ist die Verbannung, der Ausschluss, die Exkommunizierung, das Exil … All diese Begriffe bezeichnen den Schrecken, der mit dem Ausschluss aus einer Gemeinschaft verbunden ist.
    Die Regeln der Gemeinschaft sollten klar sein, und wer sie bricht, sollte dafür geradestehen müssen.
    Werden diese Prinzipien missachtet, kommen traurige Gemeinschaften zustande.


3. Zum Thema Chat

Wladiwostok, Russland, 2010: Tatjana ist verliebt. Ihr Ehemann Josef wohnt in Salzburg. Beide haben sich über eine virtuelle Partnerbörse im Internet kennen gelernt. Ihre Persönlichkeitsprofile sind komplett ident. Beide unterhalten sich täglich mehrere Stunden. Tatjana erzählt Josef vom trostlosen Leben in Russland, von ihrem konfusen Nachbar und ihrem kleinen, noch nicht stubenreinen, Dackel. Josef wiederum erzählt von seinem Leben in der schönen Mozartstadt. Klingt doch alles sehr schön. Doch die Sache hat einen Haken: Das Liebespaar kommuniziert nur über das Internet, das heißt, es chattet täglich mehrere Stunden miteinander.

Zuerst wollte ich dieses Beispiel nur als „Zukunftsszenario“ verwenden, doch es wurde mir im Laufe der Ausarbeitung meiner Arbeit bewusst, dass es sich hierbei um ein Szenario handelt, dass durchaus auch in der heutigen Zeit schon vorkommen kann!

Bereits 3,7 Millionen Österreicherinnen und Österreicher – 55% der Gesamtbevölkerung über 14 Jahre – haben Zugang zum Internet. 2,7 Millionen davon – etwa 40% der Gesamtbevölkerung – sind bereits mehrmals pro Woche im Netz. Dies ergab eine aktuelle Erhebung der Marktforschungsinstitute INTEGRAL und Fessel-GfK im Rahmen des Austrian Internet Monitors (AIM) für das zweite Quartal 2002. Die Zahl der Internetnutzer hat sich damit in den vergangen drei Jahren in etwa verdoppelt, seit Jahresbeginn kamen etwa 150.000 neue Internetnutzer dazu. Der Anteil der Frauen im Internet nimmt dabei stetig zu. Lag er 1997 noch bei 31%, sind heute bereits 44% aller Websurfer weiblich.

„Die Teilnehmer sind weder nur Jugendliche, noch Computerexperten. Chatten ist zu einem Massensport geworden“, meint Jannis Androutsopoulos, Sprachwissenschaftler am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim. Laut einer ARD/ZDF-Online-Studie vom vergangenen Jahr nutzen 40% der 14- bis 19-jährigen Deutschen mindestens einmal wöchentlich Gesprächs- und Diskussionsforen sowie Chats im Internet.

3.1. Definition der Einsamkeit:

Empfindungen des räumlich und/oder emotionalen Alleinseins, häufig mit negativen Gefühlen (etwa des Ungeliebtseins) verbunden. Während gelegentlichen Alleinseins – auch über längere Zeiträume hinweg - nicht unbedingt als Einsamkeit empfunden werden muss und im Gegenteil sogar produktiv genutzt werden kann, scheint grundsätzliches und absolutes Einzelgängertum der menschlichen Natur als soziales, in ständiger Kommunikation begriffenes Wesen zu widersprechen.

„Das Einsamkeitsgefühl gibt es offenbar nicht. Was wir als Gefühl der Einsamkeit bezeichnen und als Einsamsein erleben, ist vermutlich der im Detail bei jeder Persönlichkeit individuell und einzigartig herausgebildete Einklang vielfältiger emotionaler Schwingungen zu einer spezifischen Gemütsstimmung.“ (Mettler-von Meibom 1996, 17)

