Aufgabe Aufgabe 3 - Überholtes Recht
nikolaus.weingartmair.uni-linz, 7. Juli 2011, 21:16
Das Urheberrecht ist eine sehr komplexe Materie die sich besonders in letzter Zeit rasch weiterentwickelt und eine Vielzahl von Problemstellungen ist noch immer nicht restlos geklärt. Es gibt wenig Übereinstimmung bei Experten über aktuelle Themen wie dem Streaming und der Weitergabe digitaler Medien und auch das Thema des Filesharing ist noch nicht konsistent gelöst. Auch die Stimmen die eine grundsätzlich neue Herangehensweise an das Urheberrecht fordern sind zu hören. Ich möchte in meinem Blog einen kurzen Überblick über die umfassende Problemstellung und die rechtlichen Rahmenbedingungen geben. Zum Verständnis dieses Themas sollten auch die Beteiligten und deren Interessen herausgearbeitet werden. Der Schwerpunkt liegt jedoch auf den unterschiedlichen Lösungsansätzen für dieses sehr komplexe Thema.
2 Grundsätzliche Begriffe des Urheberrechtes
Hier möchte ich einen kurzen Überblick für die in meinem Blog wichtigen Begriffe geben:
Urheberrecht
Das Urheberrecht besagt, dass die Urheberin/der Urheber das alleinige Recht hat, ihr/sein Werk öffentlich zugänglich zu machen, zu vervielfältigen, zu verbreiten, zu senden, zu verleihen und aufzuführen. Bei Tauschbörsen und Websites sind vor allem zwei Rechte berührt: Einerseits wird das Werk meist anderen öffentlich zugänglich gemacht, andererseits wird es durch die lokale Abspeicherung von Kopien vervielfältigt.
Leistungsschutzrecht (Nachbarrechte)
Schutzobjekt sind Dinge, die keinen Werkcharakter haben, für die aber auch ein Schutzbedürfnis besteht (Rechte der ausübenden Künstler und der Produzenten, der Datenbankhersteller usw.). Dies wird ebenfalls durch das UrhG geregelt.
Schutzdauer
Im Allgemeinen beträgt die Schutzfrist 70 Jahre ab dem Todesjahr des Urhebers. Leistungsschutzrechte, wie bei einfachen Lichtbildern, erlöschen 50 Jahre nach der Erstveröffentlichung oder Darbietung, der Schutz von Datenbanken 15 Jahre nach der letzten Änderung.
Manche Experten kritisieren jedoch, dass die Schutzdauer der Inhalte dazu führt, dass kulturell bedeutende Inhalte kaum genutzt würden, weil der Zugang eingeschränkt ist und sie kommerziell irrelevant sind. (futurezone)
Werknutzung
Der Urheber kann einem Dritten einräumen:
- eine Werknutzungsbewilligung; diese kann sich auf alle oder auf einzelne Verwertungsarten beziehen;
- ein Werknutzungsrecht; ein solches liegt dann vor, wenn ein ausschließliches Recht eingeräumt wird. Nur der Inhaber eines (ausschließlichen) Werknutzungsrechts kann Verletzungen des Urheberrechts im eigenen Namen verfolgen.
Der Umfang der Berechtigung richtet sich nach der Vereinbarung. Beide Rechte sind einschränkend auszulegen können jedoch auch schenkungsweise eingeräumt werden.
In der Praxis sind oft nicht die Urheber Rechteinhaber sondern diese wurden an Dritte weiterverkauft (zB. Musikverlage). Dies geschieht durch einen Verkauf des Werknutzungsrechts.
Freie Werknutzung (Schrankenrechte)
Das Urheberrecht sieht für bestimmte individuelle oder allgemeine Interessen Beschränkungen der Verwertungsrechte, sogenannte freie Werknutzungen vor. Diese sind als Ausnahmen von den ausschließlichen Verwertungsrechten der Urheber eng auszulegen. Je nach Werkgattung ist die erlaubte Nutzung unterschiedlich gestaltet. Freie Werknutzungen ohne Vergütungsanspruch sind:
-
Werknutzung im Interesse der Rechtspflege und der Verwaltung
-
Vervielfältigung zum eigenen und privaten Gebrauch
-
Berichterstattung über Tagesereignisse
-
Informationsfreiheit
-
Vortragsfreiheit
-
Zitatfreiheit
Experten setzten sich für eine flexible Nutzungsfreiheit im Rahmen einer angemessenen Verwendung („fair use“) ein. Eine zeitgemäße Antwort dafür könnten Rechtemanagement-Plattformen wie DRM und Creative Commons sein.
