Was ist eigentlich Kunst?
Laut Wikipedia (1) bezeichnet Kunst im weitesten Sinne jede entwickelte Tätigkeit, die auf Wissen, Übung, Wahrnehmung,Vorstellung und Intuition gegründet ist (Heilkunst, Kunst der freien Rede). Im engeren Sinne werden damit Ergebnisse gezielter menschlicher Tätigkeit benannt, die nicht eindeutig durch Funktionen festgelegt sind. Kunst ist ein menschliches Kulturprodukt, das Ergebnis eines kreativen Prozesses.
Darf man Herrn Prof. em. Dr. Claus Tiedemann (2) glauben ist Kunst ein kulturelles Tätigkeitsfeld, in dem Menschen sich aufgrund ihrer Begabung, Fähigkeiten und Fertigkeiten bemühen, ihre Gefühle und Gedanken durch ein selbst geschaffenes Werk oder durch eine Handlung auszudrücken. Besteht der Ausdruck in einem Werk (Gegenstand, Gebilde), das nach seiner Vollendung auch andere Menschen sinnlich wahrnehmen können, wird dieses Tätigkeitsfeld "bildende" Kunst genannt; besteht der Ausdruck in einer Handlung, ist er also an die leibliche Präsenz des Künstlers gebunden, wird es "darstellende" Kunst genannt.
Wir sehen, allein in 2 Definitionen von Kunst gibt es schon gravierende Unterscheidungen. Während Wikipedia Kunst als kreativen Prozess sieht interpretiert Dr. Tiedemann Kunst als eine Art Ausdrucksform um den eigenen Gefühlen eine Präsenz zu geben. Aber welche dieser beiden Definitionen ist nun korrekt? Ist Kunst für jeden Menschen das Gleiche? Ich denke nicht. Gerade die Kunst hat einen sehr breiten Interpretationspielraum. Was für den einen Kunst ist, empfindet ein anderer vielleicht als Müll. Daher ist es auch schwierig zu sagen, ob Kunst die zukünftigen Gestaltungs- und Nutzungsformen des Internets, bzw. des Web liefert. Wie wird Kunst im Web definiert?
Fakt ist, moderne Webarchitekturen sind von der Kunst beeinflusst. Offline und Onlinetrend stoßen oft aufeinander und adaptieren sich am anderen. Im Gegensatz zur Offline Kunst ist es für Kunst im Web wichtig, sich an Standards zu halten und Inhalte bereitzustellen, die im Interesse der Öffentlichkeit sind. Sprich Dr. Tiedemanns Definition von Kunst enfällt im Web komplett. Sieht man sich responsive Webdesigns an, wird schnell klar, dass es sich hierbei nicht mehr um Standard HTML Seiten handelt, die nur noch dem Nutzen dienen Informationen weiterzugeben. Die heutigen Web-Künstler müssen neben der Aufgabe der Informationsvermittlung auch die Anwendung der 3 U's in Ihre Arbeit mit einbringen:
Wikipedia (3) hat dazu folgende Erklärung: Der Begriff User Experience (Abkürzung UX, deutsch wörtlich: Nutzererfahrung, besser: Nutzererlebnis oder Nutzungserlebnis - alternativ wird auch häufig vom Anwendererlebnis gesprochen) umschreibt alle Aspekte der Erfahrungen eines Nutzers bei der Interaktion mit einem Produkt, Dienst, einer Umgebung oder Einrichtung.
Gute Web-Designer oder in diesem Fall sogar UX-Designer schaffen es mit Ihrer Arbeit dem Nutzer das gelesene erlebbar zu machen. Somit bekommt der Wissenserwerb eine völlig neue Ebene, die ohne dem Internet womöglich gar nicht möglich wäre. Sehen wir uns zum Beispiel das Beispiel der "Geschichte von Paris" (4) an.
Die Geschichte des Eifelturms sowie von Notre-Dame werden dem Nutzer hier als Erlebnis in 3D geliefert. Spielerisch hat er die Möglichkeit die verschiedenen Sehenswürdigkeiten aus vollkommen verschiedenen Blickwindeln zu sehen und auch mit der Seite zu interagieren. Auch ein spannendes Beispiel ist "Cinema Series" von Orange (5). Hier hat der Nutzer die Möglichkeit durch Interaktion mit der Seite noch mehr über seine Lieblingsserien und dessen Schauspieler zu erfahren.
Im Großen und Ganzen wird sichtbar: Websites sind keine Standard-HTML Seiten mehr. Die Nutzer wollen ihren Wissensdurst befriedigen und lieben das Abenteuer. daher bin ich der festen Überzeugung, dass User Experience sicherlich im zukünftigen Web nicht wegzudenken sein wird.
Oder auch was du siehst aber nicht spürst. ITWissen versteht unter dem Begriff User Interface (UI) (6): Unter einer Benutzeroberfläche oder Benutzerschnittstelle (UI) versteht man die Art und Weise, wie Befehle und Daten in den Computer eingegeben werden. Die Benutzeroberfläche ist die Schnittstelle zwischen Computer und Mensch. Sie wird von dem Betriebssystem oder den Anwendungsprogrammen bereitgestellt und soll dem Benutzer das Arbeiten mit dem Computer erleichtern.