3.2. Chatten aus Sicht der Soziologie

Die Chatkommunikation stellt wahrscheinlich den interessantesten Aspekt der Internet-Kommunikation dar. Die Interaktionen im Chat unterschieden sich von denen im „real life“ in verschiedener Hinsicht. In erster Linie fehlen Interaktionselemente wie Mimik, Gestik oder Stimmlage. Die Bewegungen, das Auftreten einer Person, die uns viele Informationen über sie liefern, fallen aus. Dadurch sind die Chatter ausschließlich auf die schriftliche Ausdruckskraft angewiesen. So fühlen sie sich eingeengt und zugleich auch geschützt, weil die Chatpartner von ihnen nichts wissen können, was sie nicht selbst geschrieben haben. So tritt man im Chatroom mit seinem „Nickname“ auf, was eine gewisse Anonymität garantiert. Ein weiterer Punkt ist, dass man von anderen Chatnutzern nicht unmittelbar wahrgenommen wird. So werden Gefühle und Reaktionen im Nachhinein in die Schrift übersetzt, was manchmal ziemlich lästig und eigenartig erscheinen kann.

3.3. Diverse Studien

3.3.1. Das Projekt Home Net

Das Projekt Home Net ist ein Feldversuch, der von der Carnegie Mellon University (CMU) in den letzten zwei Jahren (2001/2002) durchgeführt wurde. Dabei wurde die Internetnutzung und das soziale Verhalten und emotionelle Wohlbefinden von 169 Menschen in 73 Familien untersucht.

Das niederschmetternde Ergebnis dieser Untersuchung: Das Internet, das im Vergleich zu anderen Medien, wie dem Fernsehen z.B., als soziales Medium gepriesen wurde, hält Menschen davon ab, mit ihren Familienmitgliedern und Freunden zu sprechen. Ihre Freundeskreise schmelzen dahin und Depressionen und Einsamkeitsgefühle nehmen zu.

Dabei konzentriert sich die Studie keineswegs auf die so genannten Internet-Junkies, die überhaupt nicht mehr von den Terminals loszureißen sind, sondern auf ganz normale, durchschnittliche Nutzer.

Die für die Studie ausgewählten Nutzer bilden hinsichtlich Alters- und Einkommensverteilung, sowie Rasse und Geschlecht den ungefähren demographischen Durchschnitt. Im Vergleich zu anderen Studien sind die Ergebnisse dieses Projekts besonders aussagekräftig, weil sie sich nicht bloß auf Eingaben von Usern stützen, was zu hohen Fehleinschätzungen führt, weil die Internet-Nutzung über lange Zeiträume (2 Jahre) tatsächlich gemessen wurde und alle sozialen und psychologischen Konsequenzen der Internet-Nutzung einbezogen wurden.

Die Nutzungsformen variieren stark unter den Teilnehmern der Studie. Es sei zu bedenken, dass negative soziale Auswirkungen durch andere positive Aspekte kompensiert werden, wie zum Beispiel das Erlangen technischer Fähigkeiten und daraus resultierender, verbesserter Selbstwertschätzung.

Am stärksten sind die beobachteten negativen Auswirkungen bei Teenagern. Diese würden auch die meiste Zeit vor dem Computer verbringen. Deshalb raten die Wissenschafter den Eltern, Computer nicht im Schlafzimmer der Kids aufzustellen, sondern besser an für alle Familienmitglieder zugänglichen Orte, dem Wohnzimmer oder der Küche.

Die Autoren der HomeNet-Studie sind keineswegs der Meinung, dass das Internet sowieso nur als einen Schrottplatz für Ideen sehen ist. Auch die Vorzüge werden erwähnt, wie zum Beispiel die Möglichkeit, mit weit entfernten Freunden und Verwandten Kontakt zu halten. Der entscheidende Punkt ist aber nicht, was der User im Internet findet, sondern was dafür im wirklichen Leben an sozialen Kontakten und Interaktionen aufgegeben wird. Diesbezüglich scheint, dass die Leichtigkeit, mit der im Internet Kontakte geknüpft werden können, dazu verführt, vom „socializing“ im echten Leben abzusehen, da dieses mit viel mehr Schwierigkeiten verbunden ist.


3.3.2. Studie des Marktforschungsinstitut Ears & Eyes

Mit dieser Studie kann man mit dem Vorurteil aufräumen, dass das Internet Einsamkeit bzw. zum Verlust sozialer Kontakte führt, denn diese Untersuchungen belegen, dass durch das
Internet soziale Kontakte intensiviert und nicht aufgegeben werden.