Die Privatkopie
In der Praxis die bedeutsamste freie Werknutzung. Das Gesetz gestattet die Herstellung einzelner Vervielfältigungsstücke (außer bei Software). Die Anzahl ist offen und hängt vom Einzelfall ab. Die unentgeltliche Weitergabe von Vervielfältigungsstücken im Bekanntenkreis ist zulässig.
Durch die Urheberrechtsnovelle 2003 wurde das Recht der Vervielfältigung zum eigenen Gebrauch vor allem hinsichtlich digitaler Medien wesentlich eingeschränkt. Vervielfältigungen auf anderen Trägern als Papier oder einem ähnlichen Medium dürfen nur mehr angefertigt werden
- von natürlichen Personen,
- für den privaten Gebrauch und
- weder für unmittelbare noch mittelbare kommerzielle Zwecke.
Vervielfältigungen dürfen generell nicht dazu verwendet werden, das Werk der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Für eine genaue Beschreibung der Änderungen des Österreichischen Rechts, mit dem Schwerpunkt der Änderungen 2003 (http://www.internet4jurists.at/urh-marken/immaterial.htm)
Konsequenzen:
Urheberrechtsverletzung
Nach § 91 UrhG sind Urheberrechtsverletzungen auf Verlangen des Verletzten strafrechtlich zu verfolgen; es handelt sich um sog. Privatanklagedelikte, bei denen der Urheber oder ein Verwertungsberechtigter in die Rolle des „Staatsanwaltes“ schlüpft. Zuständig für das Verfahren ist der Einzelrichter am Landesgericht.
Ansprüche
Hier auszugsweiße:
- Unterlassungsanspruch § 81:
- Angemessenes Entgelt § 86:
Dessen Höhe orientiert sich daran, was üblicherweise für eine gleichartige Leistung bei im Vorhinein eingeholter Einwilligung des Urhebers bezahlt hätte werden müssen. - Schadenersatz und Herausgabe des Gewinnes § 87:
Bei Verschulden ist Schadenersatz in mindestens der doppelten Höhe des angemessenen Entgeltes zu leisten. Auch der entgangene Gewinn ist bereits bei leichtem Verschulden zu ersetzen. Daneben besteht auch noch ein Anspruch auf Herausgabe des Gewinnes, den der Schädiger mit der Verletzung erzielt hat (meist schwierig zu beweisen).
Diese Regelungen werden jedoch in Deutschland und Österreich nur sehr selten auf die Benutzer von Filesharing Programmen angewendet, anders hingegen in Frankreich und Großbritannien. Dort hat sich der Kampf der Musikindustrie und den Nutzern verschärft. Durch das Gesetz HADOPI (Haute Autorité pour la diffusion des oeuvres et la protection des droits sur l'Internet), wird gegen Urheberrechtsverletzungen vorgegangen. Wer drei mal beim illegalen Download bzw. beim Filesharing erwischt wird, der bekommt ein Geldstrafe und außerdem wird ihm der Internetzugang gesperrt. Das ruft natürlich die Aktivisten auf den Plan, welche vehement gegen dieses Gesetz demonstrieren.
Für weitere Ausführungen und einen Gesamtüberblick (http://www.internet4jurists.at/)
3 Kultureller Bezug
3.1 Beitrag zum Allgemeinwohl
Beide Gruppen sowohl die Vertreter von strengeren Urheberrechtsgesetzen als auch die Vertreter der Lockerung nehmen für sich in Anspruch Fortschritt und Allgemeinwohl am besten zu fördern.
Die Vertreter einer Lockerung des Urheberrechtes insbesondere privater Individuen glauben, durch den freien Zugang zu Inhalten, Wissen und kreative Leistungen zu fördern und damit auch den kulturellen, wissenschaftlichen und technischen Fortschritt zu unterstützen.
