Uni-que
Sonntag, 9. November 2003
Reflektion Videokonferenz
Neben Multimedia, als neue Form der Integration von Text, Bild und Audio, wurde in der Unterrichtseinheit mit Herrn Brody hauptsächlich über die Problematik der Videokonferenz gesprochen; daher würde ich mich gern diesem Thema etwas eindringlicher annähern.

Dazu habe ich einen Text gefunden, der sich mit der Problematik von Videokonferenzen auseinandersetzt. Der Text wurde von Christoph Meier verfasst und trägt den Titel: Neue Medien – neue Kommunikationsformen. Strukturmerkmale von Videokonferenzen. Zu finden ist dieser Text im Buch:
Kallmeyer, Werner (2000). Sprache und neue Medien. New. York: de Gruyter.

Christoph Meier erwähnt gleich im ersten Absatz die besonderen Merkmale von Videokonferenzen. Neben der veränderten Ökologie des Besprechungsraumes, der veränderten Funktionalität von Blickzuwendungen und Lautstärke und der eingeschränkten Transparenz von Handlungen, erwähnt er auch die „dazugehörende, zeitweise holprige Interaktionsqualität, aufgrund der technisch bedingten Zeitverzögerung, sowie schließlich Probleme mit Aktivitäten wie etwa Lachen und Sich-amüsieren, die eine hochgradige Koordination der Beteiligten erfordern“. Diese Merkmale können auch auf die Videokonferenzen in unserer Vorlesung gelegt werden, da wir genau mit diesen Problemen zu kämpfen haben. Zu erwähnen wäre auch noch die Schwierigkeit, sich von „hier“ (Salzburg) aus in eine kontroverse Diskussion „dort“ (Linz, Berlin) einzuschalten. Doch dies soll doch als Experiment angesehen werden, zu welchen auch Probleme gehören, die gelöst werden sollen.
Das WWW und verschiedenste Softwareanwendungen machen mittlerweile neue Formen der Explikation von nicht-schriftbasierten Forschungsgegenständen möglich. So können auch audiovisuelle Materialien für Kollegen verfügbar gemacht werden und auch Präsentationen von Ergebnissen eine andere Form annehmen. (vgl. Meier, 196)
Die technische Realisierung einer Bild- und Sprechverbindung zu einem entfernten Gegenüber gelang schon vor mehr als sechzig Jahren, als die deutsche Reichspost zwischen 1936 und 1940 einen öffentlichen Bildfernsprechdienst betrieb. 1964 wurde dann auf der Weltausstellung in New York ein Videokonferenzsystem von AT&T vorgestellt und vermarktet. Während mit jeder neuen Generation von Videokonferenz-Systemen der endgültige Durchbruch dieser neuen Technologie prophezeit wurde, blieb die tatsächliche Nutzung bislang eher zurück. Dies hat wohl nicht nur mit technischen , finanziellen und organisatorischen Aspekten der Einführung solcher Systeme zu tun; es liegt vermutlich auch daran, das Videokonferenzen eine neue Kommunikationsform darstellen, einige Merkmale und insbesondere Dynamik aufweisen und damit nicht für alle Besprechungsaktivitäten gleichermaßen geeignet sind. (vgl. Meier, 196)

Ich als Kommunikationswissenschaftler frage unter anderem danach, worin die Besonderheit videovermittelter Konferenzen besteht. Meier berichtet in diesem Zusammenhang: In Videokonferenzen sind – verglichen mit face-to-face Besprechungen – die Phasen der Gesprächsorganisation länger ausgedehnt, während Diskussionsphasen eher kürzer sind. Dazu paßt auch die Beobachtung, daß es in videovermittelter Interaktion schwieriger ist, das Geschehen zu steuern. Cohen sagt dazu: „In face-to-face interaktionen finden sich fast zweimal soviele Sprecherwechsel, wie in videovermittelter Kommunikation.“ Während Sellen feststellte, daß es keinen unterschied zwischen f-t-f-K und
v-v-K, in Bezug auf die Zahl und die Länge von Redezügen gibt. Und Weining aber zu diesem Thema Untersuchungen durchführte, die ergaben, daß sich in
v-v-K eine größere Zahl von Äußerungen zeigt, die zugleich kürzer sind, als dies bei einer f-t-f-K der Fall ist.(vgl. Meier,198)


