2. Thema: Der transparente Konsument
hannes werner.steininger.uni-linz, 5. November 2014, 12:21
Data Mining als Ansatz der Kundenanlyse
"Die zentrale Zielsetzung, die mit dem Konzept des CRM verfolgt wird, liegt in der langfristigen Bindung profitabler Kunden an das Unternehmen. Als wesentliche Grundlage hierfür gilt ein umfassendes Wissen über die Struktur, das Verhalten und die Bedürfnisse der Kunden." (Q1)
Zusammenfassung Artikel
Der Artikel "Data Mining im CRM" wurde von Prof. Dr. Hajo Hippner und Prof. Dr. Klaus D. Wilde verfasst und ist im Fachbuch "Effektives Customer Relationship Management" von S. Helmke im Springer Verlag 2013 erschienen. Dr. Hippner hat eine Juniorprofessur für "Direct Marketing" an der Universität Bayreuth inne und verfasste schon einige wissenschaftliche Schriften im Bereich Marketing und CRM. Prof. Wilde ist Inhaber des Lehrstuhles für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftsinformatik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und ist ein führender Experte im Gebiet des "Database Marketing" und "CRM" in Deutschland. Die Arbeit befasst sich mit "Data Mining" als Ansatz der Kundenanalyse im analytischen Customer Relationship Management, kurz aCRM, welche Informationen wie Verhalten und Bedürfnisse des Kunden als Marktteilnehmer analysiert. In weiterer Folge können dadurch die kundenbezogenen Geschäftsprozesse kontinuierlich optimiert und das analysierte Wissen über die Kunden an den Customer Touch Points (Marketing, Vertrieb und Service) angewendet werden. Durch die steigende Sammlung und Auswertung von Kundendaten durch die Anbieter kommen die Anbieter der "vollkommenen Information" über die einzelnen Kunden immer näher. Dadurch können gezielt "One to One Marketing" und in naher Zukunft sicherlich auch "One to one Pricing" bei den einzelnen Kunden betrieben werden. (Q2,Q3 & Q4)
CRM wird in "analytisches CRM", "operatives CRM" und "kommunikatives CRM" gegliedert, dabei wird im aCRM das gesammelte Wissen bewahrt, bereitgestellt und analysiert. Beim aCRM werden laufend alle Kundenkontakte und Kundenreaktionen eines Unternehmens aufgezeichnet und in einem "Customer Data Warehouse" zusammengeführt und aufbewahrt. Die Daten in diesem Warehouse werden mit Hilfe von verschiedenen Analyseansätzen, wie Online Analytical Processing (OLAP) oder Data Mining, ausgewertet. Die Mitarbeiter eines Unternehmens bekommen so vollständige, korrekte und aktuelle Informationen über ihre Kunden, welche gezielt für Marketing oder Pricing genutzt werden können. (Q5)
"Data Mining is the process of extracting previously unkown, valid and actionable information from large databases and then using the information to make business decisions" (Q6)
Beim Data Mining werden rießige Datenvolumia mit anspruchsvollen, automatisierten Methoden nach neuen, gesicherten und handlungsrelevanten Geschäftserfahrungen durchsucht. Im deutschsprachigen Raum hat sich "Data Mining" als ein Synonym für den Gesamtprozess "Knowledge Discovery in Databases" (KDD) auf Deutsch "Wissensentdeckung in Datenbanken" eingebürgert, dabei ist Data Mining nur ein Teilschritt im KDD-Prozess. Der KDD-Prozess beinhaltet ua. auch Vorbereitung der Daten und Bewertung der Resultate.
