Braucht das Urheberrecht eine Revolution?
jessika.jaspersen.uni-linz, 19. Mai 2012, 11:37
Aufgabenstellung:
Suchen Sie mindestens zwei (mit Quellen hinterlegte) Argumente, warum das heute geltende Urheberrrecht der "digitalen Gesellschaft" nicht mehr entspricht. Nehmen Sie Stellung zur Argumentation.
Argument 1:
Die "Salzburger Nachrichten" berichten von einer neuen Musik-Plattform aus der Schweiz. Filmproduzenten oder Youtube-Nutzer haben auf dieser Plattform die Möglichkeit einen von zur Zeit 14.000 Musiktiteln zu wählen, um diesen zum Beispiel für kommerzielle Zwecke zu nutzen. Ein Ausbau der Plattform ist auf Grund der sehr guten Nachfrage geplant und das nächste Ziel liegt bei 200.000 Titeln (Salzburger Nachrichten, 16.05.2012)
Stellungnahme:
Ich denke, dass diese Plattform der richtige Weg ist! Gerade private Nutzer haben so die Möglichkeit schnell und einfach eine Lizenz zur Nutzung eines Musiktitels zu erwerben. Hinzu kommt sicher auch, dass besonders junge Künstler bzw. noch nicht bekannte Künstler davon profitieren können.
Die Partei "Die Grünen" haben auf ihrer offiziellen Website eine extra pdf-Datei "Grüne Überlegungen zur Zukunft des Urheberrechts" zur Verfügung gestellt. Daher möchte ich gerne auf die wichtigsten Ideen der Partei eingehen.
Argument 2:
"Die Grünen" argumentieren, dass den meisten Nutzern nicht ausreichend Informationen zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass KonsumentInnen und UrheberInnen die zentralen Inhalte des Urheberrechts genau kennen ("Die Grünen", 2010, Seite 2)
Stellungnahme:
Ich denke, dass "Die Grünen" hier einen wichtigen Punkt aufgreifen. Ich kann mir gut vorstellen, dass sich vor allem die Youtube-Nutzer einer Verletzung des Urheberrechts nicht bewusst sind, besonders Minderjährige. Youtube hat sich zu einer Plattform für Privatvideos entwickelt, die sehr häufig von der Lieblingsmusik des KonsumentInnen unterlegt werden. Das hier eine Verletzung des Urheberrechts vorliegt ist den meisten KonsumentInnen sicher nicht bewusst.
Argument 3:
"Die Grünen" schlagen eine "Cultural Flat Rate" vor. Dabei soll der Internetnutzer einen monatlichen Aufschlag auf die Grundgebühren für den Internetzugang zahlen. Diese Mehreinnahmen sollen wiederum der Musik- und Filmindustrie zur Verfügung gestllt werden. Wobei diese "Flat Rate" nur für nicht kommerziell Zwecke gelten soll ("Die Grünen", 2010, Seite 3).
Stellungnahme:
Grundsätzlich finde ich die Idee auf den ersten Blick "gut". Ich denke aber, dass eine Umsetzung ziemlich schwieig wäre, da eine Kontrolle in dem Sinne nicht möglich wäre. Wenn ich zum Beispiel bei iTunes einen Titel kaufe, ist für mich als Käufer ganz klar, dass der Erwerb legal war. Doch wann macht eine "Flat Rate" für einen Internetnutzer wirklich Sinn? Außerdem wäre die Nutzung der "Flat Rate" sehr unterschiedlich. Die "Vielnutzer" werden besonders davon profitieren und genau hier sehe ich die größte Gefahr!
Argument 4:
Zum Schluss möchte ich erwähnen, dass "Die Grünen" eine raschere Digitalisierung von Büchern oder Filmen fordern, um auf schnelleren Weg online auf Bestände zugreifen zu können. Dies gilt insbesondere für vergriffene Bücher, ältere Bücher, die nicht mehr gedruckt werden, etc. ("Die Grünen", 2010, Seite 3).
Stellungnahme:
Grundsätzlich bin ich ebenfalls dafür, so viel Material online zur Verfügung zu stellen wie es geht. Schließlich entwickelt sich auch zur Zeit alles auf diesem Wege: Die JKU stellt möglichst viele E-Journale zur Verfügung, GoogleBooks erweitert stetig seinen Bestand an Online-Büchern, etc. Aber hier ist natürlich Handlungsbedarf, um dem Urheberrecht gerecht zu werden.