Die Anwendung neuer technischer Kommunikationssysteme ist immer auch mit technischen und kommunikationstechnischen Problemen verbunden, wie wir auch praktisch in der Vorlesung beobachten konnten. Hierzu formuliert Meier einige zutreffende Thesen, die wie für die Vorlesund in multimedia geschaffen wurden.
Da die Verbindung in Bild und Ton nicht mit einer realen Gesprächssituation gleichzustellen sind, wird auch die Interaktion und Kommunikation eine andere. Folgende These, die Meier formulierte, erscheint mir hier sehr zutreffend:
1. Das Interaktionssystem Videokonferenz zeichnet sich, sobald sich ein Schwerpunkt der Aktivität an einem Standort ergeben hat und es damit debalanziert ist, durch eine gewisse Trägheit der Aufmerksamkeits- und Beteiligungsorganisation aus.
Wenn sich im Verlauf einer Konferenz ein Diskussionsschwerpunkt in Linz oder Berlin herausbildet, wird es für die Beteiligten in Salzburg schwer, sich in die Diskussion einzubringen und diese Verlagerung aufzubrechen.

2. Das Geschehen „hier“ /Salzburg) ist für die Beteiligten „dort“ ( Berlin, Linz) nur eingeschränkt transparent.
Es gibt immer wieder Situationen, in denen zu sehen oder zu hören ist, daß in Linz oder Berlin etwas geäußert wird, daß in Salzburg nicht nachvollzogen werden kann. Meist müssen Äußerungen wiederholt werden, wodurch auch der Redefluß und der rote Faden des Vortragenden immer wieder unterbrochen wird. Darüber hinaus ist zu beobachten, daß implizite Aspekte von Äußerungen an der Gegenstelle verspätet oder gar nicht aufgegriffen werden.

3. Mit dem Durchführen einer Videokonferenz verändert sich die Ökologie des Besprechungsraumes.
Bei herkömmliche Besprechungen kann jeder Beteiligte in das Geschehen unmittelbar eingreifen, während bei einer Videokonferenz nur die Plätze in der Nähe des Videokonfernzsystems Vorrang haben. In Fall des Hörsaals ist dies der Vortragende am Pult, die Beteiligten ( Studenten) haben nur schlecht die Möglichkeit dazu.

4. Im Verlauf von Videokonferenzen finden sich Besonderheiten in Bezug auf das Etablieren und Aufrechterhalten verschiedener Beteiligungskonstellationen.
Zum einen ist die Lautstärke und die Genauigkeit der Ausdrucksweise, ein wichtiger Hinweis darauf, ob sich eine Äußerung an die Teilnehmer in Salzburg oder in Berlin und Linz richtet. Zum anderen ist über die Blickzurichtung zum Konfernzsystem kein punktgenaues adressieren bestimmter Personen an der Gegenstelle möglich. Hierzu müssen sprachliche Adressierungsformen eingesetzt werden.

Ich denke Meier hat hier die wesentlichen Merkmale und Problemzusammenhänge ziemlich genau auf den Punkt getroffen.
Doch auch diese neue Kommunikationsform wird sich eines Tages bewähren. Neue kommunikative Formen entstehen nicht über Nacht, sondern sind das Ergebnis von Gewöhnung, Standardisierung und Institutionalisierung.

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by Hans.Mittendorfer.Uni-Linz (2004.01.21, 12:04)
hat geklappt!!
supa
by sandra.alterdinger.salzburg (2004.01.21, 10:58)

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