Andrea
 
Montag, 19. Jänner 2004

Schlüsselqualifikationen

Der Terminus Schlüsselqualifikation verfolgt einen ständig. Im Folgenden soll dieser Begriff näher erläutert werden, vor allem auch der Grund für dieses Konzept wird erläutert. Bei Schlüsselqualifikationen handelt es sich um eine besondere Form der Qualifikationen – aber was sind Qualifikationen überhaupt? REETZ (1990, S. 17) definiert den Begriff folgendermaßen:

„In dem Maße, in dem das Individuum in der Lage ist, sich mit der Situation handelnd auseinanderzusetzen, sie zu gestalten, zu bewältigen, erlangt die Person Handlungsfähigkeit. Besitzt diese Handlungsfähigkeit einen gewissen Grad von Reife und einen abgrenzbaren situativen Bezug, sprechen wir von „Qualifikationen“.“


Schlüsselqualifikationen haben sich aus folgenden Gründen entwickelt: Zum einen kann die Frage nach zukünftigen Anforderungen nicht mehr klar beantwortet werden. Der zunehmend raschere Wandel der Qualifikationsanforderungen erlaubt es nicht mehr, sich zu spezialisieren. Weiters gibt es auch noch große Veränderungen in der gesamten Berufswelt; man muss selbständig Probleme lösen können und generell viel flexibler reagieren (vgl. REETZ 1990, S. 16f.). Das Lernen ist ein lebensbegleitender Prozess und man muss die Fähigkeit besitzen, mit anderen ständig zu kooperieren.

Der Nationalökonom DIETER MERTENS (1974, S. 36) hat ein Schlüsselqualifikationskonzept entwickelt, welches er wie folgt definiert:

„Schlüsselqualifikationen sind demnach solche Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten, welche nicht unmittelbaren und begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Tätigkeiten erbringen, sondern vielmehr
* die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt, und
* die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens.“

Um diese Definition etwas verständlicher darzustellen: Gründe für die Entstehung der Schlüsselqualifikationen gibt es viele; wachsende Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt führen zu immer größeren Arbeitslosenzahlen, das Vordringen neuer Technologien erfordert neue Fähigkeiten,… Mertens war der Ansicht, dass Spezialwissen generell schnell veraltert und verfällt. Die Flexibilität der Auszubildenden sollte dadurch gesichert werden, dass die Vermittlung von purem Fachwissen in den Hintergrund gestellt wird und stattdessen Schlüsselqualifikationen in die Ausbildung einfließen – Schlüsselqualifikationen sollten als Schlüssel zur raschen Erschließung von wechselndem Spezialwissen dienen (vgl. REETZ 1990, S. 18ff.).

Folgende Fähigkeiten, Eigenschaften, Handlungsweisen oder Zielvorstellungen werden oft als Schlüsselqualifikationen bezeichnet:
* Teamfähigkeit
* Denken in Zusammenhängen
* Kommunikationsfähigkeit
* Problemlöseverhalten
* Selbstständigkeit
* Kooperationsfähigkeit
* Durchsetzungsvermögen
* Lernbereitschaft
* Lernfähigkeit
* Flexibilität
* Konzentrationsfähigkeit
* Entscheidungsfähigkeit
* verantwortungsvolles Handeln
* abstraktes Denken
* analytisches Denken
* Fähigkeit zur Informationsverarbeitung
* selbstständiges Lernen
* …

Schlüsselqualifikationen sind also relativ lang verwertbare Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zum Lösen gesellschaftlicher Probleme!

Mertens unterscheidet des Weiteren verschiedene Typen von Schlüsselqualifikationen (vgl. REETZ 1990, S. 19):

Basisqualifikationen:
Qualifikationen höherer Ordnung
Beispiel: Logisches Denken, kreatives Vorgehen, Diskussionsfähigkeit
(Basisqualifikationen ermöglichen die anderen Qualifikationen!)

Horizontqualifikationen:
Informiertheit über Information
= Beschaffung (im Sinne von „gewusst wo) und Umgang mit Informationen
Beispiele: Suchmaschinen im WWW, Umgang mit Bibliothekskatalog, Lesetechnik

Breitenelemente:
spezielle Kenntnisse, die zum Allgemeinwissen gehören
Beispiele: Lesen, Rechnen, Schreiben, Umgang mit Computer (dazu Weblog von Ursula Schersch : „Lernen mit Multimedia – unterhaltsam aber auch wirksam???“)

Vintage-Faktoren:
Aufhebung intergenerativer Bildungsdifferenzen in der Erwachsenenbildung
Beispiele: Handy, Email, jüngere Geschichte

Methoden zur Vermittlung von Schlüsselqualifikationen
Man muss Schlüsselqualifikationen trainieren und üben, bereits in der Schule. Im Unterricht können folgende Methoden eingesetzt werden, um Schlüsselqualifikationen aufzubauen und zu stärken:

* Fächerübergreifender Unterricht
* Lernstrategien im Unterricht
* Vernetztes Denken im Unterricht
* Problemorientierter Unterricht
* Rollenspiel
* Fallstudien
* Planspiel
* Projektunterricht

Es sei aber noch dringend darauf verwiesen, dass Schlüsselqualifikationen kein Rezept darstellen, mit welchem alle Probleme gelöst werden können (vgl. ZABECK 1989, S. 77).

Literatur:
MERTENS, D. (1974). Schlüsselqualifikationen. MittAB, 7. Jg., S. 36-43.

REETZ, L. (1990). Zur Bedeutung der Schlüsselqualifikationen in der Berufsbildung. In: Schlüsselqualifikationen. Hrsg. v. L. Reetz u. Th. Reitmann. Hamburg: Feldhaus, S. 16-35.

ZABECK, J. (1989). „Schlüsselqualifikationen“ – Zur Kritik einer didaktischen Zielformel. In: Wirtschaft und Erziehung 41, 3, S. 77-86.




Übrigens:
Sebastian Fiedler hat mich durch seinen Vortrag zu den neuen Lehr-Lern-Methoden am 10. Novemer 03 an der Universität in Linz dazu veranlasst, die Schlüsselqualifikationen in einem eigenen Beitrag zu behandeln!!

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