Aufgabe 3 - Gefragtes und geplagtes Urheberrecht
horst.wallner.uni-linz, 17. Juni 2012, 15:13
Argument 1: Radius der Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechte
Die technischen und wirtschaftlichen Veränderungsprozesse im nationalen und internationalen Segment beruhen in hohem Ausmaß auf den Möglichkeiten der digitalen Werkverwertung und seiner weitläufigen Verteilung in Kommunikationsnetzen, wie speziell dem Internet. Das dafür zuständige Schutzgesetz ist das Urheberrecht, dem ganz besonders der Schutz von technisch und betriebswirtschaftlich bedeutender Kompetenz entgegen tritt. Schon die Entwicklung bzw. Weiterentwicklung im Abschnitt des Software-Engineering führte zu einer Erweiterung des urheberrechtlichen Schutzbereiches in Betrachtung dieses Kompetenzbereiches. Die dynamische Entwicklung und die allgemeine Zustimmung zu weltweit ordnungsgemäß ablaufenden Kommunikationsnetzen wird den Radius der Verwertungsrechte, insbesondere jenen der Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechtes beeinträchtigen. Beruhigend ist dabei lediglich, dass die Obhut von Arbeiten in digitalisierter, also dem Netz gegenüber in geöffneter Form, aus heutiger Sicht vielfach bereits realisiert bzw. geklärt ist. Die Debatte um den Schutz der Computersoftware hat diesen positiven Aspekt mit sich gebracht. Die durch das World Wide Web hervorgerufene neue „urheberrechtliche Causa“ betrifft daher primär die Reichweite der Verwertungsrechte.
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Argument 2: „Globalisierung der Wirtschaft“ - rechtlich unterschiedliche Problemfelder
Mit dem Schlagwort „Globalisierung der Wirtschaft“ stellt sich ein weiterer relevanter Problembereich dar. Das Internet lässt sich ohne weiteres grenzüberschreitend nutzen. Daraus ergeben sich rechtlich unterschiedlichste Probleme. Sie sind für einen effektiven bzw. nachhaltigen urheberrechtlichen Schutz fundamental und aus rechtspolitischer Betrachtung extrem schwierig zu lösen. Die an Fahrt gewinnende „Europäisierung“ des Urheberrechts erreicht leider lediglich den Binnenmarkt. Das seit 1994 über die Initiative der WTO gültige TRIPS-Abkommen schützt in erster Linie nur die Eigentumsrechte an Computersoftware und Datensammlungen. Die international-privatrechtlichen Problemfälle der Inanspruchnahme diverser Werke bei grenzüberschreitender Internetnutzung sind dagegen noch weitgehend unbewältigt.
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Argument 3: TRIPS-Abkommen vs. Urheberrecht - zu wenig Harmonisierung
"Grundprinzipien des TRIPS-Abkommens sind die nationale Behandlung, die Gleichbehandlung allen Angehörigen der Mitgliedsstaaten sowie ausgeglichener Schutz zur Förderung der technischen Innovation und des Technologietransfers. Sowohl Hersteller als auch Nutzer sollen profitieren und wirtschaftlicher und sozialer Wohlstand sollen gesteigert werden. Das TRIPS-Abkommen regelt Rechtsgebeiete wie:
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Urheberrecht, Markenrecht und Patent,
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Geschmacksmuster,
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Geographische Angaben,
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den Schutz des Geschäftsgeheimnisses;
Da der Vertrag den Mitgliedsstaaten nur Mindeststandards auferlegt, gewähren viele Staaten weitgehende Rechte. So erlischt beispielsweise in Deutschland und allen anderen Staaten der EU das Urheberrecht erst 70 Jahre ab dem Tod des Urhebers, während das TRIPS-Abkommen nur 50 Jahre vorschreibt."
(wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_%C3%BCber_handelsbezogene_Aspekte_der_Rechte_des_geistigen_Eigentums#cite_note-0, 17.05.12)
Hier haben wir de facto den Fall, dass das zwar zuvor schon oftmals als veraltet geheißene europäische Urheberrecht mehr Schutz als ein jüngeres ergänzendes Abkommen beinhaltet. Dies gilt meiner Meinung nach als klares Indiz, dass das Urheberrecht nicht ganz falsch ist. Vielmehr gibt es viele ergänzende Abkommen oder gescheiterte Versuche von bilateralen Abkommen (ACTA, Vorratsdatenspeicherung).