Das heißt also der Web-Künstler muss durch sein Design dem Nutzer eine Oberfläche zur Verfügung stellen, die er bedienen kann. Die technischen Abläufe, die sich hinter der Oberfläche abspielen sollen für den Nutzer verborgen bleiben. Zur besseren Erklärung dieses Punktes würde ich gerne das Beispiel eines Online-Formulars verwenden. Wir alle haben bisher sicherlich schon mindestens ein Online-Formular ausgefüllt. Für uns als Nutzer ist es ein einfaches Instrument. Wir haben verschiedene Eingabe-Felder, Checkboxen und Upload-Funktionen. Die Verwendung ist für uns Intuitiv und die Technik dahinter nimmt uns die ganze restliche Arbeit ab, denn ganz ehrlich wüssten Sie wie und wohin Sie einen Request schicken müssen, damit Ihr bestelltes Buch auch wirklich bei Ihnen ankommt? Wahrscheinlich nicht. Darum übernimmt ein komplexes PHP File nach dem Absenden Ihrer Bestellung Ihre Daten und schickt sie in korrekter Form an die zuständige Stelle. Der Nutzer bekommt von dem Vorgang nach seiner Bestellung nichts mit. Für ihn ist die Tätigkeit mit dem klicken des Submit Buttons beendet.
Natürlich gibt es mittlerweile auch schon User Interfaces, die auch sehr Interaktiv sind. Typeform (7) zum Beispiel hat das User Interface eines normalen Online-Formular grafisch komplett umgebaut und brilliert nun mit einem Web 2.0 tauglichen Form-Design. Dazu folgendes Video.
Ein User Interface ist eine flexible Komponente des gesamten Webauftritts. Hättet ihr dieses User Interface erkannt?
Genau das gute alte Facebook User Interface hat seit seiner Entstehung im Jahr 2004 einige Feinschliffe erhalten. Das zeigt das die Wahrnehmung der Nutzer sich in den letzten Jahren stark verändert hat und sich auch weiterhin verändern wird. Was mich auch zu meinem letzten Ausführungspunkt bringt. Quora zeigt übrigends noch die weiteren UI Änderungen bei Facebook in diesem Artikel.
Oder auch - never change a well known thing! Usability ist laut dem Handbuch Usabilty (8) den Eignungsgrad eines Produktes für eine definierte Zielgruppe in einem definierten Nutzungskontext. Prämisse hierbei ist, dass diese Zielgruppe ihr Ziel effektiv, effizient und zufriedenstellend erreichen soll. Was mit bei dieser Definition ein wenig abgeht ist der Aspekt Nutzergewohnheit. Ein Beispiel: Wir sind es gewohnt, dass wir auf einer Website das Logo immer links oben finden und die Such-Funktion rechts oben. Wenn man auf das Logo klickt kommt man wieder auf die Startseite. Das sind alles Gewohnheiten, die wir im Laufe der Jahre erlernt haben und die uns ernsthaft verwirren, wenn wir sie nicht dort finden wo wir es gewohnt sind.
Der Aspekt der Kunst stößt hier an seine Grenzen. Wie weit kann Kunst im Web gehen ohne die Usability zu beeinträchtigen. Oder wird gerade durch das überschreiten der Usability-Guidelines die Neugier und damit der Tatendrang des Nutzers herausgefordert? Ich selbst kann darauf keine Antwort geben und auch eine Webrecherche zu diesem Thema konnte mir nicht weiterhelfen. Für mich steht aber fest, dass es ohne Usability nicht geht. Sprich Websiten oder Projekte, die mich komplett aus meiner Nutzergewohnheit herausreissen verwirren mich sehr! Lost in Hyperspace? Leicht möglich. Daher bin ich großer Verfechter von Usability im Web. Denn was bringt eine Seite, die zwar die besten Informationen liefert aber für mich als Nutzer nicht zu benutzen ist. Ein tolles Buch zum Thema Usability ist "Don't make me think!" von Steve Krug.
Kunst im Web hat auf jeden Fall eine große Zukunft vor sich. Mit der modernisierung gängiger Webbrowser, sowie mit Innovationen in der Webentwicklung wird es sicher bald möglich sein, jede Art von Kunst auch im Web darzustellen. Auch die Kunst rund um das Web erlebt eine Blütezeit. Das zeigen auch verschiedene Ausstellung zum Thema Web. Ob diese Trends allerdings zukunftsweisend für das Web von morgen sein wird, lässt sich nur schwer beweisen. Ich bin mir sicher, dass diese beiden Bereiche fix miteinander verbunden sind und sich auch gegenseitig beeinflussen, dennoch wäre es übertrieben zu behaupten, dass die Kunst allein die Zukunftstrends fürs Web definieren. Für mich ist vor allem ein innovativer Geist, jene Kraft, die Zukunftstrends definiert!
Quelle:
1. Definition Kunst Wikipedia - http://de.wikipedia.org/wiki/Kunst; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
2. Definition Kunst Tiedemann - http://www.sportwissenschaft.uni-hamburg.de/tiedemann/documents/kunstdefinition.html; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
3. Definition User Experience - http://de.wikipedia.org/wiki/User_Experience ; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
4. Geschichte von Paris - http://paris.3ds.com/#Patrimoine; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
5. Cinema Series - http://cinema-series.orange.fr/; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
6. Definition User Interface - http://www.itwissen.info/definition/lexikon/Benutzeroberflaeche-UI-user-interface.html; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
7. Typeform - http://www.typeform.com/; zuletzt aufgerufen 20.10.12 online
8. Definition Usability - http://www.handbuch-usability.de/blog/was-ist-usability/; zuletzt aufgerufen 21.10.12 online