Transparenz und virtuelle Identitaet A la carte pricing and price elasticity of demand in air travel
darja.kneissl.uni-linz, 7. November 2016, 16:26
À la carte pricing and price elasticity of demand in air travel
Dieser Blogbeitrag dient als Zusammenfassung und Diskussion des Artikels „À la carte pricing and price elasticity of demand in air travel“ von Nelson Granados, Robert J. Kauffman, Hsiangchu Lai und Huang-chi Lin. Er wurde 2012 im Journal Decision Support Systems, Volume 53, Issue 2, S. 381-394 veröffentlicht und ist über ScienceDirect abrufbar.
Der Artikel beschäftigt mit der Frage „What is the differnce in price elasticity of demand between the à la carte pricing and traditional pricing channels “? Im Zuge dessen untersuchen die Autorinnen wie sich die Preiselastizität von „à la carte“ Absatzkanälen und traditionellen Absatzkanälen unterscheidet (Vgl. Granados, Kauffmann, Lai et. al, 2012, S. 383).
Schon seit den 70er Jahren ist das Buchen von Flügen via Reisebüros beziehungsweise Zwischenhändler gang und gebe. Seit Mitte der 80er Jahre wurden sogar 86% der Flugtickets auf diese Art vertrieben. 2008 war der Markanteil der Zwischenhändler noch immer mehr als 2/3 der verkauften Tickets. Da für Airlines der Ticketverkauf über Zwischenhändler einen geringeren Gewinn bedeutete, haben sie begonnen den Verkauf über die eigenen Webseiten zu aktivieren (Vgl. ebd., S. 381).
Die AutorInnen verweisen auf die Begrifflichkeit „commoditization of products“, welche von Anthony und Christensen geprägt wurden. Dabei ist gemeint, dass KundInnen oft den Unterschied zwischen Produkten nicht wahrnehmen und sie dadurch gleichwertig erscheinen. Dieses Faktum haben sich Online Travel Agentcies zu Nutze gemacht und einen Preiswettkampf geführt. Die Airlines reagierten darauf mit einer „decommoditzation“ bzw. dem „à la carte pricing“ (Vgl. ebd., S. 382).
À la carte pricing channel vs. traditional channel
Beim à la carte pricing bieten Airlines ihre Flugtickets in selber zusammenstellbaren Bündeln an. Dabei können Kunden entscheiden ob sie für einen zusätzlichen Service bezahlen oder darauf verzichten wollen. Durch dieses Angebot kann eine höhere Transparenz erreicht werden und die Airlines erwarten sich eine geringere Preiselastizität der Nachfrage. Herkömmliche Online Reisebüros setzen weniger auf Angebotstransparenz, sondern mehr auf fixe Güterbündel und niedrige Preise (Vgl. ebd. S. 383).
Abbildung 1 - Granados, Kauffman, Lai et. al. (2012), S. 383
In dieser Studie soll herausgefunden werden, ob die Strategie des à la carte pricing eine Produktdifferenzierung für Kunden wahrnehmbar möglich macht und ob dies einen Einfluss auf die Gewinne der Airlines hat.
Hierfür wird die Preiselastizität der Nachfrage analysiert. Für die Flugindustrie bedeutet das, dass mehrere Faktoren berücksichtigt werden müssen (Vgl. ebd. S. 384):
- Viele Substitute [ähnliche Produkte] führen zu einer höheren Preiselastizität [bei Preisveränderung reagiert die Nachfrage], während bei differenzierten Angeboten der gegenteilige Effekt passiert.
- Steigende Einkommen ermöglicht eine Steigerung der Reiseaktivität.
- Die Flugdauer hat einen Effekt in beide Richtungen, weil längere Flüge eine geringere Nachfrage haben als kürze, dafür gibt es für Langstreckenflüge weniger Substitute.
- Der Reisegrund (Business oder Freizeit) beeinflusst wie wertvoll Zeit der Reisedauer für Kunden.
