Aufgabe Aufgabe 4: Das Freemium Geschäftsmodell

andreas.mayr2.uni-linz, 22. März 2012, 22:37

Ich habe das Freemium Geschäftsmodell ausgewählt, da es ein typisches Beispiel für ein Geschäftsmodell ist, das (fast?) ausschließlich im E-Business Bereich Anwendung findet - und davon wiederum fällt der Löwenanteil auf webbasierte Services. Freemium ist bereits jetzt an vielen Ecken und Enden im Internet anzutreffen und erfreut sich nicht zuletzt aufgrund der in Mode gekommenen Cloud Computing Services immer größer werdender Beliebtheit.

Was bedeutet Freemium?

"Freemium" ist eine Wortschöpfung, die den Wörtern "free" und "premium" entsprungen ist. Diese Bezeichnung wurde erstmals 2006 in einem Blog-Post von Fred Wilson verwendet, der für das Modell folgende Beschreibung definiert hat (1):

Give your service away for free, possibly ad supported but maybe not, acquire a lot of customers very efficiently through word of mouth, referral networks, organic search marketing, etc, then offer premium priced value added services or an enhanced version of your service to your customer base.

Anders als bei Demo- und Test-Softwarelizenzen wird bei einem typischen Freemium-Service die Dauer der Nutzbarkeit sowie die Funktionalität nicht stark eingeschränkt. Dem Benutzer steht ein vollwertiger Service kostenlos zur Verfügung, die für viele User auch ausreichend Funktionalität bietet. Das bezahlpflichtige Premium-Service bietet im Vergleich zur kostenlosen Variante Zusatz-Features für Power-User und/oder keine bzw großzügigere Mengenbeschränkung und/oder werbe- bzw branding-freie Dienste an.

Überlegungen hinter dem Freemium Modell

Warum sollte ein Unternehmen seine Dienste kostenlos anbieten? Das kann man sowohl mit psychologischen als auch betriebswirtschaftlichen Überlegungen, sowie mit volkswirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten argumentieren. Beispiele dafür sind:

Gewinnmaximierung in einem vollständigem Wettbewerb (Preis-Grenzkosten-Regel)

Die volkswirtschaftlichen Grundlagen lehren uns, dass in einem vollständigen Wettbewerb die Gewinnmaximierung bei jener Produktionsmenge erreicht wird, bei der die Grenzkosten und Grenzerlöse gleich dem Preis sind. (2)

Im Gegensatz zu normalen Sachgütern weisen IT-Güter teilweise hohe Fixkosten, jedoch keine bis marginal niedrige variable Kosten auf. Dh die Grenzkosten liegen quasi bei 0. In einem vollkommenen Wettbewerb würde der Konkurrenzdruck den Gleichgewichtspreis auf (fast) 0 drücken. (3)

The Psychology of Free

Wenn etwas kostenlos angeboten wird, dann sinken die Hemmungen der Kunden rapide, dieses Produkt / Dienstleistung zu nutzen. Man hat schließlich "nichts zu verlieren". (3)

Damit verschafft man sich allerdings einen Nachteil, der auch als "penny gap" bezeichnet wird: es ist unheimlich schwer, die Kunden danach zum Bezahlen zu bewegen (die Lücke, die man überbrücken muss, um den ersten Penny zu erhalten). (3)

Bekanntheitsgrad

Die weiter oben zitierte Beschreibung von Fred Wilson zielt auf das Schaffen einer großen Kundenbasis, Verbreitung durch Mundpropaganda, usw. ab und ist wesentlicher Bestandteil der Strategie hinter dem Freemium-Modell.

Beispiele für Freemium-Services

Jeder von uns begegnet tagtäglich in seinem Online-Leben dem einen oder anderen Freemium-Service. Nachfolgend ein paar Beispiele:

GMX

GMX Mail Accounts sind sehr weit verbreitet. Fast jeder hat sich schon einmal ein kostenloses Email-Konto bei GMX eingerichtet. Denn schließlich bietet GMX FreeMail einen zuverlässigen Emaiservice und 1 GB Speicherplatz zum Nulltarif.

Für Poweruser, die noch mehr Speicherplatz haben wollen und/oder die Faxfunktion oder das SMS-Service nutzen wollen, oder einfach nur bereit sind, für die Ausblendung der Werbebanner zu zahlen, existieren mit GMX ProMail und TopMail zwei kostenpflichtige Varianten, die zum einen mehr Features und zum anderen höhere Mengenbeschränkungen bieten. (http://service.gmx.net/de/cgi/g.fcgi/products/mail/overview)

XING

Auch das Karriere-Netzwerk XING bietet neben einer kostenlosen Mitgliedschaft einen Premium-Mitgliedschaft an, die zusätzliche Features wie z.B. bessere Suchfunktion, Dateianhänge und Einsichtnahme in die Besucherliste des eigenen Profils, etc. bietet. (http://www.xing.com/app/billing?op=premium_upsell)

Dropbox, box & Co.

Cloud-basierte Online-Datenspeicher mit Synchronisationsmöglichkeit, deren bekannteste Vertreter Dropbox und box sind, schießen derzeit wie Pilze aus dem Boden. Meist wird bereits in der kostenlosen Variante ein beeindruckend großer Speicherplatz in der Höhe von etwa 2 - 5 GB angeboten. Bei etwas intensiverer Nutzung sind diese Mengen jedoch auch schnell aufgebraucht. Außerdem richten sich diese Dienste gleichermaßen an Privatpersonen als auch an Unternehmen. Daher werden typischerweise auch verschiedene (nach Dateimenge und User-Anzahl gestaffelte) Premium-Modelle angeboten.

Rapidshare, Megaupload & Co.

