Konstruktion von kognitiven Aufgaben
Häufig werden Aufgaben zusammengestellt, die schnell und ohne großen Aufwand konstruiert oder aus vorhandenen Lehrmaterialien übernommen werden können. Das hat zur Folge, dass in vielen computerunterstützten Lehr-Lernumgebungen nur Lern- bzw. Testaufgaben bereitgestellt werden, die allenfalls die Reproduktion von Faktenwissen und kaum die Anwendung des Wissens verlangen. Das Ziel dieses Beitrags ist es daher, eine systematische und effiziente Aufgabenkonstruktion darzustellen.
Basis für eine systematische Aufgabenkonstruktion ist die Analyse und Strukturierung des relevanten Wissensbereichs. Zu diesem Zweck wird das Wissensgebiet in kleine, unterschiedlich komplexe Wissensbausteine zerlegt. Gliederungsvorschlag:
- Elementare Begriffe bzw. Fachtermini: Begriffe, die durch wenige Merkmale und Relationen gekennzeichnet sind.
- Oberbegriffe, übergeordnete Konzepte: Begriffe, die entweder mehrere elementare Begriffe zusammenfassen oder im jeweiligen Kontext eine übergeordnete Bedeutung haben.
- Gesetzmäßigkeiten, Prinzipien: gut belegte regelhafte Verknüpfung von Sachverhalten z.B. in Form von Wenn-Dann-Regeln.
- Modelle, theoretische Ansätze: Verknüpfung von Begriffen und Gesetzmäßigkeiten zu einem übergeordneten Modell.
In einem nächsten Schritt werden Relationen zwischen und unter den Wissensbausteinen expliziert. Beispiele an Relationen:
- Oberbegriff Unterbegriff
- Ursache Wirkung
- X ist Bedingung von Y
- Teil Ganzes
- Gemeinsamkeiten Unterschiede
- X ist Alltagsbeispiel von Y
Auf der Basis der Wissensbereichsanalyse sowie Relationen können inhaltlich verschiedene Aufgaben mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad passend zu einem Wissensbaustein und einem Wissensbereich konstruiert werden. Auch die kognitiven Anforderungen der Lernaufgaben können variabel gestaltet werden:
- Erinnern
- Recognition: Abruf von Wissen mit Hinweisreiz (Wiedererkennen)
- Recall: Abruf von Wissen ohne Hinweisreiz (Reproduzieren)
Transformieren
- Abbilden: Darstellen von Inhalten in neuer Form
- Paraphrasieren: Wiedergeben von Inhalten mit anderen (eigenen) Worten
- Illustrieren: Finden von Beispielen
Klassifizieren
- Diskriminieren: Finden von Unterschieden
- Generalisieren: Finden von Gemeinsamkeiten.
- Kreuzklassifizieren: Finden von Gemeinsamkeiten und Unterschieden.
Argumentieren (Schlussfolgern)
- Extrapolieren: Vorhersagen treffen, Hypothesen erstellen
- Interpolieren: Rückschlüsse auf einzelne Komponenten oder Faktoren ziehen, die einen Sachverhalt bestimmen
- Interpretieren: Deuten und Bewerten von Ergebnissen und Aussagen
Quelle:
Körndle, H./Narciss, S./Proske, A. (2004): Konstruktion interaktiver Lernaufgaben für die universitäre Lehre.
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Klassifikation von Aufgaben zur Selbstkontrolle
Lernaufgaben gibt es in zahlreichen Formen, denen jedoch immer eine Abfrage von Wissen oder eine Anwendung von Fertigkeiten zugrunde liegt. Aufgaben dienen der Selbstkontrolle der Lernenden (wenn die Lösungen abrufbar sind) oder der Kontrolle über den Erfolg der Vermittlung.
- Offene Fragen:
- Wissensfragen lassen sich mit dem Abruf von Namen, Bezeichnungen, Daten, Definitionen, Fakten beantworten.
- Verständnisfragen erfordern zusätzlichen Verarbeitungsaufwand, z.B. Kombination, Schlussfolgerung, Interpretation, Abstraktion.
- Anwendungsfragen verlangen die Nutzung des Gelernten in einer neuen Situation (Transfer).
- Anm.: Offene Fragen werden von Lernenden, die ungern schreiben, gemieden.
- Multiple-choice-Fragen:
- Aufgabe mit zwei Alternativen: richtig/falsch, ja/nein
- Einfachwahlaufgabe: mehrere Antwortmöglichkeiten, wobei nur eine zutrifft.
- Mehrfachwahlaufgabe: mehrere Antwortmöglichkeiten, wobei mehrere zutreffen können.
Ergänzungsverfahren (Lückentests):
- Aus dem Lernmaterial werden Sätze oder Textabschnitte mit Lücken geboten, die die Adressaten korrekt ausfüllen sollen.
- Es gibt Einfachergänzungen mit nur einer Lücke und Mehrfachergänzungen mit mehreren Lücken.
- Anm.: Der Lückentest, bei dem jedes fünfte Inhaltswort des Basistextes gestrichen ist, hat sich als Verfahren zur Messung der Verständlichkeit von Texten bewährt.
