Artikel Der Proteus Effect
clara.puller.uni-linz, 9. Jänner 2017, 21:34
Der „Proteus effect“
Durch die Modellierung von Avataren im Web ist es möglich, uns in einem Parallel-Universum zu bewegen, in welchem wir so sein und verhalten können, wie wir es und vorstellen. Dies ist uns sowohl durch Avatare in Online Games, Profile auf Dating-Seiten aber auch durch die Social Media Profile auf Facebook, Twitter und Co. möglich. Studien haben jedoch gezeigt, dass sich das Verhalten, welches man durch seinen Avatar oder sein Profil an den Tag legen kann, auch das eigene Verhalten in der realen Welt beeinflusst. [1]
Collaborative Virtual Environments
Dieser Effekt wird vor allem bei Studien zum Thema Collaborative Virtual Environments, kurz CVE, deutlich. Durch solche virtuellen Orte ist es Usern aus aller Welt möglich, miteinander kommunizieren und interagieren zu können ohne weite Distanzen zurücklegen zu müssen. Dies geschieht im Zeitalter von Web 2.0 gemütlich, von zu Hause aus. Diese Online Games setzen voraus, dass man einen Avatar entwirft, mit dem man von nun an in der virtuellen Welt unterwegs ist. Dabei muss dieser Avatar bei weitem nicht die eigene Person widerspiegeln sondern kann via weniger Mausklicks so gestaltet werden, wie es sich der User wünscht. Diese CVEs ermöglichen es, uns selbst so kontrolliert wie möglich dar zu stellen und eine unüberwindbare Fassade zu errichten, hinter der wir unser eigentliches Verhalten verstecken können.][2]
Die Versuche
Im Zuge einer Studie zum „Proteus Effekt“ wurden vier Versuche durchgeführt, welche den Effekt nachweisen sollten. In den ersten beiden Versuchen veränderte man das Aussehen der Avatare. Im Zuge des dritten Versuches wurden die Erkenntnisse aus den ersten beiden Versuchen in eine „natürliche virtuelle Umgebung“ übertragen (World of Warcraft). Im letzten Teil der Studie untersuchte man ob sich das veränderte Verhalten in der virtuellen Welt auch auf die reale Welt überträgt beziehungsweise, ob man auch Verhaltensänderungen an den Probanden feststellen kann.
Versuch 1
Im ersten Versuch wurden die Avatare in Bezug auf ihre Attraktivität verändert. Dies hatte zur Folge, dass sich die Spieler hinter den attraktiveren Avataren bei Unterhaltungen mit ihrem gegenüber wohler gefühlt haben. Die Distanz zum Gesprächspartner war kürzer und auch die Gesprächsbereitschaft deutlich höher.
Versuch 2
In diesem Versuch wurde die Größe des Avatares verändert um den Proteus Effekt zu beweisen. Größe wird oftmals mehr Selbstbewusstsein und Sicherheit assoziiert. Während dieses Versuches waren die Probanden angehalten, einen Haufen Geld innerhalb der virtuellen Welt auf zu Teilen. Einer sollte das Geld aufteilen, der andere muss die Teilung akzeptieren oder eben auch nicht, wenn sie als unfair empfunden wird.
Auch hier sprach das Ergebnis wieder dafür, dass die Splittung des Geldes, welche vom größeren Avatar durchgeführt wurde eher akzeptiert wurde als umgekehrt. Auch wenn dieser als Unfair empfunden wurde.
Versuch 3
Hier sollten nun die Vorangegangenen Ergebnisse mit dem Verhalten der Spieler in einem tatsächlich existierenden Rollenspiel – World Of Warcraft – übertragen werden. Die These – größere und attraktivere Charaktere übertrumpfen die übrigen in dem Spiel. Auch hier lassen sich einige Übereinstimmungen, mit den vorangegangenen Versuchen, feststellen
Last but not least, Versuch 4.
Im Zuge dieses Versuches wollten die Forscher aufzeigen, dass sich das veränderte Verhalten innerhalb der virtuellen Welt, welches durch Anpassungen an den Avataren hervorgerufen wurde, auch in die reale Welt übertragen lässt.
Vorausgesetzt wird, dass sich User mindestens 20 Stunden mit ihrem Virtuellen-Ich auseinandersetzen. Man nimmt an, dass das veränderte Verhalten auch Auswirkungen auf Face-to-Face Interaktionen in der realen Welt hat.
Tatsächlich konnte auch hier eine Veränderung des Verhaltens der Probanden festgestellt werden. Personen, welche ihren Avatar attraktiver oder größer gestaltet hatten, passten ihr Verhalten an.[3]
Proteus-Effekt und Soziale Medien
Wir leben in einem Zeitalter, welches uns die Möglichkeit bietet, so zu sein wie wir es uns vorstellen. Man kann sich selbst so inszenieren, dass das Leben für andere von außen einzigartig und wunderbar erscheint ohne viel dafür tun zu müssen. Je mehr Zustimmung man dafür bekommt, sei es in Form von Likes, positiven Kommentaren etc. umso besser. Dies wird nicht nur durch Avatare möglich, sondern auch durch Social Media Profile wie etwa auf Instagram oder Facebook. Kommen diese Profile gut an, nimmt man dieses Verhalten auch im realen Leben an.
Blogger, deren Leben sich hauptsächlich auf Social Media Plattformen abspielt stehen unter dem ständigen Druck sich auch in der Öffentlichkeit so zu verhalten, wie sie sich selbst im Web Präsentieren. Ob das so gesund ist?
Hier ein Video, in dem eine Bloggerin ihr Leben beschreibt. Was sagt ihr dazu?
[4]
[1] Proteus Effect. WhatIs.com.URL: http://whatis.techtarget.com/definition/Proteus-effect, zueltzt aufgerufen am 08.01.2016
[2] Yee,N /Bailenson,J.N./Ducheneaut,N. et al. The Proteus Effect Implications of Transformed Digital Self-Representation on Online and Offline Behavior. URL: http://vhil.stanford.edu/mm/2009/yee-proteus-implications.pdf, zuletzt aufgerufen am 08.01.2016
[3] Yee, N. The proteus effect: behavioral modification via transformations of digital self-representation. URL: http://www.nickyee.com/pubs/Dissertation_Nick_Yee.pdf , zuletzt aufgerufen am 08.01.2016
[4]Aus dem Leben eines Bloggers. URL: https://www.youtube.com/watch?v=UvPRS0H9M0w, zuletzt aufgerufen am 08.01.2017
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