Meiner Meinung nach sollte eine Reform des Urheberrechts vor allem nach den Hauptkriterien "verständlich, frei und anreizförderlich für JedeN" an Stelle dieser vielen Experimente erfolgen.
Argument 4: "Legitimationskrise" des Urheberrechts im World Wide Web - niedrige Transaktionskosten
Auch Prof. Dr. Gerhard Spindler spricht im nachfolgenden Video von einer "Legitimationskrise" des Urheberrechts im World Wide Web. So verweist er etwa auf niedrige Transaktionskosten beim Herunterladen von Inhalten und regt besonders in diesem Kontext zu einem Durchdenken des geltenden Urheberrechtsgesetzes an. Er empfiehlt das Anpassen vorhandener Lösungen, aber sich auch auf die Suche nach neuen Lösungen zu machen. So wie schon im TRIPS-Abkommen wäre für ihn ein Gleichklang aller Interessen, also sowohl auf Seiten der Nutzer, als auch der Urheber absolut wünschenswert.
(Legitimationsdruck auf das Urheberrecht, http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=mmDHoNqBgKY, 17.05.2012)
Es ist auch für mich absolut unverständlich, dass nach der wohl größten Veränderung des Informationswesens mit dem Internet die große Reform beim Urheberrecht noch ausgeblieben ist. Vor allem im Bereich der Vervielfältigung und Verbreiterung von diversen Werken würden klare Spielregeln helfen, Nutzer und Urheberinteressen gleichermaßen zu schützen.
Argument 5: Die illegale Nutzung des Internets
Im nachfolgenden Videobeitrag werden wir unter anderem auf ein ganz anderes Argument aufmerksam gemacht. Unter anderem weist uns der Beitrag auf illegale Nutzung des Internets hin, auf die Polemik, dass früher Urheberrechtsverletzungen nur von Professionellen gemacht wurden, heute aber tagtäglich und zum Teil unbeabsichtigt erfolgen. So haben allein im Jahr 2010 etwa 3,7 Millionen Menschen illegal digitale Medieninhalte im Internet genutzt. Vor allem aber verstehen die Nutzer des World Wide Web nicht mehr, was sie dürfen und was sie nicht dürfen. Es gibt einen allgemeinen Aufruf zur Freiheit im Internet. "Daher brauchen wir einen weltweiten gemeinschaftlichen gesellschaftlichen Konsens wie wir mit geistigem Eigentum umgehen wollen".
(Das Urheberrecht in der digitalen Welt, http://www.youtube.com/embed/87aul3tAVhc, 17.05.12)
Ich schließe mich der Meinung an, dass wir auf möglichst einfache und für jedermann verständliche Art und Weise das Urheberrecht reformieren sollten. Dabei sollte jedoch oberstes Gebot sein, die Freiheit des Internets zu wahren.
Argument 6: Urheberrechtsgesetz wird den technologischen Herausforderungen der jüngsten Zeit nicht gerecht
Als weiterer Aspekt, warum das heute geltende Urheberrecht vor einer Reihe von Herausforderungen steht, sind die verschiedenen Formen des Internet TV anzuführen. Ganz besonders in diesem Segment wird oftmals die Aussage getroffen, dass das geltende Urheberrechtsgesetz nicht den technologischen Herausforderungen der jüngsten Zeit gerecht wird. So darf es uns nicht verwundern, wenn sogenannte "Internet-Rechte" an ein und demselben Film in der Praxis von verschiedenen Lizenzgebern angeboten werden.
(vgl. Graf Fringuelli, Pietro, Internet TV, Saarbrückner Studien zum Privat- und Wirtschaftsrecht, Band 46, Frankfurt am Main, 2004, S.2-3)
Wenngleich sich dieser Beitrag bereits vor 8 Jahren als Argument für eine klarere Regelung der Formen des Internet TV im Urheberrecht ausspricht, ist aus meiner Sicht bis zum heutigen Tag die klare (verständliche) Ausformulierung des Urheberrechts (etwa wie "legal" Internet TV ist) notwendiger denn je. Ebenso gilt dieser Reformbedarf für das ganze (Kino-)Filmportal im Netz.
