Der Kunde ist transparent, weil der Markt es geschafft hat, "vollkommene" Informationen über die Marktteilnehmer zu erhalten. Um dies zu erreichen gibt es zahlreiche Wege, manche sind offensichtlich, manche nicht so sehr. Auf die eine Art oder andere stimmt der Konsument allerdings immer der Verarbeitung seiner Daten zu. Manchmal will er das sogar, weil er sich dadurch Preisvorteile erhofft. Er ist bereit, sein Konsumverhalten und seine Interessen offenzulegen, um das gewünschte Gut günstiger zu erhalten. Für den Verkäufer wird es durch loyalty programs (dt. Kundenbindungsprogramme) möglich, eine dauerhafte Kundenbasis zu schaffen, die eventuell zu markentreuen (brand loyalty) Klienten werden. Aus diesem Grund habe ich mich für den Artikel Effects of Loyalty Programs on Value Perception, Program Loyalty, and Brand Loyalty von Youjae Yi und Hoseong Jeon aus dem Jahre 2003 entschieden. Hier wird der Einfluss von rewards (dt. Belohnungen) in Kundenbindungsprogrammen auf die value perception (dt. Wertwahrnehmung) und somit auf die Loyalität der Kundenschaft beleuchtet.  

Begrifflichkeiten

Nach Yi und Jeon sind wird der theoretische Hintergrund folgender Begriffe diskutiert:

Ein Kundenbindungsprogramm ist eine mehrstufige Prozedur, das incentives (dt. Anreize) für zahlungskräftige Kunden bietet und zu wiederholtem Kaufverhalten führt. Es ist möglich, diese Kunden durch Kundenbindungsprogramme loyaler zu machen. Sie werden der Marke unter Umständen treu sein, auch wenn das Unternehmen schlechter als die Konkurrenz bewertet wird, da sie zum Produkt eine stärkere Bindung haben.

Die Wertwahrnehmung wird zur Entwicklung einer Markentreue durch das Kundenbindungsprogramm benötigt. Die Autoren basieren ihre Forschung auf die fünf Elemente nach O'Brien und Jones (1995), die den Wert von Kundenbindungsprogrammen determinieren (1): Der Geldwert, der soziale Wert und die Auswahlmöglichkeiten der Belohnungen, sowie die wahrgenommene Wahrscheinlichkeit, Belohnungen zu erhalten und die Einfachheit des Programms. 

Nach Oliver (1997) ist Loyalität eine tief verwurzelte Einstellung, ein bevorzugtes Produkt oder Dienstleistung konsequent trotz Einflüssen und Marketinganstrengungen wahrzunehmen. (2) Die Autoren unterscheiden bei der Loyalität zwischen brand loyalty (dt. Markentreue) und program loyalty (dt. Programmtreue). Erstere ist selbstredend, Zweitere bezieht sich auf die Loyalität den vom Unternehmen bereitgestellten Kundenbindungsprogramm gegenüber, nicht aber der Marke selbst. 

Die Autoren unterscheiden bei den Belohnungen zwischen zwei Faktoren: Dem type of reward (dt. Art der Belohnung) und der time of reward (Zeitpunkt der Belohnung). Ersteres wird noch unterschieden in direkten und indirekten Belohnungen. Direkte Belohnungen beeinflussen den Wertbetrag des Produkts, während indirekte auf den Wert des Produkts selbst keinen Einfluss haben. Das Timing wird unterteilt in immediate (dt. sofortige, werden bei jedem Besuch vergeben) und delayed (dt. verzögerte, werden für jeden x-ten Besuch vergeben) rewards.  

Die Involviertheit wird als starke Motivation in Form einer starken wahrgenommenen persönlichen Relevanz für Produkte oder Dienstleistungen definiert. Je nach dieser Verbindung zwischen individueller Motivation und den Vorteilen, die das Produkt bietet, kann sich die Involviertheit zwischen hoch und niedrig bewegen. 

Die wichtigsten Ergebnisse

Möchte der Kunde sofortige Belohnungen, das Unternehmen möchte seine Kunden allerdings lange bilden, so kann ein Interessenskonflikt entstehen. In diesem Fall ist eine Preisaktion unter Umständen besser als ein Programm zur Schaffung von Kundenloyalität. Die Autoren gehen allerdings davon aus, dass der Fokus aus loyale Kunden gesetzt sein soll. Ein Preiskampf soll eigentlich vermieden werden, denn Preisaktionen sind nur dann vorteilhaft, wenn man schnell viel verkaufen muss. Es besteht die Gefahr, dass die Anreize des Programmes für eine Loyalität gegenüber dem Programm selbst und nicht der Markte sorgen. Ob dies ein Problem darstellt und folgende Fragen wurde von den Autoren untersucht:

  • Erhöhen Kundenbindungsprogramme tatsächlich die Kundenbindung?
  • Welche Aspekte von Kundenbindungsprogrammen sind bei der Verbesserung der Kundenbewertung des Programmes wichtig?
  • Hat die Wertwahrnehmung des Programmes durch die Kunden wirklich einen Einfluss auf die Markentreue?
  • Hat die Involviertheit einen Einfluss auf die Beziehung zwischen Kundenbindungsprogrammen und Markentreue? 

