mediatrix
Donnerstag, 30. Oktober 2003
Die Zeitung wagt sich in die Welt von Multimedia
Multimedia erobert unser Sonnensystem


oder: Multimedia- neue Chancen und Anforderungen für die Zeitung

Inhaltsverzeichnis:

Einleitung

1. derstandard.at
2. Definitionen
3. Funktionen von Journalismus
4. Medienfunktionen nach McQuail
5. Individuelle Informationsaufnahme
6. Zwischen Informationsgewinn und Zuverlässigkeitskluft
7. Quellensicherheit
8. Aktualität und Relevanz
9. Qualität
10. Grundsätze des publizistischen Arbeitens
11. Informationsmanipulation
12. Elektronisches Publizieren
13. Interaktivität
14. Elektronische Redaktionssysteme
15. Entwicklung des Marktes
16. Die Attraktion des Zeitungsangebotes
17. Motive der Verlage für ihr Multimedia-Engagement
18. Profilierung als lokales Informationszentrum
19. Aufbau von Special-Interest-Diensten
20. Angebot von individualisierten Spezialleistungen
21. Profilierungschancen der Zeitung als Werbeträger
22. Nutzungsunterschiede zwischen World Wide Web und anderen Medien
23. Neue Anforderungen an Zeitungsverlage und Journalisten
24. Zusammenfassung

Quellenverzeichnis





Einleitung:

Den Medien werden vor allem Informations-, Bildungs-, Orientierungs- und Artikulationsfunktionen zugeschrieben. Medien sollen Themen für den Kreislauf der öffentlichen Kommunikation bereitstellen. Die Frage, die sich in Bezug auf unsere Lehrveranstaltung „Multimedia“ stellt ist nun, ob dieses Prinzip auch noch im künftigen „free flow of information“ gilt? Oder entsteht durch die neuen multimedialen und multifunktionalen Techniken ein völlig neues Verständnis von Medien? Professionelle Journalisten, zum Beispiel in den Printmedien, sollen recherchieren, sortieren, auswählen, ergänzen und redigieren, formulieren und vermitteln, informieren, bilden, kritisieren und kontrollieren. Bedarf es im Zeitalter der Computerisierung noch solcher Instanzen? Kann der Journalismus diesen Strukturwandel unbeschadet überstehen?

Diesen Fragen möchte ich mich in der folgenden Arbeit widmen. Um einige Aussagen zu unterstreichen, werde ich auf die österreichische Tageszeitung DerStandard und seinen Auftritt im Internet verweisen.




1. derstandard.at:

Die Printmedien gehören, obschon sie in absoluten Zahlen noch größter Werbeträger sind, zu den Verlierern in Prozenten und mussten sich schon sehr früh entscheiden, auch in den elektronischen Märkten aktiv zu werden. Dies haben sie mit unterschiedlichem Erfolg seither realisiert.

Alphabetische Auflistung von Zeitungen, die im Internet vertreten sind.

1997 hat derstandard.at mit dem Aufbau einer Onlineredaktion begonnen und beschäftigt derzeit 45 MitarbeiterInnen. Die Organisation der Redaktion ist dem Aufbau einer klassischen Zeitungsredaktion sehr ähnlich. So gibt es für jedes Ressort (Politik, Wirtschaft usw.) einen verantwortlichen Leiter und in der täglichen Redaktionsbesprechung werden die Ereignisse des Tages besprochen und „Blattkritik“ geübt. Übergeordnet sind zwei Chefinnen, die die Redaktion koordinieren und für die „Seite Eins“ verantwortlich sind. Darüber hinaus muss es, anders als im Printbereich, Techniker und Designer geben, die die Zeitung online betreuen.
„Die Onlineredaktion arbeitet in manchen Teilen aber auch mit der Print- Redaktion zusammen. So werden die Artikel täglich bevor sie in Druck gehen der Online-Redaktion zugeschickt und Schwerpunktseiten (z.B. derstandard.at/Jugend) werden gemeinsam gestaltet.
Der größte Unterschied zwischen Print- und Onlinestandard ist wohl, dass es bei letzterem keinen Redaktionsschluss gibt und sie ein direktes Feedback von den UserInnen über Zugriffe und Postings bekommen“ (Hinterleitner Gerlinde).

Allgemeine Informationen zur Geschichte bzw. zur Entwicklung des Onlinejournalismus .

Die Blattlinie wird von derstandard.at wie folgt angegeben:
„derstandard.at ist ein liberales Online-Medium. Es ist unabhängig von politischen Parteien, Institutionen und Interessensgruppen und wendet sich an alle LeserInnen, die hohe Ansprüche an eine gründliche und umfassende Berichterstattung sowie an eine fundierte, sachgerechte Kommentierung auf den Gebieten von Wirtschaft, Politik, Kultur und Gesellschaft stellen.“

Weitere Ausführungen zur Entstehung des Online-Standard finden Sie hier .

Die Onlineausgabe behandelt alle Themen, die in der Printausgabe auch vorkommen, ergänzt diese Angebote allerdings und setzt andere Schwerpunkte.

