Der transparente Konsument - Überwacht, analysiert, verkauft
raphael alexander.horvath.uni-linz, 5. Dezember 2012, 16:15
Der transparente Konsument – Überwacht, analysiert, verkauft
Der Artikel „Der verkaufte Konsument“ beschreibt den Preis des digitalen Lebensstils den der Konsument zu bezahlen hat.
Grundlegend wird heute beinahe jede Aktion die ein Nutzer auf einer Website durchführt mitprotokolliert umso seine Vorlieben analysieren und darauffolgend eine entsprechend personalisierte Werbung ausspielen zu können. Dieser Vorgang, bekannt unter den Namen Echtzeitwerbung – geschieht in Bruchteilen von Sekunden hinter den Rücken der Nutzer und ist ein sehr profitables Geschäft für die Informationsanbieter.
Die Technologie dahinter basiert auf Cookies, die aktuell auf nahezu jedem Internetauftritt genutzt wird. Anhand der gesammelten Daten kann ausgewertet werden, wo sich der Nutzer auf der Website bewegt, wo er vorher war und wo er weiter hingeht. Durch das kombinieren der Daten entstehen so detaillierte Nutzerprofile die in den großen Werbenetzwerken herumgereicht und unter den Meistbietenden verkauft werden. Laut dem IAB (Internet Advertising Bureau) geben Online-Marketer durchschnittlich 1.200 $ pro Jahr für einen Internet-Nutzer aus. Verständlich dass diese Investition möglichst streuverlustfrei und zielgruppengerecht wieder eingefahren werden will.
Einer der aktuell größten Datensammler ist – wenig verwunderlich – der Suchmaschinenkonzern Google. Seit 01. März 2012 hat Google die Datenschutzrichtlinien angepasst mit dem Effekt, dass Kunden der diversen Google-Dienste nun die AGB’s nur mehr einmal lesen und akzeptieren müssen. Nicht ganz unvorteilhaft für den Konzern, hat sich dieser durch diese Maßnahme nun die Möglichkeit eingeräumt relevante Daten aus den verschiedenen Diensten wie beispielsweise YouTube, Google Mail oder Google+ zu konsolidieren. Auch eine Weitergabe an teilnehmende Werbepartner ist dadurch legitim geworden.
Das Ausmaß von Googles Auswertungsmöglichkeiten wird bei einem Vergleichsbeispiel zur „Realität“ ersichtlich. So ist es „offline“ undenkbar, dass ein Postbote Briefe vorab öffnet, den Inhalt auswertet und entsprechend dazu passende Flyer oder Prospekte beilegt – nicht so in Googles Welt: Korrespondenz die über den Dienst GMail versendet wird ist umgehend Bestandteil einer genauen Analyse und Auswertung. Enthalten Mails beispielsweise Hinweise auf ein bestimmtes Produkt, so kann man davon ausgehen dass diese Inhalte dazu verwendet werden um mittels Werbemittel eine personalisierte Ansprache zu ermöglichen. Aber auch hier ist noch lange keine Grenze erreicht, wäre es für Google doch ein leichtes weit intimere Informationen der Nutzer mittels der Kombination der vorhandenen Daten aus den verschiedenen Diensten auszuwerten.
Auch das Onlineversand-Unternehmen Amazon macht sich die Transparenz der Nutzer zu nutzen, und analysiert das Bewegungsprofil im Shop um dadurch relevant erscheinende Produkte anhand einer Wunschliste für den Kunden präsentieren zu können – eine Wunderwaffe zur Steigerung der Conversionrate.
Doch auch auf einer ganz anderen Ebene gibt der Nutzer bereitwillig seine Daten preis. Die meisten aktuellen Smartphones besitzen ein GPS-Modul, mit dem eine genaue Standortbestimmung ein leichtes ist. Gerade GPS-basierte Applikationen die ein Tracking benötigen können somit relevante Informationen zum Bewegungsmuster einzelner Personen auslesen. Lt. dem Security-Experten Christian Aumair sollte man aus diesem Grund immer vorsichtig sein, wenn man vom selben Anbieter mehrere Applikationen verwendet die zwar im einzelnen nur Profilfragmente ausgeben, aber in Summe ein perfekt zusammengesetztes Puzzle ergeben können.
Auch halböffentliche Daten, wie die exakte Standortbezeichnung eines aufgenommenen Fotos über die hinterlegten EXIF-Informationen sind bereits Bestandteil des Onlinegeschäfts. Sogenannte Online-Profile-Screening Unternehmen machen sich diese Daten zunutze und verkaufen dann zwar nicht unmittelbar ein fix-fertiges Profil, aber die Information was ein Nutzer nicht will ist eine ebenso wertvolle Information für die gerne gezahlt wird.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass jeder Nutzer mit einem digitalen Profil seine Spuren im Netz hinterlässt, die – ob er nun will oder nicht – für kommerzielle Zwecke überwacht, analysiert und schlussendlich verkauft werden.
2012 ist das neue 1984.
Quelle:
Der verkaufte Konsumen, "Format" Nr. 46/2012 vom 16.11.2012
Link zum Artikel (Dropbox): https://www.dropbox.com/s/415dx3hz6hl60fp/Der_verkaufte_Konsum.pdf
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