Virtuelle Identität: Rollenspiele und Gender Swapping
clemens georg.sunitsch.uni-linz, 23. Oktober 2013, 16:34
Der Artikel „Gender Swapping and Socializing in Cyberspace: An Exploratory Study“ von Zaheer Hussain et al. Befasst sich mit sogenannten „massively multiplayer online role-playing games“ (kurz MMORPGs). Das Ziel der Arbeit ist Antworten zu folgenden Punkten zu finden: 1.) Die Auswirkungen von Onlinespielen (wie Z.B. typisches Spielverhalten), 2.) wie sich das Knüpfen von Onlinekontakten auf das reale Leben auswirkt, 3.) warum Personen online ihr Geschlecht ändern (Gender Swapping)
Dieser Artikel ist aus mehreren Gründen für das Thema „virtuelle Identität“ interessant. Zum Einen weil es innerhalb von Online Rollenspielen möglich ist eine neue Identität zu schaffen und damit anderen Personen gegenüber zu treten bzw. mit ihnen zu interagieren. Zum Anderen lassen sich Merkmale ändern, die dies ansonsten gar nicht oder nur schwer zulassen, wie z.B. das Geschlecht. Es ist also möglich eine komplett neue Person mitsamt (virtueller) Physis zu erschaffen.
Persönlich hab ich mich für diesen Artikel entschieden, weil ich den Begriff Gender Swapping in Lehrveranstaltungen aufgeschnappt, zuvor noch nie gehört habe und mehr Informationen dazu wollte.
Kurzzusammenfassung:
Ad Introduction
Die generelle Meinung in der Gesellschaft zu Online Rollenspielen ist sehr negativ gefärbt. Zudem verweisen die Funde früherer Forschungen auf vielerlei negative Auswirkungen. So sollen sich die Anzahl der Zwischenmenschlichen Beziehungen verringern und soziale Ängste steigern, je mehr Zeit mit dem Spielen verbracht wird. Ein anderes Ergebnis ist z.B. ein starker Zusammenhang zwischen Internetsucht und einem dysfunktionalem Sozialverhalten. Dem gegenüber stehen durchaus positive Funde wie die Abschwächung der negativen Auswirkungen eine stresserfüllten Lebens und Entspannung durch die Unterhaltung und Ablenkung von Computerspielen.
Der Report von Griffiths et al. zeigte, dass Gender Swapping (also mit einem Charakter zu spielen der sich im Geschlecht von jenem des Spielenden unterscheidet) ist bei Computerspielen nichts außergewöhnliches. 60% ihrer Probanten haben einen andersgeschlechtlichen Charakter gespielt. Weiter vermuteten sie, dass Spielikonen wie Lara Croft in Tomb Raider zu dieser Entwicklung beigetragen haben.
Ad Results and Discussion
Hussain et al. kamen in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass zwei Drittel der Spieler online Beziehungen, jenen offline nicht bevorzugen. Der Rest hatte gute Begründungen dafür, wie z.B. das die virtuelle Welt ein Platz der Gleichheit sei wo die soziale Stellung keine Rolle spiele und Jede/Jeder zu Wort kommen kann. Unterstützt wird dies, dass ein online Identitätstausch eine befreiende Erfahrung sein kann, weil verschieden Arten sich dazustellen und vorzustellen ausprobiert werden können von der Studie von Moraha-Martin. Auf ähnliches geht auch die Zusammenfassung der Kollegin Schilling, besonders im Punkt Identitätsmanagement, ein. Weiters spielen 34% der Personen um ihre Stimmung auf zu hellen und sich vor Problemen im Alltag zu flüchten, was die Jabob’s Theorie der Abhängigkeit unterstützt. Außerdem schätzen viele die Anonymität, das die physische Erscheinung keine Rolle spielt und die größere Kontrolle über die Zeit und Tempo der Interaktionen bei Onlinespielen. Darüberhinaus werden auch Erklärungen für Gender Swapping gegeben. In dem Sample gaben 57% der Personen an Gender Swapping betrieben zu haben. Darunter Signifikant mehr Frauen als Männer. Von weiblichen Spielenden angegebene Gründer dafür sind, um unerwünschten Annäherungen von Männern vorzubeugen oder um zu erfahren wie unterschiedlich sie dadurch (online) von Männern behandelt werden. Von männlichen Spielenden angegebene Gründe sind z.B. weil sie (online) als Frauen viel besser behandelt werden, der Umgang mit ihnen höflicher ist und sie sogar diverse Items geschenkt bekommen. Andere Gründe waren, um mit Aspekten seines Charakters herum zu spielen und ausprobieren zu können, was im echten Leben nicht möglich wäre, oder weil gewissen Eigenschaften und Fähigkeiten nur für (vorgefertigte) weibliche Spielcharaktere zur Verfügung stehen.
Um die Grenzen der Studie zu erkennen ist es notwendig zu erwähnen, dass nur auf ein kleines Sample von rund 120 Personen zugegriffen werden konnte. Viele Spielende mussten im Vorfeld ausgeschlossen werden, weil sie noch minderjährig waren. Des Weiteren wurden zehn Onlinespiele berücksichtigt die aus den Toplisten von vier Onlineforen zusammengestellt wurden.
Weitere, tiefergehende Untersuchungen müssten größer angelegt sein und könnten z.B. herausfinden wie sich das online Gender Swapping auf die Realen Charakter bzw. auf deren Geschlechtsidentität auswirkt.
Quelle:
HUSSAIN, GRIFFITHS, Gender Swapping and Socializing in Cyberspace: An Exploratory Study, CyberPsychology & Behavior 2008, Volume 11, Number 1, 47-54
Quellen, auf die sich der Text bezieht:
Griffiths MD, Davies MNO, Chappell D. Demographic factors and playing variables in online computer gaming. CyberPsychology & Behavior 2004; 7:487–95.
Morahan-Martin JM. The relationship between loneliness and Internet use and abuse. CyberPsychology & Behavior 1999; 2:431–9.
Jacobs DF. A general theory of addictions: a new theoretical model. Journal of Gambling Behavior 1986; 2:15–31.
Spätere Nachbearbeitung
clemens georg.sunitsch.uni-linz, 23. Oktober 2013, 16:43
Ich habe meinen Blogeintrag pünktlich vor 16.00 abgegeben, jedoch etwas später noch eine Formale änderung vorgenommen. Ich hoffe dies ist zur Beurteilung nachvollziehbar bzw. einsehbar.
Verknüpfung, Naderer
clemens georg.sunitsch.uni-linz, 23. Oktober 2013, 16:48
Kollege Naderer geht in seinem Blog noch genauer auf die Rollenspiele an sich und das Thema virtuelle Identität Vs. reale Identität ein, was sicherlich zum tieferen Verständnis beiträgt. Besonders für Jene, die mit Rollenspielen gar nicht vertraut sind.