Gefragtes und geplagtes Urheberrecht (Aufgabe 3)

julia.krentl.uni-linz, 17. Juni 2012, 15:32

Dieser Thread beschäftigt sich mit der Lösung der 3. Aufgabe. Hierbei geht es darum Argumente zu finden, die die Problematik von Urheberrecht und Internet aufzeigen sollen.

Das heutige Urheberrecht entspricht nicht mehr den Interessen aller Beteiligten und führt vor allem im Internet zu Problemen. Neue Ideen und Ansätze müssen gefunden werden um eine faire Lösung anbieten zu können. In nachfolgendem Video erläutert Prof. Dr. Gerald Spindler sehr gut die Probleme des derzeit geltenden Urheberrechts und macht auf eine Legitimationskrise des Urheberrechts aufmerksam, die Änderungen erfordert.

 

 Quelle: http://www.youtube.com/watch?v=mmDHoNqBgKY&feature=player_embedded, 15.06.2012

 

Argument 1: Unwissenheit und Veralterung führen zu Illegalisierung

Im Internet kommt es häufig zur Verletzung von Urheberrechten. Das hängt nicht nur damit zusammen, dass NutzerInnen denken im Internet bei illegalem Verhalten nicht erwischt zu werden, sondern häufig auch mit einem generellen Unwissen über die Rechtslage in Sachen Urheberrecht.

Das österreichische Urheberrecht soll laut Anderl (2006) die individuelle geistige Schöpfung von Menschen sichern und spricht den UrheberInnen neben Persönlichkeitsrechten auch Ausschließlichkeitsrechte (z.B.: Vervielfältigung und Verbreitung) zu. Er betont, dass Urheberrechtsverletzungen kein Kavaliersdelikt darstellen und schwere rechtliche Folgen haben können.

In Deutschland ist die Piratenpartei der Meinung, dass das Urheberrecht viel zu eng gegriffen ist und der heutigen Zeit nicht mehr entspricht. Eine Einschränkung des Urheberrechts müsse erreicht werden . Seemann (2012) geht noch weiter und verlangt eine generelle Abschaffung, denn das Urheberrecht passe nicht zum Prinzip des freien Internets. Laut ihm sei ein Miteinander von Urheberrecht und Internet unmöglich. Grund dafür ist unter anderem das Filesharing, also ein Kopiervorgang der hinter allem im Internet steckt. Er kritisiert außerdem die Absichten der Verwerter, die Informationsströme im Internet kontrollieren wollen. Reformen des Urheberrechts sind seiner Meinung nach unsinnig und nicht ausreichend, wenn es ein freies Internet geben soll, so sei das Urheberrecht generell abzuschaffen.

 Zu wenig angemessene Angebote und ein angepasstes Urheberrecht führen zu Illegalisierung wie Riegler (2012) am Beispiel von Film- und Serienangeboten im Internet thematisiert. Sie macht darauf aufmerksam, dass es für österreichische InternetnutzerInnen schwierig ist legale Möglichkeiten zu finden und diese daher häufig auf Seiten umsteigen, die sich in einer Grauzone befinden oder illegal sind. User in den USA haben es einfacher, denn viele US-Sender bieten aktuelle TV-Serien und Filme kurz nach ihrer Erstausstrahlung kostenlos im Internet an. Ob man sich nun strafbar macht, wenn man im Internet fernsieht, hängt von dem Land ab, in dem man den Dienst nutzt. In Österreich ist es beispielsweise nicht illegal einen Stream anzusehen, in Deutschland sieht es hier schon anders aus. Der Upload von Dateien ist jedoch definitiv nicht erlaubt und strafbar.

 

 Ich denke diese Ausführung zeigt gut auf, dass viele Urheberrechtsverletzungen aufgrund von Unwissen passieren oder auch weil die Konsequenzen nicht ernstgenommen werden. Eine Aufklärung für die breite Masse wäre ein erster Schritt in eine richtige Richtung. Wichtig ist es hierbei die teilweise unübersichtlichen Einzelheiten des Urheberrechts für alle verständlich aufzubereiten.

Dennoch wird wohl kaum ein Weg an einer Überarbeitung des Urheberrechts führen, wie auch das Beispiel von Film- und Serienangeboten im Internet zeigt. Viele User nutzen die Graubereiche, die z.B.: kino.to (kinox.to) anbieten, weil es keine legalen Alternativen gibt. Eine generelle Abschaffung des Urheberrechts halte ich nicht für sinnvoll, vor allem weil ich der Meinung bin, dass dadurch Kunstschaffende erheblich geschädigt werden. Im nächsten Punkt wird näher auf Urheberrecht und Kultur bzw. Kunst eingegangen.  