Im newsroom von derstandard.at kann man zwischen acht verschiedenen Themengebieten wählen:
Im Bereich der Politik wird über das internationale und das innenpolitische Geschehen berichtet. Die Schwerpunkte liegen im Bereich EU, Bildungspolitik und Nachrichten aus außereuropäischen Ländern.
Der größte Unterschied zur Printausgabe liegt darin, dass zu vielen Artikeln umfangreiche Hintergrundberichterstattung, Grafiken, Kommentare und Analysen gesammelt werden und auch Tage nachher abrufbar sind.
Der zweite Bereich ist der Wirtschaftsberichterstattung gewidmet und wird mit „Investor“ betitelt. Neben Börse und Unternehmen liegt der Schwerpunkt bei Themen wie Geldanlage, Wirtschaft und Recht. Besonders bei den Börsenachrichten kommt der Online-Ausgabe zugute, dass sie kleinste Veränderungen gleich aktualisieren kann.
Die dritte Kategorie namens Web bringt Nachrichten aus dem IT-Business, der Netzpolitik und Telekommunikation, aber auch Berichte über die neuesten Internet- Games. Beiträge, die dieser Sparte zugeordnet werden können, kommen in der Printausgabe sehr selten vor.
Beim Sport liegen die Schwerpunkte der Berichterstattung bei Fußball, Formel1, Tennis, Pferdesport und Trendsport. Diese Sparte wird überdies aufgeteilt in die Bereiche Fußball, internationales Geschehen, Europacup und Qualifikations-Spiele. Die wichtigsten Spiele werden sogar auf der Seite von derstandard.at live übertragen. Auch hier ist die Online-Ausgabe dank der Möglichkeit der schnellen Aktualisierung und der Möglichkeit der live- Übertragung der Printausgabe überlegen.
Die Rubrik Panorama berichtet vom Weltgeschehen und den lokalen Nachrichten abseits der Politik. Die Auswahl reicht von bad news (z.B. Erdbebenkatastrophe im Iran), über soft news („Britney Spears oder Jennifer Lopez?“) bis hin zu Informationen rund um den Raum Wien. Bedrohungen wie Atomkraftwerke oder Seuchen werden hier genauso thematisiert wie Verkehrsunfälle und Stauwarnungen.
Unter dem Titel Etat liefert derstandard.at seit Mai 1999 Nachrichten über Medien, von Print bis zu TV, Radio und Internet.
Für Leute, die im Bereich Medien, Werbung, Kommunikation tätig sind, bietet diese Kategorie eine gute Möglichkeit, den Überblick über die österreichische und internationale Presselandschaft zu behalten, sei es, ob man die aktuellen Quoten wissen will, oder wie es mit der Einhaltung der Pressefreiheit aussieht. In der Printausgabe ist dem Bereich Medien/Wissenschaft zusammen nur eine Seite gewidmet.
Die Beiträge zur Kultur werden mit Ankündigungen, Rezensionen, Tipps und einer Ticketdatenbank erweitert. Besonders beachtet werden in dieser Sparte Film, Musik, Bühne, Literatur und Bildende Kunst. An dieser Stelle werden auch häufig Wettbewerbe und Gewinnspiele ausgeschrieben.
Die achte und letzte Kategorie im newsroom ist die Wissenschaft. Hier wird vor allem über Forschungen und Entdeckungen aus dem Bereich der Natur- und Geisteswissenschaften informiert, insbesondere aus Medizin, Ökologie, Raumfahrt, Technik und Geschichte. Auch in dieser Kategorie sind ausführliche Hintergrundberichte zu finden.

Die Internetseite des Onlinestandard bietet noch eine Sparte, die in der Printausgabe nicht dezidiert und nicht in diesem Umfang aufweist, nämlich diestandard.at. Dies ist ein Online-Medium von Frauen für Frauen, das tagesaktuell frauenspezifische Nachrichten und Hintergrundberichte aus Politik, Kultur, Wissenschaft und Bildung liefert. Alltagsgeschichten, Kommentare und Frauenportraits sind genauso wie Buchrezensionen und Termine auf dieser Seite zu finden. Außerdem wird mit „Zitronen“ ein negativer Preis für frauenfeindliche Äußerungen, Handlungen und Werbung vergeben, das „Zuckerl“ ist das positive Gegenstück dazu.



2. Definitionen:

Journalismus ist die Sammelbezeichnung für Tätigkeiten, durch die aktuelle Informationen für die Öffentlichkeit inhaltlich gestaltet werden. Ursprünglich bezog sich der Begriff Journalismus nur auf gedruckte Medien wie Zeitungen und Zeitschriften. Mit der Entwicklung der Massenkommunikation im 20. Jahrhundert, vor allem im Bereich der elektronischen Medien, veränderten sich sowohl Status, Einfluss und Berufsbild des Journalismus. (Vgl. Skriptum Renger 2002)

Die kaum noch zu überblickenden Informationsangebote im Internet machten es erforderlich, die Formel von den „an publizistischen Ansprüchen orientierten Angeboten und Dienstleistungen“ als Abgrenzungskriterien einzuführen (Multimedia- Definition). Allerdings fehlt eine eindeutige Definition, worin diese Ansprüche bestehen. Folgt man der Präambel zum Berufsbild, dann handelt es sich dabei vor allem um die Selbstverpflichtung, „Sachverhalte oder Vorgänge öffentlich zu machen, deren Kenntnis für die Gesellschaft von allgemeiner, politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Bedeutung ist.“ (Vgl. Skriptum Renger 2002)

Man kann auch zwischen verschiedenen Formen von Journalismus unterscheiden. Nähere Definitionen finden Sie hier .

3. Funktionen von Journalismus:

Sammelfunktion: Das Sammeln von Informationen und Themen, die für die gesellschaftliche Kommunikation erforderlich sind.

Selektionsfunktion:

„Fast jeder kann Informationen erzeugen. Viel schwieriger ist es, sie zu verringern“ (Noam 1995, 37)

Gab es lange Zeit einen Mangel an Informationen, befinden wir uns heute in einem System in dem ein Informationsüberschuss gegeben ist. Daraus lässt sich schließen, dass JournalistInnen eine starke Gatekeeper- Funktion ausüben.

Orientierungsfunktion: Interpretation, Deutung und Konstruktion von Realität werden uns vermittelt.

In diesem Blog wird zudem noch die Kontrollfunktion, die soziologische Funktion und die Artikulationsfunktion der Presse näher beschrieben und außerdem überprüft, wie diese in der Realität umgesetzt werden.

