Samstag, 2. April 2005
Kontrolle der vielen Augen versus Kontrolle der qualifizierten Augen
florian_heuse_salzburg, 22:27h
Im akademisch-wissenschaftlichen Bereich sind schon lange Peer-Reviews bei wissenschaftlichen Zeitungsartikeln üblich. Bei Peer-Reviews werden die Artikel vor der Veröffentlichung von zwei oder drei unabhängigen Experten aus demselben Fachgebiet des Artikels durchgesehen, die Verbesserungsvorschläge machen oder das endgültige Ok für die Veröffentlichung erteilen. Die Unabhängigkeit des Gutachters ist dabei sehr wichtig und ein wesentliches Kriterium des Peer-Review. Die Anonymität des Verfassers muss nicht gegeben sein und durch diese Methode können auch keine Fälschungen aufgedeckt werden, da der Gutachter auf die Richtigkeit der Fakten und Daten vertrauen muss. Auch das wohl bekannteste Wikiweb, nämlich Wikipedia hat diese Idee der Peer-Review-artigen Qualitätssicherung aufgegriffen und nennt das Verfahren Wikipedia Review. Artikel, die man selber verfasst hat und an denen man nichts mehr auszusetzen hat, oder wo man sich ausserstande sieht gewisse Aspekte selber zu behandeln, sollen nochmals anderen vorgelegt werden und auch mit einer Literaturliste im Wikipedia üblichen Format versehen werden. Durch die Einbeziehung von Fachfremden verspricht sich Wikipedia eine Auflockerung im Sinne einer für alle verständlichen Sprache. Experten sollen den Artikel nochmals inhaltlich fundieren. Jeder Wikipedia Nutzer hat die Möglichkeit besonders gute Artikel in eine Liste einzutragen, wo dann darüber abgestimmt wird, ob er als exzellenter Artikel im Wikipedia aufgenommen wird. Wikipedia schweigt sich allerdings darüber aus, wer den nun qualifiziert genug ist bei der Abstimmung teilzunehmen, allerdings werden Mindestanforderungen die ein Artikel haben muss angeführt. Qualitäsmerkmale exzellenter Artikel Exzellente Artikel sollten zumindest ein paar dieser Merkmale erfüllen, siehe auch Wie schreibe ich gute Artikel, The perfect article und Brilliant prose. Über diese Empfehlungen kann auf Wikipedia Diskussion:Kandidaten für exzellente Artikel diskutiert werden. Einige Regeln gibt es auch zur Abstimmung. Diese will ich hier aber nicht explizit aufführen und für interessierte sind sie hier nachlesbar. Beim klassischen Peer-Review System gibt es natürlich auch Nachteile. Abweichende Forschungsansätze könnten natürlich negativ bewertet werden. Die subjektive Meinung spielt als auch hier eine große Rolle und ein Vorteil der Kontrolle durch die vielen Augen ist, dass die subjektive Meinung abgeschwächt wird, oder man kann auch sagen, dass sie in der Masse untergeht. Ich habe hier im Weblog explizit die Qualitätsmerkmale exzellenter Artikel, herausgegeben durch Wikipedia, aufgelistet, da sie sehr wohl auch auf unser Projekt zutreffen. Peer-Reviews waren jahrelang das Rückgrat wissenschaflticher Arbeiten und obwohl viele renomierte Autoren und Wissenschaftler auf das Open-Source System drängen, werden sich in absehbarer Zeit die Bewertung der Qualitätsmerkmale nicht völlig ändern. Das System des Peer-Review bleibt erhalten, wenn auch nicht mehr in der konservativen Form. Es werden sich Content Pools bilden in denen Wissenschaftler im Sinne des Open Source Prinzips veröffentlichen und natürlich auch selber darin lesen. Im Sinne der freien Marktwirtschaft wird sehr schnell eine Polarisation von statten gehen und auf Grund der Teilnehmer kann man bestimmt Rückschlüsse auf die Qualität dieser Content Pools ziehen. Vereinfacht gesagt, stimmt die Qualität auf der Plattform nicht, werden keine Leser kommen oder umgekehrt. Kuhlen meinte ja in dem Artikel sinngemäß, dass es gerade für uns Europäer so wichtig ist, dass eine Arbeit genau identifizierbar ist und dass sein eigener Text einem genau zugeordnet werden können muss. Die Anonymität im Internet oder in solchen Content Pools ist aber nicht zwingend notwendig und durch das Tool, das uns Herr