Statement Statement: Leistungsschutzrecht

thomas.groebner.uni-sbg, 21. Juni 2012, 15:01

Die Urheberrechtsdebatte ist um ein weiteres Kapitel ergänzt worden. In der Tradition von ACTA, Gema und Co. wird eine Modifikation des Urheberrechts diskutiert, die die Verwertungsrechte von Verlagen stärken sollen. Besonders der Schutz von Snippets und die Einbeziehung von Blogs zöge weitreichende Umwälzungen in Netz nach sich.

Inhalt des Leistungsschutzrechts: 

Das Urheberrechtsgesetz soll um neue Paragraphen ergänzt werden. Um als Presseerzeugnisse zu gelten und vom Urheberrecht gedeckt zu werden, sind folgende Kriterien aufgeführt:

  • redaktionell-technische Festlegung journalistischer Beiträge
  • unter einem Titel
  • auf beliebigen Trägern
  • periodisch veröffentlichte Sammlung (siehe S. 4 Gesetzesentwurf)

Zusätzlich wird noch Werbung und Verlagsarbeit abgegrenzt. Auch zeitlich gibt es eine Einschränkung: Nach Ablauf eines Jahres dürfen Beiträge für "nicht gewerbliche Zwecke" veröffentlicht werden. Es werden dabei auch schon "kleine Teile" eines verlegerischen Produkts geschützt, heißt es in dem Entwurf. Darunter würden auch die automatisch generierten "Snippets" von Suchmaschinen fallen. 

Pro-Argument:
Erstellte Leistung soll bezahlt werden. Dagegen hat niemand etwas einzuwenden. Zurecht sollen hier Geschäftsmodelle, die sich systematisch der kostenlosen Verwendung von teuer erstellten journalistischen Inhalten  bediehnen, verhindert werden. Sie gefährden die Verlage und hätten eine Beteiligung bzw. eine Vergütung verdient. Schutzrechte, wie sie die Musikindustrie bereits hat, müssten auch für die Verlage gelten. 

Angela Merkel auf einem Zeitungskongress 2011 dazu: 

"Verlegerische Leistungen kosten Zeit und Geld. Deswegen kann ich auch gut verstehen, dass ein Leistungsschutzrecht für Verleger gefordert wird. Deshalb arbeitet die Bundesregierung derzeit an einem Gesetzentwurf, der das Urheberrecht weiter an die Anforderungen einer modernen Informationsgesellschaft anpassen soll. Wir haben es nicht vergessen; es wird vorangetrieben. Wir streben eine ausgewogene Regelung an, die den berechtigten Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt.“

 

Contra-Argumente: 

Ein wesentlicher Kritikpunkt ist die Ausdehnung des geschützten Bereichs auf die "Snippets", die Voransicht. Damit werden nicht nur Suchmaschinenergebnisse unter das Leistungsschutzrecht fallen, sondern auch Linklisten etc. Denn geben die URL´s bereits die Überschrift des Titels an, fallen die eigentlich ausgenommen Links wieder unter das Leistungsrecht. 

"Die praktischen Auswirkungen wären verheerend, was sich am Beispiel Google News zeigt. Falls der Dienst nicht mit allen Presseverlegern Lizenzverträge schließen kann, bevor das Leistungsschutzrecht in Kraft tritt (oder die Übergangsfrist abgelaufen ist), müsste er bis auf weiteres eingestellt werden. Auch die normalen Suchmaschinen operieren natürlich mit kurzen Textausschnitten der verlinkten Seiten (Snippets). Würden nur Links angezeigt, hätten sie für den Nutzer kaum noch einen Sinn." (irights.info)

Ebenfalls betroffen wären damit Tweeds, beispielsweise: @zeitonline: „Schwarz-Gelb einigt sich auf Leistungsschutzrecht“ http://bit.ly/KtSSrf #lsr   Quelle (irights.info)

Kritiker befürchten, dass das Leistungsschutzrecht über das Ziel hinausschießt. Beim Bemühen, journalistische und verlegerische Tätigkeit zu schützen, entsteht eine neue Rechtssituation, die eine neue Abmahnwelle verursachen kann und zusätzliche Rechtsunsicherheit für den User entstehen. 

Welche kuriosen Geschäftsmodelle sich aus diesem Gesetzesentwurf ableiten ließen beschreibt der freie Journalist Marius Sixtus anschaulich: Mit seinem Geschäftsmodell könnte man täglich Millionen verdienen. Und Google wäre ganz schnell pleite. Ist das Gesetzt schon gescheitert, bevor es überhaupt das Plenum erreicht? Oder ist das Gesetzt einfach deshalb so offen und schlampig formuliert, damit es sich selbst erledigt? Die Diskussion um Urheber, Verwerter und Verbraucher wird weitergehen. Mit oder ohne Leistungsschutzrecht.

 

Quellen:

Entwurf Leistungsschutzrecht: http://www.irights.info/userfiles/RefE%20LSR.pdf

http://leistungsschutzrecht.info/stimmen-zum-lsr/audio-video-grafik/rede-von-bundeskanzlerin-angela-merkel-anlaesslich-des-zeitungskongresses-des-bundesverbandes

http://irights.info/?q=content/referentenentwurf-zum-leistungsschutzrecht-eine-erste-ausfuhrliche-analyse

http://sixtus.cc/wie-man-das-leistungsschutzrecht-trollt-oder

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