Manche vertreten die Meinung, dass man durch das multimediale Angebot „jetzt endlich auf den beschränkten Journalismus verzichten und gleich z. B. Presseaussendungen lesen kann“. Aber selbst wenn sich momentan viele Organisationen im Internet präsentieren, werden die Anbieter bald zur Kenntnis nehmen müssen, dass die Rezipienten ein von professionellem Journalismus ausgebildetes Verhalten an den Tag legen- sie wollen schnell, übersichtlich, seriös, sachlich, umfassend und noch dazu unterhaltsam informiert werden. Sie erwarten Service, Ratschläge und Orientierungshilfen. Allein deshalb wird der Journalismus im Netz nicht an Wichtigkeit verlieren. (Dernbach/Rühl/Theis-Berglmair 1998)

4. Medienfunktionen nach McQuail:

Nach McQuail (1972) lassen sich für Massenmedien folgende Funktionen für das Individuum unterscheiden:
1.) Information:
Der Rezipient sucht sich über folgende Punkte zu informieren:
  1. Zustand seines direkten Umfeldes, der Gesellschaft, in der er lebt, und der Welt in einem allgemeinen Sinne
  2. Ratschläge und Meinungen sowie Problemlösungen
  3. Vertiefung des Allgemeinwissens und Befriedigung der Neugier (Sicherheit durch Wissen)
2.) Persönlichkeit:
Der Rezipient kann durch Informationen seine Persönlichkeit /Charakter adaptieren oder festigen. Deshalb verfolgt er über den Medienkonsum folgende Ziele:
  1. Verstärkung von eigenen Werten
  2. Integration in ein Rollenverständnis
  3. Aufbau von „fundierten“ Verhaltensmustern
  4. Sicherheit durch Konformität oder Identifizierung
3.) Integration und soziale Interaktion:
Integration in ein soziales Netzwerk erfordert Informationen, wie das Umfeld aufgebaut ist. Außerdem muss Kontakt zu Anderen hergestellt werden. Medien können hier durch Informationen dienlich sein:
  1. Aufbau einer sozialen Empathie, welche Sozialisierung fördert
  2. Identifikation mit Anderen, Aufbau eines Zugehörigkeitsgefühls
  3. Grundlegen einer inhaltlichen Basis, welche eine Interaktion ermöglicht oder vorbereitet
  4. Substitution von Kontakten
  5. Aufbau einer Verbindung zu Freunden, Familie und Gesellschaft
4.) Unterhaltung:
Unterhaltung ist sicherlich ein nicht zu unterschätzender Faktor im Bereich von Medienfunktionen. Folgende Funktionen können durch Medien geboten werden:
  1. Eskapismus und Ablenkung
  2. Entspannung
  3. Überbrücken von Zeit
  4. Emotionales Ventil

5. Individuelle Informationsaufnahme:

Traditionelle journalistische Aufgaben umfassten Recherche, Dokumentation und teilweise auch Kommentare zu wichtigen Ereignissen. Gegenüber dieser „vierten Gewalt“ versuchen Politiker und andere einflussreiche öffentliche Personen seit langem Öffentlichkeitsexperten einzusetzen, die journalistische Darstellungen der Politik beeinflussen und kontrollieren sollen. Im Unterschied zu dieser Tradition entwickeln sich teilweise neue Kommunikatorrollen im Internet und in Online-Diensten. Traditionelle journalistische Rollen werden teilweise durch neue Formen der Vermittlung von Informationen, traditionelle Experten teilweise durch unbezahlte Teilzeit- ExpertInnen ersetzt.

Auf der einen Seite gibt es eine Chance, beispielsweise international sehr spezielle Literatur zu recherchieren, auf der anderen Seite entsteht eine neue Aufeinanderfolge von gezielter individueller Informationsaufnahme, z.B. in News- und Chat- Gruppen, über Multimediaspiele zur Nutzung von Informationen, die von professionellen JournalistInnen, aber auch Agenturen und Public Relations- Abteilungen verschiedener Unternehmen und Organisationen angeboten werden.


Diese Umbrüche der Informationsproduktion, -präsentation und –nutzung haben insgesamt nicht nur zu neuen Chancen, etwa beim Zugriff auf neue Informationsquellen, geführt, die bisher nur sehr eingeschränkt zugänglich waren, wie z.B. Universitätsbibliotheken in anderen Ländern. Vielmehr entsteht auch eine neue Kluft zwischen dem größeren Ausmaß an Informationen, die zur Verfügung stehen, und einer niedrigeren, allgemein verbreiteten Kompetenz, ihre Zuverlässigkeit zu bewerten.
(Stichwort Medienkompetenz)

6. Zwischen Informationsgewinn und Zuverlässigkeitskluft:

Dieses Spannungsverhältnis von Informationsgewinn und Zuverlässigkeitskluft verdeutlichen die folgenden elf grundlegenden Strukturmerkmale:
  1. technische Verbesserungen=> technische Störungen und Ausfälle=> Geduldsproblem
    Auch auf derstandard.at kann es zu Störungen kommen, sei es auf Grund der Internetverbindung oder sonstiger technischer Probleme. Die Gefahr, dann die Geduld zu verlieren und sich eine neue Informationsplattform zu suchen, ist nicht gering zu schätzen.
    In diesem Zusammenhang ist auch die Gefahr zu erwähnen, die uns durch Viren droht.
  2. Mischung von Zeichensystemen=> Abschwächung konventioneller Codes=> unterschiedliche Interpretationen der Medientexte
  3. Informationen können nicht mehr auf ihre Quelle zurückverfolgt werden
  4. Englischkenntnisse bilden wichtige Zugangsbeschränkung zu Multimedianetzen
  5. Niedrige Kompetenz bei der Interpretation audiovisueller Zeichen
  6. Mehrfachverwertung von Information
  7. Themen- und Präsentationsspektrum wird im Multimedianetz ausgeweitet
  8. International orientierte Ausbildungsinstitutionen und Berufskarrieren
  9. Nutzungsgrundgebühr
  10. Zielgruppenspezifische Marktsegmente
  11. Vielfalt des Informationsangebotes
  12. Wenn man nicht weiß, wie derstandard.at gegliedert ist, kann es passieren, dass man auf Grund der vielen möglichen Links den Überblick verliert und erst gar nicht damit anfängt, sich durch die virtuelle Welt zu klicken.
7. Quellensicherheit:

Da Texte im Internet durch direkte Verweise auf die Quellen via Hyperlink gestaltet werden können (Hypertexte), ist es Redakteuren zum ersten Mal in eine Medium möglich, die „Wirklichkeit aus zweiter Hand“ in eine „Wirklichkeit per Mausklick“ zu verwandeln. Allerdings wird hier, wie bereits erwähnt, die Quellensicherheit ein deutlich größeres Problem. Da einmal geschaltete Hyperlinks schon nach Minuten einen vollkommen anderen Inhalt beherbergen können, ist ein einmal aufgestellter Quellenbeleg nur bedingt verlässlich. Auch der Problemkreis der digitalen Fälschung macht eine erhöhte Verifizierung der gefundenen Aussagen nötig, wenn sie aus dem Internet generiert werden sollten. Jeder Redakteur muss so, neben seiner Kompetenz als Gatekeeper, in einer erhöhten Art und Weise berücksichtigen, dass seine Filter durch eigenes Surfen von jedem Nutzer überprüft und den Ergebnissen widersprochen werden kann. (Vgl. Dernbach/Rühl/Theis-Berglmair 1998)

Durch die Vernetztheit des Hypermediums Internet sind im Prinzip alle Informationen miteinander verbunden und damit auch im Prinzip allen zugänglich. Diese Tatsache spaltet die Meinung vieler Kommunikationswissenschafter in zwei Fraktionen: die einen sprechen von einer umfassenden, reibungslosen Kommunikation, die anderen von der „Datenbombe Internet“ (Virillo). Es wird auch häufig von einer Informationsüberflutung gesprochen und die allgemeine Sicherheit in Frage gestellt.

Hierzu habe ich auch eine interessante Ausführung zum Thema Datenmissbrauch oder Sicherheit gefunden, in der auch das Datenschutzgesetz angesprochen wird.



8. Aktualität und Relevanz:

Aktualität und Relevanz: Aktualität ist sowohl an den Informationswert eines Ereignisses (Neuigkeit, Überraschung, Unerhörtheit) als auch an die Relevanz des Ereignisses für den Rezipienten gebunden. Nur das, was informativ und relevant ist, kann Aktualität gewinnen und somit Aufmerksamkeit erlangen. Dies schließt allerdings nicht aus, dass Ereignisse mit geringem Neuigkeitswert nicht durch professionelle Präsentationsmethoden, wie zum Beispiel auffällige Aufmachung in einer Zeitung, mit Erfolg aktualisiert werden können.

Wenn man Aktualität in dem Sinne versteht, dass die neuesten und wichtigsten Nachrichten zu einem aktuellen bzw. relevanten Thema so schnell wie möglich zum Rezipienten gelangen, dann ist eine Zeitung, die im Internet vertreten ist, eindeutig im Vorteil gegenüber seinem gedruckten Pendant.
„Zwischen sechs Uhr früh und Mitternacht wird der Onlinestandard laufend aktualisiert, sonst nur bei großen Ereignissen.“ (Hinterleitner Gerlinde)
Wenn man die Adresse derstandard.at eingibt, gelangt man automatisch auf die sogenannte „Seite Eins“, wo man auch im Internet die von den RedakteurInnen als aktuell betrachteten Ereignisse zuerst vorfindet.

Ulrike Trinker unterscheidet drei Möglichkeiten der Aktualisierbarkeit.

9. Qualität:

Qualität ist nach Ruß-Mohl ein vieldimensionaler Begriff, abhängig unter anderem vom Medium, der Zielgruppe, dem Genre, der Quellenlage und dem journalistischen Rollenverständnis. Sie ist an die Einhaltung der Regeln der journalistischen Profession gebunden. Qualitäts-Bewertung erfolgt einerseits durch das Publikum, andererseits durch Experten. Daneben existieren eine Reihe indirekter Indikatoren, von der personellen und finanziellen Ausstattung von Medienunternehmen bis zur Mitarbeiterqualifikation oder den Informationsressourcen.

Was die Bewertung durch das Publikum, also durch die Leser einer Zeitung, betrifft, so gibt es hier einen sehr wichtigen Unterschied zwischen Print- und Onlineprodukt. Ersteres ist auf Leserbriefe angewiesen, die meist zeitverzögert in der Redaktion einlangen, während die User bei einer Onlinezeitung die Möglichkeit haben, sofort nach dem rezipieren eines Artikels mittels E-Mail oder Posting diesen zu bewerten.

Interessante Ausführungen zu Qualität und Ethik im Journalismus macht auch Alex Raffeiner, der sich in seinem Weblog mit dem Werk "Qualität und Ethik im Journalismus" von Martina Kaiser-Rumstadt und Stefan Ruß-Mohl auseinander setzt.

10. Grundsätze des publizistischen Arbeitens:

Ehrenkodex der österreichischen Presse:
  1. Freiheit
  2. Genauigkeit
  3. Unterscheidbarkeit (z.B. Fotomontagen müssen als solche gekennzeichnet sein)
  4. Einflussnahmen
  5. Persönlichkeitsschutz
  6. Intimsphäre
  7. Materialbeschaffung
  8. Redaktionelle Spezialberichte
  9. Öffentliches Interesse
(Vgl. Skriptum Renger/Rest 2002/03)
- detailliertere Ausführung
Diese Grundsätze können weitgehend auch auf Onlinezeitungen übertragen werden.