Daten
Untersucht wurden rund 2 Millionen Buchungen von 40 Städtepaaren im Februar und März 2009 sowie Februar bis April 2010. Ein Datensatz enthält Abflug-, Ankunftsort, Reise- und Buchungsdatum, Klasse, Name des Händlers, Leistungen, Frequent-Flyer-Nummer Status des Kunden. Die Datensätze wurden nach der Art des channels und des Reisegrundes geclustert (Vgl. ebd. S. 384f).
Ergebnisse
Die Analyse der vorhandenen Daten zeigt, dass KonsumentInnen preisunelastischer gegenüber à la carte Verkaufskanälen sind als bei traditionellen Zwischenhändlern sind. Außerdem ist anzumerken, dass Businesstraveler und Vielflieger stärker als Freizeitflieger Tickets à la carte kaufen, weil die Informationstransparenz der Bündel für sie ausschlaggebend ist. Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass High-End (Premium) Bündel preisunelastischer in Bezug auf die Nachfrage sind als Low-End Angebote.
Für Airlines bedeutet das, dass sie die Varianten ihrer Bündel klar und eindeutig von einander abgrenzen sollen und den Transparenzgrad hoch halten sollen um sowohl Business als auch Freizeitflieger gewinnen zu können. Neben den Bündelvarianten und den weg- und dazunehmbaren Services ist das Preis-Leistungsverhältnis von entscheidender Bedeutung.
Doch es geht nicht nur darum günstige Bündelvarianten anzubieten, sondern die richtigen Services zu inkludieren und die richtigen Informationen zur Verfügung zu stellen. Es ist anzumerken, dass jene Personen, die bereits von à la carte Angeboten Gebrauch machen, dies dazu verwenden, auf Zusatzangebote verzichten um den Preis zu drücken bzw. vom gekauften Service nicht enttäuscht zu werden. Ein höherer Informationsgrad kann hier hilfreich sein um doch einen zusätzlichen Service zu kaufen (Vgl. ebd., S. 389ff).
Kritik und persönliche Meinung
Der Artikel behandelt aus meiner Sicht eine sehr spannende Strategie Transparenz als win-win Situation für Airlines und KonsumentInnen einzusetzen. Durch das Bewusstmachen des Produktes (in diesem Fall die inkludierten Leistungen) können so unnötige Kosten auf beiden Seiten eingespart werden und vor allem können Kundenwünsche besser erforscht und bedient werden, denn aus meiner Sicht kann dies im Zuge von Pauschalangeboten nicht erreicht werden. zB stellt sich mir die Frage ob es wirklich notwendig ist auf einem 1,5h innereuropäischen Flug standardmäßig ein kleines Sandwich zu verteilen? Für manche Passagiere wahrscheinlich schon, anderen Personen könnte es mehr wert sein weniger für den Flug zu bezahlen. Mit der Flexibilisierung der Leistungen können sich vollkommen neue Geschäftsmodelle in der Flugbranche eröffnen, deren Basis ein möglichst hoher Grad an Informationstransparenz und somit Vergleichbarkeit ist.
Quellen:
Granados, N., Kauffman, R., Lai, H., Lin, H. (2012), À la carte pricing and price elasticity of demand in air travel, in: Decision Support Systems 53 (2012), S. 381-394, URL:http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0167923612000358, download am 24.10.2016
Business und Freizeitreisende..
kerstin.wasmeyer.uni-linz, 8. November 2016, 22:00
...werden auch in meinem Artikel untersucht. Es interessant, dass die Businessreisenden in den Ergebnissen deines Artikels die Transparenz mehr nutzen und schätzen. In den Ergebnissen meines Artikels sind es die Businessreisenden die mehr auf die traditionellen offline Kanäle vertrauen und nicht dem Nutzen des Preisvergleiches im Onlinebereich erliegen. Aber das eine schließt ja das andere nicht aus.