Keine Vereinsamung: Die Nutzung des Internets führt nicht in die Vereinsamung, Im Gegenteil: E-Mail, Newsforen und Chats intensivieren die sozialen Beziehungen einer menschlichen Gemeinschaft.

Drei neue Studien: Bislang war die Sache - insbesondere für Zeitgenossen, die der globalen Vernetzung ihres Computers widerstehen konnten – klar: Das Internet führt zur Vereinzelung und ist ein Schritt Richtung sozialer Entsolidarisierung. Diese Betrachtung ist nicht korrekt, oder stimmt zumindest nicht für den Großteil der Internutzer, wie drei Studien unabhängig voneinander feststellen:

Studie der Uni Bern: An der Universität Bern wurde zwischen 1997 und 1999 untersucht, ob und wie im Netz neue Gemeinschaften entstehen und wie sich virtuelle Beziehungen von realweltlichen unterscheiden. Das Resultat: Online-Kommunikation ersetzt nicht den persönlichen Kontakt, sondern intensiviert oder ermöglicht ihn.
Kommunikationsverhalten in Toronto: Zum gleichen Schluss kommen die Verfasser einer dreijährigen Untersuchung des Kommunikationsverhalten in einem Vorort von Toronto, Kanada. Es zeigt sich, dass die Menschen in den vernetzten Haushalten untereinander deutlich mehr Kontakt haben als die nicht vernetzten Nachbarn. Konkret: Einwohner mit Netzanschluss kennen drei Mal mehr Nachbarn, sprechen mit doppelt so vielen Menschen und fünf Mal mehr Ortstelefongespräche wie die unvernetzten Einwohner. Dabei wird das Netz zur gegenseitigen Hilfe im Alltag, zum organisieren von Partys, aber auch für politisches und soziales Engagement genutzt, etwa um per Mail Proteste gegen Mieterhöhung zu organisieren.

Ergebnisse von Ears & Eyes: Schließlich befragte das Marktforschungsinstitut über tausend Internetnutzer, wie sich ihre Kontakte in Chat-Räumen entwickeln. Dabei zeigte sich, dass der einsame Internet-Surfer eine Fiktion ist: 42% der befragen Online-User vertieften nämlich den ersten Kontakt im Chat per E-Mail, 26% trafen sich früher oder später persönlich mit dem virtuellen Gesprächspartner, und bei 15% der Chatter entstanden Freundschaften fürs Leben.

3.3.3. Deutsche Studie zu Isolation und Einsamkeit bei Netznutzern

1994 führte Nicola Döring am Institut für Psychologie der Technischen Universität Berlin eine empirische Untersuchung durch, um die These der sozialen Isolation und Einsamkeit bei Netznutzern zu prüfen. 332 Personen nahmen an der auf den Kieler Netztagen verteilten Umfrage teil. Die mit Hilfe des in vier Abschnitte (Sozialstatistik, Netznutzung, Soziale Integration, Einsamkeit und Selbstwertgefühl) gegliederten Fragebogens erbrachten Ergebnisses, sollen im Folgenden erläutert werden.

Sozialstatistik: Erwartungsgemäß handelt es sich bei dem Großteil der befragten Netznutzer um Männer (4,5% Frauen) wobei sich das Durchschnittsalter 27 Jahre ergibt. Ganze 61% haben eine feste Partnerschaft oder lockere Beziehungen, dem gegenüber stehen 39% Alleinstehenden. Auch der Bildungstand zeigt sich mit 89% Abiturienten als vergleichsweise hoch. Nicht sehr überraschend ist dagegen, dass 57% der Umfrageteilnehmer auch beruflich mit dem PC zu tun haben. Die Angabe des Einkommens ist wegen der hohen Anzahl an Stundenden unter den Umfrageteilnehmern wenig aussagekräftig.

Netznutzung: Dass es sich bei der Mehrzahl der Befragten um Internetneulinge handelt (30% Netzerfahrung von weniger als einem Jahr, 50% Netzerfahrung zwischen einem und vier Jahren), ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass die Umfrage von 1995 stammt, einem Zeitpunkt, zu dem bei weitem noch nicht so viele Haushalte wie heute über einen Internetanschluss verfügten.