Herzog vorgestellt hat, besitzt man ja die Möglichkeit gewisse Meinungsmacher, oder wie ich sie bezeichnen würde Alpha-Tierchen sichtbar zu machen. Das es solche Meinungsmacher auch im virtuellen Raum gibt ist unumstritten und die Gefahr besteht, dass nun sie für die Qualitäskriterien verantwortlich sind und ihnen die „unwissende“ Masse der User folgen. Es kann sogar zu einem Phänomen der Schweigespirale kommen. Gerade bei kontroversen Themen kann es passieren, dass Menschen, deren Meinung nicht mit der von der Masse repräsentierten Mehrheitsmeinung übereinstimmt, zum Schweigen motiviert werden; damit könnte letztlich sogar eine schweigende Mehrheit entstehen. Eine Minderheitenmeinung wird von der Masse im Keim erstickt. Natürlich sind auch Experten auf einem Gebiet von diesem Problem betroffen. Als Beispiel: 100 Leute schreiben einen Beitrag und 99 Leute definieren einen Begriff ähnlich, und nur ein Kollaborateur veröffentlicht eine richtige Definition zu einem ihnen völlig unbekannten Begriff, dann werden auch Sie der Mehrheit glauben schenken. Ich will mich nicht darauf festlegen, dass es nicht möglich ist, dass die Masse für die Erhaltung der Qualität verantwortlich ist, aber ich denke, dass es einfach Vorreiter geben muss. Viele Wissenschaftler begrüßen die Open-Source Bewegung, so wie ich und ich sage, dass es nicht reicht, dass sie ihre Werke öffentlich zugänglich machen und sich dann wieder zurückziehen. Ich bin für die Errichtung von Content-Pools, wo die Autoren aktiv teilnehmen im Sinne eines kolaborativen Arbeitens. Die Experten kritisieren und ergänzen sich selbst. Es ist nun mal so, dass die breite Masse zu wenig qualifiziert ist für spezielle Themen und da braucht es Experten. Wir sind Kommunikationswissenschafter, weil wir für dieses Sachgebiet ausgebildet werden und darum fehlt uns einfach die nötige Kompetenz um mit ausgebildeten Physikern ernsthaft über die spezielle Relativitätstheroie zu diskutieren. Es ist aber durchaus möglich und sehr bereichernd, dass keine Experten auch ihre Statements in Form von Kommentaren etc. abgeben können. Dies kann zu neuen Gedankenexperimenten führen oder zu praktischen Anwendungen von gewissem Wissen. Es bedarf aber Moderatoren und auch in unserem Projekt ist ein Moderator, bzw. mehrere Moderatoren notwendig. Ein anderes Gedankenexperiment von mir wäre einfach die Erschaffung eines ersten allgemein zugänglichen Content-Pools. Ein ausgewählter Personenkreis, deren Kompetenz hinsichtlich des Themas nachgewiesen ist, fungiert als Moderator und selektiert den Inhalt des ersten Content-Pools. Bei einer Diskussion würde, dies zum Beispiel bedeuten, dass die Moderatoren die Aussagen klar auf eine Pro- und auf eine Contra Seite schieben. Diese Zusammenfassung wird nun neuerlich in einem zweiten Content-Pool, der periodisch aktualisiert wird veröffentlicht. Der erste Content-Pool wäre nun für Jederfrau/mann zugänglich und dort könnte frei ab von jeglichen Regeln (bis auf wenige Ausnahmen) diskutiert werden. Das wäre dann die Arbeitsplattform für das kolaborative Lernen. In großen Konzernen wäre das die Arbeit von internen Gruppen, die man aber dort normalerweise nicht sieht, sondern nur das Ergebnis und in dem besagten Fall, wäre das Ergebnis der zweite Content-Pool. Abschliessend will ich dazu sagen, dass eben immer mehr Stimmen für eine Open-Source Bewegung laut werden und es tut sich auf diesem Bereich zum Glück einiges, aber Teilbereiche, wie die nötige Qualitätssicherung werden entweder sehr stiefmütterlich behandelt oder gar ausser Acht gelassen, was natürlich zur Qualitätskatasthrophe führen kann. Quellen(alle aufgerufen am 2.April 2005)OQ1 Peer-Review OQ2 Wikipedia-Review OQ3 Kanditat OQ4 OPEN OQ5 Intelligence, ... link (4 comments) ... comment |
Hallo
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Probleme eines öffentlichen Mediums
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