So Yeah, I Tried Slack
michael.goldbeck.uni-linz, 27. Jänner 2016, 13:35
Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) haben unser Leben maßgeblich verändert. Wir kommunizieren immer und überall [Q1], verlagern große Teile unseres Lebens ins Internet [Q2] und passen unser Leben an die neuen digitalen Begebenheiten an [Q3] - ganz davon abgesehen, dass unsere Fabriken durch neue Technologien zum großen Teil automatisiert wurden und weite Teile der Arbeitsplätze aus den 70er und 80er Jahren Geschichte sind [Q4]. Täglich werden neue Dienste veröffentlicht, die unser Leben revolutionieren sollen [Q5]. Vor allem zwei Themen stechen im Mobile Business aktuell heraus: Messaging und Produktivität. Zwei sehr unterschiedliche Bereiche, die aber für Firmen zentral sind: wie kommunizieren wir in der Zukunft am produktivsten? Genau dazu ist Slack angetreten.
Slack: be less busy
Slack ist ein Kollaborationsdienst, der es angemeldeten Nutzern anhand von Channels erlaubt, neben Nachrichten auch vielerlei andere Informationen zu tauschen. Der Dienst orientiert sich am Aufbau sehr an “traditionellen” Internet Relay Chats (IRC); es gibt statische Chat-Räume (channels) die selbst organisiert werden können (z.B. nach Themeninhalt), private Gruppen und auch private Gespräche. Dabei ist Slack kein konventionelles Messaging Tool, sondern integriert verschiedenste Dienst in ein Kontrollzentrum: von Kalendern zu Newsletter Services, von File-Sharing zu Git-Versionsverwaltung [Q6]. Zentral ist die Suchfunktion: alle Messages, alle Dateien (und deren Inhalt) sowie Personen sind auch nach tausenden Nachrichten leicht auffindbar. Es setzen unzählige Communities mittlerweile auf Slack - darunter auch Wordpress - um sich zu koordinieren und auszutauschen [Q7]. Die New York Times titelt den Dienst “Slack, the Office Messaging App That May Finally Sink Email” [Q8] - und zählt schon einige Millionen Nutzer [Q9].
Warum ist Slack “Mobile Business”?
Meiner Meinung nach kann Slack zu “Mobile Business” gezählt werden, da der Dienst die meisten Merkmale dafür erfüllt: der Messanger läuft auf allen gängigen Plattformen, unabhängig ob Smartphone, Tablet oder Laptop - und ist via Web-Interface in allen gängigen Browsern verfügbar. Slack hat das Potenzial die Kommunikationskultur in Unternehmen wesentlich zu verändern - er verstärkt projektbezogenes Arbeiten und schafft mit den vielseitigen Integrationen einen zentralen Bezugspunkt für Informationen und Austausch. Drahtlose Verbindungen, da er von allen Geräten erreichbar ist; multiple Sensoren, da über zur Verfügung gestellte APIs eigene Dienste den Slackbot aktivieren können. Durch das Web-Interface wird eine Orts- und Zeitunabhängige Nutzung ermöglicht, sowie Personalisierung des Interfaces erlaubt. Auch Ortszuweisungen sind möglich.
Mehrwerte
Slack dreht sich vor allem um Produktivität und Effizienz. That’s it. Darin manifestiert sich auch dessen Daseinsberechtigung: der Dienst existiert um Nutzerinnen und Nutzer schnell von A nach B kommen zu lassen - zwar nicht geografisch, aber zumindest auf der To-Do-Liste. Auch ist der sparsamere Umgang mit E-Mails ein wesentlicher Mehrwert der Web-App; sie hilft beim kulturellen Wandel von einer stark asynchronen internen Kommunikation zu einer dynamisch-synchronen Kommunikation. Kollaboration und Koordinierung des täglichen Arbeitspensums sind das Credo - im Informationszeitalter ist somit ein Single-Point-Of-Information in der Informationsbeschaffung sowie -distribution ein absoluter Mehrwert. Wie in meinem Beitrag behandelt, hat Slack große Schnittmengen mit anderen Diensten wie E-Mail; als zentrale Heimat für E-Mail Anfragen lässt sich aber Slack soweit als Schnittstelle personalisieren, dass andere Services zwar noch genutzt werden, aber lediglich um die Informationen zu übemitteln und direkt auf Slack zu integrieren. Aufgrund dieser Erweiterbarkeit - seien es automatische Bots zur Verwaltung von Nachrichten und Inhalten, Code-Snippets bei der Programmierung oder Status-Updates zu Serverprozessen - bleibt das eigene Team flexibel aber stets einheitlich informiert.