Doch schon damals waren die Netznutzungskosten im Durchschnitt eher gering. Bei vielen der User handelte es sich um Studenten, die meist kostenlos surfen könnten, oder aber Privatnutzer, die das Angebot gemeinnütziger Vereine annahmen (40%), womit sich die Ausgaben auf weniger als 50 DM pro Monat beliefen. Was die Art der Netznutzung betrifft, so handelt es sich zumeist um E-Mail (80%) und News (80%) dagegen nutzen nur 7% Internet Relay Chat (IRC). Somit ist der Anteil von Chattern an dieser Umfrage sehr gering.

Soziale Integration: Die befragten Netznutzer geben im Durchschnitt an, 6,7 gute Freunde und 32,1 Bekannte zu haben. Dies impliziert, dass die Befragten genauso gut integriert und sogar geselliger als die Nicht-Netznutzer sind. Immerhin 61% der Internetuser sind Teil einer festen Partnerschaft oder lockeren Beziehungen. Viele fanden sogar neue Kontakte im Netz. 41% kamen auf diese Art zu neuen Freunden und Bekannten oder selbst zu einem Partner (2%). Was die IRC-User unter den Befragten betrifft, so haben diese sowohl mehr Bekannte als der Rest der Umfrageteilnehmer (48 versus 31), als auch mehr wichtige Personen in ihrem Leben, mit denen sie über das Netz kommunizieren (12 versus 9). Dies ist ein interessanter Hinweis auf die Unterschiede zwischen Chattern und Usern.

Einsamkeit und Selbstwertgefühl: Es ergibt sich, dass weder die Dauer der Netznutzung im Zusammenhang mit Einsamkeit steht (intensive Netuser haben sogar mehr Kontakte), noch dass Netznutzung zu immer mehr Netznutzung führt, was der Hypothese der Flucht in eine Scheinwelt widerspricht. Die meisten der Umfrageteilnehmer (68%) geben an, in Zukunft genauso viel Zeit im Netz zu verbringen, nur 18% sagen aus, dem Internet zukünftig mehr Zeit widmen zu wollen, doch handelt es sich hierbei meist um Newbies. Des Weiteren scheinen die Netz-Kontakte die realen Beziehungen weder zu ersetzen noch zu verdrängen. Im Durchschnitt werden 9 wichtige Personen angegeben, mit denen sowohl über das Netz als auch über die normalen Kommunikationswege gesprochen wird. Somit scheint das neue Medium eher eine Ergänzung zu sein.

3.3.4. Zusammenfassung der 3 Studien

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Netznutzer keinesfalls einsamer oder isolierter zu sein scheinen als Nicht-Netznutzer, sondern oft sogar mehr Kontakte haben. Vor allem ergeben sich ergänzende Beziehungen, die durch das Internet über geographische Grenzen hinweg ermöglicht werden. Offensichtlich steht für die User nicht die Flucht in eine Scheinwelt im Vordergrund, wie es oft propagiert wird, sondern vielmehr der sachliche Gebrauch des Internets, seien es Informationsaustausch in News Groups oder Kontaktaufnahme via E-Mail. Ich stellte außerdem folgendes fest:
    Viel-Chatter sind durchaus in persönliche Netzwerke eingebettet, von sozialer Isolation kann keine Rede sein.
    NutzerInnen von Kommunikationsdiensten des Internets sind eher jung, eher männlich, arbeiten oft in einem computerbezogenen Beruf und weisen eine überdurchschnittlich hohe formale Bildung auf.
    Es überschneiden sich oft die Online-Netze mit den Offline-Netzen, wobei sich diese „multimedialen“ Beziehungen gegenseitig stabilisieren.
    Die Kommunikationsgruppen scheinen primär die Funktion eines Treffpunkts zu haben, sie sind also nicht Gruppen im eigentlichen Sinn. Die Online-Beziehungen haben eher Charakter von relativ lockeren Netzwerken und sind nur selten gruppenförmig organisiert.
3.4. Erklärung der Eskapismusfunktion und eine Studie dazu