Der Data Mining-Prozess wird in folgende Phasen eingeteilt: (Q7)
- Aufgabendefinition
- Auswahl der relevanten Datenbestände
- Datenaufbereitung
- Auswahl von Data Mining-Methoden
- Anwendung der Data Mining-Methoden
- Interpretation und Evaluation der Data Mining Ergebnisse
- Anwendung der Data Mining Ergebnisse
In dieser Grafik sind im unteren Teil die Phasen des Data-Mining Prozesses dargestellt, welche in einer Rückkopplungsschleife durchlaufen werden: (Q8)
Das oberste Ziel von CRM ist die langfristige Bindung profitbaler Kunden an das Unternehmen, dabei muss der Customer Lifetime Value der einzelnen Kunden berücksichtigt werden. Durch die langfristige Betrachtung der Kundenbeziehungen, werden die Geschäftsbeziehungen zwischen Kunden und Unternehmen in folgende Geschäftsbeziehungsphasen unterteilt: (siehe Grafik unten) (Q9)
- Potentielle Kunden
- Aktive Kunden
- Verlorene Kunden
- Reaktivierte Kunden
Abhängig von den einzelnen Phasen, ergeben sich drei Aufgaben an das unternehmensseitige Management dieser Geschäftsbeziehungen, wofür der Analyseansatz des "Data-Minings" als Unterstützung sehr hilfreich ist.
- Interessensmanagement
- Kundenbindungsmanagement
- Rückgewinnungsmanagement
Bei der Managementaufgabe "Interessensmanagement" ist die Gewinnung von Neukunden das oberste Ziel. In dieser Phase der Geschäftsbeziehung hat das Unternehmen noch wenig Informationen über die potentiellen Kunden. Auch in dieser Phase kann Data Mining einen wertvollen Beitrag leisten, hierfür ist der Aufbau einer groben Datenbasis über die möglicherweise zukünftigen Kunden notwendig. Diese ansatzweise Datenbasis kann unternehmensextern über Telefon- und Adressenverzeichnisse, Firmendatenbanken, Listbroker und Datenaustausch mit kooperierenden Unternehmen aufgebaut werden. Danach kann Data Mining Akquisitionskampangnen mit Hilfe von Responseanalysen optimieren. Dabei werden durchgeführte Kampagnen danach analysiert, welche Kundengruppen überproportional reagiert haben. Zukünftig werden nur mehr potentielle Kunden mit hoher Responsewahrscheinlichkeit kontaktiert und die Kosten der Kampagnenen werden bei gleichbleibenden Rücklauf stark reduziert. Auch die Zielgruppenselektion ist ein Werkzeug um die Kampagnen effizienter zu gestalten, dabei werden vorhandene Kunden analysiert und in Kundensegement eingeteilt. Danach werden die Kampagnen auf potentielle Kunden aus aktuell sehr profitablen Kundensegmenten beschränkt.
In der Phase des Kundenbindungsmanagement kann Data Mining ein sehr starke Unterstützung anbieten, da bei aktiven Kunden die vorhanden Daten sehr hoch sind. Dabei können ua. Cross- und Up Selling- Analysen durchgeführt werden. Kunden die ein Produkt gekauft haben, sollen gezielt angesprochen und auf weitere Produkte mit hohen Cross Selling-Raten hingewiesen werden. In der Versicherungsbranche beispielsweise ist die Chance sehr hoch, dass ein Kunde nicht nur eine sondere mehrere Versicherungen beim gleichen Unternehmen abschließt. Beim Up Selling wird dagegen ermittelt, ob die Möglichkeit besteht, einem Kunden, der bereits ein Produkt gekauft hat, ein höherwertigeres Produkt zu verkaufen. In dieser Phase können auch Warenkorbanalysen, bei der mit Hilfe von Assoziationsanalysen u.a. Produktkombinationen untersucht werden, durchgeführt werden. Diese Ergebnisse können als Ausgangspunkt ua. für Sortimentsgestaltung, Produktplatzierung oder gezielte Werbungen herangezogen werden. Auch die Kundenbewertungen sind als Data-Mining Unterstützung eine wichtige Grundlage für kundenspezifische Konzepte. Hier steht die Profitabilität des Kunden im Mittelpunkt, dabei können besonders profitablen Kunden eigene "Key Account Manager" zur Verstärkung der Kundenbeziehungen oder besondere Leistungen im Webshop (Premiummitgliedschaft usw.) zur Verfügung gestellt werden.
