Dass ein Unternehmen, das Vertrauenswürdigkeit ausstrahlt und ein allgemein positives Bild in den Köpfen der Kunden hinterlässt, eine allgemein vorteilhaftere Marktposition genießt, scheint auf der Hand zu liegen. Kang & Hustvedt versuchen in ihrem Artikel Building Trust Between Consumers and Corporations: The Role of Consumer Perceptions of Transparency and Social Responsibility aus dem Jahre 2013, das Vertrauen in ein Unternehmen mit Transparenz und sozialer Verantwortung in Verbindung zu setzen. Das ist auch der Grund für meine Artikelwahl zum Termin Transparente Unternehmen: Besonders im Zeitalter des Web 2.0, wo sich Konsumenten austauschen, rezensieren und bei Missfallen doch recht schnell die digitale Mistgabel wetzen, benötigt es von Unternehmerseite stets eine echte Ansprechperson, die dem Verärgerten auf Augenhöhe begegnet. 

Begrifflichkeiten & Literatur

Zum besseren Verständnis der Forschungsergebnisse des Grundartikels werden folgende Begriffe anhand bestehender Literatur erläutert.

Transparenz (transparency)

Transparenz schafft eine positive Beziehung zwischen Kunden und Unternehmen. Sie wird durch die Kommunikation von unternehmerischer Sozialverantwortung (corporate social responsibility) gestärkt. Zwar kann angenommen werden, dass Transparenz neben Antikorruption und Gesetztestreue lediglich Grundpfeiler allgemeinen Unternehmerdenkens sind, jedoch ist sie die einzige, die direkt auf die ökonomische, soziale und ökologische Sphäre des Unternehmens wirkt. Letztlich entscheidend sind jedoch nicht nur die transparenten Handlungen des Unternehmens, sondern auch die subjektive Einschätzung der Kunden bezüglich des Verhaltens des Unternehmens bei Handlungen, die eben nicht transparent sind. 

Transparenz wurde in der Erhebung durch eine 5-Item-Skala der subjektiven Verbraucherwahrnehmung im Bezug auf Transparenz betreffend Arbeitsbedingungen, Ehrlichkeit in der Sweatshop-Problematik und Herstellungsprozesse gemessen. 

Sozialverantwortung (social responsibility)

Das Übernehmen sozialer Verantwortung sorgt meist für einen Reputationsschub eines Unternehmens und wird somit zum Instrument, die subjektive Kundenbewertung zu verbessern. Hierbei ist es besonders wichtig, dass Kunden annehmen, dass die unterstützte Angelegenheit dem Unternehmen auch tatsächlich auf dem Herzen liegt und durch, um ein Beispiel zu nennen, eine Geldspende nicht lediglich ein Steuervorteil erzielt wird. 

Soziale Verantwortung wurde in der Erhebung durch eine 5-Item-Skala der subjektiven Verbraucherwahrnehmung im Bezug auf die Non-Profit-Anstrengungen des Unternehmens und den Bemühungen, an die lokale Gemeinschaft zurückzugeben, gemessen. 

Vertrauen (trust)

Vertrauen involviert mitunter Zuverlässigkeit (reliability), den Handlungswillen und -absicht (willingness and intention to act). Diese Eigenschaften sind eng verbunden mit Fortbestand, Kompetenz, Ehrlichkeit, Fairness, Verantwortung, Hilfsbereitschaft und Wohlwollen (Morgan & Hunt, 1994). Vertrauen ist ein wichtiger Indikator für Loyalität, Verbraucherhaltung und Kaufbereitschaft. PR-Maßnahmen ohne echt beweisbare Grundlage, wie z.B. Greenwashing, tragen nicht zum Vertrauen bei. 

Vertrauen wurde in der Erhebung durch eine 4-Item-Skala der subjektiven Verbraucherwahrnehmung im Bezug auf das weitere Verfolgen der Sozialverantwortungsaufgaben gemessen. 

Mundpropaganda (word-of-mouth)

Konsumenten, die das Gefühl haben, dass das Unternehmen ihre Werte teilt und anspricht, werden nicht überraschend eher positive Mundpropaganda betreiben. Unternehmen, die die Normen der Industrie im Bezug auf soziale Verantwortung nicht brechen, werden als positiver wahrgenommen. Allsop et al. (2007) fanden heraus, dass eine emotionale Bindung, dessen Teilbereich auch Vertrauen ist, 41% der Reputation ergab, während Mundpropaganda einen Einfluss auf emotionale Bindung hat. 