Aber es zeigt schön auf, das bei solchen Untersuchungen die Unterscheidung zwischen den verschiedenen Flugtypen wichtig ist. Eventuell ist diese Unterscheidung zwischen Freizeit und Business sogar manchmal noch zu wenig um bei bestimmten Fragestellungen auf klare Antworten und Ergebnisse zu kommen.
Ich war auch überrascht
magdalena.giegler.uni-linz, 9. November 2016, 09:20
Ich schließe mich hier Kerstin Wasmeyer an, ich hätte auch eher damit gerechnet, dass Freizeitflieger mehr Tickets á la carte kaufen. Ich spreche auch aus eigener Erfahrung. Eurowings bietet ja nun genau jenes á la carte System an. Als ich bei einem innereuropäischen Kurzstreckenflug die Wahl hatte, nur fast die Hälfte zu zahlen, dafür nur mit Handgepäck und ohne Sandwich und Cola während dem Flug, habe ich diese mit dem größtem Vergnügen ergriffen. Dafür würde ich denken, dass im Businessbereich, gewisse Standtards gewünscht werden. So nach dem Motto: "Wenn es schon für die Arbeit ist, sollte es auch gemütlich sein." Möglicherweise kommt ja sogar der Arbeitgeber für die Reisekosten auf, dann würde ich als Bucher vielleicht auch eher eine komfortablere Variante wählen. Auf jeden Fall ein spannendes und für mich doch auch unerwartetes Ergebnis.
Erklärungsversuch
darja.kneissl.uni-linz, 9. November 2016, 14:30
Der Artikel geht leider nicht genauer auf die Gründe für die preisunelastischere Nachfrage bei Vielfliegern ein. Ein Erklärungsversuch meinerseits ist, dass durch die Personalisierbarkeit der Leistungen persönliche Bedürfnisse von Businesstravelern besser erfüllt werden können. Bei den Pauschalflügen der der Zwischenhändler gibt es lediglich eine Einteilung in Klassen. Das à la carte Modell sieht allerdings vor, zusätliche Services dazu oder weg buchen zu können. Zum Beispiel: Jemand benötigt einen Kurzstreckenflug und möchte auf Snack's und Getränke verzichten. Normalerweise würde man einen Sitz in der Economy Class buchen. Benötigt diese Person aber WLAN um die Zeit effizient nutzen zu können, sollte diese Person eine Ticket in der Businessclass buchen, welches erheblich teurer ist und Snack's und Getränke beinhalten würde. Durch das à la carte Modell könnte diese Person für einen bestimmten Aufpreis eine Ticket in der Economy Class inkl. WLAN buchen.
Ich denke dem Argument "das zahlt ja eh die Firma" sollte nicht all zu viel Bedeutung beigemessen wereden, denn auch diese Firmen wollen ökonomisch agieren und könnten auf diesem Web einiges an Kosten einsparen.
Unterscheidung Flugtypen
jasmin.hopf.uni-linz, 9. November 2016, 15:53
Gerade im Business Bereich werden fast immer Reisekosten von der Firma übernommen, deshalb ist der Preis nicht zwingnd die ausschlaggebende Variable. Viele wollen es wie gesagt komfortabel haben und einige Zusatzleistungen dazubuchen, die sie als Privatperson ja ohnehin nicht bezahlen müssen. Die Unterscheidung der Flugtypen behandelt auch mein Artikel. Einerseits sagen Baye, Morgan und Scholten, dass es drei unterschiedliche Flugtickets-Suchtypen gibt, andererseits werden Touristen klar von Business Kunden unterschieden. Da sich heute Flugbuchungen zum Großteil im Internet abspielen ist es besonders auch für Billigfluganbieter wichtig, die Kunden zu identifizieren. Dies gelingt ihnen aber teilweise schon mit einfachen Mitteln, wie etwa die Speicherung des Suchverlaufs; bestimmte Flug-Wochentage, bestimmte Ferienzeiten, bestimmte Strecken und Flugzeiten können dazu verwendet werden um einen Kunden als Freizeitflieger oder als Business Kunden zu identifizieren um so zugeschnittene Angebote zu liefern.