Innovationen
Innovation ist gerade im schnell verändernden Umfeld der online Kommunikation essentiell. Neben weiteren Erweiterungen und einer vertieften Integration in den eigenen Workflow sehe ich daher vor allem die Automation als wesentlichen Treiber für Slack. Sind alle Dienste wie Customer Relationship Management, Finance Appliances, Business Operations und Production Controls integriert, kann aus einer zentralen Schnittstelle zur Koordinierung von Arbeitsschritten eine Automatisierung wesentlicher Geschäftsprozesse wachsen - und somit viel unnötige Arbeit erspart werden. Als Beispiel dafür kann eine automatische Zuweisung von Anfragen (E-Mail, Live-Chat auf Website, …) zu gewissen Mitarbeitern sein, da die vorhergehenden Antworten dieser Personen thematisch am besten passen. Als nächster Schritt wäre eine komplette Automatisierung der Kommunikation möglich - teils wird diese schon bei Slack eingesetzt. Beispielsweise können sogenannte “Bots” immer wiederkehrende Fragestellungen automatisch beantworten bzw. Inhalte so stark miteinander verknüpfen, dass das System automatisch lernt und Fragen mit Antworten “instant” verbunden werden. Praktisch ist dieses Vorgehen nicht nur in der Beantwortung von Fragen, sondern auch in der Automatisierung von täglich auftauchenden Aufgabenstellungen. Zum Beispiel könnten Server-Reports, die direkt in Slack eingespielt werden, automatisch abgearbeitet werden, ohne Arbeitszeit zu beanspruchen. Sollte der Automatismus aufgrund von Unregelmäßigkeiten nicht zu einer Lösung kommen, könnte das System jene Mitarbeiter benachrichtigen, die den Fehler schnellst möglich beheben können und aktuell auch Ressourcen dazu haben. Auch könnte eine Sprachsteuerung - ähnlich wie Siri - eine intuitivere Mensch-Maschinen-Kommunikation ermöglichen - z.B. könnte Slack direkt mit den Mitarbeitern kommunizieren und aufgrund von Sprachanalysen selbst Aktionen setzen. Damit würde der Messenger zu einer Art “Vermittler” zwischen Mensch und Maschine (z.B. im Produktionsprozess).
Restriktionen
Meiner Meinung nach ist eine der größten Restriktionen für Slack der mangelnde Datenschutz für Nutzerinnen und Nutzer, sowie daraus resultierend auch deren Unternehmen. Alle Daten, hochgeladene Dateien und Nachrichten geben wesentlichen Aufschluss über die Geschäftstätigkeit des Unternehmens und könnte gegen dieses verwendet werden. Es gibt aber auch technologische Restriktionen; da die jeweiligen Apps (iOS, Android, Windows, Mac) nur Ableitungen der Web-App sind (Hybride App), weshalb es gelegentlich zu Performance Problemen kommt. Diese können gerade in einem Business-Umfeld sehr geschäftsschädigend sein und Nutzerinnen sowie Nutzer vom Gebrauch abhalten.
Mobile Strategie
Strategisch setzt Slack primär auf “Word-of-Mouth” (Earned Media), eigene Kanäle und einem Freemium-Modell. Aufgrund der Verlässlichkeit und Geschwindigkeit des Dienstes waren nicht große Marketing-Kampagnen sondern simples Content Marketing in deren Blog und Social Media Kanälen (Owned Media) der größte Treiber des unglaublichen Wachstums des Messengers - vor allem Web-Entwickler haben in großen Worten Slack gelobt. Diese Beständigkeit, gemeinsam mit viel Liebe zum Detail (Logo Animationen, Interaktionen wie Sprüche und Fragen während Ladezeiten,…) haben den Dienst in viraler Geschwindigkeit Millionen von NutzerInnen zugespühlt. Genau deshalb ist das Freemium-Modell auch so wichtig für den Dienst: denn ohne eine erste Nutzerbasis geht garnichts. Nutzerinner und Nutzer, aber auch die Organisationen, müssen sich erst an den Dienst gewöhnen und in den eigenen Workflow integrieren, bis eine wirkliche Zahlungsbereitschaft entsteht. Indem es den Basis-Dienst frei zur Verfügung stellt und nur gewisse Funktionen (wie z.b. eine vollständige Suche über 10.000 Nachrichten) anbietet, wenn der Channel von Freemium auf Paid umgestellt wurde. Slack bietet daher 4 Packet-Optionen an: Free, Standard, Plus und Enterprise (in Vorbereitung). Bis auf “Free” wird der Organisation pro Nutzer eine monatliche Gebühr verrechnet - mit gestaffeltem Funktionsumfang.
