Aufgabe 4

Max.Bauer.Uni-Sbg, 5. Juli 2010, 15:48

Die massenhafte Digitalisierung von Büchern - freier Zugang zu Wissen oder gravierende Urheberrechtsverletzung?

Im Jahr 2004 hat Google ambitioniert angekündigt, sämtliche Bücher dieser Welt digitalisieren und via Internet jedermann zugänglich machen zu wollen. Seitdem hat der Internetkonzern mit speziell entwickelten Scannern und unter großem Kostenaufwand bereits mehr 10 Millionen Bücher eingescannt, um eine gigantische, digitale Bibliothek aufzubauen, auf die man von jedem internetversorgten Ort auf der Welt zugreifen kann. Google Books ermöglicht dem Literatursuchenden zugleich eine zügige und umfassende Volltextsuche und zeigt Ausschnitte ("snippets") und Preview-Seiten aus geschützten Büchern kostenlos. Zudem können nicht urheberrechtlich geschütze Werke oder Werke bei denen der Urheberschutz erloschen ist kostenfrei heruntergeladen werden. Ein besonderer Fokus lag in den letzten Jahren auf der Digitalisierung des Buchbestandes von National - und Universitätsbibliotheken, so gibt es z.B. Kooperationen mit der bayrischen Staatsbibliothek, mit den Nationalbibliotheken in Rom und Florenz sowie mit den Universitätsbibliotheken von Lausanne, Genf, Harvard und Michigan. Auch in Österreich ist Google Books aktiv: So gab am 15. Juni 2010 die österreichische Nationalbibliothek (ÖNB) bekannt, dass Google Books ca. 400.000 Werke aus dem historischen Buchbestand auf eigene Kosten (ca. 30 Millionen Euro) digitalisieren wird. Nach Abschluss der Scan- und Digitalisierungsarbeiten werden ca. 120 Millionen Buchseiten kostenlos über die Digitale Bibliothek der ÖNB, über die Google Buchsuche und über die europäische digitale Bibliothek Europeana online abrufbar sein. Google begründet sein Digitalisierungsstreben bei Büchern vor allem damit, Wissen und Informationen für jedermann verfügbar machen, der Welt so viele Quellen wie möglich zu erschließen und das kulturelle Erbe dauerhaft digital konservieren zu wollen. Vor allem letzteres lässt sich an den Buchbeständen von bedeutenden Bibliotheken öffentlichkeitswirksam demonstrieren, da dort zahlreiche Bücher und andere Schriftstücke aufbewahrt werden, die mehrere hundert Jahre alt sind und vom natürlichen Zerfall bedroht sind. Da eine solch umfassende Digitalisierung für die öffenliche Hand als viel zu teuer angesehen wird, wird Googles Vorhaben von vielen Verantwortlichen in Politik und Kultur als prinzipiell begrüßenswert angesehen, jedoch gibt es auch kritische Stimmen. So wird unter anderem befürchtet, dass sich Google zum "Monopolist für kulturelles Erbe" aufschwingt, welcher letztendlich alleine entscheidet, was er digitalisiert und konserviert und wem er was unter welchen Bedingungen zugänglich macht. Nicht zuletzt gibt es Meinungen, die das kulturelle Erbe bzw. einen wichtigen Bestandteil davon in den Händen eines Privatunternehmens nicht optimal aufgehoben sehen. 

 




 

Besonders kontroverse Diskussionen gibt es um den Schutz des Urheberrechts bei Google Books, denn Google begann sein großes Digitalisierungsprojekt ohne vorher das Einverständnis der Autoren und Verlage eingeholt zu haben. So wurden zahlreiche urheberrechtlich geschützte Werke digitalisiert und (zumindest auszugsweise) kostenlos im Internet bereitgestellt. Im Amerika führte dies 2005 zu einer Sammelklage der Author's Guild, der Association of American Publishers(AAP) und mehreren Einzelpersonen gegen Google wegen Urheberrechtsverletzung. Diese Klage wurde im Oktober 2009 beigelegt, nachdem ein von einer Vielzahl von Anwälten ausgearbeiteter gerichtlicher Vergleich zumindest vorläufig angenommen wurde, das Google Book Settlement. Darin wurde unter andem die Einführung einer unabhängigen, gemeinnützigen Book Rights Registry beschlossen, in der nach Aussage von Google "Autoren, Verlage und andere Inhaber von Rechten vertreten sind" und die im Wesentlichen dazu dienen soll, "die jeweiligen inhaber von Rechten zu bestimmen und dafür zu sorgen, dass sie ihr Geld vertragsgemäß erhalten." "Ihr Geld" sind nach dem Vergleich 63 Prozent der Erlöse, die Google mit dem Werk des Rechteinhabers erzielt, die restlichen 37 Prozent bleiben bei Google. Außerdem verpflichtete sich Google zwischen drei Buchtypen zu unterscheiden: "Urheberrechtlich geschützte und im Druck befindliche Bücher", "Urheberrechtlich geschützte, aber vergriffene Bücher" und "Nicht urheberrechtlich geschützte Bücher". Je nach Kategorie werden dem Nutzer bei der Google-Buchsuche unterschiedliche Nutzungsrechte und Zugangsmöglichkeiten eingeräumt.