Vertreter aus dem Umfeld der Verlags- und Musikindustrie unterstellen ihren Gegnern nur die Interessen der Nutzer zu vertreten, und weißen darauf hin, dass es den Nutzen für die gesamte Gesellschaft zu maximieren gilt. (futurezone) Durch angemessene Entlohnung sollten die Produzenten zur Wissensgeneration ermutigt werden und entsprechend entlohnt werden.
3.2 Grenzen
Schrankenrechte
Bei den Schrankenrechten wird das im Copyright begründete alleinige Recht der Verwerter geschützter Werke zum Wohle der Gesellschaft eingeschränkt. So ist es etwa erlaubt, Kopien für den privaten oder wissenschaftlichen Gebrauch zu erstellen. Auch ein Reverse Engineering von Software ist in gewissen Grenzen genauso gestattet wie etwa das Zitieren anderer Quellen in Nachrichtenartikeln oder Büchern.
Es gibt Studien für den amerikanischen Raum die den Einschränkungen (siehe fair-use) des Urheberrechtes große positive Auswirkungen auf die Wirtschaft bescheinigen. Falls sich diese Thesen durchsetzen werden könnte dies zu einem Umdenken bei der Gestaltung des Urheberrechtes führen, da diesem andere Bedingungen zu Grunde liegen.
4 Akteure
- Produzenten Urheber sind die geistigen Eigentümer eines Werkes. Besonders in der Musikindustrie werden die Rechte an Werken jedoch meist gegen eine Pauschale an Unternehmen der Musikindustrie abgetreten.
- Musik- und Filmindustrie unterstützt Künstler ihre Werke kommerziell zu verwerten. Sie vertreten in der Diskussion besonders die Verwertungsinteressen der Künstler. Von Kritikern wird jedoch
- Konsumenten (Leser, Nutzer etc.)
Konsumenten sind in den Industrienationen ein Großteil der Bevölkerung und speziell der Einsatz zur Unterhaltung (Konsum von Musik, Videos in Form von Download, Streams, Podcasts, nimmt stark zu). Für eine genaue Typologie der Internetnutzer (http://paedpsych.jku.at/internet/DIARY/typologie.html)
Durch die im Web 2.0 anzutreffende Verschmelzung von Produzenen und Konsumern (Prosumer) ergeben sich hier Zahlreiche neue Probleme (http://snurb.info/node/935) - Eine Spaltung der Akteure bei Filesharingplattformen kann auch in Uploader und Downloader erfolgen, wobei die Uploader die rechtlichen Eigentümer sein können, aber es in der Regel nicht sind. Da es durchaus erlaubt ist zum Beispiel Musik an Bekannte weiterzugeben, führt dies zu
- Staat (Rechtssprechung): Die Aufgabe des Staates ist es ein rechtliches Rahmenwerk zur Verfügung zu stellen und die Einhaltung zu gewährleisten.
- Provider: Von manchen Experten wird angedacht bestimmte Inhalte (urheberrechtlich geschützte Werke) zu blockieren. Dies gilt jedoch aus demokratiepolitischen Gesichtspunkten bedenklich und auch die Provider haben kein Interesse an dem zusätzlichen Aufwand. (Heise.de
- Plattformbetreiber: Ein weiterer komplexer Themenkreis sind Plattformen wie kino.to und sidereel.com die Inhalte verlinken, jedoch selbst keine urheberrechtlich geschützte Werke auf ihren Seiten besitzen. (Hier möchte ich auf den Blog eines Kollegen verweisen) (digitalfernsehen.de)
5 Aktuelle Probleme
5.1 Weitergabe von urheberrechtlich geschützten Daten
Nach österreichischer Rechtslage darf für den privaten Gebrauch kopiert (dh vervielfältigt) werden. Es wird nicht unterschieden, ob die Quelle legal oder illegal ist. Der Eingriff ist jedoch dann nicht strafbar, wenn es sich um eine unbefugte Vervielfältigung oder um ein unbefugtes Festhalten eines Vortrags oder einer Aufführung jeweils zum eigenen Gebrauch oder unentgeltlich auf Bestellung zum eigenen Gebrauch eines anderen handelt.
