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Sonntag, 29. Februar 2004
Mediatisierung der Politikvermittlung
„Charismatische Führer sind fernsehgerechter als Botschaften. Personen sind fernsehgerechter als Bewegungen. Symbole sind fernsehgerechter als Philosophien.“
Jerry Mander



Die wachsende Verschmelzung von Medienwirklichkeiten und politischer wie sozialer Wirklichkeit, die zunehmende Wahrnehmung von Politik im Wege medienvermittelter Erfahrungen und die Ausrichtung politischen Handelns und Verhaltens an den Gesetzmäßigkeiten des Mediensystems, das ist mediatisierte Politik. Die „Unterwerfung der Politik den Eigengesetzlichkeiten der Medien“ (Krempl 1996 nach Oberreuter 1989, 36 ff), resultiert aus verstärktem Legitimationsentzug und der geringer werdenden Basisbindung der Politiker. Professionelle journalistische Kompetenz wird immer mehr in den politischen Bereich verlagert, somit wird Politikvermittlung zunehmend Sache von Medienprofis. Langenbucher (zit. nach Schmidt 1999 in Maresch/Werber 1999) beschreibt dies als eine „progressive Kommunifizierung des politischen Prozesses“, denn die Medien prägen der Politik durchaus ihre Regeln und Strategien auf. Kameragerechte Politik wird gefragt, frei nach dem Angebots-Nachfrage Prinzip. Diese „neuartige politische Technostruktur“ löst das klassische Prinzip der Gewaltenteilung auf und führt zu einem neuartigen Supersystem, gekennzeichnet von undurchschaubarer Arbeitsteilung zwischen TV-Journalisten und Parteisprechern, das jeden Tag demokratische Herrschaft inszeniert. (vgl. Schmidt in Maresch/Niels/Werber 1999, 108-132). Politiker werden nach Lugen und Fabris (zit. nach Schmidt 1999 in Maresch/Werber 1999) zu „Personen des apolitischen Starsystems“, zu „Quasipolitikern“, Politik wird zu „Spectator Sport, with the public watching without participation“. Die tendenzielle Verschmelzung der beiden Subsysteme Politik und Medien führt zu einem System, das sich immer mehr verselbständigt und zu seiner gesellschaftlichen Umwelt nur mehr intermediär in Kontakt steht: effektive Politik wird immer ferner vom Medienalltag abgehandelt, Politiker achten zunehmend auf Hinweise in der Politikberichterstattung, überschätzen die Relevanz politischer Ereignisse, während sich die Bevölkerung für diese immer weniger interessiert, die Parteien werden immer mehr von Medienstars und Medieneliten bestimmt, die alte Parteibürokratie mutiert zu modernem, professionellen Politmanagement und politischen Marketing. Politik agiert immer medialer, während das Mediensystem immer politischer handelt. Die Rolle des Fernsehens hat sich vom Transportmittel zur Bedingung für Politik gewandelt, Massenmedien sind zu Schlüsselinstrumenten politischer Steuerung und Herrschaftssicherung geworden (vgl. Wallisch 1997, 28 zit. nach Sarcinelli 1987).
Die Grenzen zwischen den zwei Systemen Politik und Medien werden somit immer fließender bzw. wie es im Falle Berlusconis zu beobachten ist, verschwinden völlig. Ursachen dieser Tendenzen sieht Wallisch (1997, 27-28) einerseits auf Seite der Politiker, die die Selbstdarstellungsmöglichkeiten der Massenmedien zu ihren Gunsten nutzen, andererseits bei den Medien selbst, die sich aufgrund zunehmender Konkurrenzkämpfe diesen Trend untergeordnet haben, aber auch die politikverdrossenen Rezipienten finden Gefallen an attraktiv aufgearbeiteter Politik.

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