Die Bereitschaft zur Mundpropaganda wurde durch eine 3-Item-Skala der subjektiven Verbraucherwahrnehmung, ob sie das betreffende Unternehmen weiterempfehlen würden, gemessen. 

Einstellung und Verhaltensabsichten (attitude and behavioral intentions)

Unternehmerische Sozialverantwortung hat direkten Einfluss auf die Einstellung zum Unternehmen, mitunter auch das Vertrauen. 

Die generelle Einstellung wurde in der Erhebung durch eine 3-Item-Skala der generellen Konsumenteneinstellung im Bezug auf das Unternehmen und seine Produkte gemessen. Die Kaufbereitschaft wurde durch eine 4-Item-Skala der Konsumenteneinstellung im Bezug auf den Willen, Produkte eines Unternehmens bzw. Herstellers zu kaufen, gemessen. 

Die wichtigsten Ergebnisse

Es soll nach Kang & Hustvedt (2013) nicht allein der Einfluss von Vertrauen auf das Kaufverhalten überprüft werden, sondern auch, wie Vertrauen und somit Loyalität erst entsteht. Dabei entstehen folgende Fragen: Was macht Unternehmen für Konsumenten vertrauenswürdig? Sorgen Transparenz und soziale Verantwortung für Vertrauen? Wie sorgt Vertrauen für Kaufbereitschaft und zur Bereitschaft, Mundpropaganda zu betreiben? Ziel dabei ist es, den Einfluss der subjektiven Einschätzung des Kunden auf das Vertrauen zu erkennen. Dazu werden die Faktoren Transparenz, soziale Verantwortung, Vertrauen, Einstellung, Bereitschaft zur Mundprogaganda und Kaufbereitschaft herangezogen. Die Autoren nehmen in ihrer Erhebung das Beispiel der Sweatshopproblematik und der Kinderarbeitssituation zur Hilfe, da diese besonders heiß diskutierte Themen im Bezug auf die soziale Verantwortung eines Unternehmens darstellen. 

Dabei entstanden folgende Hypothesen:

Hypothese Aussage Ergebnis
H1. Transparency positively affects trust (a) and general attitude (b). Der Einfluss von Transparenz auf das Vertrauen und die allgemeine Einstellung ist signifikant.  H1a und H1b sind verifiziert.
H2. Social responsibility positively affects trust (a) and general attitude (b). Der Einfluss von sozialer Verantwortung auf das Vertrauen und die allgemeine Einstellung ist signifikant.  H2a und H2b sind verifiziert.
H3. Trust positively affects WOM intention (a) and purchase intention (b). Der Einfluss von Vertrauen auf die Bereitschaft zur Mundpropaganda und Kaufbereitschaft ist signifikant.  H3a und H3b sind verifiziert.
H4. General attitude positively affects WOM intention (a) and purchase intention (b). Der Einfluss der generellen Einstellung auf die Bereitschaft zur Mundpropaganda und Kaufbereitschaft ist signifikant.  H4a und H4b sind verifiziert.

H5. Transparency exerts indirect, positive effects on WOM intention (a) and purchase intention (b) mediated by trust and/or general attitude.

H6. Social responsibility exerts indirect, positive effects on WOM intention (a) and purchase intention (b) mediated by trust and/or general attitude.

Der direkte Einfluss von Transparenz auf die Bereitschaft zur Mundpropaganda und Kaufbereitschaft ist nicht signifikant. Jedoch existiert ein signifikanter indirekter Einfluss durch Transparenz und soziale Verantwortung auf die Bereitschaft zur Mundpropaganda und Kaufbereitschaft.  H5a, H5b, H6a und H6b sind verifiziert.
     

Zur Erhebung wurde eine bundesweite Onlinebefragung unter 303 US-Amerikanern und Amerikanerinnen durchgeführt. Die Art der Messung der jeweiligen Begriffe wurde bereits oben erläutert. Alle anderen Konstrukte wurden durch eine Likert-Skala aus 5 Items gemessen.