Quellen:
Literatur:
Ennsthaler, Jürgen, gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 2009, S. 74
Graf Fringuelli, Pietro, Internet TV, Saarbrückner Studien zum Privat- und Wirtschaftsrecht, Band 46, Frankfurt am Main, 2004, S. 2-3
Internet:
wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cbereinkommen_%C3%BCber_handelsbezogene_Aspekte_der_Rechte_des_geistigen_Eigentums#cite_note-0, 17.05.12
Videos:
Das Urheberrecht in der digitalen Welt, http://www.youtube.com/embed/87aul3tAVhc, 17.05.12
Legitimationsdruck auf das Urheberrecht, http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=mmDHoNqBgKY, 17.05.2012
thorsten.hoffmann.uni-linz, 20. Mai 2012, 11:22
toller beitrag horst !
du mauserst dich ja zum blogger par excellence ;)
lg
thorsten
horst.wallner.uni-linz, 24. Mai 2012, 20:57
danke Thorsten, es läuft immer runder und besser
zu Argument 1 und 5
christoph.gierlinger.uni-linz, 21. Mai 2012, 20:31
Hey Horst,
erstmal, super Ausarbeitung, da warst du ja am Wochenende ziemlich motiviert. Ich bin auch gerade dabei und hab es erste Argument fertig.
Hab mir gerade deinen Beitrag zur Aufgabe 3 angesehen und zu deinem Argumenten 1 und 5 habe ich 2 Homepages gefunden, die diese Thematik auch aufgreifen. Hierbei wird beschrieben wir leich man als Konsument eine Urheberrechtsverletzung begehen kann (z.B. bei einscannen eines Passfotos kann es schon zu Problemen mit dem Copyright kommen). Nähere Infos dazu in meinem Blogbeitrag.
Recht oder unrecht?
thorsten.hoffmann.uni-linz, 31. Mai 2012, 15:49
Ich schreib hier einfach mal einen Kommentar ;) ich finde deine Argumente interessant, ich denke, dass auch jeder damit übereinstimmen wird. Interessant ist für mich jedoch, dass die Argumente unterschiedlich gedeutet werden können. Die einen fordern aus oben genannten Gründen eine quasi "Verschärfung" der Urheberrechts, während die anderen aus der selben Position heraus davon sprechen, dass das Urheberrecht in dessen Begrifflichkeit insofern abgeändert werden muss, dass es die kulturelle Kraft des Internets nicht "zerstört".
Was denkst Du? Wann ist eine Interessenausgleich noch gegeben, was ist recht und was ist unrecht, wo ist die Grenze zu ziehen?
hiermit verweise ich auch auf meinen Beitrag http://collabor.idv.edu/hoffmann/stories/39501/
lG und bis gleich ;)
Thorsten
christoph.gierlinger.uni-linz, 12. Juni 2012, 14:23
Als Konsument sage ich natürlich es sollte möglichst günstig (wenn nicht gratis) sein. Im Sinne von Künstlern muss man sagen, dass es schon ein System geben sollte, bei dem Sie Einnahmen haben. Hier müsste dreh geschafft werden, dass der Künstler im Vordergrund steht und nicht ein Großkonzern, der Ihn eventuell vermarktet und das meiste Geld einstreift.
Aktuelle Berichte von futurezone.at zeigen auch, dass Abstimmungen gegen ACTA sehr knapp Ausgegangen sind und es noch keine Garantie dafür gibt, dass das Anti Piraterie Abkommen am 3. Juli ad acta legt. Die finale Abstimmung wird hier am 3. Juli stattfinden.
Kommentar zu Recht oder unrecht von Thorsten
horst.wallner.uni-linz, 17. Juni 2012, 14:56
Hallo Thorsten!
Ich möchte mit dieser sehr persönlich gehaltenen Anmerkung zu deinem o.a. Kommentar an meinem Beitrag Stellung beziehen.
Bei meiner täglichen Arbeit in einem Bankinstitut (vor allem bei der Vergabe von Krediten) habe ich es immer wieder sowohl mit Konsumenten als auch mit Freiberuflern oder Kommerziellen zu tun. Hier hat der Staat durch das Konsumentenschutzgesetz strenge Auflagen zum Schutz der Verbraucher geschaffen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass man diesen Schutz der Bürger auch fü den Bereich des Internet übernimmt.
Genau hier sollte man in Sachen Urheberrecht "für Bürger" ansetzen: Es handelt sich oft um ganz unerfahrene (junge) Anwender, die relativ schnell in Berührung mit Urheberrechsverletzungen kommen. Man sollte jedoch hier meiner Meinung nach insbesondre das besondre Gut der Freiheit des Netzes wahren (allerdings mit Grenzen).
