Privat! - Kontrollierte Freiheit in einer vernetzten Welt
Montag, 26. Januar 2004
Deliktsrechte und Privacy- Regeln
Unser traditionelles Rechtssystem bietet ausgiebigen Schutz von Privacy- Interessen, selbst wenn die Schutzmaßnahmen nicht einzeln als solche benannt sind. Die üblichen Regeln privaten Besitztums gewähren dem Eigentümer den exklusiven Besitz des Grundes und der wesentlichen Bestandteile eines Grundstückes. Das exklusive Recht des Eigentümers auf den Besitz begrenzt in sinnvoller Weise das Eindringen anderer Personen in das eigene Privatleben. Nach den üblichen Regeln des Besitzrechts darf ein Landeigentümer auch Mauern errichten, indem sie die direkte Sicht auf das dahinter liegende Geschehen blockieren.
„Öffentlichkeit“ oder „commons“ sind Formen, die offenbar Gefahren unrechtmäßiger Inanspruchnahme ausgesetzt sind. Diesen kann alleine mit einem verbindlichen Regelwerk begegnet werden, was wiederum den Nutzern entsprechende rechtliche Beschränkungen auferlegt. Bedenken über die Nutzungsrechte in der Öffentlichkeit betreffen auch die Frage von Privacy: Man muss daher fragen, inwiefern Einzelpersonen gezwungen werden sollen, in öffentlichen Räumen die eigene Lebensführung mit Rücksicht auf die Privatheit anderer zu verändern.
Zur Anschauung ein Beispiel: Es gilt allgemein als völlig unangemessen, anderen Personen in sehr kurzem Abstand auf einem öffentlichen Gehweg zu folgen. Eine Klage gegen das Beschatten von Personen in öffentlichen Räumen- unabhängig ob es dafür Zeugen gibt oder nicht- wäre im Sinne des Deliktsrechtes wahrscheinlich erfolgreich.
Die „übereifrige Beobachtung“ wird daher im Allgemeinen als Einbruch in die Privatsphäre des anderen behandelt, selbst wenn die Begegnung auf offener Straße stattfindet. Dieser Schluss bleibt auch dann haltbar, wenn „bloße Beobachtung“ noch nicht strafbar ist. Diese Regel ist im Hinblick auf die wechselseitige natur der entsprechenden Rechte und Pflichten sinnvoll. Bei einem generellen Verbot, andere Menschen auf der Straße anzuschauen, würde die Beschränkung jeglichen Nutzen für alle Beteiligten zunichte machen. Beschränkt man das verbot jedoch auf besondere und seltene Formen des Verhaltens, für die unterm Strich Restriktionen angebracht sind, dann ist ein solches Verbot sinnvoll.

Abgesehen von der Problematik des Beschattens ist auch die Norm, die das Fotografieren fremder Personen auf öffentlichen Plätzen regelt, aufschlussreich. Denn das Fotografieren fällt nicht mehr in den bereich des Beschattens und lässt sich daher äußerst schwer fassen. In den wenigsten Fällen wird das deliktsrecht einschreiten. Stattdessen werden soziale Sanktionen denjenigen treffen, der daherkommende Passanten mit sichtbarer Absicht fotografiert.


Immunität vor Kommentar oder Kritik

Nun gibt es viele andere Fälle, in denen der Verweis auf wechselseitige, längerfristige Vorteile nicht ausreicht, um eine Ausweitung des Rechts auf Privacy zu rechtfertigen. Um herauszufinden, wo die Schnittstellen sind, nehmen wir einmal an, die Forderung nach Privatheit sei nicht länger an ein Eindringen oder Eingreifen des Staates oder eines Individuums gebunden. So gibt es in der Vergangenheit und Gegenwart jedes Menschen Dinge, die man gerne für sich behalten würde. Im Großen und Ganzen ist es, wenn man herausfinden will mit wem man es geschäftlich oder privat zu tun hat, wichtig über bestimmte Dinge bescheid zu wissen. Dennoch würde eine Gesellschaftsordnung, die es einer gekränkten Person erlaubt, die ungewünschten Kommentare anderer Personen verbieten zu lassen, an die Grundzüge eines Polizeistaates erinnern.

Die Verbreitung illegal beschlagnahmter Informationen
Die problematischsten Fragestellungen in diesem Bereich entstehen, wo zwei Rechtspositionen aufeinandertreffen. Da wäre einerseits die Regel, die unbefugtes Betreten verbietet, anderseits das Recht, das eine Veröffentlichung in den Medien vor gerichtlicher Verfolgung schützt. Daher ist extrem schwierig, wenn Einzelpersonen aus eigenem Verlangen heraus ein Gelände unbefugt betreten oder andere belauschen und diesem Verhalten ein öffentliches Interesse attestieren.
Die Angelegenheit wird noch komplizierter, wenn die auf diese Weise gewonnen Informationen schließlich auch noch veröffentlich werden.
Die entscheidende Frage ist, ob der Zweck die Mittel heilig. Die Meinung der Juristen gehen in diesem Fall weit auseinander. Generell lässt sich jedoch die Tendenz feststellen, dem Informationsbedürfnis einen höheren Stellenwert einräumen.


Vertrag und Privatheit

Das Thema Privatheit muss auch in Beziehung zum Vertragsrecht beachtet werden.
Ausgangspunkt ist hier die Tatsache, dass Einzelpersonen den Umgang mit Informationen untereinander vertraglich regeln können. Das Zivilrecht besagt in bezug auf Handelsgeheimnisse beispielsweise, dass Einzelpersonen vertragsgemäß über bestimmte Formeln und Handelsverzeichnisse Stillschweigen bewahren dürfen. Das Recht, solche Informationen geheim zu halten, deutet darauf, dass eine Offenlegung der Informationen gegenüber einer großen Öffentlichkeit oder gegenüber Konkurrenten grundsätzlich schlecht wäre, da sie zum Verlust eines Wettbewerbsvorteils führt, der durch Handelsgeheimnisse normalerweise gesichert ist.
Es wäre jedoch ein grober Fehler anzunehmen, Handelsgeheimnisse seien die einzige Information, die Parteien via Vertrag geheim halten dürfen.
Die gewöhnliche Beziehung zwischen Arzt und Patient beinhaltet die Übermittlung sensibler Informationen zum Gesundheitszustand eines Patienten an den Arzt.
Indem wahre Informationen an unbefugte Dritte weitergegeben werden, wird das Vertrauensverhältnis gebrochen. Das Ausmaß der Verpflichtung zur vertraulichen Behandlung ist vertraglich festgelegt. Diese Pflicht wird im Normalfall zusammen mit der Information an befugte dritte Personen weitergegeben. So müssen Forscher, wenn sie Informationen über einzelne Patienten erhalten, die Vertraulichkeit respektieren und dürfen in den Veröffentlichungen ihrer Berichte keine Namen preisgeben.

Letztendlich lässt sich die Debatte über den Nutzen und die Grenzen von Privacy in die größere, laufende Debatte über den Nutzen und Grenzen der Staatsmacht einbetten. Die Dekonstruktion von Privacy basiert auf unserer Fähigkeit, die einzelnen Teile des Puzzles für eine separate Untersuchung und eine erneute Betrachtung zu isolieren. Die erfolgreiche Rekonstruktion des Privaten übersteigen nicht etwa unsere Kapazitäten. Denn es kommt nur darauf an, die Analyse von Privacy mit allgemeineren Theorien über juristische und soziale Rechte und Pflichten in Verbindung zu bringen.

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