Transparenz und virtuelle Identitaet Markttransparenz
rainer.kroisamer.uni-linz, 14. Oktober 2015, 12:23
Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-Commerce.
Im Rahmen der Lehrveranstaltung Transparenz und virtuelle Identität wurde zunächst das Stichwort Transparenz thematisiert. Die Studierenden haben gemeinsam versucht den Begriff zuzuordnen und einzugrenzen. Transparenz im weiten Sinne und Markttransparenz im engeren Sinne stellt eine der Bedingungen im Modell des vollkommenen Marktes dar und bedeutet, dass allen am Markt teilnehmenden Individuen, also Anbietern und Nachfragern, alle wesentlichen auf einem Markt vorherrschenden Gegebenheiten wie Güterpreise, Nachfragemengen, Liefer- und Zahlungsbedingungen, etc. bekannt sind (Duden Wirtschaft von A bis Z). Das Internet im Ganzen und das World Wide Web im Konkreten stellt sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager ein hochpotentielles Werkzeug zur Beschaffung von in einem idealen Markt notwendigen Informationen dar. Preisinformationen, Qualitätsmerkmale, Liefer- und Zahlungsbedingungen, etc. lassen sich mit vernachlässigbarem Einsatz an Zeit und Geld beschaffen. Das Internet hat zweifelsohne das Potential die Informationstransparenz in Beschaffungsmärkten sowohl für Nachfrager als auch für Anbieter zu erhöhen.
Zum Thema Markttransparenz wird nun der Artikel „Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-Commerce“ von Paul-Elena Diacon und Gabriel-Andrei Donici untersucht. In Ihrem Beitrag aus den CES Working Papers 2013 stellen Diacon und Donici fest, dass die Durchdringung der Wirtschaft durch technische Entwicklungen und Neuerungen, im speziellen durch das Internet, die Art und Weise des wirtschaftlichen Handelns revolutioniert und als Auswirkung dessen die Markttransparenz erhöht hat.
Als Ausgangspunkt für Ihre Aussagen definieren Diacon und Donici den E-Commerce, also das Kaufen und Verkaufen von Waren und Dienstleistungen mit elektronischer Unterstützung im weitesten Sinne. Dabei verstehen sie den digitalen Handel als eine eigenständige Innovation einerseits, als auch als Verlängerung des klassischen Handels andererseits. Die Akteuere im E-Commerce sind weitestgehend die selben wie auch im klassischen Handel, das Umfeld ist jedoch ein anderes, demnach elektronisches und stützt sich weitestgehend auf die Internet-Infrastruktur. Seit den Anfängen in den 1960er Jahren ist der E-Commerce exponentiell gewachsen und erreichte laut Statistics Brain (2011) im Jahr 2011 ein Volumen von 763,2 Milliarden US-Dollar. Der durchschnittlich erwirtschaftete Jahresumsatz durch E-Commerce in der Europäischen Union (EU-27) liegt bei 14 %.
Der Anteil von E-Commerce am Gesamtumsatz im B2C-Bereich lag im Jahr 2011 mit 35,9 % in den USA am höchsten. Gefolgt von Westeuropa mit 28 % und dem Asien-Pazifik-Raum mit 27,9 %. Für letztern wird sehr starkes Wachstum vorausgesagt wodurch insbesondere China auf Platz zwei hinter den USA vorrücken wird.
Durch dieses starke weltweite Wachstum des E-Commerce, so sagen Diacon und Donici, wird es künftig immer schwieriger werden zwischen Akteuren im E-Commerce und jenen im klassischen Handel zu unterscheiden, da letztere ebenso immer häufiger auf elektronisch unterstützen Handel zurückgreifen werden. Bereits jetzt werde im Großteil der Unternehmen in der Bilanzierung nicht mehr zwischen elektronischem und klassischem Handel unterschieden.
E-Commerce stellt die schnellstmögliche und einfachste, weil in Echtzeit ablaufend, Art von Handel dar die es jemals gab, erörtern Diacon und Donici. Dabei trägt die Nutzung des Internet wesentlich zu Hebung der Markttransparenz bei. Ein transparenter Markt werde im Wesentlichen durch die Vereinfachung der Zusammenarbeit und Kommunikation der Marktteilnehmer geschaffen. Dabei können sich Marktteilnehmer sowohl innerhalb von Organisationen (i.e. Fachabteilungen, konzerninterne Strukturen), als auch außerhalb (i.e. Firmenübergreifenden Kooperationen die Produkte schaffen und an Endkunden vertreiben) befinden und eine erhöhte Markttransparenz schaffen (Meșnită, 2002, p. 25, in Diacon und Donici, 2013).