11. Informationsmanipulation:

Bergsdorf (1998, 22): „Das Grundgesetz der Massenkommunikation lautetet: einer druckt oder sendet, viele lesen, hören oder sehen das Gleiche. Das neue Grundgesetz von Multimedia heißt: jeder wird sein eigener Programmdirektor, jeder entscheidet selbst, welchen Inhalten er die knappe Ressource seiner Aufmerksamkeit zuwendet“.
Solche vor allem wohl vom Internet-Boom beflügelten Visionen sollten den Blick allerdings nicht dafür verstellen, dass vieles, was unter dem Etikett der Interaktivität angeboten wird, lediglich Wahlchancen zwischen industriell gefertigten Medienprodukten meint.

12. Elektronisches Publizieren:

„Der heutige Sprachgebrauch hat elektronisches Publizieren hauptsächlich auf digitale Onlinedienste sowie CD-ROMs und Multimediaprodukte eingeschränkt. Transportiert kann mit diesen Trägermedien verschiedenstes werden, von Information über Unterhaltung bis hin zu Bestellmöglichkeiten. Das Unterscheidungsmerkmal zu den bisherigen Massenmedien, zum Beispiel Zeitungen, ist die Steuerung des Kommunikationsvorgangs durch den Benutzer im Wechselspiel mit dem Informations- oder Dienstanbieter. Man spricht deshalb von interaktiven Medien und von interaktiver Information und interaktiver Kommunikation. Dadurch wird die Abgrenzung gegenüber dem Einbahnverkehr anderer Mediengattungen deutlich, bei denen die Botschaften immer nur vom Autor, vom Verleger oder vom Sender zum Verbraucher hin gerichtet sind, während in der Gegenrichtung ausschließlich und wortlos Geld fließt“. (Vgl. Ludes/Werner 1997)



13. Interaktivität:

„Soziale Interaktion setzt physische Anwesenheit zwischen Kommunikator und Rezipient in einer (natürlichen) Umgebung voraus, so dass die Interaktanden alle sensorischen Kanäle nutzen können. Bei der Massenkommunikation schiebt sich hingegen ein technisches und soziales System zwischen Kommunikator und Rezipienten. Die Unmittelbarkeit der Kommunikationssituation ist nicht mehr gegeben. Der Rezipient bleibt anonym und die Fähigkeit zur Kontrolle der Interaktion ist zwischen den Partnern ungleich verteilt.
Es gibt verschiedene Stufen der Interaktion, hier die Reaktion, die Beeinflussung und die Gestaltung. Weiters lassen sich Interaktionen nach zeitlichen Faktoren unterscheiden (synchron, asynchron), nach dem Medium der Interaktion (Brief, Telefon, PC usw.) und nach der Sender-Empfänger-Struktur (in diesem Fall ein Sender, viele Empfänger).
(vgl. Riehm/Wingert 1995)

Unter jedem Artikel, der auf <http://derstandard.at>derstandard.at online geschaltet wird, wird ein Forum eingerichtet, das jedem User die Möglichkeit bietet, seine eigene Meinung zu posten. Dies wird von vielen Internetusern genutzt, nicht selten gibt es zu einem Beitrag über hundert Postings, und es kommen auch interessante Diskussionen zustande. Besonders anregend werden die Beiträge dann, wenn Experten zum jeweiligen Thema mitdiskutieren, die vom Onlinestandard für eine bestimmte Zeit engagiert werden. So können offene Fragen beantwortet und Denkanstöße gegeben werden.
Dass dieses Forum auch für weniger anspruchsvolle Äußerungen missbraucht wird, ist in dieser Form der Interaktivität wohl nicht zu vermeiden.

Außerdem besteht auch die Möglichkeit, die Artikel an Ort und Stelle an andere weiter zu mailen. Auch E-Mails an die Mitglieder der Redaktion können problemlos von der Seite des Onlinestandard aus versendet werden.

Wenn man sich bei derstandard.at registrieren lässt, kann man auch in Chatrooms interaktiv tätig werden oder sich in der Rubrik „ZuZweit“ einen Partner fürs Leben suchen. Die Registrierung erfüllt für den Onlinestandard auch einen sehr ökonomischen Zweck. Mit den Daten kann man Benutzerprofile erstellen und die Markt- bzw. Zielgruppenforschung unterstützen.
Beim Stöbern in Arbeiten meiner MitstudentInnen habe ich auch eine interessante Ausführung zum Thema "Soziale Kontakte im Chat-Internet" gefunden.

Es gibt noch weitere Aktionen auf derstandard.at, die die Nutzer aufrufen, sich Interaktiv zu beteiligen. Die Rubrik „Dumm(?)gefragt“ beispielsweise bietet Usern die Möglichkeit, über bestimmte Fragestellungen (z.B. „Ist Konsum eigentlich Arbeit?“) in Form von Postings zu diskutieren. Die Fragen werden von den Lesern selbst vorgeschlagen und jede Woche wählt das Redaktionsteam eine Neue davon aus.




14. Elektronische Redaktionssysteme:

Die Digitalisierung der Printproduktion machte den Inhalt von Zeitungen und Zeitschriften zusätzlich in anderer Form einsetzbar als nur auf Papier. In praktisch allen Zeitungshäusern sind heute elektronische Redaktionssysteme in Betrieb, in denen die Beiträge der Redakteure, der auswärtigen Korrespondenten und der Nachrichtenagenturen papierlos bearbeitet werden. Viele Redaktionssysteme sind mit elektronischen Bildempfangs- und Bildbearbeitungssystemen gekoppelt und füttern Umbruchsysteme, die ganze Zeitungsseiten elektronisch auf den Belichter schieben. Der nächste Schritt ist vielfach mit der vollelektronischen Erstellung der Druckform schon getan, und vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung ist das Direct-to-Plate-Verfahren, mit dem der Redakteur praktisch unmittelbar die Druckmaschine ansteuern kann. Es war nur logisch, dass Zeitungsverlage auf diesem Produktionsweg zum bedruckten Papier eine Weiche einbauten, um den Zeitungsinhalt elektronisch aufzubewahren, bevor er draußen auf dem Markt als Zeitung von gestern in die Papierkörbe flatterte. Elektronische Archive dienten in erster Linie dem eigenen Haus, wurden aber alsbald auch für externe Benutzer geöffnet, die mit ihren Abrufentgelten einen Deckungsbeitrag zum Betrieb dieser neuen Medien lieferten. Der erste Schritt zum elektronischen Publizieren war damit getan.