Argument 5:
Des weiteren fand ich einen interessanten Artikel bzgl. der Privatkopie im Urheberrecht. Die Website der Anwaltskanzlei "Rechtsanwälte Reichhardt und Schlotz" in Stuttgart informieren über dieses "schwierige" Thema. Laut dem Urheberrecht ist es erlaubt für private Zwecke zum Beispiel eine Kopie einer gekauften CD zu erstellen und diese dann im CD-Radio des eigenen Fahrzeuges zu verwenden. Außerdem dürfte ich diese kopierte CD zum Beispiel meinem Bruder schenken, da dieser zur näheren Verwandtschaft zählt. Nun ist diese Grenze aber eher "fließend" und schwierig zu beurteilen. Zum Schutz gegen Missbrauch, haben die Hersteller deshalb einen "Kopierschutz" (vgl. § 95a UrhG) vorgesehen. Dadurch ist es nicht mehr möglich eine CD/DVD für den privaten Gebrauch zu kopieren. Allerdings es es möglich die CD abzuspielen und wiederum mit einem separatem Tonbandgerät analog aufzunehmen ("Rechtsanwälte Reichhardt und Schlotz")
Stellungnahme:
Besonders dieses Argument zeigt auf, wie kompliziert das Urheberrecht wirklich ist! Auf der einen Seite ist es kaum möglich für den Verbraucher das Urheberrecht bis ins Detail zu verstehen und auf der anderen Seite ist es kaum möglich den Urhebern wirklich gerecht zu werden, sprich, die Waage zu finden. Denn wer soll wirklich überprüfen, ob ein Konsument seine Privatkopien ausschließlich privat nutzt? Woher soll ein Konsument wissen, ob er diese kopierte CD auch seiner Tante schenken darf? Es müssen einfache Strukturen her, die jeder genau versteht! Denn wie heißt es immer: "Unwissenheit schützt vor Strafe nicht!".
Quellenangaben:
"Die Grünen", 2010, "Grüne Überlegungen zur Zukunft des Urheberrechts", abgerufen am 16.05.2012
"Rechtsanwälte Reichhardt und Schlotz", "Die Privatkopie im Urheberrecht", abgerufen am 16.05.2012
Salzburger Nachrichten, "Schweizer Plattform vernetzt Künstler und Web-Nutzer", abgerufen am 16.05.2012
Kommentar inbesondre zu Deinem 5. Argument
horst.wallner.uni-linz, 19. Mai 2012, 11:57
Liebe Jessika! Ich finde Deine Beiträge sehr interessant und praxisorientiert. Besonders im Hinblick auf das Beispiel der Rechtsanwälte Reichhardt und Schlotz anknüpfend sieht man wie verkrustet die Strukturen des geltenden Urheberrechts sind. Relativ schnell gerät man heute (ohne sich dessen bewußt zu sein) in eine illegale Nutzung des Internets.
Ich teile Deine Meinung, dass "einfache Strukturen" für Nutzer unumgänglich sind. Insofern werden wir über kurz oder lang nicht umherkommen, das geltende Urheberrecht zu überarbeiten, vor allem aber für jedermann zu vereinfachen. Grundsätzlich ist das bestehende Urheberrecht in vielen Bereichen hilfreich, jedoch sind besonders Aspekte der neueren Zeit (wie in Deinem Beispiel die Musikindustrie) vernachlässigt, vielmehr nicht klar und für Alle verständlich geregelt.
Oftmals werden in diesem Zusammenhang auch die beiden Begriffe Privatkopie und Schwarzkopie (im Volksmund oft Raubkopie) verwechselt.
Wie in Deinen Ausführungen geschildert handelt es sich bei einer Privatkopie um die "Kopie eines urheberrechtlich geschützten Werkes für nicht gewerbliche und öffentliche Nutzung."
(wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Privatkopie, 19.05.12)
Bei Schwarzkopien von Medien wie Filmen, Musikstücken, Büchern, Computerprogrammen oder etwa Datenbanken unterbleibt die Bezahlung des Urhebers oder des Rechtsinhabers, die beim Kauf der legalen Kopie erfolgt wäre.
(wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzkopie, 19.05.12)
Weiterführende Informationen, etwa zu illegaler Nutzung im Internet (davon hatten wir allein etwa 3,7 Millionen in D im jahr 2010) findest du in meinem Beitag. Ich würde mich über Deinen Besuch samt Kommentar sehr freuen. l
Vielen Dank!
jessika.jaspersen.uni-linz, 21. Mai 2012, 21:38
Hallo Horst,
danke für deinen Beitrag. Da gebe ich dir Recht! Es wird im Fernsehen etc. oft mit "neuen" Begriffen um sich geworfen und leider genau den Angst gemacht, die am wenigsten daran Schuld sind, den Konsumenten...