Im Falle von Künstlern (beispielsweise Musikern) stehe ich widerum für einen Schutz ihrer Werke auf möglichst verständliche Art und Weise. Wie schon von Dr. Gerhard Spindler in dessen ua. Video angeregt, denke auch ich, dass faire Transaktionskosten beim Herunterladen derartiger Inhalte zu einem gegenseitigen Interessensausgleich und somit zu "mehr Fairness im Netzt" führen könnte.
Wenn man diese beiden Aspekte bei der Überarbeitung des geltenden Urherberrechtes berücksichtigt, wirkt es auf den 1. Blick wie ein Widerspruch. In Wahrheit führt es aber zu klarerem Verständnis im "freien" Umgang mit dem World Wide Web und zu "fairen Spielregeln" bei der Nutzung von Werken Dritter, somit zu einem Gleichklang aller Interessen.
Quelle:
Video:
Legitimationsdruck auf das Urheberrecht, http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=mmDHoNqBgKY, 17.06.2012
Hallo Horst!
constanze.gamsjaeger.uni-linz, 3. Juni 2012, 18:57
Wow! Da hast du dir wirklich viel Mühe gemacht! Ein toller Beitrag!
Dein erster Punkt, der Radius der Vervielfältigung, ist denke ich vielen ein Dorn im Auge, z.B. den großen Musiklabels. Den gerade diese machen Verluste durch die Verbreitung von Musik via Internet. Sie sind nicht umsonst die treibende Kraft hinter ACTA.
Deinem 6. Argument stimme ich vollkommen zu, das war auch mein wesentlicher Kritikpunkt. Die Medien haben sich allein in den letzten 20 Jahren so sehr verändert, dass das Gesetz nicht mehr mitkommt. Ich denke das die Gesetzgeber einfach zu wenig Ahnung von der Technolgie haben und es daher schwierig für sie ist hier Defintionen zu finden und Richtlinien festzulegen.
Wenn ich deinen Beitrag so durchlese bekomme ich glatt Lust mich in die Materie mehr zu vertiefen :)
Meinung zu Argument 5
simon.stadler.uni-linz, 16. Juni 2012, 17:29
Hallo Horst.
Ich muss dir bei diesem Argument recht geben. Es ist für uns Nutzer wirklich sehr schwierig geworden, zwischen Recht und Unrecht im Bezug auf das Urheberrecht zu unterscheiden. Was dürfen wir und was dürfen wir nicht. Oftmals ist es offensichtlich, und andere Male wieder glauben wir etwas kopieren zu dürfen, und begehen dabei einen Gesetzesbruch.
Deshalb schließe ich mich deiner Meinung an, dass das Urheberrecht grundlegend reformiert gehört. Allerdings sollte es im Konsens für uns Nutzer mit den Autoren und Eigentümern von geistigen Eigentum sein. Niemand sollte daraus einen Vorteil oder Nachteil erzielen. Die Revolution es Informationswesens kommt der Menschheit mit Sicherheit zu Gute und deshalb dürfen wir hier keinen Schritt mehr zurück machen.
Hier der Link zu meinem Beitrag
Die Situation
mario.skopec.uni-linz, 27. Mai 2013, 13:30
Hallo Simon,
ich möchte eine Anmerkung zu deiner Aussage "Niemand sollte daraus einen Vorteil oder Nachteil erzielen" machen. Meiner Meinung nach sollte die Änderung des Urheberrechts bzw. seiner gesetzlichen Grundlagen dazu führen, dass alle einen Vorteil daraus erzielen. Es sollte sich eine Win-Win-Win-Win... Situation daraus ergeben. Die detailiertere Erläuterung meines Gedankens findest du in meinem Beitrag.
zu Argument 5
margit.gast.uni-linz, 17. Juni 2012, 21:44
"Vor allem aber verstehen die Nutzer des World Wide Web nicht mehr, was sie dürfen und was sie nicht dürfen."
Die Unwissenheit oder das Desinteresse der Internetuser ist sicher ein wichtiger Faktor in der ganzen Urheberrechtsdebatte. Ich denke einige wissen wirklich nicht, dass sie mit bestimmten Aktionen Rechte verletzen, vor allem Nutzer die sich nur begrenzt mit Computer und Internet auskennen, nach dem Motto "wenn es mir angeboten wird wird es schon ok sein es runterzuladen".
Ich denke, dass bei der breiten Masse durchaus Informationsbedarf zu dieser Thematik besteht.