Die Betreiber elektronischer Suchdienste, die sogenannten Hosts, nehmen gerne Zeitungstexte auf, um ihr Angebot an Datenbeständen abzurunden und zu aktualisieren. Stark wirtschaftsorientierte Titel sind besonders gefragt.

Gibt man beispielsweise beim Internetsuchdienst „GOOGLE“ das Stichwort „beagle-2“ ein, so erscheint bei den Ergebnissen auch ein Artikel aus dem Wissenschaftsressort von derstandard.at.

15. Entwicklung des Marktes:

Bereits mit dem Verkauf von CD-ROMs hatten die Zeitungsverleger einen Fuß in den Endverbrauchermarkt gesetzt, das heißt in ein Marktsegment, in welchem gewerbliche oder private Kunden die elektronischen Informationsangebote zu eigenen Zwecken nutzen. Wichtige Erfolgsfaktoren sind dort, neben einem soliden Nutz- oder Unterhaltungswert des Produkts, vor allem kundenfreundliche Preisgestaltung und einfachere Benutzeroberfläche.
Der Durchbruch kam, offenbar unter dem Druck der privaten Konkurrenz, im Jahr 1995. Damals starteten mit CompuServe, AOL und Europe Online neue Dienste, die sich an den Endverbrauchermarkt wendeten und entweder von Pressehäusern mitgetragen wurden oder Presseinhalte mitführten. Auch das Internet erhielt durch eine sprunghaft ansteigende Presseberichterstattung überraschende Prominenz. Alsbald tauchten auch dort die ersten Printverlage mit eigenen Angeboten auf, obwohl eine echte Nutzung kaum verlässlich messbar war und zunächst auch noch kein Geld verdient werden konnte.
Im Gegensatz zu den professionellen Märkten, auf denen die Recherche- und Nachschlagefunktion der elektronischen Pressearchive im Vordergrund steht, erlangen die Endverbrauchermärkte nach eigenständigen mediengerechten Informationsprodukten, die von den Verlagen neben den bisherigen Printprodukten eigens geschaffen werden mussten. Gefälliger optischer Auftritt, Übersichtlichkeit des Angebots, schnelle Information und vor allem Ausnutzung der interaktiven Möglichkeiten des Onlinemediums sind Grundvoraussetzungen für die Akzeptanz durch das meist junge Publikum. Besonders die Kommunikationsmittel von Foren, Chat Rooms und E-mail eröffnen eine ganz neue Dimension des Kundenkontakts, auf die sich die Verlage erst einmal einstellen mussten. Dazu waren Investitionen in Personal und Know-how, Redaktions- und Kommunikationstechnik erforderlich.




Um auf dem Multimediamarkt angemessen auftreten zu können, lautet das erste Gebot für die Verlage paradoxerweise, die bestehenden Printprodukte zu schützen und zu stärken. Niemand versteigt sich zu der Annahme, dass die Zeitungen vom Markt verschwinden werden. Sie existieren neben den elektronischen Produkten und Diensten durchaus weiter und müssen wirtschaftlich so gesund erhalten werden, dass mit ihren Erlösen alle Entwicklungs- und Markterschließungskosten für die elektronische Produktlinie abgedeckt werden können. Logischerweise wird also kein Zeitungsverlag einen Onlinedienst oder CD-ROMs in den Markt bringen, die seine gedruckte Zeitung überflüssig machen. Deshalb kann das von einigen Verlagen praktizierte Einstellen des kompletten Zeitungsinhalts ins Internet, womöglich noch vor der Auslieferung der gedruckten Ausgabe, allenfalls eine auf den Einführungszeitraum begrenzte Marketingmaßnahme sein. Die meisten Verleger denken viel mehr über elektronische Angebote nach, die ihre Zeitung ergänzen, sei es im Umfang oder in der Thematik, und ihren Nutzwert mit den spezifischen Mitteln der Interaktivität erhöhen.

Auf der Webseite des Standard kann man hingegen auch eine eins zu eins Applikation der Printausgabe lesen (derStandard digital), wobei man sich allerdings registrieren lassen muss.

Besonders heikel ist dabei der Umgang mit Anzeigenrubriken, die bislang zu den wirtschaftlichen Stützen des Zeitungshauses gehörten. Verwandelt man sie in elektronische Börsen, auf denen Angebot und Nachfrage per Knopfdruck zueinander finden, so wäre es um die wirtschaftlichen Grundlagen der Zeitungsbranche bald geschehen. Zeitungsfremde Anbieter kennen derartige Skrupel nicht und speichern in großem Stil Anzeigentexte, die ja nur in Ausnahmefällen urheberrechtlich geschützt sind. (Vgl. Ludes/Werner 1997)

16. Die Attraktion des Zeitungsangebotes:

Für die Zeitungen spricht beim Verbraucher das in vielen Jahren aufgebaute Vertrauen und die im Verbreitungsgebiet entstandene Markenqualität des Titels.
Angesichts der rapide wachsenden Informationsflut in den verschiedenen Onlinenetzen- im Internet verdoppelt sich die Angebotsmenge angeblich alle 52 Tage- könnte diese Navigationsfunktion eine Kernaufgabe der Zeitungen im elektronischen Zeitalter werden. Sie wird realisiert durch die Platzierung von elektronischen Verweisen oder Hyperlinks auf den eigenen Seiten wie auch durch den Einbezug sinnvoller Zusatzangebote von externen Partner.