Ich habe bei chip.de einen Bericht über "Raubkopierer" gefunden. Dabei geht es um Websites, die illegal Dateien zur Verfügung stellen. Diese Server stehen dann meist im Ausland und somit ist eine Ermittlung kaum möglich. (Quelle: chip.de, abgerufen am 21.05.2012)
Dadurch ist es für den Konsumenten leider oft schwierig zu unterscheiden was legal und was illegal ist.
Musik-Plattform
elisabeth.hummer.uni-linz, 19. Mai 2012, 14:24
Plattformen, die jungen Künstlern helfen, sich einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren, sehe ich sehr positiv. Wir haben ja auch im Seminar von der Creative-Commons-Bewegung gehört.
Junge Künstler sollen die Möglichkeit bekommen, ihre Werke zu veröffentlichen. Gerade am Anfang können Plattformen das Sprungbrett zu einer großen Karriere sein. Gab es nicht einen Sänger, der nur über YouTube berühmt wurde?
Natürlich sollen aber auch die Rechte geschützt bleiben. Und das sehe ich als Gratwanderung. Wie weit sollen Beschränkungen gehen, wo hören sie auf, wo beginnen sie?
Diese Fragen werden uns sicherlich noch viele Jahre begleiten, eine wirklich für alle zufriedenstellende Lösung ist sehr schwierig.
Habe mal gegooglet ;)
jessika.jaspersen.uni-linz, 21. Mai 2012, 21:12
Hallo Elisabeth,
Stimmt! Sind sogar sehr viele, die nur durch youtube auf sich aufmerksam machen konnten. Bei Justin Bieber hat es zum Beispiel so geklappt. Hier ein Bericht der Website "Lilipuz" Link (Quelle: Lilipuz, abgerufen am 21.05.2012)
YouTube als Sprungbrett
christoph.geisberger.uni-linz, 22. Mai 2012, 11:45
Auch die Künstlerin Lana del Ray wurde durch YouTube richtig bekannt. Sie hatte rund sechs Millionen Aufrufe ohne einen Plattenvertrag zu haben.
(Quelle: http://www.3sat.de/page/?source=/kulturzeit/themen/159908/index.html ; 22.05.2012)
Argumentation
natascha.wimhofer.uni-linz, 12. Juni 2012, 14:41
Ich denke auch, dass das größte Problem sein wird, eine Vereinheitlichung des Gesetzes zu finden, welche auch allen Usern bekannt und verständlich gemacht wird, damit das Problem der Unwissenehit nicht mehr auftritt. Solch eine Lösung wird sicher noch viele Jahre auf sich warten lassen bzw. bin ich mir nicht sicher ob solch eine Lösung jemals gefunden werden kann...??
Lg Natascha
Alternative Vermarktungsideen
christoph.gierlinger.uni-linz, 12. Juni 2012, 14:49
Zu diesem Thema fällt mir ein Bericht von FM4 aus dem Jahre 2009 ein in dem Über neue Modelle / Vermarktungsideen für Künstler gesprochen wurde. Hierbei habe ich mir gemerkt, dass die Band Radiohead ein Album gratis zur verfügung gestellt hat und Personen konnten eine freiwillige Spende geben. Radiohead hat damit eine großen Erfolg gelandet.
Natürlich ist zu bedenken, dass dieses System nicht für Junge Künstler funktionieren kann. Für diese wären zum Beispiel kleinere Live - Auftritte eine Überlegung wert in Kombination mit Eigenvermarktung auf Youtube.
Bezüglich einer Erneuerung des Urheberrechts finde ich, dass am Ende die Konsumenten und Internetuser und die Künstler profitieren sollten. Der Künstler sollte im Vordergrund steht und nicht ein Großkonzern, der Ihn eventuell vermarktet und das meiste Geld einstreift. Mit dieser Thematik habe ich mich bei meiner Aufgabenausarbeitung beschäftigt.
Argument 3
nadja elisabeth.haider.uni-linz, 4. Juni 2012, 12:14
Hallo Jessika,
Ich schließe mich hier deiner Meinung an.
Eine "Cultural Flat Rate" hört sich zunächst sehr gut an, aber auch ich sehe da ein gewisses "Verteilungsproblem". Zum Einen bei den Usern: Die Einen nutzen das Service mehr und die Anderen weniger bzw. gar nicht und müssen auch das gleiche Entgelt über die Grundgebühr mitzahlen. Zum Anderen sollen die zusätzlichen Einnahmen - wie oben vorgeschlagen - NUR der Film- und Musikindustrie überlassen werden. Bekommen die "restlichen Urheber" nichts davon ab?
