The New Alexandrians

markus.haslinger.uni-linz, 10. April 2013, 19:46

 

Introduction

Das Bereitstellen von Informationen, oder mittlerweile vielmehr unterschiedlichsten Daten, kann als eine Kernkompetenz des Internets angesehen werden. Das ist eine Grundvoraussetzung für Don Tapscott’s These, dass wir uns auf ein Zeitalter eines neuen Alexandrias zubewegen bzw. schon mitten darin befinden. Denn in der Hochzeit der Bibliothek waren Besucher von Alexandria verpflichtet alle Schriften die sie mit sich führten kopieren zu lassen um den Bestand der Bibliothek zum Wohle aller zu erweitern. Dadurch kam eine für die damalige Zeit gewaltige Sammlung an Wissen zusammen. Allerdings sind die heutigen Anforderungen an eine solche „Bibliothek“ weitaus höher, denn es endet nicht beim simplen Sammeln von Informationen sondern vielmehr entsteht der entscheidende Mehrwert erst durch ein gemeinsames Erstellen, Sichten und Verarbeiten des Wissens. Auch hierfür stellt das Web die notwendige Grundlage dar um Zusammenarbeit unterschiedlichster Persönlichkeiten über Kulturen, Kontinente und Zeitzonen hinweg zu ermöglichen. [Tapscott & Williams 2006], [Soundview 2007]

Dabei gibt es verschiedene Ansätze. Einerseits werden kostenlos verfügbare Datenbanken von Freiwilligen befüllt und gewartet oder Unternehmen stellen selbst generierte oder gesammelte Daten für die Allgemeinheit zur Verfügung wobei dann im Normalfall eine Gewinnabsicht im Hintergrund steht. Andererseits sind wir von der Utopie einer kostenlos zugänglichen Schriftensammlung weit entfernt, hüten die Verlage und Autoren ihre Werke doch sorgfältig. [Chausis 2009], [ZDNet 2008]

 

Beispiele

Das Paradebeispiel für das gemeinschaftliche Zusammentragen und Bearbeiten von Informationen die öffentlich gemacht werden ist sicher die Wikipedia. Betrieben von der Wikimedia Foundation ohne direkte Gewinnabsicht und mit der Art der angebotenen Daten entspricht die Wikipedia wohl am ehesten dem Vorbild einer modernen Bibliothek von Alexandria. Auch in Anbetracht dessen, dass im modernen Web die Menschen nicht mehr die einzigen Nutzer sind, werden die Daten der Wikipedia mittels dbpedia.org in einer maschinenlesbaren Form für das Semantic Web bereitgestellt.

Google hat es sich zum Ziel gesetzt alle Bücher zu digitalisieren und online zur Verfügung zu stellen. Das wäre an sich ein nobles Vorhaben im Sinne von Tapscott und Alexandria. Allerdings steht dahinter natürlich eine Gewinnabsicht und die Verlage sind ebenfalls nicht besonders glücklich ihrer Geschäftsgrundlage beraubt zu werden. [Chausis 2009]
Ähnlich sieht es leider gerade auch in der akademischen Welt aus, wo die für die wissenschaftliche Arbeit notwendigen Publikationen zwar praktisch zur Gänze online abrufbar sind, jedoch lassen sich die großen Datenbanken (z.B. IEEE Explore, ACM Digital Library) und in Folge die Verlage den Zugang dazu teuer bezahlen. Damit stehen die Informationen zwar zur Verfügung, jedoch nur für einen stark eingeschränkten Nutzerkreis.

Auch Kartendaten sind online jederzeit und in einer nie gekannten Qualität verfügbar. Wiederum gibt es, wie für beinahe jede Art von Daten, kommerzielle Anbieter wie Bing Maps oder Google Maps die sich durch das zur Verfügung stellen direkte oder indirekte Einnahmen erwarten und es gibt gemeinschaftlich organisierte Projekte wie Open Street Map. Entweder werden neue Inhalte durch das Verknüpfen von Daten gewonnen, z.B. durch das Anzeigen oder sogar Hinzufügen von interessanten Orten (POIs) oder die Daten werden wie im Fall von OSM direkt durch die Benutzer erhoben – wobei ohne Zusammenarbeit kein sinnvolles Resultat erreichbar wäre.