Zusammenfassung
Als Geschäftsführer von Slack würde ich meinen Fokus auf die Bereitstellung von Automatisierungsservices legen. Auch wenn direkte Kommunikation - sei es digital oder offline - immer benötigt wird um im Team zu arbeiten, werden sich die Tools immer schneller weiterentwickeln. Vor Jahren war Telefonate noch das bevorzugte Kommunikationsmedium; gerade im Business-Umfeld. Neue Studien zeigen, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter E-Mails und Benachrichtigungen bevorzugen, und Telefonate sogar meiden. Um dieser Schnelllebigkeit gerecht werden zu können, muss der eigene Workflow ein flexibler, auf Iterationen ausgelegter Prozess sein, sich permanent zu erneuern. Daher scheint es auch nur logisch, dass auch das bestehende Produkt technologisch immer wieder auf neue Beine gestellt werden muss. Seien es Anwendungen im Bereich des Internet-of-Things (IoT), neue Apps für neue Plattformen (Smartwatches) oder einfach bessere Clients für Mac, PC, Smartphone oder Tablet. Eine wesentliche Rolle wird auch Artificial Intelligence (AI) einnehmen. Mit AI-Technologien könnten Aufgaben wesentlich effizienter automatisiert, Prozesse optimiert und Kosten gesenkt werden. Gerade im Bereich des Produktionsmanagements könnte mit Sensorik und Bots einiges erreicht werden.
[Q1] Gero von Randow, 2008, “Immer überall erreichbar”, zuletzt aufgerufen am 17.11.2015, http://www.zeit.de/zeit-wissen/2007/01/Serie-Kommunikation
[Q2] Hans Zippert, 2012, “Wir verlagern das ganze Leben in die Internetwolke”, zuletzt aufgerufen am 17.11.2015, http://www.welt.de/debatte/kolumnen/zippert_zappt/article13909052/Wir-verlagern-das-ganze-Leben-in-die-Internetwolke.html
[Q3] Paul Boag, 2015, “DIGITAL ADAPTATION: MANIFESTO”, zuletzt aufgerufen am 18.11.2015, http://www.digital-adaptation.com/
[Q4] Steve Copley, “Effect of ICT on Patterns of Employment”, zuletzt aufgerufen am 17.11.2015, http://www.igcseict.info/theory/6/social/index.html
[Q5] David Moschella, 2015, “The pace of digital disruption varies widely by industry”, zuletzt aufgerufen am 18.11.2015, http://www.computerweekly.com/opinion/The-pace-of-digital-disruption-varies-widely-by-industry
[Q6] Owen Williams, 2015, “The ultimate guide to doing anything in Slack”, zuletzt aufgerufen am 19.11.2015, http://thenextweb.com/insider/2015/08/11/the-ultimate-guide-to-doing-anything-in-slack/
[Q7] Angela Cois, 2015, “An Incomplete List of Communities on Slack”, zuletzt aufgerufen am 17.11.2015, https://medium.com/@angiecois/an-incomplete-list-of-communities-on-slack-1b1b6f157bda#.xxazkgr5x
[Q8] Farhad Manjoo, 2015, “Slack, the Office Messaging App That May Finally Sink Email”, zuletzt aufgerufen am 18.11.2015, http://www.nytimes.com/2015/03/12/technology/slack-the-office-messaging-app-that-may-finally-sink-email.html
[Q9] Craig Smith, 2015, “By the Numbers: 15 Interesting Slack Statistics
“, zuletzt aufgerufen am 16.11.2015, http://expandedramblings.com/index.php/slack-statistics/
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