Näher betrachtet ist der Vorschlag einer "Cultural Flat Rate" weniger attraktiv um das Urheberrechts-Problem zu lösen (außer natürlich für den vorgesehenen Profiteur)!
LG Nadja
Argument Kulturflatrate und Verteilungsproblem
christoph.koch.uni-linz, 13. Juni 2012, 14:14
Hallo,
also ich finde die Kulturflatrate durchaus sinnvoll. Klar, die jetzigen Modelle sind noch nicht ausgereift und es wird bestimmt nicht so leicht eine Lösung zu finden, die den Vorstellungen aller Beteiligten gerecht wird.
Klar sollten die Einnahmen allen Urhebern zugute kommen. Aber dein Argument "die Einen nutzen das Service mehr und die Anderen weniger" kann ich nicht ganz teilen. Viele Abgaben müssen alle gleichermaßen zahlen, egal wie sehr sie dieses Service nutzen. Als Beispiel fällt mir die Kfz-Steuer hier in Österreich ein. Sobald du ein Auto angemeldet hast, zahlst du dafür Steuern (abhängig von der Leistung), egal ob du es täglich nutzt oder nur 2 Mal im Monat. Das Gleiche gilt für die GIS-Abgaben. Sobald du ein Empfangsgerät hast musst du zahlen, da spielt es keine Rolle wie oft die Glotze eingeschaltet ist.
Eine Möglichkeit einer Regelung fällt mir zum Thema Kulturflatrate schon ein: Man zahlt die Abgabe nach verfügbaren Datenvolumen. Diejenigen mit 5GB im Monat zahlen nur die Hälfte von denjenigen, die 10GB im Monat zur Verfügung haben usw.
Kommentar "Argument 4"
bernhard.brandstetter.uni-linz, 12. Juni 2012, 15:38
Hallo,
bin auch eindeutig der Meinung, dass vermehrt auf e-books zugegriffen werden soll. So ist ein Suchvorgang im Internet wesentlich schneller, als sich stundenlang in einer Bibliothek zu "quälen", um zum richtigen Inhalt zu gelangen.
Das dies jedoch nicht so leicht werden wird, beweist zum Beispiel folgender Artikel, der sich auf amerikanische Unis bezieht: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/urheberrecht-autoren-klagen-gegen-buchdigitalisierung-an-unis-a-785916.html (Zugegriffen am: 12.6.2012). Obwohl meiner Meinung nach das Urheberrecht in Amerika nicht so streng ist, wie jenes in Europa, kann man auch hier lesen, dass sich Autoren "zurecht" gegen die Digitatlisierung von Büchern wendet.
Kommentar zum Argument 3
harald.landstetter.uni-linz, 16. Juni 2012, 16:37
Hallo Jessika!
Ich finde, deine Argumente sind generell interessant, zum Argument 3 möchte ich noch ergänzen, dass bereits eine Urheberrechtsreform angekündigt worden ist. Ein Teil dieser Reform wird die Einführung einer Festplattenabgabe sein. Die Einnahmen werden an die Künstler bzw. Urheber ausbezahlt sowie für soziale und kulturelle Zwecke verwendet.
lg Harald
Kommentar zum Argument 2
stefan.kailer.uni-linz, 17. Juni 2012, 03:38
"Die Grünen" argumentieren, dass den meisten Nutzern nicht ausreichend Informationen zur Verfügung stehen. Es ist wichtig, dass KonsumentInnen und UrheberInnen die zentralen Inhalte des Urheberrechts genau kennen ("Die Grünen", 2010, Seite 2)
Das Argument der Grünen finde ich sehr gut. Eine umfassende Aufklärung zum Thema Urheberrecht im Internet ist meiner Meinung nach 1 Schritt in die richtige Richtung. Ich bin mir sicher, dass viele Internet User sich einer Urheberrechtsverletzung gar nicht bewusst sind und das in diesem Bereich sehr viel Aufklärungbedarf vorhanden ist. Gerade Youtube ermöglicht ein einfaches Einbetten multimedialer Inhalte und somit eine virale Verbreitung aller Contentarten (Text, Bild, Audio, Video) - und das zum Nulltarif.
zu Argument 3
margit.gast.uni-linz, 17. Juni 2012, 22:04
Ich halte die Idee einer "Cultural Flat Rate" nicht für wahnsinnig sinnvoll, da es schwer zu differenzieren ist wer wieviel urheberrechtlich geschütztes Material in Anspruch nimmt und wie somit die Höhe einer solchen Flatrate festgelegt werden soll.