Zum Abschluss

Die Ergebnisse der beiden Autoren sind zunächst wenig überraschend. Dennoch konnte durch die Verbindung von Vertrauen, Sozialverantwortung, Transparenz, Einstellung, Kaufbereitschaft und Bereitschaft zur Mundpropaganda ein empirischer Beweis für die erwarteten Ergebnisse erbracht werden. So wirkt die Kundenwahrnehmung des Unternehmensaufwandes bezüglich Transparenz in der Produktion, Arbeitsbedingungen und Sozialverantwortung zumindest subjektiv positiv auf das Vertrauensverhältnis und die Einstellung zum Unternehmen.

Von Interesse wäre hierbei noch der Unterschied zwischen subjektiver Kaufbereitschaft und tatsächlichem Kaufverhalten. De Pelsmacker et al. (2005) kommen in einer belgischen Erhebung etwa zum Schluss, dass Fair-Trade-Kaffee einen guten Ruf genießt und unter Idealisten auch häufiger konsumiert wird. Dennoch verfolgen dem Produkt positiv gegenüberstehende Konsumenten (fair-trade likers) kein signifikant anderes Kaufverhalten gegenüber gewöhnlichen Konsumenten. Ein Unternehmen kann also durchaus eine gute Reputation bzw. gute Bereitschaft zur Mundpropaganda haben, die sich nicht zwingend auf das Kaufverhalten auswirken muss.

Was bedeutet das nun für die Webwissenschaften? Durch das Web sind zahlreiche Bewertungsplattformen entstanden. Bewertet wird das Abendessen im Restaurant, die Zimmerdame im Hotel oder der chauvinistische Arbeitgeber. Unternehmen, die schlecht auffallen, haben mit Shitstorms zu kämpfen. Der Lebensmittelkonzern Nestlé musste sich etwa den Anschuldigungen von Greenpeace gegenüberstellen, dass das für das Produkt KitKat verwendete Palmöl aus indonesischen Urwäldern einen der letzten Lebensräume von Orang-Utans zerstören würde (Beutelsbacher, 2011). 

Dass die Kommunikation von Maßnahmen zur Corporate Social Responsibility besonders wichtig ist, steht somit außer Frage. Dieses Thema wird vom Kollegen Leithinger genauer beschrieben. McDonald's hat durch seine Informationsmaßnahmen im Bezug auf Nährwerte einen Imagewechsel initiiert und sich zum transparentesten Unternehmen Deutschlands gewandelt, wie der Kollege Sulzner erklärt. Die Wichtigkeit der und Strategien zur guten Onlinereputation behandelt der Kollege Koch. Warum sich Unternehmen zur Transparenz entscheiden und welche Arten es davon gibt, beschreibt die Kollegin Hofer in ihrem kompakten Artikel. 

Quellen

Artikelquelle

Kang, J., & Hustvedt, G. (2013). Building Trust Between Consumers and Corporations: The Role of Consumer Perceptions of Transparency and Social Responsibility. Journal of Business Ethics, (forthcoming), 1-13. URL (Login erforderlich!): http://han.ubl.jku.at/han/springerlinkdb/link.springer.com/article/10.1007/s10551-013-1916-7 (abgerufen am 05.01.2014)

Weitere Quellen

Allsop, D. T., Bassett, B. R., & Hoskins, J. A. (2007). Word-of-mouth research: principles and applications. Journal of Advertising Research, 47(4), 398–411.

Beutelsbacher, S. (2011). Wenn ein Shitstorm das Konzern-Image zerstört. Die Welt Onlineausgabe. URL: http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article13488539/Wenn-ein-Shitstorm-das-Konzern-Image-zerstoert.html (abgerufen am 14.01.2014)

De Pelsmacker, P., Driesen, L., & Rayp, G. (2005). Do Consumers Care about Ethics? Willingness to Pay for Fair‐Trade Coffee. Journal of consumer affairs, 39(2), 363-385. URL: http://www.people.fas.harvard.edu/~hiscox/Depelsmacker.pdf (abgerufen am 12.01.2014)

Morgan, R. M., & Hunt, S. D. (1994). The Commitment-Trust theory of relationship marketing. Journal of Marketing, 58(3), 20–38.