„Empfinden Sie das Chatten manchmal als „Flucht in eine andere Realität“?“

Zu dieser Fragestellung wurde eine Untersuchung an der Universität Bremen mit dem Titel „Junge Erwachsene im Netz: Kommunikation und Identitätsbildung in Chats und Rollenspielen“ durchgeführt. Die Untersuchung wurde entscheidend von der Arbeitnehmerkammer Bremen gefördert. Die Ergebnisse sind wie folgt:

Vielchatter mit der Antwort ja:
    Frauen 25 Prozent
    Männer 39 Prozent
Vielchatter mit der Antwort nein:
    Frauen 75 Prozent
    Männer 61 Prozent
Internet-Nutzer mit nur wenig Erfahrung mit der Antwort ja:
    Frauen 82 Prozent
    Männer 93 Prozent
Internet-Nutzer mit nur wenig Erfahrung mit der Antwort nein:
    Frauen 18 Prozent
    Männer 7 Prozent
Meiner Meinung nach kann man hier ersehen, dass Personen, die wenig chatten eher glauben, Chatten diene wirklich der Eskapismusfunktion, das heißt der Flucht aus der Realität. Ich nehme an, dass sie dieser Meinung sind, weil sie einfach nur sehr wenig Erfahrung mit dem Chatten haben. Viel-Chatter hingegen sind eher der Meinung, dass Chatten auf keinen Fall der Eskapismusfunktion dient und sie nicht aus der Wirklichkeit flüchten müssen.

3.5. Führt Einsamkeitsgefühl zur Nutzung des Chatrooms?

Auf der Suche nach der Antwort zu dieser Frage bin ich auf zahlreiche und verschiedene Beiträge im Internet und in Büchern gestoßen. Einige Ergebnisse von Studien habe ich bereits in meiner Arbeit aufgelistet. Es scheint mir am Ende meiner Arbeit immer noch unmöglich zu sein, eine klare Antwort zu formulieren. Ein Problem in meinen Augen ist, dass wahrscheinlich solche Personen, die wirklich an einer Chat-Sucht leiden, vereinsamt und unglücklich sind, an den diversen Studien nicht teilnehmen. Außerdem widersprechen sich die Studien teilweise, doch im Laufe meiner Arbeit habe ich mich weitgehend hinter die Meinung gestellt, dass Chatten an sich keine Gefahr darstellt zu vereinsamen. Vielmehr kann es, positiv genutzt, unterstützend wirken, wenn es darum geht, Kontakte (zum Beispiel aus der Schulzeit, Urlaubsbekanntschaften) aufrecht zu erhalten. Des Weiteren glaub ich auch, dass es möglich ist, ganz neue Beziehungen aufzubauen.

Natürlich, so wie es bei vielen Dingen ist, ist jeder ab einem gewissen Alter für sich selbst verantwortlich und gewusst wie, kann das Internet und im Besonderen der Chat, zu einer Bereicherung im sozialen Lebens führen.









4. Quellenangabe

Wedde, F. Horst (1996). CyberSpace Virtual Reality: Fortschritt und Gefahr einer innovativen Technologie. Stuttgart: Urachhaus

Dyson, Esther (1997). Release 2.0 Die Internet-Gemeinschaft: Spielregeln für unsere digitale Zukunft. New York: Broadway Books

Rheingold, Howard(1992). Virtuelle Realität. Rowohlt Verlag

Encarta Enzyklopädie (2002). CD-Rom. München: Microsoft Corporation.

Mettler-von Meibom, Barbara (1996). Einsamkeit in der Mediengesellschaft. Münster: Lit-Verlag.

Leithäuser, Thomas/Leicht, Paulina (2001). Junge Erwachsenen im Netz. In http://www.user.uni-bremen.de/~ipsnet/jein/html/berichthtml.htm (aufgerufen am 03.01.2004)

http://www.hirzel.org/book/c. htm (aufgerufen am 03.01.2004)

http://www.update.ch/webwissen/anwendungen/sozialisation.shtml (aufgerufen am 03.01.2004)

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