In weiterer Folge werden die Ergebnisse der Untersuchungen diskutiert.

Bei hoher Involviertheit

Weist der Kunde eine hohe Involviertheit auf, würde er ganz deutlich lieber direkte Belohnungen wählen. Die Wertwahrnehmung des Programms wird dadurch höher. Ob die Belohnung sofort oder verzögert erfolgt, spielt allerdings keine große Rolle. Das Programm erreicht so lange eine hohe Involviertheit, solange die Belohnungen als wertvoll erkannt werden. Ein Beispiel dafür ist das Sammeln von Flugmeilen. 

Das Kundenbindungsprogramm hat hier keinen großen Effekt auf die Programmtreue, dieser Effekt ist aber positiv. Die Programmtreue hat kaum Effekt auf die Markentreue.

Bei hoher Involviertheit emfiehlt sich daher ein Kundenbindungsprogramm, weil der Kunde direkt oder indirekt (über Programmtreue) markentreu werden kann. 

Bei niedriger Involviertheit

Weist der Kunde eine niedrige Involviertheit auf, würde er ganz deutlich lieber sofortige Belohnungen wählen. Die Programmtreue wird dadurch höher. Ob die Belohnung direkt oder indirekt erfolgt, spielt allerdings keine große Rolle.

Bei niedriger Involviertheit kann ein Interessenskonflikt zwischen Kunden und Unternehmen entstehen, weil der Kunde sich nur um den Zeitplan der Belohnungen kümmert und nicht um den Typ der Belohnung selbst. Hier empfehlen sich schnelle Belohnungen wie Lotterietickets, weil hier der Kauf eventuell durch den Anreiz beeinflusst wird, wie es etwa beim Monopoly-Spiel bei McDonald's der Fall ist. 

Es gibt bei niedriger Involviertheit keine direkte Verbindung zwischen Wertwahrnehmung des Produktes und der Markentreue, jedoch wird die Programmtreue hierbei zum Mediator, wodurch doch eine Markentreue aufgebaut werden kann. Aus diesem Grund ist es schwierig, Kundenbindungsprogramme zu etablieren. Sofortige Belohnungen sind durch die Konkurrenz leicht nachahmbar. Allerdings kann es auch Gebrauchsgegenständen wie Seifen oder Getränken durchaus ein Ziel sein, so etwas wie eine Loyalität aufzubauen. Wenn das Programm stimmt.  

Zum Abschluss

Von großer Bedeutung bei der Schaffung von Kundenbindungsprogramm ist das Zusammenspiel der Involviertheit, des Belohnungstyps und des Belohnungszeitpunktes. 

Besonders interessant ist die Tatsache, dass Kundenbindungsprogramme nicht für jedes Gut und für jedes Unternehmen gleichwertig einsetzbar und nützlich sind. Während das eine Unternehmen eher mit direkten Belohnungen locken sollte, ist ein anderes angehalten, seine Kunden langfristig zu binden und über den Preis hinausgehende Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Um dies zu erreichen, wird one-to-one-Marketing betrieben, individuelle Preise werden festgelegt. In diesem Text wurden (auch aufgrund des Entstehungsdatums) eher klassische Methoden der Kundenbindung erläutert.

Heute sind technisch um ein Vielfaches ausgereiftere Möglichkeiten im Einsatz. Der Kollege Sulzner hat sich etwa mit der Möglichkeit des Eye Trackings auseinandergesetzt. Zur Preisdiskriminierung hat Kollege Allerstorfer seinen Text verfasst.

Quellen

Artikelquelle

Yi, Y., & Jeon, H. (2003). Effects of loyalty programs on value perception, program loyalty, and brand loyalty. Journal of the Academy of Marketing Science, 31(3), 229-240. URL (Login erforderlich!): http://han.ubl.jku.at/han/springerlinkdb/link.springer.com/article/10.1177/0092070303031003002 (abgerufen am 15.11.2013)

Weitere Quellen

Quelle 1: O'Brien, L., & Jones, C. (1995). Do rewards really create loyalty?. Harvard Business Review, 73(3), 75-82. URL: http://demos.aptaracorp.com/Showcase/Courses/eLearning/Soft_Skills/HBSP_Service_Success/resources/pdfs/do_rewards_really.pdf (abgerufen am 19.11.2013)

Quelle 2: Oliver Richard, L. (1997). Satisfaction: A behavioral perspective on the consumer. New York: Irwin-McGraw-Hill.