E-Commerce ermöglicht Handel, Produktion und Vertrieb an 7 Tagen der Woche 24 Stunden am Tag, so Diacon und Donici (Vergleiche die Projektabwicklung bei Google, bei der Projekte nach Dienstschluss von einem Kontinent auf den nächsten weitergegeben werden und so ständiges Arbeiten ermöglichen, Anm.). Information zu Produktion, Preis und Qualität eines Produktes, strukturiert und in Datenbanken aufbereitet, kann zu jeder Zeit und von jedem Ort aus abgerufen werden, sowohl auf Anbieter- (Unternehmen) als auch auf Abnehmerseite (KonsumentInnen). Für den Konsumenten und die Konsumentin entfällt zum großen Teil der Aufwand und die Kosten die er oder sie zur Recherche von Angebot und Preis eines bestimmten Produktes aufwenden musste. KonsumentInnen erhalten in wesentlich kürzerer Zeit und mit wesentlich weniger Aufwand ein umfassenderes Bild von Angeboten, Preisen und Qualitäten am Markt. Das Internet, so Diacon und Donici, vereinfacht es Unternehmen in neuen Märkten Fuß zu fassen und bekämpfe so monopolistisches Verhalten einzelner Unternehmen (Warum können Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon, um nur einige zu nennen, dennoch zu Monopolisten aufsteigen? - Anmerkung und Anregung zur Diskussion).
Auf elektronischen Marktplätzen, so Diacon und Donici weiter, steigt im Vergleich zu klassischen Marktplätzen die Wahrscheinlichkeit eine größere Anzahl an Akteuren von Angebot und Nachfrage zu finden, wodurch die Markttransparenz weiter angehoben wird. Die Anhebung der Markttransparenz ist ein Effekt auf Macro-Ebene, demgegenüber der Effekt erhöhter Produktivität auf Micro-Ebene steht. Produkte und Dienstleistungen sind individuell an die KonsumentInnen anpassbar und werden insgesamt schneller gehandelt, gleichzeitig wird die Fehlerquote reduziert.
E-Commerce, so Diacon und Donici abschließend, bildet die nahste Form eines Modells des vollständigen Wettbewerbs.
Fazit:
Diacon und Donici stellen fest, dass E-Commerce, sowohl in reiner Form als auch als Verlängerung von klassischen Geschäftsmodellen („Brick and Mortar“, Anm.), physische Grenzen wie Zeit und Raum bei der Beschaffung von Information übersprungen hat und zu einem Anstieg sowohl von Rentabilität als auch Markttransparenz geführt hat. E-Commerce ist demnach vorteilhaft für den Endverbraucher und für den Marktplatz als Ganzes und durch die Steigerung der Markttransparenz stellt E-Commerce die bislang nahste Form eines freien und effizienten Marktes dar.
Die eigentliche Kernaussage von Diacon und Donici lautet, dass E-Commerce die Markttransparenz insofern gesteigert hat, als dass die physikalischen Grenzen von Zeit und Raum zur Beschaffung von Information nahezu eliminiert worden sind und diese Erhöhung der Transparenz zu einem im weitesten Sinne vollkommenen Markt beiträgt.
Vollkommene Markttransparenz stellt nur eine der Bedingungen eines vollkommenen Marktes dar. Es mag sein, dass im B2C-Bereich durch das World Wide Web die Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung, zum Vergleich von Konsumgütern, Qualitätsmerkmalen und Wettbewerb zu Gunsten der Markttransparenz gestiegen sind. Jedoch steigen im Vergleich dazu auch Angebot an Produkten und Lieferanten wodurch es durch die steigende Vielfalt und Unübersichtlichkeit des Angebotes wieder zu Intransparenz für den Endverbraucher kommen kann.
Weiters interessant aber im vorliegenden Artikel nicht berücksichtigt wäre es darüber zu diskutieren welche Kosten Verbrauchern durch Produktvergleiche und Preisrecherchen im Web entstehen. Ein Markt der zwar Transparent sein mag, für seine Verbraucher aber erheblichen Aufwand an Zeit durch Preis- und Produktvergleiche verursacht.
Link zum Artikel.
Quellen:
Duden Wirtschaft von A bis Z: Grundlagenwissen für Schule und Studium, Beruf und Alltag. 5. Aufl. Mannheim: Bibliographisches Institut 2013; Lizenzausgabe Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung 2013; Online unter http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20086/markttransparenz, abgerufen am 12.10.2015.
Diacon, Paula-Elena; Donici, Gabriel-Andrei: Increasing Market Transparency: The Role of the Internet and E-Commerce; CES Working Papers, Ausgabe: 2/2013, Seiten 187 - 196, ISSN: 20677693.
Meşniţă, G. (2002) Introducere în afaceri electronice, Iaşi: Junimea Publishing House.
Statistic Brain (2011) E-commerce / Online Sales Statistics, accessed on April 2013 at http://www.statisticbrain.com/total-online-sales/.
sabrina.wappel.uni-linz, 15. Oktober 2015, 18:00
Ich finde dein Beitrag gibt einen guten Überblick über das Thema E-Commerce. Zudem zeigt dein Beitrag, dass E-Commerce bzw. die daraus resultierende Transparenz zukünftlich einen besonderen Schutz für Konsumenten/Konsumentinnen erfordert. Dies kann man in meinem Beitrag nachlesen.
rainer.kroisamer.uni-linz, 15. Oktober 2015, 20:18
Ja, E-Commerce trägt den Autoren zufolge zu einer Erhöhung der Markttransparenz bei. Jedoch bin ich auch der Ansicht dass E-Commerce, also das Handeln von Waren mit Unterstützung von IKT inkl. Online-Transaktionen, nicht allein ausschlaggebend ist für eine Erhöhung der Transparenz. Erst durch die Nutzung des Internets und Webs können sich Konsumenten beispielsweise über Firmen, Produkte, Produktion, etc. bis zur Entscheidungsfindung informieren (über Blogs, Rezensionen, Foren, etc.).