5.2 Streaming
Die Streaming-Technologie ermöglicht es, Videodaten aus dem Internet bereits während der Übertragung (mit einer minimalen Verzögerung) anzusehen, quasi in Echtzeit, vorausgesetzt, die Geschwindigkeit des Internetanschlusses ist mindestens gleich hoch, wie die Datenmenge, die pro Sekunde übertragen werden muss (Bitrate).
Beim Streaming ist es technisch jedoch so, dass zumindest eine kurzfristige Speicherung von Teilen des urheberrechtlich geschützten Werkes auf einem Datenträger erfolgt. Damit wird das Werk vervielfältigt, da eine Kopie (zumindest in Teilen davon) angefertigt wird. Das ist dem Nutzer oft gar nicht bewusst. Die rechtliche Situation für den Konsumenten ist noch immer nicht geklärt.
6 Rechtemanagement
Eine Antwort auf die neuen Anforderungen an das Urheberrecht sind sogenannte Rechtemanagement Systeme. Dazu haben sich zwei in ihrer Zielsetzung sehr konträre Systeme etabliert.
6.1 DRM
Durch dieses Verfahren soll die Nutzung von digitalen Medien kontrolliert werden und die Verwertungsrechte von Bild-, Ton-, oder Videoaufnahmen noch besser geschützt werden. Das Digital Rights Management ist strenger und erweitert das Urheberrecht sogar noch. Sie ermöglicht Anbietern, die solche DRM-Systeme zur Nutzungskontrolle ihrer Daten einsetzen, prinzipiell neue Abrechnungsmöglichkeiten, um beispielsweise mittels Lizenzen und Berechtigungen sich Nutzungsrechte an Daten, anstatt die Daten selbst, vergüten zu lassen.
6.2 Creative Commons
Creative Commons setzt sich im Gegensatz zum DRM für eine verständlichere Ausgestaltung des Urheberrechtes ein. Dabei ist sehr einfach einzustellen, für welche Zwecke die Werke weiterveröffentlicht oder weiterbearbeitet werden dürfen. Creative Commons hilft vor allem dabei, die Werke nach der Veröffentlichung nicht vor anderen zu verschließen, sondern fördert die Bearbeitung und deren weitere Veröffentlichung
7 Lösungsvorschläge
Es gibt jedoch noch radikalere Ansätze das Urheberrecht zu verändern, hierbei beziehe ich mich auf die Ergebnisse eines Google Thinktanks. (Heise.de 1)
7.1 Kulturflatrate
Die Kulturflatrate ist ein Meta-Modell für Pauschalabgaben auf Breitband-Internet-Anschlüsse, mit dem Urheberrechtsvergütungen für digitale Kopien pauschal abgegolten werden sollen.
7.2 Pay per use (Micropayments)
Pay per use baut auf Rechtemanagement Systemen auf uns soll es den Nutzern ermöglichen einfach und transparent für bestimmte Medieninhalte zu bezahlen.
7.3 Serviceindustrie (Open source Modell)
Bei diesem Modell werden nicht die Inhalte selbst verkauft, sondern erst durch Auftritte, Beratungen und Dienstleistungen werden Einkünfte erzielt. Die Argumente hierfür sind, dass der Schutz von Inhalten Volkswirtschaften mehr schadet als nützt es so zu einem höheren gesamtwirtschaftlichen Nutzen kommt.
8 Quellen
Internet4jurists
http://www.internet4jurists.at/
Heise 1
Heise 2
http://www.heise.de/newsticker/meldung/US-Studie-Copyright-Einschraenkungen-befluegeln-die-Wirtschaft-174907.html
Heise 3
goethe.de
http://www.goethe.de/wis/med/idm/mpl/de5122599.htm
futurezone.at
http://futurezone.at/netzpolitik/2688-experten-fordern-neues-urheberrecht.php
Typologie von Internetnutzern
http://paedpsych.jku.at/internet/DIARY/typologie.html
Vom Prosumer zum Produser
digitalfernsehen.de
http://www.digitalfernsehen.de/kino-to-buerdet-UPC-einstweilige-Verfuegung-auf.56041.0.html
Kulturflatrate
http://wiki.piratenpartei.de/Kulturflatrate
Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Digitale_Rechteverwaltung
http://de.wikipedia.org/wiki/Creative_Commons
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