Code der Jugendlichen Der Code der Jugendlichen

sabine.pupeter.uni-linz, 4. Juni 2014, 13:18

Schon damals wie heute scheint das Bild der Jugendlichen nicht unbedingt positive Eigenschaften zu belegen. Ein Zitat von Sokrates aus der Antike untermauert dies:

„Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten soll. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihr Lehrer.“ (Q1)

Diese Schilderung trifft oft auf ein weit verbreitetes Denken auch in der heutigen Gesellschaft zu. Die Jugendlichen selber sehen und schätzen sich aber großteils ganz anders ein.

 

Das Fremdbild und Eigenbild der Jugendlichen scheint daher nicht immer übereinzustimmen.
Vor allem am Arbeitsmarkt scheinen Jugendliche der heutigen Generation als schwierig betrachtet zu werden. Wörter wie Verwöhntheit, Selbstverliebt sein und Größenwahnsinn werden in diesem Zusammenhang häufig mit Jugendlichen in Verbindung gebracht. Außerdem herrscht bei Personalchefs oft die Meinung vor, dass diese Generation nichts so wirklich könne, zu wenig hinterfrage, aber sich selbst zu oft überschätze. Selbst nimmt sich die Generation in diesem Hinblick aber ganz anders wahr. Eigene Bedürfnisse werden zwar in den Vordergrund gerückt, dennoch will gern gearbeitet werden, vor allem wenn große eigene Überzeugung mitspielt. Sinn und Selbstverwirklichung im Job sind den Jugendlichen heutzutage wichtig. (Q2)
Auch in privaten Belangen werden Jugendliche als sehr widersprüchlich in ihren Aussagen und Handlungen gesehen und als „nicht wirklich“ dargestellt. Viele Eindrücke sind hier in der Gesellschaft verankert wie bspw.: Früh wird von zu Hause ausgezogen, auf der anderen Seite wird aber doch nicht als Selbstversorger aufgetreten. Eine Familie kann nicht gegründet werden, weil keine Bindung eingegangen werden will. (Q3)

 

Die Jugendlichen der heutigen Generation halten diesen Einstellungen aber entgegen. Es wird sogar von einer gewissen Werte-Renaissance gesprochen. Von der Null-Bock-Generation ist nur wenig übergeblieben. Werte spielen im Leben von Jugendlichen wieder eine wichtige Rolle. (Q4) Zwei Studien belegen, dass Jugendliche durchaus gewisse Vorstellungen, Prinzipien und Werte verfolgen und für sie höchste Wichtigkeit haben. Die Shell Studie, die 2010 unter 2500 Jugendlichen im Alter zwischen 12 bis 25 Jahren durchgeführt wurde, zeigt, das traditionelle Werte wie Freunde und Familie hohen Stellenwert haben, aber auch Eigenverantwortung und Selbstverwirklichung eine große Rolle spielen. (Q5) Eine genaue Aufschlüsselung ist in der Grafik ersichtlich. In einer weiteren Studie des Instituts Demoskopie Allensbach wurden ähnliche Werte, die hohen Stellenwert haben, identifiziert. (Q6)

Freunde und Famlie sind Jugendlichen und jungen Erwachsenen besonders wichtig....

 

Auch die Statussymbole haben sich im Gegensatz zu früheren Zeiten geändert. War das Auto damals DAS Statussymbol hat dieses laut der Studie „Jugend und Automobil 2010“ enorm an Bedeutung verloren. Auch Firmenwägen haben damit in dieser Generation nicht mehr die Bedeutung als Statussymbol. Hier wird wieder größerer Wert auf Selbstverwirklichung und Individualität gelegt – beispielsweise durch das Setzen auf Umwelt und Investieren in ein zu seinem Typ passendes Fahrrad. (Q8) Oft wird auch noch Kleidung als gewisses Statussymbol gesehen. Hier geht es aber oft vorwiegend wieder darum sich zu differenzieren und individuell zu kleiden – in Bezug auf Markenbekleidung zB auch wieder persönliche Einstellungen zu transportieren oder auch teilweise eine gewisse Gruppenzugehörigkeit kundzutun. 77,5 % der Befragten Jugendlichen in der Shell Studie gaben an, dass Markenbekleidung „in“ sei. (Q9)

 

Sogenannte Szenen – jugendkulturelle Netzwerke unterschiedlichster Art – existieren in unserer heutigen Gesellschaft, wodurch auch wieder Differenzierung und Individualität zum Ausdruck gebracht werden. In diesen verbringen Jugendliche den Großteil ihrer Freizeit und eignen sich grundlegende soziale Kompetenzen für ihr weiteres Leben an. Diese Szenen unterscheiden sich sehr stark in den Einstellungen und Lifestyle, den verwendeten Symbolen und Ritualen, Kleidung und Events sowie Treffpunkten. Jugendszenen.com hat hier eine umfangreiche Darstellung der unterschiedlichsten Szenenprofile zu bieten (Q10). Nachstehend werden nur auszugsweise zwei Szenen im Vergleich herangezogen.