Tapscott selbst führt das Human Genome Project an, bei dem sich große Pharmaunternehmen zusammengeschlossen haben um das menschliche Genom zu katalogisieren. Eine so große Aufgabe erfordert mehr Ressourcen, als ein einzelnes Unternehmen aufbringen könnte. Insofern profitieren die Beteiligten mehr davon nicht eifersüchtig über die erarbeiteten Daten zu wachen sondern diese mit anderen zu teilen um im Gegenzug auch Zugang zu deren Informationen zu erhalten. Ein solches Vorgehen kann nur wirtschaftlich sinnvoll sein, wenn die Daten an sich noch keinen direkten Wert darstellen sondern erst das darauf aufbauende Produkt. [Fuchs 2008], [ZDNet 2008]

Ein weiteres Beispiel sind die Stackexchange Sites (http://stackexchange.com/sites#) die vor allem in der Welt der Programmierer, Softwarearchitekten und Administratoren großen Anklang findet. Jeder Nutzer kann Fragen stellen und beantworten, die nicht nur auf der richtigen Site sondern auch in der richtigen Kategorie (mittels ‚tags‘) landen müssen um von den richtigen Leuten gelesen zu werden. Ein rigoroses Bewertungssystem sorgt dafür, dass nur von der weltweiten Community als gut beurteilte Fragen und Antworten am oberen Ende der Liste bleiben und fehlerhafte Antworten oder auch ‚bad practises‘ nicht nur als solche gekennzeichnet werden sondern auch möglichst aus dem Blickfeld verschwinden. Das System ist kostenlos zu verwenden und die zukünftige Ausrichtung wird von der Community stark mitgestaltet. Hier werden somit möglichst gute Antworten auf ganz spezifische Fragen gegeben, die nicht nur die generelle Softwarequalität verbessern sondern auch enorm viel Zeit sparen können und gerade in der IT sind Mannstunden der größte Kostenfaktor.

 

Conclusion

Das Web bietet fantastische Möglichkeiten gemeinsam, qualitative Informationen zusammenzutragen und vor allem auch sinnvoll durchsuchbar bereitzustellen. Durch zahlreiche Communityprojekte und Firmen, die sich durch das Bereitstellen von Informationen direkt oder indirekt finanzieren, können zu praktisch jedem Thema bereits Daten gefunden werden. Doch nicht immer ist deren Qualität besonders gut. Das liegt auch daran, dass eine Möglichkeit gefunden werden muss um die Schöpfer hochwertiger Werke für ihre Leistung zu entschädigen da diese andernfalls nicht kostenfrei für alle bereitgestellt werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt wird die von Tapscott prophezeite moderne Bibliothek von Alexandria nicht vollständig sein.

 

References

[Tapscott & Williams 2006] Don Tapscott and Anthony D. Williams, Wikinomics: How Mass Collaboration Changes Everything, New York: Penguin, 2006.

[Soundview 2007] Soundview Executive Book Summaries, Vol. 29, No. 4, Part 1, April 2007

[ZDNet 2008] Ed Gottsman, Wikinomics 5: The New Alexandrians, February 2008, http://www.zdnet.com/blog/btl/wikinomics-5-the-new-alexandrians/7983, Zugriff am 09.04.2013

[Fuchs 2008] Christian Fuchs: Book Review of Wikinomics: How Mass Collaboration Changes Everything, International Journal of Communication 2, 2008

[Chausis 2009] Charlene Chausis, Chapter 6: The New Alexandrians - Sharing for Science and the Science of Sharing, January 2009, http://wikinomics-book-study.blogspot.co.at/2009/01/chapter-6-new-alexandrians.html, Zugriff am 09.04.2013

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