 

Argument 2: Problem der Vereinbarkeit von Kulturtechniken und Urheberrecht

Das bestehende Urheberrecht ist laut Dobusch (2012) mit der digitalen Revolution und der damit verbunden Verbreitung von Kultur nicht kompatibel. Das Teilen und Transformieren von Inhalten, wie es auf Plattformen wie Wikipedia und YouTube passiert, ist laut dem geltenden Urheberrecht problematisch.

Das betrifft vor allem Menschen, die sich kreativ mit den verschiedensten Inhalten auseinandersetzen und ihre Darbietung dann ins Internet stellen. Hierbei reicht es schon, wenn beispielsweise ein Teenager eine eigene Choreografie zu seinem Lieblingslied filmt und diese ins Internet stellt. Solche Transformationen sind durch das geltende Urheberrecht in Europa schwer eingeschränkt.

Dobusch (2012) beteuert jedoch, dass KünstlerInnen meistens nichts dagegen haben, wenn ihre Werke transformiert werden. Immerhin kommt es durch diese weitere Verbreitung zu Aufmerksamkeit, von der der/die Kunstschaffende selbst profitiert.

Ganz anderer Meinung ist der Verband der Österreichischen Musikwirtschaft (IFPI), der in seinem Musikmarktbericht (2011) von der Initiative "Kunst hat Recht" berichtet. Hierbei geht es um eine Vereinigung von Kunstschaffenden, die sich dafür einsetzen, dass konsumierte Kunst auch bezahlt wird. Die Initiative zielt auf bessere Durchsetzung der Rechte von KünstlerInnen ab und kritisiert die allgemein geltende Meinung, dass die Durchsetzung des Urheberrechts falsch sei und Kunstschaffende nicht davon profitieren würden.

Kurz zusammengefasst fordert die Initiative folgendes:

  •  Anerkennung auf geistiges Eigentum durch die Politik und Stärkung des Urheberrechts in diese Richtung
  • Freies Internet, in dem rechtsstaatliche Grundsätze gelten und Legimität des Einzelnen geschützt wird
  • Recht über die Verwendung eigener Werke selbst bestimmen zu können
  • Reform der urheberrechtlichen Vergütungssysteme mit einer dynamischen und zukunftsorientierten Ausrichtung
  • Ein Warnmodell, das bei Bereitstellung von urheberrechtlich geschütztem Material eingreift um Bewusstsein für das geistige Medium zu schaffen

 

Obwohl viele KünstlerInnen die Nutzung und Verbreitung ihrer Werke über das Internet als nicht vertretbar empfinden, verwenden immer mehr Kunstschaffende freie Urheberrechtslizenzen wie zum Beispiel Creative Commons (Aufgabe 1 liefert eine kurze Beschreibung dieser), welches versucht Internet und Kulturtechniken zu vereinbaren.

Problematisch sei die Umsetzung von Creative Commons laut Dobusch (2012) trotzdem, denn viele Verwertungsgesellschaften sehen dieser modernen Version des Urheberrechts skeptisch gegenüber. Da viele professionelle KünstlerInnen mit Verwertungsgesellschaften zusammenarbeiten und diese häufig die Verwendung von Creative Commons untersagen, ist die Verbreitung in Europa sehr gering.

Dobusch (2012) weist jedoch weiters darauf hin, dass es in den Niederlanden, Dänemark und Frankreich Pilotprojekte von Musik-Verwertungsgesellschaften gibt, die ihren Mitgliedern die Nutzung von Creative Commons erlauben, wenn es sich um nicht-kommerzielle Verwendung handelt.

Ob es nun wirklich die Verwertungsgesellschaften sind, die den KünstlerInnen ein Dorn im Auge sind, lässt dieses Zitat von Michael Kos (Bildhauer und Maler) anzweifeln: "Nicht die Verwertungsgesellschaft nimmt die Kunstschaffenden in den Schwitzkasten, sondern jene Medien, Provider und Internetunternehmer, die mit kostenlosen künstlerischen Inhalten Geschäfte machen." (IFPI Austria, 2011)

 

Ich denke diese Gegenüberstellung zeigt recht gut auf, welche Problematik hinter der Kombination Internet und Urheberrecht steckt.

Einerseits schränkt das geltende Urheberrecht nicht zur NutzerInnen ein, sondern beeinträchtigt auch die Verbreitung von künstlerischen Werken. Es gibt - hautpsächlich in den USA - KünsterInnen, die nur durch das Internet bekannt geworden sind, ein Beispiel dafür ist der Teeniestar Justin Bieber.