  • Eine sehr neue Szene stellen zB die „Fixies“ dar. Im Zentrum steht hier das Fahrrad – das sogenannte Bahnrad, das schnellste für den Einsatz auf Asphaltstraßen, welches keine Schaltung und Bremsen hat. Die Verbindung zwischen Muskelkraft und Fahrrad (das Fahrrad wird im weiteren Sinn als Verlängerung des eigenen Körpers angesehen), fahrerischem Können und ein Höchstmaß an Kontrolle werden zur Lebenseinstellung. Zudem steht im Fokus ein Maximum an räumlicher Mobilität. Das Rad soll außerdem die eigene Persönlichkeit bestmöglich zum Ausdruck bringen. Den Lifestyle beschreiben Informalität und Unangepasstheit. Der Kleidungsstil ist sehr lässig gehalten und eine Kombination zwischen Sportlichkeit und gleichzeitig bewusster Abgrenzung gegen den Sport. Auch Marken stehen hier wieder hoch im Kurs. Der Lifestyle der Unangepasstheit wird oft durch Tattoos unterstrichen, die oft in Verbindung mit der Fahrrad Symbolik stehen. Ein verwendeter Slogan der das Lebensgefühl zum Ausdruck bringen soll, ist „My legs are my gears.“ Wichtigstes Symbol dieser Szene ist natürlich das „Fixie“ (Fahrrad) selbst. Ein weiteres Symbol ist beispielsweise die Kuriertasche, die auf das Engagement (ehemaliger) Fahrradkuriere verweisen soll. Ein Ritual stellt die gemeinsame Fahrradausfahrt dar. Treffpunkte sind meist verschiedene Rennen im öffentlichen Stadtraum. (Q11)
  • Gothic stellt eine weitere Szene dar. Im Zentrum stehen hier die stilistische Einheit aus Musik, Körperinszenierung und Lebensart. Individuelle Kreativität wird im Lifestyle sehr groß geschrieben, ganz besonders in Hinblick auf das eigene Auftreten. Weiters auffällig ist das Make-up bei Frauen – es geht hier um sehen und gesehen werden. Aber auch Männer verwenden hier oft Makeup oder tragen Nagellack. Jugendliche dieser Szene beschäftigen sich vor allem mit Themen wie früheren Kulturen, übersinnlichen Welterklärungen, dem „Unvorstellbarem“ wie dem Tod und dem Menschen und seine Existenz betreffende Phänomene. Ein wichtiges Symbol ist hier die Farbe Schwarz an sich und steht für außeralltägliche Gegebenheiten (zB Trauer). Beim Schmuck werden verschiedene Symboliken wie Todessymbolik, Tiersymbolik oder Kreuzsymbolik eingesetzt. Rituale und gleichzeitig auch Treffpunkte stellen beispielsweise überregionale Festivals dar, welche die Außeralltäglichkeit verdeutlichen sollen. Dies geschieht hier meist über die Schaffung einer „schwarzen Atmosphäre“. (Q12)

 

Als Fazit kann festgehalten werden, dass von der verbreiteten Denkweise und Haltung gegenüber der Jugend in der Gesellschaft abgerückt werden muss. Dies ist auch vor allem für die Unternehmen als Arbeitgeber relevant. Unternehmen müssen sich eingehend mit den spezifischen Codes beschäftigen, um die Generation wirklich zu verstehen bevor zielgruppenspezifische Maßnahmen hinsichtlich der Kommunikation getroffen werden können.

 

Quellen:

Q1: http://www.spiegel.de/karriere/berufsstart/generation-y-im-pressekompass-so-wird-sie-definiert-a-964518.html
Q2: http://www.zeit.de/2014/10/generation-y-glueck-geld
Q3: http://www.svz.de/mv-uebersicht/generation-y-mehr-schein-als-sein-id6197046.html
Q4: http://www.zeit.de/reden/sommer_wertewandel
Q5: http://www.spiegel.de/schulspiegel/leben/shell-jugendstudie-frust-schub-bei-den-abgehaengten-a-717485.html
Q6:http://mcdw.ilcdn.net/MDNPROG9/mcd/files/pdf/090913_Publikationsstudie_McDonalds_Ausbildungsstudie.pdf
Q7: http://www.spiegel.de/fotostrecke/shell-studie-in-grafiken-so-denkt-die-jugend-2010-fotostrecke-59349-5.html
Q8: http://www.manager-magazin.de/lifestyle/artikel/a-715580.html
Q9: http://www.schulbuchzentrum-online.de/magazin/magazin_artikel.php?id=585
Q10: http://wp1026128.server-he.de/wpsz/
Q11: http://wp1026128.server-he.de/wpsz/?portfolio=389
Q12: http://wp1026128.server-he.de/wpsz/?portfolio=gothic

1 comment :: Kommentieren

Guter Beitrag!

mario.antunovic.uni-linz, 4. Juni 2014, 22:26

Finde deinen Beitrag sehr gut und stimme dir voll und ganz zu, vor allem beim Fazit.

Dass Eigen- und Fremdbild der Jugendlichen und ihrer Subkulturen oft krass auseinandergehen, liegt meiner Meinung nach an vielen verschiedenen Faktoren. Einerseits glaube ich, ist es für außenstehende oft sehr schwer zwischen den unzähligen Subkulturen zu unterscheiden und Grenzen zu ziehen, da sich viel überschneiden und oft gar die selben Zeichen/Codes als Unterscheidungsmerkmale verwenden.

Andererseits ist es vielleicht auch die schiere Anzahl an verschiedenen Jugendkulturen die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, die dazu führt, dass sich keine dieser Kulturen richtig "durchsetzen" kann. Damit meine ich, dass eine Masse, wie bei der Flower-Power-Bewegung in den 60ern oder der Punk-Szene in den 70ern schwer zu erreichen ist und somit auch die breite Öffentlichkeit nicht unbedingt damit in Berührung kommt.

Alles in allem stimme ich dir zu und finde deine Forderung, dass "von der verbreiteten Denkweise und Haltung gegenüber der Jugend in der Gesellschaft abgerückt werden müsse" völlig nachvollziehbar. Denn die Jugendlichen wollen durch ihre eigene Präsentation in der Öffentlichkeit wahrgenommen und nicht missverstanden werden.

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