In der Phase des Rückgewinnungsmanagement betrachtet man mit Hilfe von Data Mining das Risiko und die Bereitschaft, das aktuelle Kunden die Geschäftsbeziehungen mit dem Unternehmen lösen. Die Bereitschaft des Anbieterwechsel sollte aus Sicht des Unternehmens sehr niedrig sein, da hohe Kosten für die Gewinnung von Neukunden entstehen und die Profitabilität eines Kunden mit der Dauer der Kundenbeziehung steigt. Am Mobilfunkmarkt sind beispielsweise die Werbungskosten sehr hoch, da die Kündigungsrate hier sehr hoch ist. Diese Problematik soll mit Hilfe von Churn-Analysen (= Storno- oder Kündigeranalyse) verringert werden. Dabei werden abwanderungswillige Kunden identifiziert und ihnen in späterer Folge spezielle Sonderangebote, verbesserte Vertragsangebote uvm. angeboten um sie weiter ans Unternehmen zu binden. Bei dieser Analyse wird auch die Kündigunswahrscheinlichkeit jedes einzelnen Kunden prognostiziert. (Q10)
In der nächsten Grafik ist nochmal das Lebenszykluskonzept der Kunden eines Unternehmens mit den dazugehörigen Aufgabenbereichen und den Möglichkeiten der Data Mining Unterstützung, welchen in den obigen Absätzen ausführlich erörtert wurden, anschaulich dargestellt. (Q11)
Data Mining und sein Einfluss auf den transparenten Konsumenten
Der ZDF Trailer "Der gläserne Deutsche" zeigt sehr gut wie in naher Zukunft ein Bestellung abläuft und welche Informationen das Unternehmen im digitalen Zeitalter über den Kunden haben. Der Trailer spiegelt die immense Transparenz des Konsumenten, durch Datensammlung, Kundenprofil und "One to one Pricing" wider. (Q12)
Der analytische Bereich von Daten durch Data Mining und anderen Methoden hat noch viel Potential. Durch den ständig steigenden Marktdruck sind die Unternehmen gezwungen, diesen Bereich im Unternehmen weiter voranzutreiben und ihre CRM Systeme zu erweitern. Durch die Analyse der Kundendaten erhoffen sich die Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den Mitbewerbern, indem sie annähernd die "vollkommene Information" über den Kunden als Marktteilnehme erlangen. Durch diese Fülle an Informationen über die einzelnen Kunden kann in Zukunft durch "One to One Pricing" mehr Deckungsbeitrag erwirtschaftet und Kunden leichter zum Kaufabschluss bringen.
Auch die Themen "Web Mining" und "Text Mining" werden zur Auswertung von Kundeninformationen für Unternehmen immer wichtiger. Im Web Mining werden dabei Logfiles, Cookies, Kundendatenbanken analysiert um die oben erwähnten Phasen zu unterstützen und auch beispielsweise einen personalisierten Webshop bzw. Website zu erzeugen. Das Text Mining ist dazu da um noch mehr Kundeninformationen, die in Textform vorliegen, wie beispielsweise Beschwerdemails, auszuwerten.
Quellen
Q1: Hippner und Wilde (2013)
Q2:http://www.directmarketing.uni-bayreuth.de/de/team/owner_of_chair/Hajo_Hippner/#cv (abgerufen am 03.11.2014)
Q3: http://www.ku.de/wwf/wi/team/prof-dr-klaus-d-wilde/ (abgerufen am 03.11.2014)
Q4: Hippner und Wilde (2013), S.181
Q5:Hippner und Wilde (2013), S.182
Q6: Cabena et al. (1998), S.12
Q7: Hippner und Wilde (2013), S.185
Q8: Hippner und Wilde (2013), S.188
Q9: Hippner und Wilde (2013), S.189
Q10: Hippner und Wilde (2013), S.190ff
Q11: Hippner und Wilde (2013), S.189
Q12: http://www.youtube.com/watch?v=fe-w1RpmnpE (abgerufen am 04.11.2014)
Weiterentwicklung der Datennutzung im Vergleich zu meiner Studie
birgit maria.kohl.uni-linz, 7. November 2014, 11:10
In meiner Studie habe ich untersucht wie Unternehmen die gesammelten Daten von Kunden nutzen. Das Ergebnis war, dass ein Großteil der gesammelten Daten nicht verwendet werden, ausschließlich für betriebliche Zwecke. Dein Thema zeigt, welche Möglichkeiten Unternehmen haben die Kundendaten zu erfassen und zu analysieren. Da meine Studie bereits 2006 durchgeführt wurde, nehme ich an, dass sich zu der Thematik in den letzten Jahren einiges geändert hat, wie in deiner Studie gezeigt wird.