Korrekturaufgaben:
- Auch hier liegen Sätze, Textabschnitte oder Bilder aus dem Material vor, aber ein Element ist falsch und muss korrigiert oder ausgetauscht werden.
- Anm.: Korrekturaufgaben findet man selten, obwohl die Entdeckung von Fehlern eine reizvolle Angelegenheit darstellt.
Am motivierendsten sind Aufgaben, die nicht nur Nachdenken und Grübeln, sondern auch eine Tätigkeit erfordern!
Quelle:
Ballstaedt, S.P. (1997): Wissensvermittlung. Die Gestaltung von Lernmaterial. Weinheim: Psychologie Verlags Union.
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Lernziele: Analyse und Definition
Jedes Lernangebot muss klare Ziele verfolgen. Man muss sich zu Beginn einer Bildungsmaßnahme (unabhängig davon, wie, wo, mit welchen Methoden und mit welchen Medien sie durchgeführt wird) immer fragen: "Was soll sich bei den Lernenden durch die Lernphase in ihrem Denken, Wissen, Verhalten, in ihren Fertigkeiten oder Einstellungen gegenüber vorher verändern?". Es ist also zu formulieren, welche Absicht hinter der jeweiligen Bildungsmaßnahme steht. Gleichzeitig mit der Formulierung der Lehrziele erfolgt die Auswahl der Inhalte. Eine weitere Frage, die man sich in diesem Zusammenhang stellen muss, ist die Frage nach der Überprüfung der Zielerreichung. Bei der Formulierung von Lernzielen sollte daher immer genau angegeben werden, welches beobachtbare Verhalten unter bestimmten Situationsbedingungen gezeigt werden soll. Je präziser Lernziele formuliert werden, desto einfacher lässt sich deren Erreichung im Anschluss an die Lernphase überprüfen.
Üblicherweise wird eine Differenzierung der Lernziele in drei allgemein-psychologische Funktionsbereiche vorgenommen:
- Kognitive Lernziele: Sie beziehen sich auf Kenntnisse und intellektuelle Fähigkeiten und beschreiben das Wissen über Fakten, Konzepte, Prinzipien, Regeln und Prozeduren. Die Ergebnisse des Lernens werden dabei nach zunehmendem Komplexitätsgrad geordnet, nämlich: Wissen => Verstehen => Anwenden => Analysieren => Synthetisieren => Evaluieren. Auf der Stufe der Kenntnisse geht es darum, Informationen wieder aus dem Gedächtnis abrufen zu können und diese verbal oder schriftlich wiederzugeben. Für den Lernerfolg ist es jedoch im Allgemeinen besser, wenn versucht wird, höhere Lehrziele der Taxonomie zu erreichen. Dafür ist aber eine genauere Auseinandersetzung mit den Lehrinhalten notwendig. Durch die Erreichung von Lehrzielen höheren Niveaus soll der Transfer auf konkrete Anwendungssituationen sichergestellt werden.
- Affektive Lehrziele: Sie zielen auf die Interessen, Einstellung und Werte der Lernenden ab. Diese sollen durch den Lernprozess verändert werden. Die Ergebnisse des Lernens werden dabei nach dem Grad der Internalisierung von Werten und Einstellung geordnet, nämlich: Aufnehmen => Werten => Reagieren => Werte ordnen => Durch Werte bestimmt sein. Zur Vermittlung von affektiven Lehrzielen muss zunächst einmal die Aufmerksamkeit des Lernenden erlangt werden. Es muss sichergestellt werden, dass dieser bereit ist, sich mit einem bestimmten Problem, einer Meinung oder sonstigem Sachverhalt auseinanderzusetzen. In einem nächsten Schritt muss der Lernende darauf reagieren. Dabei spielt die emotionale Betroffenheit, sei es nun Spaß, Überraschung oder Angst eine große Rolle. Darauf aufbauend können dann verschiedene Werte individuell bewertet und eingeordnet werden. Dies führt dann zum reflektierten Umgang mit Meinungen und Einstellungen und soll letztendlich darin münden, dass sich die Werte in den Handlungen des Lernenden niederschlagen.
- Psychomotorische Lehrziele: Sie beschreiben bestimmte Verhaltensweisen und beinhalten sowohl die Beherrschung von Bewegungsabläufen als auch die Beherrschung komplexer Verhaltensweisen, die unterschiedlich starke psychomotorische Regulation erfordern. Multimedien können in diesem Zusammenhang zum Erlernen bestimmter Fertigkeiten genutzt werden. So kann z.B. das Bedienen eines Systems auf dem Computer simuliert werden. Psychomotorische Lernzieltaxonomie: Imitieren => Manipulieren => Präzisieren => Handlung gliedern => Naturalisieren. Je besser eine bestimmte Verhaltensweise beherrscht wird, desto mehr werden diese automatisiert und somit auch der psychomotorische Regulationsaufwand reduziert.
Quelle:
Pfeiffer, S. (2004): Didaktische Überlegungen zum Einsatz von e-Learning in der betrieblichen Aus- und Weiterbildung.
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