In einem Interview mit der Zeit Online (Sandweger, 2010) erklärt er, dass YouTube für MusikerInnen heutzutage unerlässlich ist. Für ihn ist das gesamte Internet sehr mächtig und wichtig, denn „[j]eder kann damit die ganze Welt erreichen“. Er meint weiter: „Über das Netz wird alles heruntergeladen. Alle Jugendlichen in meinem Alter machen es so.“

Andererseits sind es vor allem Newcomer, denen das Internet zu Gute kommt, um einen bestimmten Bekanntheitsgrad zu erlangen. Kunstschaffende können jedoch den wirtschaftlichen Aspekt ihrer Arbeit nicht außer Acht lassen, immerhin wäre es unfair, wenn sie für ihre Arbeit nicht entlohnt werden.

Die Initiative „Kunst hat Recht“ (2012) weist darauf hin, dass der Austausch von Kunst und Kultur über das Internet durchaus im Interesse der Kunstschaffenden sei, jedoch das Selbstbestimmungsrecht über die Verwendung der Werke bei den UrheberInnen liegen müsse. Die derzeit gelebte „Gratiskultur“ sei eine Bedrohung für die kulturelle Vielfalt Österreichs, da die fehlende wirtschaftliche Grundlage dazu führt, dass KünstlerInnen nicht von ihrer Arbeit leben können.

 

Trotz unterschiedlicher Ansichtsweisen und Meinungen zum Thema Urheberrecht, wird eines auf alle Fälle klar: Es bedarf einer Überarbeitung und Anpassung des geltenden Urheberrechts, so dass es auch im Zeitalter des Internets funktionieren kann. Hierbei ist es wichtig sowohl die Interessen der Kunstschaffenden sowie jene der NutzerInnen zu beachten um eine wirtschaftlich angemessene Lösung zu schaffen, die dennoch den Zugang zu verschiedenen künstlerischen Medien nicht verweigert.

 

Literatur:

 

 

 

2 comments :: Kommentieren

Spannungsfeld aktuelles Urheberrecht - private Nutzung sozialer Medien

stefan.kailer.uni-linz, 17. Juni 2012, 03:24

Hallo Julia,

 

ich mag mich zur Unwissenheit der Urheberrechtsverletzung äußern:

 

Ich glaube fast alle Facebook-Nutzer haben irgendwann einmal ein Bild, ein Video oder sonstige auf einen Urheber zurückführbares Medium geteilt bzw. gepostet und somit das Urheberrecht verletzt. Jedoch stellt sich für mich die Frage: "Wie sinnvoll es ist, die Durchsetzung eines Rechtes zu fordern, für junge Menschen, die mit Social Media und Filesharing aufwachsen, kein Bewusstsein existiert. Aus diesem Blickwinkel sehend, fordern die Piratenpartei und die Grünen die Legalisierung der digitalen Kopie für den privaten Nutzer, da es unmöglich sei, von Privatusern zu verlangen, sämtliche geteilte und gepostete Inhalte auf deren Urheberschaft zu prüfen. Außerdem muss man berücksichtigen, dass die Herkunft der über facebook geteilten Medien aufgrund der schnellen viralen Verbreitung nur noch selten nachvollzogen werden kann.

 

wie siehst du das mit dem Urheberrecht in Verbindung mit der Nutzung sozialer Medien beispielsweise Facebook

 

liebe Grüße

Stefan

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Hey Stefan!

julia.krentl.uni-linz, 17. Juni 2012, 11:39

Ich bin hier auch deiner Meinung. Viele User (gerade auf Facebook und anderen Social-media-Plattformen) wissen einfach nicht, dass sie gegen das Urheberrecht verstoßen, wenn sie z.B. ein Bild von Google als Profilbild verwenden. Ich denke, dass hier unter anderem die einfache Verfügbarkeit ein Problem darstellt. Nun könnte man argumentieren, dass Unwissenheit nicht automatisch vor Strafe schützt, aber ich denke, dass bis jetzt nicht wirklich was gegen Urheberrechtsverletzungen unternommen wurde (ich meine hier vor allem Aufklärung).  Somit stimme ich dir zu, dass es gerade für junge Menschen schwierig ist urheberrechtlich geschützte Werke zu erkennen und nicht zu verwenden.

Außerdem erinnere ich mich an einen Fall bei Facebook: Es ging darum so viele User wie möglich dazu zu bringen ein Bild von ihrem Lieblingscomic aus ihrer Kindheit für eine Woche als Profilbild einzustellen. Damit verbunden war natürlich eine Flut von Urheberrechtsverletzungen. Bei einem Radiointerview hab ich dann das Gespräch mit einem Anwalt verfolgt. Dieser meinte es würde absolut keinen Sinn machen diese Rechtsverletzungen zu verfolgen bzw. wäre es wegen der schwierigen Nachvollziehbarkeit schlicht unmöglich. Ich denke dieses Beispiel zeigt ganz gut auf, dass das Urheberrecht nicht mehr zeitgemäß ist und daher angepasst gehört.

 

Lg, Julia

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