 




 

Insgesamt steht dieser Vergleich jedoch stark in der Kritik, insbesondere weil er Google erlaubt, vergriffene Bücher ("commercially not available"), für die jedoch das Copyright noch gilt, ohne Einwilligung der Autoren zu digitalisieren und veröffentlichen, weil er erlaubt, dass Google all diejenigen Bücher verwenden darf, bei denen die Urheber unerkannt oder unauffindbar sind, und weil darin an einem "Opt-Out"-Modell festgehalten wird. "Opt-Out" bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Rechteinhaber Google innerhalb einer im Vergleich festgesetzten Frist informieren muss, falls er nicht will, dass sein Werk eingescannt und in die digitale Bibliothek von Google Books aufgenommen wird. Es handelt sich im Prinzip also um eine "Umkehrung der Erlaubniseinholung": Der Konzern, der das geistige Eigentum des Autors kommerziell nutzen will, muss gemäß dem Google Book Settlement den Autor nicht um Erlaubnis bitten, sondern der Autor muss dem Konzern in Eigeninitiative die Erlaubnis verweigern, weil der Konzern sein Werk sonst gewinnbringend nutzen darf.  

 




 

Der Vergleich wurde mittlerweile unter dem Titel Amended Book Settlement überarbeitet, allerdings ist die jetzige Form noch immer umstritten und es ist noch unklar, ob der Vergleich tatsächlich dauerhaft rechtlich bindend wird. Verkompliziert wird eine endgültige Einigung zudem durch die teils gravierenden Unterschiede im Urheberrecht zwischen den verschiedenen Nationen. Es steht z.B. zur Diskussion, in wieweit das Book Settlement für deutschsprachige Werke übernommen werden kann und und in wiefern es überhaupt mit dem Urheberrecht in europäischen Ländern vereinbar ist. Letztendlich wird auch dieser Streitfall die Diskussion um die Zeitmäßigkeit, die Form und den Nutzen des Urheberrechts im Internet verstärken.

 

Quellen (alle zuletzt am 5.7.10 aufgerufen):

 

http://www.onb.ac.at/bibliothek/austrianbooksonline.htm

http://www.faz.net/s/Rub117C535CDF414415BB243B181B8B60AE/Doc~ECF63932C309A4809AC7025BD6683D46E~ATpl~Ecommon~Scontent.html

http://www.sputnik.de/programm/sendungen/update/google-books

http://books.google.com/googlebooks/agreement/

http://www.faz.net/s/RubBE163169B4324E24BA92AAEB5BDEF0DA/Doc~E74446D08BF584F8D8725EB2BD5BDF90B~ATpl~Ecommon~Scontent.html

http://www.welt.de/die-welt/kultur/literatur/article8286055/Wenn-Buecher-in-clouds-verschwinden.html

http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/976/FAQs_zum_Google_Settlement.pdf

http://www.nzz.ch/nachrichten/kultur/aktuell/google_book_settlement_fuers_erste_zurueckgezogen_1.3649360.html

http://www.telemedicus.info/article/1527-Google-Book-Settlement-am-Scheideweg.html

http://en.wikipedia.org/wiki/Google_Book_Search_Settlement_Agreement

http://www.boersenverein.de/de/portal/Google_Book_Settlement/336588

http://www.boersenblatt.net/356887/

http://www.buchmesse.de/de/fbm/news-media/newsletter/maerz_2010/01858/index.html

 

 

 

 

4 comments :: Kommentieren

Barbara.Falkinger.Uni-Sbg, 6. Juli 2010, 19:37

Ich persönlich nutze Google Books sehr häufig und bin glückllich darüber, dass es so eine digitale Bibliothek gibt. Man kann sich Wege in die Bücherei und Zeit sparen. Mit den Rechten von Google Books habe ich mich bisher noch nicht beschäftigt, finde aber deinen Beitrag diesbezüglich sehr interessant. Ich habe mich in meinem Beitrag mit dem Thema Google Streetview und Datenschutz im Allgemeinen beschäftigt, vielleicht magst du mal einen Blick drauf werden.

Liebe Grüße

Barbara

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Theresa.Buegl.Uni-Sbg, 7. Juli 2010, 16:29

ein sehr spannendes thema, das du hier behandelst, dem man natürlich auch kritisch gegenüber sein sollte. gerade in der verlagsbranche wird dies noch ein spannendes thema sein. wenn dich das thema cloud computing interessiert, kannst du gerne in meinem blog etwas dazu erfahren.

lg

theresa

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Google kills the book star

guenter.baumgartner.Uni-Sbg, 7. Juli 2010, 17:14

Für Studierende ein gutes Service, für die Autoren klarerweise eine Katastrophe. Du hast in deinem Artikel gut erklärt, wie der Konsens zwischen Autoren und Google aussieht. Wenn du aber wissen willst, was SWIFT bedeutet und was das dazugehörige Abkommen besagt, dann schau doch auf meinem Blog vorbei...

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interessante Quellen..

Hans.Mittendorfer.Uni-Linz, 27. Juli 2010, 11:10

.. haben Sie eingebunden.

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