Bei vielen Artikeln, die im Onlinestandard zu finden sind, kann der Rezipient auch auf weiterführende Links zum Thema zurückgreifen. Beispielsweise führt ein Link bei einem Artikel über die Mars-Mission direkt zur Internethomepage der europäischen Weltraumorganisation ESA. Auch Verweise auf Artikel zum Thema, die zu einem früheren Zeitpunkt auf derstandard.at publiziert wurden, sind zu finden.

Den höchsten Stellenwert beim Verbraucher haben zweifellos die attraktiven Inhalte neuer Angebote. Der Mensch hat, überspitzt formuliert, ein Grundbedürfnis nach Unterhaltung und Spiel, das die Presse in den Rubriken Vermischtes und Feuilleton so trefflich zu nähren versteht. Die eigentliche Attraktion des Zeitungsangebots, sei es nun auf Papier oder per Bildschirm, wird durch die unübertroffene Fähigkeit von Redakteuren und Zeitungsjournalisten begründet, von allen Geschehnissen, Aussage, Gedanken und Erwartungen einen Bezug zum Leser zu finden.

Multimedia bietet- in seiner Ausbaustufe verstanden als digitales, vernetztes, interaktives Medienverbundsystem- neue Leistungschancen für den Informations- und Unterhaltungsanbieter „Zeitung“. Mit verbesserter Aktualisierung und vielfältiger Verknüpfung, vor allem aber dank der Interaktivitätseigenschaften können neue inhaltliche Angebote konzipiert werden.

17. Motive der Verlage für ihr Multimedia-Engagement:
  1. Erfahrungen mit neuen Übertragungstechniken, deren Optionen und Restriktionen
  2. Erreichbarkeit junger Leser, junges Image schaffen
  3. Konkurrenz der Funkmedien entgegenwirken (Versuch von Zeitungen, Informationen zu „versprachlichen“ und über ein anderes Medium zu schicken)
  4. Mehrfachverwertung der Information
  5. Neue Werbeoptionen
  6. Digitale Verbreitung erübrigt Kosten für Papier, Druck usw.
(Vgl. Ludes/Werner 1997)


18. Profilierung als lokales Informationszentrum:

Die unumstrittene Stärke der Zeitung, nämlich ihre lokale oder regionale Präsenz und Kompetenz, können Zeitungsverlage nutzen, um sich zum lokalen Informationszentrum zu entwickeln. Hierzu notwendig ist die besondere Aufbereitung der eingehenden lokalen Informationen und der Aufbau eines permanenten Dialogs mit möglichst vielen lokalen Akteuren wie Veranstaltungsanbietern, Schulen, Vereinen o.ä. Es genügt nicht, den Nutzern komfortablen Zugriff auf Informationen zu ermöglichen. Die Nutzer müssen darüber hinaus mit Serviceleistungen unterstützt werden. Dies alles impliziert die Erweiterung des Selbstverständnisses vom Informations- zu einem Kommunikationsmedium, welches die Kommunikationsbeziehungen in einem bestimmten Gebiet herstellt und unterstützt. Die Zeitung darf sich z.B. nicht länger darauf beschränken, auf bestimmte Veranstaltungen hinzuweisen, sondern muss nähere Angaben dazu liefern (wie Telefonnummer, Anreiseweg usw.). Vom Zeitungsverlag gefordert ist bei diesem Vorschlag daher vor allem die Erbringung von Dienstleistungen.

19. Aufbau von Special-Interest-Diensten:

Eine weitere Strategie wäre die Bündelung und Bereitstellung der bei der Zeitungsredaktion vorliegenden bzw. häufig eingehenden Informationen zu einem bestimmten Themengebiet. (Immobilien, Finanzen, Reisen usw.).
Voraussetzung ist die gezielte Marktforschung und die Gewinnung von Partnern, die einschlägige Informationen zur Verfügung stellen.

Im livingroom von derstandard.at kann man vier große Themen aufrufen. Seit Mai 2003 gibt es eine Immobilienbörse und unter dem Stichwort Karriere findet man einen Onlinestellenmarkt. In der Rubrik Reise findet man Reiseberichte zu vielen Ländern der Welt, dazu aktuelle Wetterwerte, Buchungsanfragen und weitere Reiseinformationen. Schließlich findet man hier noch den Bereich LeichtSinn, in dem man sich beispielsweise Kochrezepte, die neuesten Autodesigns oder Modetrends zu Gemüte führen kann.
Themen des livingrooms sind der Online-Ausgabe vorbehalten. Im Printprodukt können diese höchstens in Form einer Beilage behandelt werden.

20. Angebot von individualisierten Spezialleistungen:

Neue technische Optionen können Zeitungsverlage befähigen, Spezialinformationen dann anzubieten, wenn sie von den Lesern auch tatsächlich nachgefragt werden. Auch wenn Zeitungsverlage sich nicht entscheiden, spezialisierte, dauerhaft zugreifbare Dienste aufzubauen, so lassen sich „on demand“ individualisierte „Pakete“ schnüren. Zeitungsberichte über bestimmte Länder, deren politische Probleme, neue Filme oder Ausstellungen, Wetterlagen etc., interessieren den einzelnen Leser eben gerade dann, wenn er beabsichtigt, dorthin zu reisen.
Vorgeschlagen wird hier, Informationen aus unterschiedlichen Ressorts unter einem bestimmten Thema „on demand“ zusammenzustellen und auf elektronischem Wege kostengünstig zu übertragen. Von den Zeitungen gefordert sind dazu vor allem Selektionsleistungen bzw. der Umgang mit fortschrittlichen technischen Systemen, daneben Marketingüberlegungen zum gezielten Hinweis auf solche Spezialangebote.