Sogenannte One-Click-Hoster bieten die Möglichkeit, schnell und unkompliziert ("one click") Dateien auf ihre Server hochzuladen und durch Übermittlung einer öffentlich zugänglichen Web-Adresse weiterzugeben. Der Upload erfolgt wahlweise mit oder sogar auch ohne vorherige Anmeldung. Diese Eigenschaften machen es auch nachvollziehbar, warum diese Dienste bei Software-, Film- und Musikpiraten so "beliebt" sind.

Zweifelhaften Ruhm hat vor kurzem Megaupload erlangt, da das FBI den Gründer und Besitzer Kim Schmitz wegen Urherberrechtsverletzungen in einer weltweit aufsehenerregenden Aktion verhaften ließ. (4)

Die Dienste sind jedoch nicht per se illegal und eignen sich sowohl zur Speicherung privater Daten als auch zur legalen Weitergabe von Dateien. Im Gegensatz zu Online-Speichern wie Dropbox & Co. besteht bei One-Click-Hostern der Anreiz, einen Premium-Account zu kaufen, nicht ausschließlich darin, mehr Speicherplatz zum Hochladen von Dateien zu erhalten, sondern auch darin, ohne große Einschränkungen downloaden zu können, da für nicht angemeldete bzw Free-User teilweise lange Wartezeiten für Downloads auferlegt werden und zusätzlich die Download-Geschwindigkeiten gedrosselt werden.

MailChimp

MailChimp ist ein Beispiel für ein Freemium-Service, das sich quasi ausschließlich an Unternehmen widmet. MailChimp ist ein erstklassiger Newsletter-Management Dienst, der zahlreiche Features bietet, die anderswo kostenlos kaum/nicht verfügbar wären. Die Preisstaffelungen sind dabei an die Anzahl der Abonennten gebunden. Damit entgehen sie auch dem "penny gap" Problem.

Wer maximal 2000 Abonennten besitzt und dabei nicht mehr als 12000 Emails pro Monat versendet, darf den Dienst kostenlos nutzen. Darüberhinaus müssen zumindest USD 10,- pro Monat gezahlt werden. Das flexible Preismodell bietet auch Pläne für sehr hohe Volumen als auch Pre-paid Services für sporadisch versendete Newsletter an.

zahlreiche Smartphone Apps

Die Liste von Freemium-Services ließe sich noch endlos fortsetzen. Stellvertretend sei noch erwähnt, dass zahlreiche Apps für Android und iPhone existieren, die ebenfalls nach diesem Geschäftsmodell aufgebaut sind. Hier werden in der freien Version oftmals Werbeeinblednungen geschalten, die man in der Bezahlversion los wird. Aber auch Apps mit eingeschränkter Funktionalität in der Free-Version bzw erweiterter Funktionalität in der Premium-Version existieren, wie z.B. Titanium Backup für Android.

Quellen

  1. Fred Wilson: "The Freemium Business Model", Abruf: 2012-03-22
  2. mikrooekonomie.de: "Angebotsfunktion einer Unternehmung", Abruf: 2012-03-22
  3. Uzi Shmilovici: "The Complete Guide To Freemium Business Models", Abruf: 2012-03-22
  4. heise online: "Razzia gegen Megaupload: FBI lässt Kim Schmitz verhaften", Abruf: 2012-03-22

4 comments :: Kommentieren

Kommentar

christina.sternbauer2.uni-linz, 26. März 2012, 19:05

Obwohl ich den Begriff Freemium hier das erste Mal gelesen hab, kommt mir dieser durch die Erklärung und die genannten Beispiele doch sehr bekannt vor. Dem Nachteil, der als "penny gap" bezeichnet wird, kann ich nur zustimmen. Ich besitze z.B. eine GMX-Mailadresse und es wäre mir noch nie in den Sinn gekommen, etwas zu bezahlen, nur um den Premium-Account nutzen zu können. Bei den IPhone-App's schau ich mir auch vorwiegend diejenigen an, die kostenlos verfügbar sind. Die einzige App für die ich jemals bezahlt habe, war eine Navigationssoftware. Auch Minibeträge unter 1 Euro sind zu viel, wenns etwas vergleichbares gratis gibt.

Ich beschäftige mich in meinem Blog mit der "Mass Customization", die eine Mischform zwischen individueller Fertigung und Massenproduktion ist. Genaueres ist hier nachzulesen.

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andreas.mayr2.uni-linz, 27. März 2012, 21:43

Geht mir genauso. Wobei man beobachten kann, dass z.B. gerade bei Apps die Plattform auch sehr ausschlaggebend für die Zahlungsbereitschaft ist. Apple-User sind ja daran gewöhnt, für alles zahlen zu müssen ;))) Und sie sind es auch mehr gewohnt, für Apps zahlen zu müssen als z.B. Android User. Es gibt einige Apps, die für Android gratis sind, für Apple jedoch nichit (ich glaube, dass z.B. Angry Birds dazugehört, bin mir aber nicht sicher)

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Dankeschön

marion katharina.kitzberger.uni-linz, 29. März 2012, 03:16

Du hast mit diesem Beitrag tatsächlich meinen Wortschatz erweitert ;-)

Im Ernst, ich kannte diesen Begriff nicht, das Geschäftsmodell für mein kleines Startup beruht aber (intuitiv) auf einem Vergleichbaren Prinzip, also kostenlose Infos und erst wenn jemand Details wissen will, kostet das was Insofern auch sehr interessant, was andere prinzipiell dazu meinen.

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Zwangsumstieg

nenad.baotic.uni-linz, 1. April 2012, 01:01

Gibt es eigentlich Beispiele für erfolgreichen Zwangsumstieg von freien auf kostenpflichtigen Produkte?

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