21. Profilierungschancen der Zeitung als Werbeträger:

Die Interaktivitätseigenschaften vernetzter Systeme liefern ein neues Direktmarketingwerkzeug: Personen, die mit dieser Werbung in Kontakt kommen, können direkt auf Angebote reagieren, weitere Informationen anfordern oder unmittelbar bestellen und sogar elektronisch bezahlen.
Eine Plattform, die sich auf diesem Gebiet durchgesetzt hat, wäre beispielsweise ebay. Elisabeth Vallant beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit dem Thema, wie sich ebay entwickelt hat und wie es den Markt verändert.
Computergestützte „Beratungsdialoge“ zwischen Anbietern und Interessenten werden Tele-Verkäufer in die Lage versetzten, ihren Kunden quasi „maßgeschneiderte“ Angebote zu unterbreiten.
Die elektronische Rubrikenwerbung wird sich aufgrund der Selektionseigenschaften von Kommunikationssystemen zur Bedrohung der herkömmlichen Rubrikenwerbung entwickeln. Die neuen Multimedia-Optionen stellen nicht nur Risiken, sondern auch echte Chancen für die Zeitung als Werbeträger dar: Ihr Image, unaufdringliche, gesuchte „Werbeinformationen“ anzubieten, kann sie durch einen rechtzeitigen Einstieg nicht nur verteidigen, sondern sogar noch weiter verbessern.
Ausführlichere Informationen zum Thema "Neue Medien und Marketing/Werbung" bietet Klaus Brunner in seinem Weblog.

22. Nutzungsunterschiede zwischen World Wide Web und anderen Medien:

Das entfallende Nutzungsentgelt pro Zeiteinheit und/oder Datenmenge kann hier als ein bedeutender Unterschied genannt werden. Beim Fernsehen wird ein Monatsbeitrag gezahlt und bei Printobjekten die Ausgabe. Eine gesteigerte Nutzungsintensität führt also zu sinkenden Kosten pro genutztem Inhalt innerhalb des bezahlten Objekts. Online ist für jede zusätzliche Nutzung ein bestimmter Betrag zu entrichten.
Ein weiterer wichtiger Unterschied ist der Verzögerungsgrad, mit dem der Nutzer die gewünschten Inhalte erhält.

Auch Thomas Schwarz behandelt die Veränderungen der Medien aus Nutzerperspektive.

Es gibt auch gestalterische und inhaltliche Unterschiede zwischen Onlinejournalismus, TV-, Hörfunk- und Printjournalismus, die die Nutzung beeinflussen.



23. Neue Anforderungen an Zeitungsverlage und Journalisten:

Die neuen Profilierungschancen für die Zeitungen gehen auch mit neuen Anforderungen einher. Zuerst geht es darum, mittels Marktforschung die zu bearbeitenden Teilmärkte und Zielgruppen zu erforschen und auf sie mit geeigneten Konzepten zu reagieren.
Neue Informationsangebote sind für unterschiedliche Marktsegmente und zur „Verschickung“ über unterschiedliche Medien in unterschiedlicher Art und Weise aufzubereiten. Dies erfordert Spezialwissen über die Technik und die Regeln der Ästhetik unterschiedlicher Medien. Sind neue elektronische Angebote konzipiert, gilt es, diese mittels adäquater Vermarktungsstrategien zielgruppengerecht zu verbreiten. Gefragt sind eine Vielzahl von Marketing-Kompetenzen.
Die Zunahme der Masse zirkulierender Informationen stellt die Journalisten vor die Aufgabe, diese zu kanalisieren und für das eigene Blatt verwertbar zu machen.

Insbesondere mit zwei Hauptaufgaben werden Journalisten künftig konfrontiert sein: Es verbleibt ihnen ihre klassische Aufgabe der Selektion, wobei dich das Interesse der Leser bzw. Nutzer zum obersten Selektionskriterium entwickeln wird. Gleichzeitig geht es darum, den Nutzern komfortable Wege zu gesuchtem Wissen oder zu gewünschter Unterhaltung bereitzustellen.
Zum einen erfordert dies Kompetenz im Umgang mit fortschrittlichen technischen Werkzeugen. Um den Multimedia-Vorteil der Verknüpfung von Informationen ausschöpfen zu können, müssen zum anderen inhaltliche Einheiten strukturiert und klassifiziert werden (beispielsweise mit CMS oder XML).
Zeitungsunternehmen, die sich der multimedialen Herausforderung stellen wollen, müssen Vorleistungen erbringen, insbesondere in Form von zusätzlichen Mitarbeitern, Marktforschungs- und Marketingaktivitäten und modernen technischen Werkzeugen.

Interessante weiterführende Artikel:
Die Informationsgesellschaft und die Rolle der Medien von Dr. Rudolf Bretschneider

Nachrichtenwert und Rezipienten, Magisterarbeit von Benjamin Fretwurst, freie Universität Berlin





Quellenverzeichnis:

Ludes, Peter/Werner, Andreas (Hrsg.): Multimedia-Kommunikation. Theorien, Trends und Praxis.1997: Westdeutscher Verlag.

Riehm, Ulrich/Wingert, Bernd (Hrsg.): Multimedia. Mythen, Chancen und Herausforderungen. 1995: Bollmann.

Dernbach, Beatrice/Rühl, Manfred/Theis-Berglmair, Anna Maria (Hrsg.): Publizistik im vernetzten Zeitalter. 1998: Westdeutscher Verlag.

Schriftliches Interview (per E-Mail) mit Chefredakteurin des Onlinestandard Mag. Gerlinde Hinterleitner, am 23.12.2003
Gerlinde.hinterleitner@derStandard.at

derstandard.at, aufgerufen im Zeitraum zwischen Oktober 2003 und Jänner 2004

Renger, Rudi: Skriptum. VO Einführung in die Journalistik. SS 2002.

Renger, Rudi/Rest, Franz: Skriptum. VO Journalistische Arbeitstechniken und Gestaltungsarten. WS 2002/03.

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